Interview mit Aufsichtsratskandidat Christoph Balzer

„Bin mir nicht zu schade für unbequeme Fragen“

„Bin mir nicht zu schade für unbequeme Fragen“


Christoph Balzer bringt doppelte Kompetenz mit: Im Beruf Bankdirektor und privat in der Fanvertretung aktiv, kennt sich der Nordpfälzer sowohl mit Finanzen als auch mit dem Seelenleben des FCK aus. Mit 30 Jahren ist er außerdem der jüngste Bewerber für einen Platz im Aufsichtsrat - im Interview mit „Der Betze brennt“ erläutert er seine Motivation.

Der Betze brennt: Im Sommer gab es einige grundlegende Veränderungen beim FCK: Neuer Sportdirektor, neue Spieler, neues Konzept. Wieso sollte aus Ihrer Sicht auch im Aufsichtsrat der Reset-Knopf gedrückt werden, Christoph Balzer?

Christoph Balzer (30): Den Reset-Knopf drücken, wäre übertrieben. Strukturen und Abläufe genau zu durchleuchten und bei Bedarf anzupassen, trifft es meiner Meinung nach besser. Eine Neuzusammensetzung des Aufsichtsrates schärft hierfür den Blick. In den letzten Jahren hat sich viel in der Welt des Fußballs verändert. Auf die Veränderungen auf dem Platz zu reagieren, ist dabei die Aufgabe von Sportdirektor und Trainer. Optimale Bedingungen dafür zu schaffen, das heißt den Verein wettbewerbsfähig zu halten, die vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu nutzen, auf die Veränderungen neben dem Platz zu reagieren, aber auch den sportlichen Erfolg anhand der gesetzten Ziele zu überwachen, ist die Aufgabe des Vorstands. Und hier kommt der Aufsichtsrat ins Spiel: Er sollte seine Aufgabe wahrnehmen und die Arbeit des Vorstands konstruktiv und kritisch überwachen - das ist übrigens kein Widerspruch.

Der Betze brennt: Stellen Sie sich doch bitte kurz vor, zunächst beruflich und privat.

Balzer: Im Jahr 2001 begann ich meine Ausbildung zum Bankkaufmann in der Dresdner Bank AG. Nach dem Ende der Ausbildung im Sommer 2003 übernahm ich verschiedene Aufgaben im Vertrieb in den Filialen Bingen und Bad Kreuznach. Nach einer zwölfmonatigen Weiterbildung zum zertifizierten Anlage- und Finanzierungsberater am Institut für Kapitalmarktforschung und Finanzierungen der Ludwig-Maximilians-Universität in München wechselte ich zurück in die Kundenberatung. Kurz darauf absolvierte ich erfolgreich das Commerzbank-Management-Programm und übernahm 2010 die Leitung der Filiale Ingelheim. Seit Mai 2013 verantworte ich ebenfalls die Commerzbank-Filiale in Bingen. Gemeinsam mit meinen Mitarbeitern verantworte ich dort 8.270 Kunden mit Asset i.H.v. ca. 131 Millionen Euro. Mein Schwerpunkt liegt neben der Leitung der beiden Filialen in der Beratung von Geschäftskunden im Bereich Finanzierungen und Cashmanagement. Zusammen mit meiner Frau lebe ich in Bad Kreuznach.

Der Betze brennt: Seit wann fühlen Sie sich mit den Roten Teufeln verbunden und wie haben Sie sich in der großen FCK-Familie bisher eingebracht?

Balzer: Mein erster Betze-Besuch, damals zusammen mit meinem Vater, war 1993 als Neunjähriger gegen Bremen. Zur Saison 1997/98 folgte meine erste Dauerkarte. In den folgenden Jahren besuchte ich möglichst viele FCK-Spiele. Von Ende 2011 an unterstützte ich als Aushilfe den FCK-Kartenservice an Spieltagen und besonderen Anlässen. 2011 wurde ich in die Fanvertretung gewählt. Seit Anfang diesen Jahres bin ich Sprecher der Fanvertretung und somit nach der letzten Satzungsänderung auch Mitglied im Vereinsrat. Durch die verschiedenen Tätigkeiten konnte ich mir bereits einen sehr guten Überblick in das „Innere“ des Vereins und über die Arbeitsabläufe verschaffen.

Der Betze brennt: Wie bewerten Sie die aktuelle Amtsperiode des Aufsichtsrates, also die letzten drei Jahre - welche Erfolge kann die Vereinsführung in dieser Zeit vorweisen?

Balzer: Der größte Erfolg in meinen Augen ist die Emission der Betze-Anleihe – zur Durchführung sagte ich gleich noch etwas – als Grundstein für die Neuausrichtung des Vereins. Auch ohne genauere Details außer den in den Mitteilungen veröffentlichten Inhalten zu kennen, schätze ich den Rückkauf des Nachwuchsleistungszentrums und das neue Pachtmodell als wichtigen und notwendigen Schritt ein.

Der Betze brennt: Und was lief aus Ihrer Sicht weniger gut? Wo sehen sie Verbesserungspotential?

Balzer: Hier ist es schwierig, aus der Ferne und ohne genauen Einblick eine Aussage zu treffen. Aber zum Beispiel nach Einsicht des letzten Jahresabschlusses stellte ich fest, dass bei der Emission der Betze-Anleihe unter anderem Zinszahlungen und Abwicklungskosten im fünfstelligen Bereich eingespart hätten werden können, wenn Vorstand und Aufsichtsrat neben dem extern eingekauften Spezialisten auf gutgemeinte Hinweise von Mitgliedern reagiert hätten. Und darauf baut der zweite Punkt mit Verbesserungspotential auf, welches sich am Beispiel Betze-Anleihe gut aufzeigen lässt: Hätten Vorstand und Aufsichtsrat frühzeitig, offen und klar über die zusätzliche Verwendung der Anleihegelder – nämlich Liquidität auf dem Vereinskonto zu schaffen – informiert, hätten Missverständnisse und Unruhe um den Verein vermieden werden können. Dies gilt ebenfalls für Kommentare und Meldungen rund um den Satzungsausschuss. An der Kommunikation sollte gearbeitet werden.

Der Betze brennt: Sie sprechen es gerade an: Als einer von wenigen Aufsichtsratskandidaten (ausgenommen die aktiven Mitglieder des Ausschusses) waren Sie bei einer Sitzung des von den Vereinsmitgliedern gewählten Satzungsausschusses anwesend. Über und in diesem Gremium wurde in den letzten Monaten viel gestritten. Wie bewerten Sie die Arbeit des Satzungsausschusses und wie sollte man mit den entstandenen Unstimmigkeiten dort – oder auch in anderen Bereichen – umgehen?

Balzer: Satzungsrecht ist ein sehr anspruchsvolles Thema, in dem ich mich als Laie bezeichnen würde. Daher vermag ich keine Aussage über die Arbeit zu treffen, wobei ich aufgrund der Lebensläufe der Mitglieder schon davon ausgehe, dass genügend Kompetenz im Ausschuss vorhanden ist. Was mich an diesem Abend sowie an den diversen Äußerungen in den Vereinsmedien und Bekanntmachungen aber schockierte, ist der Umgang miteinander im Satzungsausschuss. Ohne hier einer „Seite“ den schwarzen Peter zuschieben zu wollen. Ziel sollte es meiner Meinung nach sein, dass sich Aufsichtsrat, Vorstand und Satzungsausschuss an einen Tisch setzen, offensichtlich vorhandene Meinungsverschiedenheiten klären und der Ausschuss danach, im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, eine „neue, der aktuellen Zeit angepasste“ Satzung zur Abstimmung vorlegt. Grabenkämpfe bringen uns nicht weiter. Denn der FCK kann nur als Gemeinschaft erfolgreich sein.

Der Betze brennt: Als unter anderem ebenfalls von den Mitgliedern gewählter Fanvertreter haben Sie bereits Erfahrung mit dem Ehrenamt beim FCK. Was motiviert Sie nun zu Ihrer Kandidatur im Aufsichtsrat? Und wie würde es im Erfolgsfall in der Fanvertretung weitergehen?

Balzer: Die größte Motivation ist der Verein selbst mit seinen Fans und unser Betze. Ich möchte dazu beitragen, den bereits eingeschlagen Weg erfolgreich weiterzugehen, um unseren FCK auf einem stabilen finanziellen Fundament wieder in der ersten Liga zu etablieren. Natürlich würde ich, falls meine Kandidatur für den Aufsichtsrat eine Mehrheit findet, mich aus der Fanvertretung zurückziehen. Es gibt einen Nachrücker, der sicher auch einen guten Job macht und sich auf die Aufgabe freut.

Der Betze brennt: Mit 30 Jahren sind Sie außerdem der jüngste Bewerber im Kandidatenkreis. Sehen Sie sich auch als Vertreter der nächsten Generation, die ja zweifellos für die Zukunft ebenso wie für die Gegenwart wichtig ist?

Balzer: Zu einem Teil sehe ich mich in der Tat als Vertreter der nächsten Generation. Auf dem Platz setzen wir auf junge Spieler, wir investieren in unser NLZ, denn dort liegt die Zukunft unseres FCK. Vor meiner Kandidatur habe ich mich natürlich mit der Frage befasst, ist es mit 30 Jahren zu früh für den Aufsichtsrat zu kandidieren? Und konnte für mich die Frage ganz klar mit Nein beantworten. Denn es kommt nicht nur auf das Alter an, sondern auf dass, was man mit einbringen kann. Eine gute Mischung aus verschiedenen, sich ergänzenden Kompetenzen, auch unterschiedlichen Altersklassen, ist meiner Meinung nach die richtige Wahl. Jede Altersklasse setzt sich unterschiedlich mit einer Aufgabenstellung, mit einem Problem auseinander, ein kontroverser Austausch führt zu einem guten Ergebnis.

Der Betze brennt: Vielen Mitgliedern fällt es schwer, die Arbeit der einzelnen Aufsichtsräte zu bewerten, weil über die Diskussionen und über unterschiedliche Sichtweisen in dem Gremium wenig veröffentlicht wird. Nicht zuletzt daraus resultiert auch der immer wieder zu hörende Vorwurf, dass der Aufsichtsrat nur die Wünsche des Vorstands „abnicke“ anstatt zu „kontrollieren“. Wie könnte man über die Tätigkeit des Aufsichtsrates mehr Transparenz schaffen oder was spricht möglicherweise dagegen?

Balzer: Bei meiner täglichen Arbeit unterliege ich dem Bankgeheimnis, im Aufsichtsrat gilt bei den meisten Themen ebenfalls zu Recht die Verschwiegenheit. Natürlich interessiert mich bei einigen Entscheidungen der letzten Jahre aber auch, ob diese einstimmig oder „nur“ mit einer knappen Mehrheit zustande kamen. Der Verein würde jedoch seine Position in Verhandlungen schwächen, sich angreifbar machen und für viel Unruhe im Umfeld sorgen, wenn er nicht geschlossen nach außen auftritt. Daher sehe ich neben den sicher ausbaufähigen Berichten des Aufsichtsrates zurzeit keine Möglichkeit, etwas mehr Licht in die „Blackbox“ Aufsichtsrat zu bringen.

Der Betze brennt: Vor einem halben Jahr hat der amtierende Aufsichtsrat den Vertrag mit dem Vorstandsvorsitzenden Stefan Kuntz sehr frühzeitig verlängert. Wie bewerten Sie diesen Schritt aus ihrer Sicht als Neubewerber, hätte man dafür nicht besser die nun anstehende Neuwahl des Aufsichtsrates abwarten sollen?

Balzer: Stefan Kuntz ist zurzeit, abgesehen von der Mannschaft und unseren Fans, das Aushängeschild unseres Vereins. Er hat letzten Sonntag in der Sport1-Sendung „Doppelpass“ ein guten Job gemacht, indem er die haltlosen Behauptungen eines anderen Teilnehmers dieser Talkrunde entkräftete. Nichtsdestotrotz wurde der „neue Aufsichtsrat“ vor vollendete Tatsachen gestellt und in seiner Gestaltungsmöglichkeit eingeschränkt, das ist Fakt. Mehr möchte ich, ohne die genaueren Hintergründe der Verlängerung zu kennen, nicht sagen. Allerdings fand ich die Kommunikation des Aufsichtsratsvorsitzenden (Prof. Dr. Dieter Rombach; Anm. d. Red.) zur Verlängerung irritierend. Aber das Thema Kommunikation hatte ich ja bereits angesprochen.

Der Betze brennt: Alle paar Jahre wieder im Gespräch ist auch eine Ausgliederung und es ist davon auszugehen, dass dieses Thema die nächste Amtsperiode des Aufsichtsrates entscheidend mitprägen wird. Auch bei vielen anderen Vereinen wird emotional darüber debattiert: Der Hamburger SV wurde ausgegliedert, beim SC Freiburg wurde dieser Schritt fast einstimmig abgelehnt, der VfB Stuttgart plant eine Entscheidung im nächsten Jahr. Bezogen auf den FCK gefragt: Sind Sie für oder gegen eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung?

Balzer: Hier bin ich auf die Ausführungen von Vorstand und Aufsichtsrat gespannt. Bisher kenne ich nur diverse Medienberichte und Interpretationen von Journalisten. Fest steht, wir sollten unsere Seele, unseren Verein (Lizenzspielerabteilung) nicht an einen Investor verkaufen. Dieses Thema wird neben dem Ausbau des Nachwuchsleistungszentrums meiner Meinung nach das wichtigste und zukunftsweisende der nächsten Amtsperiode sein.

Der Betze brennt: Die Abteilung Fußball, welcher der allergrößte Teil der Vereinsmitglieder angehört, liegt seit einigen Jahren brach und existiert rein formal betrachtet gar nicht mehr. Wie beurteilen Sie persönlich die vorgeschlagene Lösung für diese Problemstellung, eine Abteilung „Fans und fördernde Mitglieder“ nach dem Vorbild von Klubs wie Borussia Dortmund oder Eintracht Frankfurt zu gründen, um den betroffenen FCK-Mitgliedern wieder eine echte Heimat innerhalb ihres Vereins zu geben und um auch die Abteilungen neben dem Fußball besser zu unterstützen?

Balzer: Dieses „Brachliegen“ sollte beendet werden, denn hier liegen auch Ideen und Kompetenzen unserer Mitglieder brach. Wie kann sich ein Mitglied zurzeit in unserem Verein einbringen? Eine Abteilung, mit welchem Namen auch immer, die allen interessierten Vereinsmitgliedern die Möglichkeit gibt, sich aktiv in den Verein mit einzubringen und die verschiedenen Abteilungen vernetzt, kann doch nur von Vorteil sein. Natürlich müsste vorab in einer Abteilungsordnung ganz klar geregelt werden, wie dies zu geschehen hat. Bei der Commerzbank zum Beispiel gibt es einen Kundenbeirat – in anderen Unternehmen gibt es vergleichbare Organe – dieser arbeitet unter dem Motto „Zuhören, Mitreden, Verbessern“. Dort können sich Kunden einbringen, die ein Interesse haben, die Bank aktiv mitzugestalten.

Der Betze brennt: Abschließend und mit Ihren eigenen Worten zusammengefasst: Warum sollten die FCK-Mitglieder Ihnen ihre Stimme geben?

Balzer: Mitgliedern, die mir mit ihrer Stimme ein Mandat erteilen, kann ich versichern, dass ich die Arbeit des Vorstands konstruktiv und kritisch überwache, mir nicht zu schade bin, auch unbequeme Fragen zu stellen, die Augen nicht vor der Realität verschließe, mich jederzeit für die Wahrung Ihrer Interessen einsetze und dass das Wohl unseres Vereins für mich immer an erster Stelle steht.

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Wahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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