Interview mit Aufsichtsratskandidat Michael Littig

„Die Schnellen schlagen die Langsamen“

„Die Schnellen schlagen die Langsamen“


Am 23. November wird der Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern neugewählt. Wie aus den vergangenen Jahren gewohnt, möchten wir Euch auf „Der Betze brennt“ die Kandidaten für das wichtige Kontrollgremium vorstellen. Den Anfang in unserer Gesprächsreihe macht heute der Lautrer Unternehmer Michael Littig, der die Gründe für seine erneute Bewerbung und seine Visionen für den FCK nennt.

Der Betze brennt: Im Sommer gab es einige grundlegende Veränderungen beim FCK: Neuer Sportdirektor, neue Spieler, neues Konzept. Wieso sollte aus Ihrer Sicht auch im Aufsichtsrat der Reset-Knopf gedrückt werden, Michael Littig?

Michael Littig (49): Das Spielerkonzept, ganz gleich ob aus der Not geboren oder nicht, gefällt mir durchaus. Das wäre dann aktuell wohl noch kein Grund für ein Reset. Ein Grund könnte eventuell (!!) die von Stefan Kuntz in „Flutlicht“ gelobte Kontinuität und gute Zusammenarbeit seit 2008 mit vier der aktuellen Aufsichtsräte sein. Was Kuntz positiv darstellt, lässt bei anderen die Alarmglocken klingen: Als Unternehmensberater erlebe ich es leider allzu oft, dass vertraute und eingeschwungene Strukturen in Unternehmen den notwendigen kritischen Blick verhindern, wonach dann sowohl Risiken falsch eingeschätzt oder Potentiale nicht erkannt werden. Das muss aber sicher nicht der Fall sein! Insofern wäre es dennoch ein Ansatz, zu Beginn einer gemeinsamen Amtszeit die aktuelle Situation besonders kritisch zu beleuchten und, sofern gemeinsam Anhaltspunkte identifiziert werden, den einen oder anderen Reset-Knopf zu drücken.

Der Betze brennt: Stellen Sie sich doch bitte kurz vor, zunächst beruflich und privat.

Littig: Ich bin vor fast 50 Jahren in Kaiserslautern geboren, ebenso wie meine Frau, wir haben zwei Kinder im Alter von 18 und 22 Jahren. Auch in 50 Jahren werde ich immer noch in KL sein. Beruflich bin ich seit 1999 selbständig, habe mehrere Firmen in Kaiserslautern gegründet, u.a. die teckpro AG, die heute zu den führenden Unternehmen im Bereich finanzmathematische Software in der Finanzindustrie und bei Steuerberatern zählt. Dazu war ich sechs Jahre ehrenamtlicher Geschäftsführer eines Profisportclubs (2. Bundesliga Basketball). Zusätzlich bin ich in mehreren Unternehmer- und Wirtschaftsverbänden engagiert, u.a. Mitglied im Bundesvorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion. Als Berater analysiere ich Prozesse in Konzernen und begleite Umstrukturierungen. Leider zwingt der enorme Reiseaufwand mich dazu, viele Spiele des FCK nur im Fernsehen sehen zu können.

Der Betze brennt: Seit wann fühlen Sie sich mit den Roten Teufeln verbunden und wie haben Sie sich in der großen FCK-Familie bisher eingebracht?

Littig: Seit wann? Ich kann mich an nichts anderes erinnern. Ich fürchte schon bei meiner Taufe in der Marienkirche bzw. der Taufparty danach war der Rote Teufel mit am Tisch gesessen. Wenn man meine bescheidenen fußballerischen Gehversuche in der Jugend im FCK und die Tatsache, dass ich jahrzehntelang bis zum Stimmverlust die Mannschaft angefeuert habe als „eingebracht“ wertet, dann würde ich das anführen. Einzelne kleine Sponsoringmaßnahmen in diversen Abteilungen konnte ich zwar durchführen, aber sonst muss ich gestehen, dass ich als Lautrer Unternehmer eher durch den FCK und dessen Präsentation sowie die lange Zeit erlebten und präsentierten Tugenden und das Image profitiert habe. Das Motto „nicht die Großen schlagen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen“ ist so ein Leitsatz für mich und meine Firmen geworden.

Der Betze brennt: Wie bewerten Sie die aktuelle Amtsperiode des Aufsichtsrates, also die letzten drei Jahre - welche Erfolge kann die Vereinsführung in dieser Zeit vorweisen?

Littig: Erfolg im Sport ist immer dann gegeben, wenn man entweder Meisterschaften gewinnt oder mindestens sportliche Fortschritte erleben kann. Das kann mit einem Ziel „Platz unter den ersten Fünf“ in Liga 2 nur schwer verkauft werden. Aber wann ist ein Fan schon zufrieden? Nachdem wir schon mal mit einem Bein in der 3. Liga gestanden haben und uns wirtschaftlich von Jahr zu Jahr zittern, könnte man es als Erfolg werten, dass es den FCK noch gibt und nun auch eine Basis vorhanden ist, auf der man an tolle Perspektiven glauben darf. Und das ist absolut ernst gemeint! Ich weiß aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, von sportlichem Erfolg wirtschaftlich abhängig zu sein. Da fühlt sich manches von draußen so easy an, aber es ist ein Höllenjob. Auch der neue Aufsichtsrat steht vor gewaltigen Herausforderungen und sollte den Vorstand sicher kritisch konstruktiv begleiten!

Der Betze brennt: Und was lief aus Ihrer Sicht weniger gut? Wo sehen sie Verbesserungspotential?

Littig: Wesentliche Punkte werden hier im Forum schon rauf und runter diskutiert, so dass ich diese nicht wiederholen möchte. Eventuell jedoch ein Aspekt an dieser Stelle: Es gibt aktuell mal wieder viel Gerede und scheinbare Unklarheiten, die erhebliche Irritationen sowohl im Fanbereich als auch im weiteren Umfeld erzeugen können. Während der Fan sich jedoch durch die Unzufriedenheit mit dem einen oder anderen Mitglied der Vereinsführung nicht vom FCK abwendet, sind Sponsoren ruckzuck weg oder kommen erst gar nicht. Ich glaube daher, dass in der Kommunikation und Gesamtdarstellung noch wichtige Effekte realisierbar sind. Es ist z.B. ein Unterschied, ob man sich über „Dauernörgler“ beschwert oder erwähnt, dass der Fan bekanntlich nie zufrieden ist, aber man jede Kritik dankbar aufnimmt und diese Kritik Ansporn ist, es morgen auch noch besser zu machen.

Der Betze brennt: Aller guten Dinge sind drei: Nach 2006 und 2008 kandidieren Sie wieder für den Aufsichtsrat. Wer oder was hat Sie zu Ihrer erneuten Bewerbung motiviert?

Littig: Nicht ganz: 2008 hatte ich die Bewerbung schließlich zurückgezogen. Das Timing mit anderen Belastungen war ganz schlecht. 2006 war ich noch jünger und hab auf dem Podium vor den Augen von Ottmar Walter zu stottern angefangen... Eine wichtige Erfahrung für mich. Tatsächlich wurde ich nun von einigen Freunden motiviert, es nochmals zu versuchen. Im Grunde will man das ja selbst, aber die Motivation durch viele Dritte ist dann schließlich der entscheidende Anstoß. Die inhaltliche Motivation besteht schlicht darin, zu versuchen, meine Expertise in der Weiterentwicklung des FCK einzubringen. Eine meiner Stärken ist sicher, Sachverhalte kritisch zu hinterfragen und für mögliche Herausforderungen Lösungsräume zu entwickeln. Das macht auch Spaß, wenn man sich so gemeinsam weiterentwickeln kann.

Der Betze brennt: Als Lautrer Firmenchef und – wie erwähnt – auch als Mitglied in Wirtschaftsvereinigungen haben Sie gute Kontakte zu den mittelständischen Unternehmern der Region und bundesweit. Wie könnte sich der FCK für diese Zielgruppe, etwa als Sponsoren, wieder interessanter gestalten? Und welchen Einfluss könnten Sie als Aufsichtsratsmitglied darauf nehmen?

Littig: In den diversen Gremien ist das Thema Sponsoring allgegenwärtig. Leider ist dieses zwischenzeitlich juristisch total überladen, Stichwort Compliance etc. Beim FCK ist nun schlicht harte Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit angesagt! Der FCK ist leider noch immer Teil vieler negativ besetzter Schlagzeilen bei Themen wie Liquidität, Fananleihe, Lizenz, Subventionen und vielen mehr. Dabei spielt es keine Rolle ob da was dran ist oder nicht. Mich interessiert nun, ob durch präventive Maßnahmen und Transparenz zumindest einzelne Schlagzeilen vermieden werden können. Ich glaube schon, dass man als Aufsichtsratsmitglied mit Zugang zu Verbänden, in die Politik und die Wirtschaft hier positiv wirken oder kritische Situationen evtl. sogar vor ihrer Ausbreitung abfangen kann. Geld liegt leider keins auf der Straße, aber der FCK zählte einst zu den wertvollsten Sportmarken – da geht definitiv noch was, sobald sich die belastenden Themen lösen und sich diese dann mit sportlichem Erfolg paaren.

Der Betze brennt: Vielen Mitgliedern fällt es schwer, die Arbeit der einzelnen Aufsichtsräte zu bewerten, weil über die Diskussionen und über unterschiedliche Sichtweisen in dem Gremium wenig veröffentlicht wird. Nicht zuletzt daraus resultiert auch der immer wieder zu hörende Vorwurf, dass der Aufsichtsrat nur die Wünsche des Vorstands „abnicke“ anstatt zu „kontrollieren“. Wie könnte man über die Tätigkeit des Aufsichtsrates mehr Transparenz schaffen oder was spricht möglicherweise dagegen?

Littig: Ganz schwierig! Glatteis! Einen guten Aufsichtsrat sieht und hört man in seiner Funktion nicht in der Öffentlichkeit. Das darf aber nicht damit verwechselt werden, dass in der Person begründete Möglichkeiten, Zugänge etc. zum Nutzen des Vereins eingesetzt werden. Sonst sorgt der Aufsichtsrat schlicht dafür, dass ein geeigneter Vorstand bestellt wird und dieser einen guten Job macht. Wenn das der Fall ist, darf der Aufsichtsrat auch gerne den ganzen Tag nicken – natürlich nur nach eingehenden Kontrollen. Grundsätzlich unterliegt ohnehin das meiste der Vertraulichkeit. Wenn man wirklich Einblick und Transparenz zum Aufsichtsrat haben möchte, muss man sich als Aufsichtsrat bewerben und wählen lassen. Und schließlich muss man einen Aufsichtsrat wählen, der im Rahmen des Möglichen gerne informiert.

Der Betze brennt: Vor einem halben Jahr hat der amtierende Aufsichtsrat den Vertrag mit dem Vorstandsvorsitzenden Stefan Kuntz sehr frühzeitig verlängert. Wie bewerten Sie diesen Schritt aus ihrer Sicht als Neubewerber, hätte man dafür nicht besser die nun anstehende Neuwahl des Aufsichtsrates abwarten sollen?

Littig: Angeblich musste aufgrund formaler Aspekte der Vertrag angepasst werden (Thema waren die Anstellung eines Sportdirektors und daraus resultierend ein veränderter Kompetenzbereich für den Vorstandsvorsitzenden; Anm. d. Red.). Eine Verlängerung hätte meines Erachtens jedoch nicht passieren müssen. Sollte das allerdings mit dem Konzept des aktuellen Aufsichtsrates konform gehen, dann muss das hingenommen werden. Ich kenne mögliche Detailgründe schlicht nicht. Grundsätzlich wirkt es unglücklich, wenn Entscheidungen von solcher Tragweite als unverhinderlicher Fakt einem neuen Aufsichtsrat vererbt werden. Wie erwähnt: ich kenne nicht die echten Details und möglichen Zwänge, wenn es jedoch vermeidbar gewesen wäre, hätte ich es sehr wahrscheinlich nicht getan. Dies aber ganz unabhängig von der konkreten Person Stefan Kuntz – sondern grundsätzlich.

Der Betze brennt: Alle paar Jahre wieder im Gespräch ist auch eine Ausgliederung und es ist davon auszugehen, dass dieses Thema die nächste Amtsperiode des Aufsichtsrates entscheidend mitprägen wird. Auch bei vielen anderen Vereinen wird emotional darüber debattiert: Der Hamburger SV wurde ausgegliedert, beim SC Freiburg wurde dieser Schritt fast einstimmig abgelehnt, der VfB Stuttgart plant eine Entscheidung im nächsten Jahr. Bezogen auf den FCK gefragt: Sind Sie für oder gegen eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung?

Littig: Es gilt immer zu prüfen, was in Kenntnis der Situation, der Ziele und der vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten das für den Verein Beste ist. Spontan wüsste ich keinen Grund, weshalb derzeit eine Ausgliederung unterstützt werden sollte. Andererseits will ich mir hier durch vorschnelle Aussagen keine Handlungsoptionen verbauen. Es gibt immer Veränderungen, die auch neue Konzepte erfordern können. Das typische Argumente für eine Ausgliederung ist oft der Einstieg von potenten Geldgebern. Hier gibt es in Deutschland aber kaum richtig gute und nachhaltige Beispiele. Ein personengetriebenes Einzelengagement sehe ich beispielsweise sehr kritisch. Ein Partner, der den Willen und die Möglichkeit hat, einen Bundesligisten mit zweistelligen Millionenbeträgen über Jahrzehnte zu unterstützen, wäre unter partnerschaftlichen Bedingungen sicher zu begrüßen. Die Kontrolle und Verantwortung über das Geschehen im Verein muss aber immer mindestens indirekt beim Verein selbst bleiben.

Der Betze brennt: Die Abteilung Fußball, welcher der allergrößte Teil der Vereinsmitglieder angehört, liegt seit einigen Jahren brach und existiert rein formal betrachtet gar nicht mehr. Wie beurteilen Sie persönlich die vorgeschlagene Lösung für diese Problemstellung, eine Abteilung „Fans und fördernde Mitglieder“ nach dem Vorbild von Klubs wie Borussia Dortmund oder Eintracht Frankfurt zu gründen, um den betroffenen FCK-Mitgliedern wieder eine echte Heimat innerhalb ihres Vereins zu geben und um auch die Abteilungen neben dem Fußball besser zu unterstützen?

Littig: Das könnte durchaus helfen, die Kommunikation der betreffenden Gruppierungen in den Verein wieder zu „implementieren“ und die Zugänge zu verbessern. Ich bin ja selbst viel in anderen Abteilungen im FCK unterwegs. Also diesmal kurz: Meines Erachtens ein guter Ansatz.

Der Betze brennt: Abschließend und mit Ihren eigenen Worten zusammengefasst: Warum sollten die FCK-Mitglieder Ihnen ihre Stimme geben?

Littig: Ich kann sicher weder die gewünschten sportlichen Erfolge garantieren noch die Vereinskassen voll machen. Zugegeben: obwohl es mich hier bei mancher Frage schon gereizt hat, ein paar kraftvollere Statements rauszuhauen, habe ich mich für diplomatischere Antworten entschieden. Ich möchte es definitiv vermeiden, eventuell auf einer unvollständigen Informationslage vorschnell Positionen zu beziehen – und als Fan und trotz guter Quellen halte ich es für unseriös, Sichten hart zu formulieren, solange das Fundament nicht trocken ist. Auch möchte ich für den Fall einer Wahl mit allen Kollegen eine gute Ausgangsbasis erhalten. Bei einer Wahl in den Aufsichtsrat kann ich aber garantieren, dass ich unabhängig und kritisch konstruktiv die aufgetragene Rolle leben werde. Meine Familie und die meisten meiner Mitarbeiter leben in Kaiserslautern und ich möchte hier noch 50 Jahre aufrecht durch die Stadt gehen. Mein Weg zum Stadion führt durch die Altstadt über die Eisenbahnstraße hoch zum Berg – und zurück wieder durch die ganze Stadt. Es gehört dazu, über den Betze zu reden, am liebsten über Erfolge. Das gilt es zu sichern.

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Wahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Übersicht: Alle Infos und Artikel zur Jahreshauptversammlung 2014
- Littig: „Niemals vergessen: Der FCK war im Frühjahr fast am A...!“ (vom 30.11.2008)

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