Interview mit Aufsichtsratskandidat Dr. Martin Sester

„Gemäß dem Auftrag der Mitglieder auf den FCK aufpassen“

„Gemäß dem Auftrag der Mitglieder auf den FCK aufpassen“


((vorschaubild1))Am Freitag wird der Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern neu gewählt. Mit je zwei Interviews pro Tag möchten wir Euch an dieser Stelle wie gewohnt die Kandidaten für das zweithöchste Vereinsgremium nach der Mitgliederversammlung vorstellen. Den Anfang macht Dr. Martin Sester, den viele Leser noch als ehemaligen Mitarbeiter von „Der Betze brennt“ kennen. Der 34-jährige Rechtsanwalt spricht über seine Zwischenbilanz nach in drei Jahren im Aufsichtsrat sowie über seine Pläne und Ideen für die Zukunft des FCK.

Der Betze brennt: Hallo Martin, was bedeutet für Dich „Aufsicht führen“?

Dr. Martin Sester (34): Das bedeutet, dass man dem Vorstand die richtigen Fragen stellt und dass dies auch unangenehme Fragen sein können und müssen. Für den Vorstand kann das anstrengend sein, aber es ist für ihn auch eine Hilfe, seine Vorhaben und Entscheidungen einem Dritten erklären und sie rechtfertigen zu müssen. Wenn es die richtigen Entscheidungen sind, wird ihn dies bestärken, wenn Zweifel bestehen, kann man gemeinsam um die bessere Lösung ringen. Ein konkretes Beispiel: Aufsicht führen bedeutet beispielsweise, dass der Aufsichtsrat in Zeiten einer bilanziellen Überschuldung eine plausible Liquiditätsplanung vom Vorstand fordert, die für das laufende und das kommende Geschäftsjahr zu keinem Zeitpunkt eine Unterdeckung aufweist, die ständig fortgeschrieben, eingehalten und kontrolliert wird. Auch das haben wir getan. Dabei half mir natürlich meine insolvenzrechtliche Erfahrung, das richtig einzuordnen und zu wissen, worauf zu achten ist.

Der Betze brennt: Du sitzt seit 2008 im Aufsichtsrat, damals als jüngster Bewerber und mit dem zweitbesten Ergebnis aller Kandidaten. Was motiviert Dich zu Deiner erneuten Kandidatur?

Sester: Viele haben wegen der Gesamtlage vor drei Jahren damit gerechnet, dass der Verein erst ganz neu aufgestellt werden muss, um eines Tages wieder in die Bundesliga zu kommen. Jetzt sehen wir, dass wir es unter dem bisherigen Organisationsrahmen sportlich geschafft haben. Insofern waren das drei tolle Jahre. Es wird jetzt erforderlich, diesen Erfolg langfristig zu sichern - wie auch immer das im Einzelnen aussehen wird. Wir haben mit Fritz Grünewalt nun auch formal einen Vorstand für Unternehmensentwicklung. Ich bin nicht nur sehr gespannt, sondern auch sehr motiviert, die Entwicklung weiterhin fachlich-kritisch und konstruktiv zu begleiten.

Der Betze brennt: Du bist damals quasi „aus der Fankurve in den Aufsichtsrat“ gekommen, warst Mitarbeiter von „Der Betze brennt“ und hast auch heute noch Deine Dauerkarte in Block 8.1. Welche Erwartungen vom Funktionärsdasein haben sich erfüllt, was war anders als gedacht, welche Illusionen musstest Du möglicherweise aufgeben?

Sester: Meine Dauerkarte in 8.1 habe ich tatsächlich noch. Ich möchte auch nicht, dass es heißt, ich würde mir das jetzt sparen, weil ich auch eine Karte als Aufsichtsrat für die Nordtribüne habe. Allerdings bin ich inzwischen öfter auf der Nord als in 8.1. Das hat sich als erforderlich erwiesen, weil man sich an den Spieltagen prima mit den Aufsichtsratskollegen austauschen kann, auch über Dinge, die in unseren regelmäßigen Sitzungen vielleicht mal zu kurz kommen mögen. Dennoch freue ich mich, immer wieder mal mit meinen Freunden in der Westkurve ein Spiel zu verfolgen. Ansonsten habe ich mir die Behandlung der klassischen „Fanthemen“ anders vorgestellt. Sie haben im Aufsichtsrat zwangsläufig nicht den Raum, wie man vielleicht glaubt. Keinesfalls aus mangelndem Interesse, sondern weil schlicht viele andere Dinge auf der Agenda stehen, die ebenfalls wichtig sind und mit deren Erledigung wir beauftragt wurden. Insofern bin ich glücklich, dass es mit der Fanvertretung ein Gremium gibt, das organisatorisch und personell ausgezeichnet und sehr viel besser die Lücken im Detail schließen kann. Wenn dann Unterstützung aus dem Aufsichtsrat nötig ist, bin ich selbstverständlich stets offen und freue mich, wenn ich mich für Fanthemen stark machen kann.

Der Betze brennt: Wie bewertest Du den Werdegang des FCK in den vergangenen drei Jahren?

Sester: Ausgehend vom 18. Mai 2008 bis zum 7. Platz in der Bundesliga in der vergangenen Saison war es fast schon eine sensationelle Entwicklung. Ich sag´s ja schon immer (zum Beispiel hier: Was uns stark macht): Wenn uns die meisten bereits abgeschrieben haben, sind wir plötzlich wieder da. Was die Entwicklung des Vereins selbst angeht - da hat sich vieles getan, insbesondere auch in der Kommunikation mit den Anhängern, aber es gibt noch sehr viel zu tun auf dem Weg zu einer, ich nenne es mal „bodenständigen“ Professionalisierung. Wichtig war aber jedenfalls, im Vorstand und bei der sportlichen Leitung wieder mehr Kontinuität zu schaffen. Insgesamt bewerte ich natürlich die sportliche Entwicklung als positiv und damit untrennbar verknüpft auch die wirtschaftliche. Wir müssen aber hungrig und bleiben und mit Sorgfalt weitermachen.

Der Betze brennt: Und wie gestaltete sich allgemein die Zusammenarbeit des Aufsichtsrats in den letzten drei Jahren? In einigen Fällen schien es offensichtlich, dass es Differenzen gab, etwa beim Abgang von Vorstandsmitglied Dr. Johannes Ohlinger, der Berufung seines Nachfolgers Fritz Grünewalt oder dem Rücktritt Eures Kollegen Hartmut Emrich.

Sester: Ja, wir hatten Differenzen - wenn es um Sachentscheidungen ging. Wäre das nicht der Fall gewesen, dann wären wir alle fehl am Platz und ich würde im Übrigen nicht mehr antreten. Hartmut Emrich hatte verschiedene Gründe, die ihn zum Rückzug bewogen haben. Es ist so ein bisschen hängen geblieben, der aktuelle Aufsichtsrat sei ein „Abnickergremium“. So ähnlich stand es in der Zeitung. Nur so viel: Wer glaubt, ich oder wir alle seien Abnicker, mag einfach Hartmut Emrich persönlich fragen, wie das zu verstehen war. Ansonsten hatten wir eine permanente Entwicklung, auch in der Zusammenarbeit mit dem Vorstand. Inzwischen ist das Reporting des Vorstands an den Aufsichtsrat so, wie ich es mir vorstelle. Wenn man ca. einmal pro Monat eine Aufsichtsratssitzung durchführt, um sich mit dem Vorstand zu besprechen, dann ist das - gemessen an vielen Aufsichtsräten in der Wirtschaft - recht viel. Aber dennoch zu wenig, um sich so schnell kennen und zusammenarbeiten zu lernen, wie wenn man täglich miteinander zu tun hat. Es gibt durchaus weiteren Optimierungsbedarf und sollte ich noch einmal das Vertrauen der Mitglieder bekommen, habe ich noch ein paar Dinge im organisatorischen Verhältnis Vorstand/Aufsichtsrat vor.

Der Betze brennt: Eine hieran anschließende Frage: Dem außenstehenden Vereinsmitglied fällt es häufig schwer, zwischen den einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrats zu differenzieren. Welche Qualifikation konntest speziell Du in den vergangenen drei Jahren im Aufsichtsrat einbringen und welche Erfolge verbuchst Du persönlich für Dich?

Sester: Die Qualifikation als Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Kapitalgesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, die Fähigkeit sich in der Sache auch mal heftig zu streiten und sich trotzdem in die Augen schauen und sich persönlich schätzen zu können - etwas, das ein guter Anwalt natürlich mitbringen muss. Einzelne Erfolge, bezogen auf konkrete Entscheidungen, die der Aufsichtsrat getroffen hat, möchte ich nicht alleine für mich reklamieren. Ganz persönlich ist es aber für mich ein Erfolg, heute aufrichtig zum mir selbst sagen zu können, dass ich mein Versprechen gehalten habe - nämlich gut auf den FCK aufgepasst zu haben, ohne Rücksicht auf das Ansehen meiner Person. Für mich ganz persönlich ist es auch irgendwo ein Erfolg zu wissen, dass ich in der Sache meinen wichtigen Beitrag geleistet habe, ohne mit dem Amt zu kokettieren. Ich wette einen Kasten Bier: Wenn wir beim nächsten Heimspiel zur Pressekonferenz gehen, werde ich an der Tür gefragt, ob ich einen Presseausweis habe. Ob man mich da versteht oder nicht - ich glaube, ich habe da was richtig gemacht.

Der Betze brennt: Blicken wir in die Zukunft. Welche Projekte siehst Du in den kommenden drei Jahren als die wichtigsten für den FCK an?

Sester: Die so genannte „Stadionfrage“ inklusive Frönerhof muss weiterhin einer Lösung zugeführt werden, die für alle Seiten besser ist als momentan. Wir brauchen Geduld im sportlichen Aufbau - einerseits wollen wir Transfererlöse, anderseits wollen wir künftig wieder Leistungsträger halten. Dazu gehört auch, das Nachwuchsleistungszentrum wieder zu einer der absoluten Topadressen zu machen. Zu alldem gehört, dass der Verein Möglichkeiten ausloten muss, seine Finanzkraft zu stärken - ohne die „Klassiker“ Verkauf des Stadionnamens etc. Der erste Schritt wird sein, die bilanzielle Überschuldung zu beseitigen und Eigenkapital aufzubauen. Da sind wir ja auf gutem Weg. Dennoch sind das schwierige Aufgaben für den Vorstand. Und schwierige Aufgaben für den Aufsichtsrat, der den Vorstand äußerst kritisch begleiten, akribisch prüfen, aber wenn der Vorstand seine Sache gut macht, ihm auch entschlossen den Rücken stärken muss.

Der Betze brennt: Zwei allgemeine Fragen, die wir schon vor der letzten Wahl gestellt haben, dürfen natürlich nicht fehlen. Zum einen, wie stehst Du zu einem möglichen Verkauf der Namensrechte am Fritz-Walter-Stadion?

Sester: Ich bin da noch immer romantisch. Es gilt nach wie vor: das Beste wäre, einer gibt uns Geld dafür, dass der Stadionname bleibt wie er ist. Realistisch ist das wohl leider kaum. Egal, was auch immer kommen mag - der Name Fritz Walter bleibt. Im Moment ist das Thema aber nicht ganz oben auf der Tagesordnung.

Der Betze brennt: Und zum anderen, wie bewertest Du die Möglichkeit einer Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung, auch in Hinblick auf die aktuelle Aufweichung der 50+1-Regel und den Einstieg von Investoren im Profifußball? Vor drei Jahren nanntest Du die Ausgliederung als wichtiges Themengebiet Deiner Arbeit im Aufsichtsrat, sagtest der FCK müsse dabei immer Herr im eigenen Hause bleiben, sprich keine „Klubbesitzer“ auf Investorenebene - wie ist heute der Stand der Dinge?

Sester: Vor drei Jahren habe ich prophezeit, dass die 50+1-Regel fallen wird. Nun ist sie nicht gefallen, aber weiter aufgeweicht. Wenn man einmal ausgliedert und die Mehrheit der Anteile abgibt, dann ist das grundsätzlich eine endgültige Entscheidung. Das prägt den Verein für Jahrzehnte. Deswegen will ich mich nicht auf eine 50+1-Regel verlassen und auch nicht auf unsere Satzung, die eine 2/3-Mehrheit fordert, wenn Anteile verkauft werden sollen. Sollte die Profiabteilung ausgegliedert werden, brauchen wir von vornherein eine Gestaltung die uns übernahmeresistent macht. Es hat sich an meiner Haltung nichts geändert. Allerdings ist auch dies derzeit kein Thema, das ganz oben auf der Tagesordnung steht. Der FCK hat eindrucksvoll bewiesen, dass ein eingetragener Verein in der Abschlusstabelle der Bundesliga immer noch vor reichen Fußballunternehmen mit europäischen Ambitionen stehen kann.

Der Betze brennt: Zum Abschluss: Was sollten die FCK-Fans und -Mitglieder bezüglich Deiner Kandidatur noch wissen und warum sollten sie Dir ihre Stimme geben?

Sester: Die Wahl in den Aufsichtsrat vor drei Jahren war ein großes Geschenk. Ich habe nie vergessen, dass ich dort nur mitwirken darf, weil die Mitglieder das so wollen und dass sie mich damit beauftragt haben, eine wichtige Kotrollfunktion wahrzunehmen. Ich habe nie vergessen, dass ich nicht im Aufsichtsrat bin, weil ich der große Zampano sein und mich einer schmucken Gremienzugehörigkeit erfreuen soll. Ich bin dort, um gemäß dem Auftrag der Mitglieder auf den FCK aufzupassen und meine Überzeugungen in ihrem Namen bei Leitungsentscheidungen zu verteidigen. Ich habe das getan und ich verspreche erneut, in diesem Sinne das Amt zu bekleiden, wenn ich noch mal das Vertrauen der Mitglieder bekomme.

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Dir viel Erfolg bei der Aufsichtsratswahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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