Interview mit FCK-Vorstand Stefan Kuntz, Teil 2/3

Kuntz: „Auf die Tabelle schaue ich erst am 30. Spieltag“

Kuntz: „Auf die Tabelle schaue ich erst am 30. Spieltag“


13 Jahre lang waren der FCK und Stefan Kuntz getrennt, seit April sind beide wieder vereint. Im zweiten Teil des großen Interviews spricht der 45-jährige über seine erste Bilanz nach gut 150 Tagen in der Führungsetage und gibt einige Einblicke in die Zukunft des Vereins. Und er beantwortet die Frage, ob der FCK nach dem guten Saisonstart vielleicht schon ein Geheimfavorit im Aufstiegskampf sein kann.

Teil 1 des Interviews: „Es ist schon etwas ganz Besonderes hier beim FCK“

Der Betze brennt: Wie lautet Ihre erste Zwischenbilanz nach einem knappen halben Jahr als Vorstandsvorsitzender des FCK?

Stefan Kuntz (45): Bezüglich der Bilanz kann ich nicht eine Stimmung für alles geben. Ich habe wahrscheinlich noch nie in meinem Leben mit so einem Druck auf der Tribüne gesessen habe, wie am letzten Spieltag gegen Köln. Die Probleme bei einem Abstieg wären einfach riesig geworden. Da herrschte dann natürlich erstmal eine große Erleichterung und Freude. Nach dem Klassenerhalt sind wir nun meiner Meinung nach auf einem recht guten Weg in Bezug auf Mannschaft und Verein. Auch im administrativen Bereich versuchen wir weiterhin unser Team zu professionalisieren.

Der Betze brennt: Was hat Sie negativ überrascht?

Kuntz: Ganz klar die Entfremdung zwischen Stadt und Verein sowie Fans und Verein. Das kannte ich aus meiner emotional engen Zeit in Kaiserslautern überhaupt nicht. Im Gegensatz zu früher gab es kein „Wir vom FCK“ mehr, sondern nur noch „Die da oben“, was ich sehr erschreckend fand. Auch daran arbeiten wir mit Hochdruck.

Der Betze brennt: Sie haben also alle Baustellen erkannt und arbeiten diese nach und nach ab?

Kuntz: Ich denke schon. Unser Internetauftritt, die Gastronomie, die Außendarstellung - die Probleme sind uns bekannt und wir arbeiten sie sukzessive ab. Da braucht man in manchen Fällen noch etwas Geduld und Zeit, aber wenn wir es in allen Bereichen so gut schaffen wie bisher, dann wäre das prima.

Der Betze brennt: War die Aufgabe beim FCK denn schwieriger als erwartet?

Kuntz: Ja, das gebe ich ehrlich zu. Aber das Kraft tanken fällt mir hier natürlich leichter als in Bochum, wo ich unter der Woche nicht bei meiner Familie sein konnte. Ich glaube, dass ich den Arbeitsaufwand der letzten Monate außerhalb von Kaiserslautern nicht geschafft hätte.

Der Betze brennt: Der Verein steht nach drei Spielen auf dem 2. Tabellenplatz, trotz schwerem Auftaktprogramm. Kann der FCK vielleicht schon ein Geheimtipp auf den Aufstieg sein, wenn einige Favoriten straucheln sollten?

Kuntz: Nee. Also auf die Tabelle schaue ich das erste Mal am 30. Spieltag, alles andere dient ja nur den Schlagzeilen. Aber ich finde es natürlich klasse, wenn ich sehe, dass die Fans sich freuen und wieder glücklich nach hause fahren. Natürlich habe ich auch nichts dagegen, wenn ein Fan sagt „Wenn mer so weiter spielen, dann steigen mer uff!“ - das ist alles ok, aber nicht von unserer Seite.

Der Betze brennt: Blicken wir in die Zukunft: Zu welchem Zeitpunkt sieht Ihr Konzept die endgültige finanzielle Konsolidierung des Vereins vor, die ja auch für den sportlichen Erfolg eminent wichtig ist?

Kuntz: Ich denke, dass wir nach der Saison 2009/10 soweit sein sollten, wobei natürlich jeder sportliche Erfolg schneller dazu beitragen kann.

Der Betze brennt: Wie wichtig war in diesem Zusammenhang die Vertragsverlängerung mit Vermarkter Sportfive? Im Profifußball gibt es zurzeit ja unterschiedliche Meinungen darüber, ob die Eigen- oder die Fremdvermarktung das bessere Modell darstellt.

Kuntz: Zunächst einmal hat uns die Vertragsverlängerung mit Sportfive die Lizenz gesichert. Wenn man allerdings frei wählen kann und Zeit zur Vorbereitung hat, halte ich die bereits in Bochum praktizierte Lösung für am besten. Dabei handelt es sich um eine Eigenvermarktung, die dann auf Sportfive zurückgreift, wenn es um die drei großen Bereiche Naming Right, Hauptsponsor und Ausrüster geht. Hier beim FCK war diese Lösung aber einerseits aus finanziellen Gründen nicht möglich und andererseits hätten wir das Know-How der zurzeit acht in der Geschäftsstelle tätigen Sportfive-Mitarbeiter so schnell nicht selbst ausbilden können. Dazu kam dann auch noch meine Verbindung zu Günther Netzer, dessen Vermarktungsfirma Infront extrem mitgeboten hat. Sportfive hat dann richtig um uns gekämpft und wollte uns nicht verlieren.

Der Betze brennt: Geld verdient wird zurzeit auch mit den verschiedenen Herzblut-Aktionen, etwa der 2-Jahres-Dauerkarte. Gibt es hier eine Zielsetzung bezüglich der Verkaufszahlen?

Kuntz: Ein konkretes Ziel gibt es nicht. Es ging hierbei mehr darum den Fans zu zeigen, dass sie dem Verein helfen können und dass ihre Vorschläge auch angenommen werden. Hinzu kommen weitere Aktionen im Rahmen der Herzblut-Kampagne, etwa der FCK-Stromtarif der Pfalzwerke.

Der Betze brennt: Wie viele 2-Jahres-Dauerkarten wurden denn bisher verkauft?

Kuntz: Gut 1.200.

Der Betze brennt: Geworben wurde hier ja auch mit der Preisstabilität. Ist denn für das kommende Jahr mit einer Erhöhung der Eintrittspreise zu rechnen?

Kuntz: Das hängt sicherlich auch ein wenig von der Entscheidung des Kartellamts ab und was wir im Rahmen des neuen TV-Vertrags erreichen können. Hier kann ich noch keine eindeutige Prognose abgeben.

Der Betze brennt: Sie sehen den Eingriff des Kartellamts in die Bundesliga kritisch?

Kuntz: Ja, generell finde ich das sehr befremdlich. Irgendwie scheint man in Deutschland ein Problem damit zu haben, wenn etwas gut läuft und macht es dann unnötig schwerer. Da denke ich auch an das Verbot von privaten Wettanbietern, wobei wir natürlich froh sind, das Lotto bei uns ist. Wenn jetzt noch ein Verbot für Alkoholwerbung durchgesetzt würde, könnten wir den Laden zu machen.

Der Betze brennt: Die Fans sind sehr interessiert am Werdegang des FCK und an der Aufarbeitung der Vergangenheit. Wie ist beispielsweise der Stand bei der möglichen Rückforderung der nachbezahlten Steuern aus dem Jahr 2003, die Ihr Vorgänger Hans-Artur Bauckhage prüfen wollte?

Kuntz: Zur Vergangenheit werde ich mich sehr defensiv äußern, weil ich da nicht alles wieder aufarbeiten möchte und das auch gar nicht kann. Speziell zu der Steuergeschichte kann ich nur sagen, dass wir hier mittelfristig keine Zahlungen erwarten. Damals wurde ja mehr oder weniger ein Vergleich mit dem Finanzamt geschlossen, daher ist hier wohl nichts mehr zu erzielen.

Der Betze brennt: Ein weiterer Klotz aus der Vergangenheit ist der Prozess gegen FCK-Idol Hans-Peter Briegel. Wann kann man mit dem Ende dieser unsäglichen Auseinandersetzung rechnen? Und wie ist Ihre Meinung zu diesem Verfahren, das ja noch ihre Vor-Vorgänger eingeleitet hatten?

Kuntz: Auch beim letzten Prozess (gegen Ex-Aufsichtsrat Dr. Robert Wieschemann; Anm. d. Red.) haben wir ja schon gesagt, dass wir generell überhaupt kein Interesse an gerichtlichen Auseinandersetzungen haben. Speziell im Fall Briegel ist allerdings nicht der FCK Prozessführer, sondern die Stadt. Wir führen auch hier Gespräche und plädieren für eine möglichst schnelle, gütliche und außergerichtliche Einigung.

Der Betze brennt: Bei einem Fantreffen im Mai versprachen Sie, sich bei der DFL für die Beibehaltung der viel diskutierten „50+1“-Regelung einzusetzen. Wie sehen Sie hier die zukünftige Entwicklung?

Kuntz: Aktuell ist diese Sache aufgrund der Differenzen mit dem Kartellamt überhaupt kein Thema. Generell gibt es sicherlich bei einigen Bundesligisten das Interesse, diese Regelung zu kippen und Großinvestoren in die Vereine zu holen, die dann auch entsprechend viel Mitspracherecht fordern. Momentan ist die Mehrzahl der Vereine, zu der auch wir gehören, aber noch gegen die Abschaffung dieser Regel.

Der Betze brennt: Ebenfalls auf wenig Gegenliebe stößt das Vorhaben der DFL, die sich ja letztendlich aus dem FCK und den übrigen 35 Bundesligavereinen zusammensetzt, den Spieltag weiter zu zerstückeln und beispielsweise Zweitligaspiele schon um 12:30 Uhr anzupfeifen. Die Fans protestierten bereits beim Heimspiel gegen Nürnberg, wie ist hier der offizielle Standpunkt des Vereins?

Kuntz: Da würde ich etwas mehr auf Aufklärung setzen. Zunächst sollte die zweite Liga auch weitere Live-Spiele im Free-TV bekommen, was ja für den FCK schon mal positiv wäre. Auch die Anstosszeit am Sonntagmittag sehe ich nicht so kritisch wie andere, da ich hiermit in Istanbul schon Erfahrung gemacht habe. Es ist zwar extrem ungewohnt, aber ich finde es nicht fan- oder familienunfreundlich.

Der Betze brennt: Kritisch gesehen werden auch die „englischen Wochen“ mit Anstosszeiten mittwochs um 17:30 Uhr.

Kuntz: Diese Termine sind natürlich eine Katastrophe. Aber auch da haben wir mit der DFL darüber gesprochen, ob diese Mittwochspiele nicht wegfallen können. Erreicht werden könnte dies etwa durch die Verkürzung der Winterpause.

Am Montag folgt zum Abschluss der dritte Teil des großen „Der Betze brennt“-Interviews. Hier nimmt Stefan Kuntz unter anderem Stellung zu den geplanten Änderungen im Fritz-Walter-Stadion und zum Konflikt zwischen Ordnungsdienst und aktiven Fans.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Kommentare 70 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken