Saisonrückblick 2012/13, Teil 2: Die Rückrunde

Die Rückrunde: Auf und ab und auf und ab

Die Rückrunde: Auf und ab und auf und ab


Wem die Achterbahnfahrt der Gefühle schon in der Hinrunde zuviel war, der wäre vor der Rückrunde besser ausgestiegen: Alles wurde noch holpriger, extremer, emotionaler. Wir erinnern uns im zweiten Teil des Saisonrückblicks von „Der Betze brennt“.

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Wäre die Winterpause mal früher gekommen, anstatt die ersten zwei Spiele der Rückrunde noch vor Weihnachten auszuspielen: „Willkommen in der Krise“, heißt es nach dem bitteren 0:2 bei Union Berlin. Gerüchten zufolge staucht FCK-Trainer Franco Foda die Mannschaft noch am selben Abend beim gemeinsamen Essen zusammen und kündigt in seiner Verärgerung über das bis dahin schlechteste Saisonspiel eine ganze Reihe Neuzugänge für die Winterpause an. Die Folge: Auch das nächste Spiel der „Alten“ gegen Aalen geht in die Hose und der Kontakt zur Tabellenspitze ist binnen weniger Tage abgerissen: Der FCK ist zwar immer noch Dritter, geht aber mit jetzt schon neun bzw. sieben Punkten Rückstand auf Braunschweig und Hertha in die Feiertage. Auf 16 Spiele ohne Niederlage folgten drei Pleiten in Serie.

Parallel zum sportlichen Niedergang geht auch das Wir-Gefühl zwischen Fans und Vereinsführung verloren. Trotz eingehender Gespräche im Vorfeld stimmen die FCK-Vorstände Stefan Kuntz und Fritz Grünewalt dem DFL-Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ in vollem Umfang zu, was die Proteste in der Westkurve - ebenso wie bei anderen Vereinen - auf den Höhepunkt treibt: Gegen Aalen wird der Stimmungsboykott von 12:12 auf die vollen 90 Minuten ausgeweitet und den Funktionären vor Augen gehalten, wie die Fankultur der Zukunft aussehen wird, wenn die längst jenseits aller Realitäten stehende Sicherheitsschraube noch weiter gedreht wird. Auch mit seiner Ankündigung, dass sich zumindest am Betzenberg nichts ändern werde, kann Kuntz die empörten Fans nicht beruhigen. Sowohl sportlich als auch atmosphärisch konnte es somit kaum einen besseren Zeitpunkt für die anstehende Winterpause geben.

Zur Vorbereitung auf die restlichen 15 Spiele wird ein Trainingslager in der Türkei bezogen - und wie intern angekündigt sechs neue Spieler geholt. Der FCK geht volles Risiko, um die offenen Baustellen auf dem Betzenberg zu schließen. Durchsetzen können wird sich von den Neuen nur Linksverteidiger Chris Löwe und mit Abstrichen Markus Karl. Die Probleme gehen somit weiter: „Weniger Betze war noch nie“, war im Januar fast schon prophetisch auf „Der Betze brennt“ zu lesen.

Auch außersportlich bleibt es beim Auf und Ab: Die Betze-Fananleihe mit einem Volumen von sechs Millionen Euro ist ratzfatz ausverkauft, aber auch nach der Winterpause findet sich weiter keine Einigkeit beim Thema DFL-Sicherheitskonzept. Positiv und negativ wechseln sich nicht nur sportlich fast im Wochentakt ab.

Allen Unkenrufen zum Trotz gelingt dann aber der Start in die Rückrunde: Dem glücklichen, aber dafür auch umso emotionaleren Last-Minute-Sieg bei 1860 München folgt das klare 3:0 gegen Dynamo Dresden. Schlimme Szenen am Rande: Dresdner Hooligans demolieren P&R-Busse und attackieren die darin sitzenden FCK-Fans.

Der sportliche Aufwärtstrend hält nur kurz, am 21. Spieltag folgt schon wieder eines dieser vielen ärgerlichen Unentschieden: Nur 0:0 beim kriselnden MSV Duisburg und Gelb-Rot für Idrissou. Endgültig begraben werden können die direkten Aufstiegshoffnungen eine Woche später nach dem sang- und klanglosen 0:1 bei Hertha BSC. Zwölf bzw. 13 Punkte Rückstand auf das Führungsduo sind zuviel, vor allem angesichts des (nicht) gezeigten eigenen Leistungsvermögens. Passend dazu folgt eine Woche später ein graupiges 0:0 zuhause gegen den VfL Bochum, nach dem „Der Betze brennt“ titelt: „Eiszeit in der Hölle“.

Für einen der wenigen Lichtblicke sorgt in diesen Tagen ausgerechnet die zweite Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern, die mittwochs um 14:00 Uhr das kleine Derby gegen Waldhof Mannheim für sich entscheidet und bei der gemeinsamen Feier mit den Fans in der Westkurve ein fast verloren gegangenes Gefühl von Emotion und Miteinander erzeugt. Da sich unter den rund tausend feiernden FCK-Fans aber (vermutlich) auch einige Pyromanen befanden, setzt es vom Vorstandsvorsitzenden Stefan Kuntz einen heftigen Anpfiff für die Nachwuchsspieler - und für die Ultras über 50 Stadionverbote. Diese jedoch nicht wegen der bengalischen Feuer zu Spielbeginn, sondern größtenteils wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch in Bahnhofsnähe. Es hatte sich also doch etwas geändert auf dem Betzenberg: Unverhältnismäßige Stadionverbote in solch kollektiven Ausmaß hatte es vorher noch nie gegeben.

In der zweiten Liga kehrt der FCK zur „Baumjohannschen Formel“ zurück, die aufgrund des hohen Rückstands auf die Tabellenspitze aber längst nicht mehr ausreicht: Unentschieden in Braunschweig, Heimsieg gegen Ingolstadt, Unentschieden in Sandhausen, Heimsieg gegen Köln. Gegen den FC geht es schon nur noch um den dritten Tabellenplatz, den die Roten Teufel just eine Woche zuvor verloren hatten - und ausgerechnet in diesem „Entscheidungsspiel um Platz 3“ zeigt die Elf von Franco Foda ihre beste Saisonleistung und fegt die Kölner mit 3:0 vom Platz.

Doch wie sollte es anders sein? Dem Höhepunkt der Saison folgt sogleich der Tiefpunkt mit der Schande vom Schacht, als die Lautrer gegen das abstiegsbedrohte Team von Erzgebirge Aue mal wieder eine 1:0-Führung nicht über die Zeit bringen - und das gegen neun Mann! Die Partie in Aue ist eines von fünf Montagsauswärtsspielen innerhalb von drei Monaten, welche die FCK-Fans mehr als 5.500 Kilometer quer durch die Republik treiben. Die Zaunfahne „We don't like mondays“ ist dementsprechend das vielleicht meistfotografierte Fan-Motiv der Rückrunde.

Zwei Wochen später platzt Mo Idrissou der Kragen: „Wir sind die dümmste Mannschaft der zweiten Liga“, klagt Lauterns erfolgreichster Stürmer nach der 2:4-Pleite in Cottbus, mit der der vorausgegangene Heimsieg gegen Paderborn mal wieder leichtfertig verspielt wurde. Für noch größere Aufregung als diese Kritik an der eigenen Mannschaft sorgt Idrissous vermeintlich homophober Angriff auf Schiedsrichter Wolfgang Stark, der nach viel Aufregung im Nachhinein aber doch „nur“ zu einer kleinen Geldstrafe führt. Und dann wird auch noch Jan Simunek nach einer Sauftour suspendiert. Es schien klar: Der FCK liegt drei Spieltage vor Schluss am Boden.

Und er steht wieder auf! Mit dem 4:1 gegen den zum direkten Konkurrenten gewachsenen FSV Frankfurt und dem darauf folgenden Auswärtsdreier in Regensburg wird der Einzug in die Relegation geschafft, die Mannschaft hatte sich zusammengerauft. Die historische erste Heimniederlage gegen St. Pauli am letzten Spieltag dient nur noch der Statistik.

Die bewegte Spielzeit 2012/13 hatte fast so tiefe Spuren hinterlassen wie die bittere Vorsaison, aber der eigentliche Höhepunkt stand noch bevor. Und was für einer: Relegation gegen Hoffenheim. Ausgerechnet Hoffenheim! Gegen das große Feindbild der letzten Jahre werden alle Querelen für vorläufig beendet erklärt. Stefan Kuntz, der zuvor noch von „Ratten, die aus ihren Löchern kriechen“ und „Fans, die hier falsch sind“ sprach, setzt vor den entscheidenden Spielen voll auf die Kraft aus der Kurve. Und auch die Fans schieben allen Ärger über sportliche Misserfolge, unverhältnismäßige Stadionverbote und verloren gegangenes Wir-Gefühl beiseite. Die Devise lautet: Alle gemeinsam gegen Hoffenheim!

Über 300.000 Ticketanfragen gingen laut FCK-Angaben auf dem Betzenberg ein, doch nur 6.000 zum Auswärtsspiel und 50.000 zum Heimspiel können bedient werden. Und diese Fans sind es, die deutschlandweit für Eindruck sorgen: Der fast zwei Jahre lang ruhende Mythos Betzenberg wacht wieder auf - wenn auch leider nur auf den Rängen, wo die FCK-Anhänger in beiden Spielen für eine beeindruckende Atmosphäre sorgen. Auf dem Platz hingegen gibt es nur kurze Momente der Hoffnung, etwa nach dem Auswärtstreffer von Mo Idrissou im Hinspiel oder dem gehaltenen Elfmeter von Tobias Sippel im Rückspiel. Die mit dem Geld von Dietmar Hopp finanzierte Millionentruppe aus Hoffenheim spielt ihre technische Überlegenheit aus und gewinnt die beiden Relegationsspiele mit 3:1 und 2:1. Der FCK muss ein weiteres Jahr in der zweiten Liga planen.

Was waren Deine Saisonhighlights 2012/13? Welcher Spieler hat Dich besonders überzeugt? Und wer oder was waren die Flops? Erzähl es uns im Diskussionsforum von „Der Betze brennt“!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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