Gegner-Vorschau 2016/17

Die Absteiger: Geballte Bundesliga-Erfahrung

Die Absteiger: Geballte Bundesliga-Erfahrung


Nächste Woche startet der 1. FC Kaiserslautern in die Spielzeit 2016/17. Fünf neue Gegner warten in dieser Saison auf die Roten Teufel. Wir stellen heute die beiden Bundesliga-Absteiger vor: Hannover 96 und den VfB Stuttgart.

Satte 79 Jahre Bundesliga-Erfahrung bringen der VfB Stuttgart (51) und Hannover 96 (28) mit. Damit unterscheiden sich die beiden Klubs von den Absteigern der vergangenen Jahre, die nach einem mehr oder weniger kurzen Intermezzo im Oberhaus den Gang zurück in die Zweitklassigkeit antreten mussten.

Wappen: VfB Stuttgart

VfB Stuttgart: Neun Jahre nach der Meisterschaft im Umbruch

Die Vergangenheit: Es ist gerade einmal eine Dekade her, dass Stuttgart so etwas wie das emotionale Zentrum von Fußball-Deutschland war. 2006 fand das "Sommermärchen" seinen versöhnlichen Abschluss im Neckarstadion, der VfB krönte ein Jahr später seine wundersame Entwicklung von den Jungen Wilden hin zu einer Meistermannschaft und Spieler wie Sami Khedira und Mario Gomez versprachen eine goldene Zukunft.

Erste Risse bekam der neue Glanz trotz Stadion-Neubau und Millionen-Transfers aber bald darauf. Seitdem Meistercoach Armin Veh im November 2008 gehen musste, trainierten zehn Trainer den VfB. Jos Luhukay, der die Schwaben zurück in die Bundesliga führen soll, ist der elfte.

Das Personal: Der Holländer gleichwohl bremst die Erwartungen. "So eine Situation habe ich in dieser Form noch nicht erlebt", sagte er letzte Woche gegenüber den Stuttgarter Nachrichten mit Blick auf die Umwälzungen im Verein. Kurz nach dem Abstieg trat der oft unglücklich agierende Präsident Bernd Wahler zurück, Sportvorstand Robin Dutt wurde nach nicht einmal eineinhalb Jahren im Amt entlassen. Als Nachfolger bestellte der Aufsichtsrat, momentan bestehend aus Vertretern der starken, regionalen Wirtschaft, Jan Schindelmeiser.

Der 52-Jährige, zuletzt bis Juni 2010 in Hoffenheim tätig, tüftelt seitdem am Kader. Besonders im Fokus steht Simon Terodde, der mit der Empfehlung von 41 Treffern aus den vergangenen beiden Spielzeiten vom VfL Bochum kam. Außerdem lotste der Klub neben einer Handvoll Zugänge aus der eigenen zweiten Mannschaft den Lautrer Publikumsliebling Jean Zimmer, Anto Grgic (FC Zürich), Jens Grahl (Hoffenheim) und Marcin Kaminski (Lech Posen) an den Neckar.

Ob sie allerdings den Weggang von Leistungsträgern wie Timo Werner (Leipzig), Serey Dié (FC Basel), Daniel Didavi (VfL Wolfsburg), Lukas Rupp (Hoffenheim), Martin Harnik (Hannover 96) und Filip Kostic (HSV) abfedern können? Schindelmeiser stellte dieser Woche ebenso wie Luhukay klar: "Stand jetzt haben wir nicht die Mannschaft, die das Ziel, gleich wieder aufzusteigen, umsetzen kann."

Die Fans: Naturgemäß ungern wird man derartige Aussagen bei den Fans hören, wenngleich das Stuttgarter Umfeld nach dem Abstiegsschock ordentlich mobilisiert. 25.000 Dauerkarten hat der Klub abgesetzt, rund 1.000 neue Mitglieder sollen eingetreten sein. Trotz aller Jetzt-erst-recht-Stimmung beäugt die Anhängerschaft, allen voran das Commando Cannstatt, seit jeher ein meinungsstarkes Sprachrohr der Fans, die Vorgänge im Verein weiterhin skeptisch. Zu spüren bekam das schon so manche Vereinsführung, vor nichtmal einem Jahr wurden beispielsweise dem Aufsichtsrat und dem Vorstand die Entlastung auf der Mitgliederversammlung verweigert. "Es muss Sportkompetenz in den Aufsichtsrat", verlangt das Commando Cannstatt nun mit Blick auf die Mitgliederversammlung im Oktober, "um eine langfristige und konzeptionelle Entwicklung im Sport zu ermöglichen."

In der Cannstatter Kurve hat sich unterdessen seit dem Stadionumbau eine richtig (laut)starke Fangemeinschaft entwickelt, die in der zweiten Liga definitiv zur Elite zählen dürfte. Und auswärts sind die Jungs mit dem Brustring sowieso schon seit vielen Jahren als reisefreudig bekannt und für den einen oder anderen denkwürdigen Auftritt gut. In den beiden Spielen gegen den FCK ist außerhalb der 90 Minuten mit entspannter Atmosphäre zu rechnen, denn einige Fangruppen pflegen seit Jahren eine enge Freundschaft, regelmäßige gegenseitige Spielbesuche inklusive. Extrem heiß dürften hingegen die Stuttgarter Derbys gegen den Karlsruher SC werden.

Das Stadion: Bestand hat das besagte Stuttgarter Stadion, dessen Umbau die FCK-Fans in den beiden letzten Jahren in der Bundesliga noch miterleben konnten. Etwas mehr als 60.000 Fans passen in die Arena, in der der 1. FC Kaiserslautern immerhin noch ungeschlagen ist. 2011 siegten die Roten Teufel auf der damaligen "Baustelle Neckarstadion" in einem furiosen Spiel mit 4:2. In der Folgesaison gab es ein kampfbetontes, aber doch eher langweiliges 0:0.

Wappen: Hannover 96

Hannover 96: Ein junger Trainer und ein umstrittener Big Boss

Die Vergangenheit: Es ist fünf Jahre her, als Hannover 96 die Bundesliga aufmischte und die Saison 2010/11 auf dem vierten Rang beendete. Coach Mirko Slomka führte das Team ein Jahr später mit seiner bemerkenswerten "Acht-Sekunden-Vorgabe" von der Balleroberung bis zum Abschluss gar ins Viertelfinale der Europa League. Die heile Welt zerbrach jedoch spätestens im Frühjahr 2013, als Kaderplaner Jörg Schmadtke wegen Unstimmigkeiten mit Slomka hinschmiss.

Es war der Anfang vom Ende: Weder der jetzige FCK-Coach Tayfun Korkut, Michael Frontzeck und Thomas Schaaf auf der Trainerbank, noch Dirk Dufner und Martin Bader als Manager konnten die Niedersachen in den Folgejahren auf den Erfolgsweg zurückführen. 2015 schlitterte man am Abstieg knapp vorbei (2:1 im "Endspiel" gegen Freiburg), 2016 stand er dagegen frühzeitig fest.

Das Personal: Mit der Mission Wiederaufstieg wurde Daniel Stendel beauftragt, der in über 180 Spielen das Trikot der Hannoveraner getragen und zuvor die A-Junioren trainiert hatte. Der 42-Jährige geht die neue Saison motiviert an, "weil sich Hannover 96 für mich nicht nur wie ein normaler Arbeitgeber darstellt, sondern weitaus mehr ist", wie er im April erklärte.

"Wir wissen, dass wir die Grundqualität haben, wieder in die Bundesliga zurückzukehren", sagte Sportvorstand Martin Bader Ende Juni im Kicker, fügt aber an: "Auch wenn wir einen schweren Rucksack tragen." Wichtige Eckpfeiler im Kader wie Ron Robert Zieler (Leicester City), Christian Schulz (Sturm Graz), Hiroshi Kiyotake (FC Sevilla), Leon Andreasen und Marcelo (Besiktas Istanbul) sind weggebrochen. Die Hoffnungen ruhen nun auf den frischen Offensivkräften Niclas Füllkrug, der für etwa 2,2 Millionen Euro aus Nürnberg verpflichtet wurde und dem ablösefreien Martin Harnik (VfB Stuttgart).

Zudem halten die Verantwortlichen die Augen nach einem Innenverteidiger offen. Denn mit Salif Sané wird ein wichtiger Defensivmann vom 1. FC Köln stark umworben. "Wir werden weiter den Job machen, um vorbereitet zu sein, wenn Not am Mann ist", sagte Bader in der Neuen Presse, während der inzwischen beim FC unter Vertrag stehende Schmadtke via Express erklärte: "Wenn Herr Kind bei seiner Forderung bleibt, dann werden wir Salif Sané auf keinen Fall verpflichten."

Unbeabsichtigt oder nicht: In jedem Fall nannte Schmadtke damit, trotz Baders offizieller Funktion, den Namen der Person, die den Daumen bei den "Roten" hebt oder senkt: Martin Kind. Seit Jahren ist der Präsident der Lenker von Hannover 96. Zwar wurde nach dem Abstieg der Druck im Umfeld auch auf ihn größer, doch der Hörgeräte-Hersteller wird mit aller Macht an seinem Posten bis Juni 2018 kleben bleiben. Dann nämlich kann er die Profiabteilung des Klubs wegen seines langjährigen Engagements als Investor übernehmen – die betreffende 50+1-Regel hat er bekanntlich höchstpersönlich gekippt.

Die Fans: Weniger schmecken wird das einem Großteil der organisierten Fanszene. Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu Konflikten, auch weil Kind sich teilweise wie der Elefant im Porzellanladen aufführte. Offen zu Tage trat der Streit in der Saison 2014/15, als die Ultras nicht mehr ins Stadion kamen und die Spiele der ersten Mannschaft boykottierten.

Zuvor bereits hatte sich als Konsequenz auf die harte Gangart des Vereins die Rote Kurve, eine Art Dachverband der Fans, aufgelöst. Nun herrscht zwischen den mittlerweile zurückgekehrten Fans und dem Klub eine Art Burgfrieden. "Kind muss weg"-Rufe gehören aber zur Normalität in der 96-Kurve.

Wie schon Stuttgart gegen Karlsruhe bringt auch Hannover ein hochbrisantes Derby mit in die zweite Liga: Gegen Eintracht Braunschweig dürfte sowohl zuhause als auch auswärts wieder bundesweit für Gesprächsstoff gesorgt sein.

Das Stadion: Etwa 49.000 Plätze bietet das Niedersachsenstadion, welches sich seit der WM 2006 nicht verändert hat. Wenn der FCK zum Auftakt der Rückrunde im Januar in Niedersachsen gastiert, ist es der erste Auftritt seitdem man sich 2012 am letzten Spieltag als feststehender Absteiger aus der Bundesliga verabschiedet hatte.

Morgen in Teil 2 unserer Gegner-Vorschau: Die Aufsteiger aus der 3. Liga – Dynamo Dresden, Erzgebirge Aue und die Würzburger Kickers.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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