Interview mit FCK-Kapitän Martin Amedick, Teil 2/2

Amedick: „...das ist einfach ein Erlebnis“

Amedick: „...das ist einfach ein Erlebnis“


Im zweiten Teil des Interviews mit „Der Betze brennt“ blickt Martin Amedick über den Fußballplatz hinaus. Der FCK-Kapitän, der am heutigen Montag 28 Jahre alt wird, spricht über sein soziales Projekt „Mama/Papa hat Krebs“, über Beiträge in Internetforen und über seine Begeisterung für die Fan-Aktionen in der Westkurve und bei Auswärtsspielen.

Teil 1 des Interviews: „Ich sehe hier sehr gute Bedingungen“

Der Betze brennt: Martin, Du bist kein typischer Fußballprofi. Du hast Abitur gemacht, fährst gerne VW Käfer und scheinst keinerlei Star-Allüren zu haben. Legst Du viel wert darauf, neben dem Fußball ein „normales“ Leben zu führen, oder ist das reiner Zufall?

Martin Amedick (28): (lacht) Also erstmal seid Ihr gut informiert. Sicher ist es normal, dass ich hier eher mit meinem Käfer durch die Gegend fahre als mit einem dicken Schlitten, aber das will ich eigentlich gar nicht so hoch hängen oder bewerten. Jeder hat seine eigene Art und Lebensweise. Für mich ist der Fußballjob natürlich ein Traum, den ich lebe und genieße, aber es ist auch wichtig, auf dem Boden zu bleiben. Das Fußballgeschäft ist schon zum Teil gefährlich und eine Art Scheinwelt, nach der es mit Mitte 30 aber eben mit etwas anderem weitergeht. Darüber muss man sich auch Gedanken machen und vielleicht mal über den Tellerrand schauen. Das mache ich zum Beispiel mit meinem sozialen Projekt, das mir persönlich viel gibt und Spaß macht. Aber das würde ich nie werten oder von anderen verlangen, dass sie ähnliches machen.

Der Betze brennt: Du sprichst das Projekt „Mama/Papa hat Krebs“ an, in dem Kinder von krebskranken Eltern betreut werden. Wie kam der Kontakt zur Krebsgesellschaft Kaiserslautern zustande?

Amedick: Ich hatte schon in Braunschweig etwas ähnliches gemacht, wo ich eine Familie betreut hatte, in der ein Kind an Leukämie erkrankt war. Hier in Lautern wollte ich auch wieder etwas soziales machen und bin dann auf die Krebsgesellschaft gestoßen. Dann habe ich mich einfach dort gemeldet und meine Hilfe angeboten. Genau zu dieser Zeit ist „Mama/Papa hat Krebs“ entstanden, wofür ich dann letztendlich die Patenschaft übernommen habe - das war vor etwa anderthalb Jahren.

Der Betze brennt: Seitdem ist ja richtig viel passiert.

Amedick: Auf jeden Fall. Wir haben schon viele Aktionen gemacht, durch die Geld eingespielt wurde, da hat sich eine richtige Dynamik entwickelt. Es gibt Sponsoren, die Fans haben uns sehr stark unterstützt und auch aus der Mannschaft werden neben Srdjan Lakic und mir demnächst noch weitere Spieler mithelfen. Erst vorletzte Woche fuhr der FCK-Fanclub „Teufelskerle Süd“ aus München mit Fahrrädern zum Heimspiel gegen die Bayern und hat dabei über 3.000,- Euro an Spendengeldern gesammelt. Besonders für die Hilfsbereitschaft der Fans möchte ich an dieser Stelle einfach mal Danke sagen!

Der Betze brennt: Was ist in Zukunft noch geplant?

Amedick: Wie schon gesagt gibt es zurzeit Planungen, dass noch ein oder zwei weitere Spieler dazu stoßen, weil wirklich ein hoher Bedarf besteht und diese Krankheit leider oft auftritt. Dadurch kommt es natürlich auch zu schwierigen Situationen in den jeweiligen Familien. Es gibt einen erlebnispädagogischen Ansatz, den wir noch ausbauen wollen: Wir spielen mit den Kindern Fußball oder gehen klettern, hauptsächlich für Mädchen wird eine Reitgruppe entstehen. In der letzten Saison waren wir bei Spielen vom FCK und von den Mannheimer Adlern, zurzeit plane ich auch einen Besuch beim Basketball in Homburg. Das sind dann die aktiven Dinge, auf die ich neben meiner repräsentativen Tätigkeit auch viel Wert lege.

Der Betze brennt: Lass uns noch einmal kurz auf Deine bisherige Karriere zurückblicken. Was war der bisher schönste Moment für Dich als Fußballer?

Amedick: Da fällt mir natürlich spontan der Aufstieg mit dem FCK und die damit verbundenen Feiern ein. Ich bin zwar vorher schon mit Braunschweig aufgestiegen, aber das hier war alles noch mal größer und emotionaler - es war einfach ein anderer Aufstieg. Braunschweig ist eine Fußballstadt, aber hier ist eine ganze Fußballregion, da wird man auch 70 Kilometer entfernt beim Weinfest auf den FCK angesprochen. Ein anderer schöner Moment war mein erstes Heimspiel für Dortmund, wo ich vor der Südtribüne das Tor zum 1:0 gegen Mainz erzielen konnte. Oder auch das Pokalfinale 2008 mit dem BVB, wo ich aber leider nur auf der Bank gesessen habe. Das würde ich natürlich gerne mit dem FCK auch noch mal erleben.

Der Betze brennt: Bestehen denn noch Kontakte zu Deinen früheren Vereinen?

Amedick: Teilweise, ja. Mit Nelson Valdez habe ich kürzlich noch gescherzt, warum er sich unserem Duell nicht stellen will, nachdem ich mit dem FCK endlich aufgestiegen bin und er ausgerechnet jetzt von Dortmund nach Alicante gewechselt ist. Mit Nelson verstehe ich mich sehr gut, aber auch sonst besteht zu ehemaligen Mitspielern hier und da noch Kontakt.

Der Betze brennt: Wer war Dein bisher unangenehmster Gegenspieler?

Amedick: (überlegt kurz) Da fällt mir spontan Paolo Guerrero ein, auf den ich ja wahrscheinlich im Oktober gegen Hamburg wieder treffen werde. Damals hatten wir mit Braunschweig im Pokal schon für ein paar Überraschungen gesorgt und trafen im Achtelfinale dann auf die zweite Mannschaft von Bayern München. Guerrero hat in diesem Spiel zwei Tore gemacht und eins vorbereitet, wir haben 3:2 verloren - das war schon sehr unangenehm.

Der Betze brennt: Und welcher Spieler ist Dein Lieblingsgegner?

Amedick: Puh... Da fällt mir jetzt spontan keiner ein. Man erinnert sich natürlich an einige gute Spiele, in denen die anderen nicht treffen konnten, aber einen konkreten Lieblingsgegner habe ich nicht.

Der Betze brennt: Du bist bei Facebook registriert, also auch im Internet aktiv. Liest Du auch manchmal die Diskussionen der FCK-Fans in Internetforen wie „Der Betze brennt“ mit?

Amedick: Ja, ab und zu schaue ich da schon rein, wie gerade so die Stimmung ist. Manchmal muss ich dann natürlich schmunzeln, aber ich nehme auch Aussagen wahr, wo ich mir Gedanken drüber mache und dann auch zustimmen kann.

Der Betze brennt: Damit sind wir auch schon beim Thema Fans. Du suchst oft die Nähe zu den Anhängern, hast nach dem Aufstieg sogar das Vorsängerpodest in der Westkurve erklommen und ein paar Gesänge angestimmt. Gespielt hast Du bisher immer bei Traditionsvereinen mit großem Fan-Potential, vollen Stadien und guter Stimmung. Zufall, oder spielt das auch eine Rolle bei der Vereinswahl?

Amedick: Das spielt ganz klar eine Rolle. Hier auf dem Betzenberg war ich vorher zwar noch nie, aber man bekommt natürlich auch vom Hörensagen einiges mit. So eine Atmosphäre wie beim Bayern-Spiel, wenn einem dann auch noch die Überraschung gelingt, das ist einfach ein Erlebnis. Zumal ich von den Auswärtsspielen in der zweiten Liga ja auch das Gegenteil kenne, wenn man manchmal nur vor 5.000 Zuschauern spielt. Das ist glaube ich jedem Spieler wichtig.

Der Betze brennt: Also ist auch weiterhin jedes gut besuchte Heimspiel im Fritz-Walter-Stadion etwas Besonderes für Dich?

Amedick: Absolut. Ich mag besonders die Flutlichtspiele und habe mich deshalb auch ein bisschen geärgert, dass unsere nächste Partie in Mainz von freitags auf sonntags verlegt wurde. Das motiviert mich einfach. Schon beim Aufwärmen laufe ich auf die Westkurve zu und nicht in die andere Richtung, weil mich die Fans und ihre Gesänge immer wieder pushen.

Der Betze brennt: Wie nimmst Du als Spieler auf dem Rasen die Stimmung wahr? Bekommt man da die Texte der einzelnen Lieder mit oder hört man nur, ob es lauter oder leiser wird?

Amedick: Das kommt immer auf die Spielsituation an. Mein Lieblingsbeispiel ist die Taschentuch-Aktion, wenn wir klar führen, das finde ich als Spieler richtig gut. Ich weiß dann: Jetzt geben wir in den letzten Minuten noch mal richtig Gas und dann haben wir den Sieg. Da drehe ich mich dann sogar mal um und will das Bild sehen, wenn ich diesen Gesang höre und wir in die andere Richtung spielen. Ein anderes Beispiel sind Pfeifkonzerte wie etwa vor zwei Jahren gegen St. Pauli...

Der Betze brennt: ...als Anel Dzaka sich beim Torjubel das Trikot auszog und deswegen die gelb-rote Karte sah...

Amedick: ...da kam dann so ein lautes Pfeifkonzert, wie ich es als Spieler live noch nie erlebt hatte. Als wir dann eine Minute später noch das 3:1 gemacht haben, dachte ich jetzt bricht die ganze Westkurve zusammen. Was die Fans machen kommt also schon an und hilft der Mannschaft auch in vielen Situationen.

Der Betze brennt: Und wie nimmst Du Choreographien wahr, die ja in der Regel zum Einlaufen der Mannschaften präsentiert werden?

Amedick: Da schaue ich natürlich hin, wie etwa beim Spiel gegen Bayern, und das motiviert dann noch mal zusätzlich. Auch unter der Woche sehe ich oft, wie die Fans hier im Stadion ihre Aktionen vorbereiten und wie viel Zeit sie dafür investieren.

Der Betze brennt: Aber die Fans haben natürlich auch größere und kleinere Probleme. Was bekommst Du davon mit, wenn etwa Spruchbänder zu Themen wie Anstoßzeiten oder Stadionverbote gezeigt werden, oder auch wenn es deutschlandweit betrachtet aufgrund des Fehlverhaltens von wenigen zu Kollektivstrafen für ganze Fankurven kommt?

Amedick: Da kenne ich mich leider nicht gut genug aus, um mich detailliert zu äußern. Aber gerade bei den Anstoßzeiten weiß ich natürlich, dass diese gerade in der zweiten Liga vielen Fans Probleme bereiten. Ich als Spieler bin übrigens auch froh, dass ich jetzt samstags um 15:30 Uhr auflaufe und nicht mehr um 13:00 Uhr - das hat für mich bedeutet, dass ich um 10:00 Uhr Nudeln essen muss. 15:30 Uhr, das ist die Fußballzeit und das ist auch richtig so.

Der Betze brennt: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führten Maren, suYin und Thomas.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

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