Interview mit FCK-Chronist Dominic Bold

"Da wird man verrückt"

"Da wird man verrückt"


Dominic Bold ist 38 Jahre alt, Lehrer, Hobby-Journalist, Familienvater und "von Geburt an" FCK-Fan. Die vergangenen drei Jahre verbrachte er aber vor allem mit einem Thema: Er schrieb die Chronik des 1. FC Kaiserslautern. Gestern präsentierte er sein Werk, das in Zusammenarbeit mit den Co-Autoren Johannes Ehrmann, Dr. Markwart Herzog und Markus Röder entstanden ist, im Beisein von vielen aktuellen und ehemaligen Roten Teufeln in der Museumsebene des Fritz-Walter-Stadions.

"Der Betze brennt" sprach mit dem Autor über die 448 Seiten starke Chronik und den besonderen Moment der Buchvorstellung.

Der Betze brennt: Dominic Bold, was für ein Gefühl ist das nach fast drei Jahren investierter Arbeit, wenn im Beisein von FCK-Legenden wie Klaus Toppmöller, Ronnie Hellström oder Stefan Kuntz die Chronik hier im Fritz-Walter-Stadion präsentiert wird?

Dominic Bold: Ohne pathetisch werden zu wollen: Der Handschlag und das kurze Gespräch mit Ronnie Hellström waren ein großer Kindheitstraum, der heute Abend in Erfüllung gegangen ist. Und wenn jemand wie Stefan Kuntz einen in seiner Rede ("Das Buch ist der Hammer"; Anm. d. Red.) so lobt, geht das natürlich runter wie Öl. Aber die spannendsten Wochen beginnen für mich jetzt, wenn mein engerer FCK-Freundeskreis von zehn bis 15 Leuten sein Feedback gibt. Das sind meine schärfsten Kritiker.

Der Betze brennt: Wie schreibt man eigentlich so eine Chronik?

Bold: Insgesamt kann ich sagen, dass ich das Ganze etwas blauäugig angegangen bin und die Größe der Aufgabe unterschätzt habe. Der Teufel steckt im Detail. Meine Primärquellen waren die Rheinpfalz und der Kicker samt ihrer Vorläufer, die den FCK als einzige Medien kontinuierlich begleitet haben. In den 60er und 70er Jahren beispielsweise waren die Berichte noch nicht so strukturiert wie heute: Da gab es zwar auch mal einen Artikel zum Trainingsbeginn, aber da stand dann nichts über die Neuzugänge und Abgänge beim FCK drin - das musste man sich alles mühsam aus den Wochen zuvor zusammensuchen. Da wird man verrückt. In zwei Stunden hat man oft vieles Wesentliche gefunden, braucht dann aber noch mal zwei Stunden, um ein offenes Detail zu klären. Natürlich will man auch die Trüffel finden, die das Buch von dem bisher Dagewesenen abheben, aber man muss auch voran kommen. Diesen Spagat musste ich meistern.

Der Betze brennt: Was unterscheidet Dein Werk von früheren Büchern über den FCK?

Bold: Ein wesentlicher Unterschied zu den bisherigen Werken ist die Darstellung der Geschichte bis 1945 durch die Co-Autoren Markus Röder und Dr. Markwart Herzog, die seit Jahren recherchieren und deren Ergebnisse die fundiertesten sind, die es zu diesem Thema gibt. Darüber hinaus auch die komplette Statistik, die ebenfalls auf Markus Röder zurück geht.
Zu meinem Teil kann ich sagen: Ich habe mir als FCK-Fan vorgenommen, ein Buch zu schreiben, das mir als FCK-Fan gefallen würde. Aber das allerwichtigste ist, dass die Leute, die jeden Verein ausmachen - nämlich die Fans - damit zufrieden sind. Ich hoffe sehr, dass sie sich bei einigen Geschichten noch mal erinnern können an besondere Spiele, an besondere Jahre auf dem Betzenberg und an alles, was dazugehört. Das ist ja auch bei jedem anders: Eine Saison, die für die Sportpresse keine besondere war, aber für jeden Leser etwas besonderes sein kann - weil er zum ersten Mal da war, weil er mit der Freundin da war, weil er dort einen Freund fürs Leben getroffen hat... es gibt so vieles, was den Fußball über seine Ergebnisse hinaus ausmacht. Das ist natürlich nur zum Teil in einen Text zu fassen, aber über die Ebene des Buches hinaus kann man vieles noch mal ins Gedächtnis rufen.

Der Betze brennt: In der Chronik finden sich auch unzählige Anekdoten, die nur den wenigsten bekannt sein dürften. Bei der Präsentation hast Du beispielsweise von einer kleinen Parzelle mitten im Fritz-Walter-Stadion erzählt, die einer Privatperson gehörte und über Jahrzehnte hinweg an den FCK verpachtet wurde. Was gibt es da noch?

Bold: Eine Sache, auf die ich besonders stolz bin bei meiner Recherche: Ich habe rausgefunden, dass beim 7:4 gegen die Bayern zehntausend Leute ihre Karte erst drei Tage vor dem Spiel gekauft haben, weil Herbert Laumen in Gladbach in einem Nachholspiel der Ausgleichstreffer gelang und sie deswegen dachten: Okay, vielleicht ist der FCK doch nicht chancenlos gegen Bayern. Ich glaube, jeder dieser Kurzentschlossenen wird sein Leben lang dankbar sein für diese Eingebung.
Eine andere Anekdote sind die Vizemeisterschaften von 1954 und 1955, als die Walterelf die Finalspiele trotz Favoritenrolle verlor, in Kaiserslautern aber dennoch gefeiert wurde wie ein Deutscher Meister. Schon damals zeigte sich also, dass hier eine Mannschaft auch gewürdigt werden kann, wenn sie nicht als Gewinner vom Platz geht.

Der Betze brennt: Dieses Gemeinschaftsgefühl macht den FCK zu etwas besonderem...

Bold: Das hat sich auch heute wieder gezeigt. Es ist ein schönes Zeichen, dass so viele Leute hierher gekommen sind. Nicht nur die Prominenten auf der Bühne, sondern auch Leute, die 30, 40 Jahre nicht mehr hier gespielt haben. Ich habe zum Beispiel vorhin Willi Wrenger getroffen und mit ihm über die 60er Jahre beim FCK gesprochen. Zu sehen, dass man nicht nur als kleiner Mann auf der Tribüne an diesem Verein hängt, sondern dass auch zumindest für diese Generation an Spielern der Verein etwas ganz besonderes war und ist - das freut einen einfach als Fan.

Der Betze brennt: Als abschließende Frage an den FCK-Historiker ein Blick in die Zukunft: Wie endet das noch nicht fertig geschriebene Kapitel der Saison 2013/14? Wird die Überschrift "Rückkehr in die Bundesliga" lauten?

Bold: Die jüngste Entwicklung stimmt mich absolut positiv. Kosta Runjaic hat das allerwichtigste für einen FCK-Trainer erkannt: Auf dem Betzenberg selbstbewusst und offensiv auftreten. Wenn das beherzigt wird, dann bin ich der Meinung, hat dieser Kader in der zweiten Liga die Klasse, um aufzusteigen.

Der Betze brennt: Danke für das Gespräch und viel Erfolg mit der Chronik!

Die neue Chronik des 1. FC Kaiserslautern (448 Seiten, über 800 Fotos) ist versandkostenfrei u.a. bei Amazon erhältlich. Sie kostet 44,90 Euro.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- "Wie Phönix aus der Asche" (Rheinpfalz)
- "Diese Geschichte ist noch nicht zu Ende" (fck.de)

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