Interview mit Aufsichtsratskandidat Ken Kinscher

"Die Restrukturierung des FCK ist überlebenswichtig"

"Die Restrukturierung des FCK ist überlebenswichtig"


Der 39-jährige Bankdirektor Ken Kinscher verknüpft seine Kandidatur für den Aufsichtsrat mit klaren Vorstellungen: Der FCK braucht ein Leitbild und die Ausgliederung muss kommen - aber nur mit der richtigen Vorbereitung.

Der Betze brennt: Ken Kinscher, warum muss sich im Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern etwas ändern?

Ken Kinscher (39): Die Aufgabe des Aufsichtsrates ist es zunächst, zu kontrollieren, ob der Vorstand den Willen der Mitglieder umsetzt. Er betreibt keine Geschäftsführung - das wurde in meinen Augen in den letzten Jahren falsch interpretiert. Deshalb gehört auch die sportliche Kompetenz in allererster Linie in den Vorstand. Thomas Gries hat das im "SWR" ja auch mehr oder weniger bestätigt. Allerdings ist die Willensbildung in einem Verein natürlich viel komplexer als beispielsweise in einer AG, deren Aktionäre im Regelfall schlicht renditeorientiert agieren. Von daher ist es wichtig, als Aufsichtsrat die Kommunikation mit den Mitgliedern zu suchen und gemeinsame Werte und Ziele festzulegen, ein Leitbild, nach dem gearbeitet wird. Der Verein muss in Dialog zu seinen Mitgliedern treten und dieses Leitbild erarbeiten. Danach kann der Vorstand seine Strategie vorstellen, wie er diesem Leitbild am nächsten kommen will und wie er die Ziele erreichen will. Der Aufsichtsrat kontrolliert dann die Umsetzung und steht als Ideen- und Impulsgeber zur Verfügung bzw. hinterfragt die Sinnhaftigkeit der Strategie. Zu sagen: "Mein Wille ist die Ausgliederung und wenn Du nicht zustimmst, dann trete ich zurück", ist hingegen der falsche Weg. Der Kommunikationsprozess durch den Vorstand und Aufsichtsrat hierzu war dürftig. Während die Spekulationen, z.B. hier bei Der Betze brennt ins Kraut geschossen sind, haben lediglich einige Mitglieder des Arbeitskreis Ausgliederung versucht, noch minimale Informationspolitik zu betreiben. Das muss sich verbessern.

Der Betze brennt: Stellen Sie sich doch bitte kurz vor: Welche beruflichen Erfahrungen und welche persönliche Verbindung zum FCK qualifizieren Sie für ein Amt im zweithöchsten Vereinsgremium?

Kinscher: Ich bin verheiratet, habe zwei Kinder und lebe seit über zehn Jahren in Reinbek bei Hamburg. Gebürtig komme ich aus der Nähe von Bingen. FCK-Fan bin ich seit Kindestagen und Mitglied seit letztem Monat. An alle, die das für kritisch halten: Der FCK hat deutlich mehr Fans als Mitglieder. In der aktuellen Situation dann Verantwortung zu übernehmen, halte ich nicht für falsch. Im Gegenteil, es freut mich, dass dies auch andere machen und ich zolle diesen FCK‘lern hohen Respekt. Für meinen Arbeitgeber, Deutschlands größte Privatbank, habe ich viele namhafte Sanierungen und Restrukturierungen sowie Unternehmenstransaktionen bzw. Kapitalerhöhungen federführend begleitet. Ich kann somit behaupten, dass ich die nun notwendigen Schritte schon mehrfach in der Praxis begleitet und umgesetzt habe. Die Frage der Restrukturierung des FCK ist unabhängig vom Ligaverbleib notwendig und aus meiner Sicht überlebenswichtig. Sie ist auch unabhängig von der Frage, ob es einen Investor gibt oder nicht. Ich denke, dass vielen Mitgliedern und Fans gar nicht bewusst ist, wie eng die Situation perspektivisch wirklich ist. Die aktuelle Liquiditätslage des Vereins ist zwar komfortabel, allerdings kämpft der Verein mit einem strukturellen Defizit von rund fünf Millionen Euro per annum. Das heißt, wir müssen bei der aktuellen Zuschauerentwicklung Jahr für Jahr für fünf Millionen Euro Spieler verkaufen, um zu einem ausgeglichenen Etat zu kommen. Zudem steht die Rückzahlung der Anleihe vor der Tür und wir dürften nächstes Jahr voraussichtlich zwei weitere TV-Plätze verlieren sowie den TV-Bonus für unsere letzte Meisterschaft. Wir müssen den Verein so aufstellen, dass er in der zweiten Liga nachhaltig arbeiten kann, und das geht nur, wenn wir mit den Gläubigern sprechen, insbesondere der Stadt bzw. dem Land.

"In Dialog mit den Mitgliedern ein Leitbild erarbeiten"

Der Betze brennt: Sie leben in Hamburg, also weit weg von Kaiserslautern - ein Detail, das beim noch amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden Nikolai Riesenkampff (wohnhaft in Berlin; Anm. d. Red.) zuletzt stark kritisiert wurde. Wie treten Sie dem entgegen?


Kinscher: Ich glaube nicht, dass die originäre Kritik an Herrn Dr. Riesenkampff bezüglich seinem Wohnort entbrannt ist, sondern Kritik an seiner Arbeit aufgekommen ist. Jürgen Kind, der in Köln wohnt, wird auch nicht für seinen Wohnort kritisiert. Wobei man darauf achten sollte, dass der Aufsichtsratsvorsitzende eine gewisse Vor-Ort-Präsenz sicherstellt. Letztlich sollte es aus meiner Sicht aber im wesentlichen auf die Qualifikation ankommen. Ich persönlich bin in meinem Job sowieso in ganz Deutschland unterwegs und arbeite immer bei meinen Mandanten vor Ort, somit werde ich das natürlich erst recht für den FCK tun. Mein Arbeitgeber unterstützt mich, indem er es mir zeitlich ermöglicht, meine Tätigkeit beim FCK neben meinem Job auszuüben. Dies ist keine Seltenheit, da unsere Mitarbeiter durchaus regelmäßig für Aufsichtsratsmandate angefragt werden. Und wie sagte ein ehemaliger Aufsichtsrat des FCK zu mir: "Ich fände es gut und wichtig, wenn jemand völlig unabhängiges von 'außen' seine Meinung mit einbringt."

Der Betze brennt: Im Diskussionsforum von Der Betze brennt sind Sie unter dem Nickname "Ke07111978" aktiv und scheinen dort der Arbeit des alten FCK-Vorstands Kuntz/Grünewalt näher zu stehen als deren Nachfolgern Gries/Klatt. Welche Eigenschaften hätten Sie von der früheren Vereinsführung gerne zurück, die seither vielleicht verloren gegangen sind?

Kinscher: In meinen Augen war es ein grundlegender Konstruktionsfehler zu glauben, man könne einen Fußballclub ohne das notwendige sportliche Know-how führen. Für mich wurde im Rahmen der Nachfolgeregelung von Stefan Kuntz das Kinde mit dem Bade ausgegossen. Mehr finanzielle Transparenz und eine optimierte Vermarktung sind richtig und wichtig, ohne das notwendige Produkt, nämlich sportlichen Erfolg sowie ein klares unternehmerisches Konzept, aber leider ziemlich wertlos. Darauf habe ich versucht, sehr frühzeitig hinzuweisen. Es war allerdings ein Kampf gegen Windmühlen. Darüber hinaus ging es mir um die Art und Weise, wie mit Stefan Kuntz oder auch Prof. Dr. Dieter Rombach teilweise umgegangen wurde. Sachliche Kritik ist immer in Ordnung, persönliche Angriffe, teilweise auf sehr niedrigem Niveau wie bei diesen beiden Personen, die sich über Jahre für den Verein eingesetzt haben sind aber unangebracht. Wenn man außerhalb von Kaiserslautern wohnt, hat man viel deutlicher mitbekommen, welchen Imageschaden das für den Club angerichtet hat. Letztlich muss der Verein mit diesem Kapitel aber abschließen und den Blick nach vorne richten. Ich hoffe, dass die anstehende Jahreshauptversammlung dazu die nötige Klarheit bringt.

"Für was steht der FCK und was ist das Leitbild?"

Der Betze brennt: Sie haben das Thema Restrukturierung schon angesprochen und als Finanzfachmann liegt genau hier eines Ihrer Spezialgebiete: Zwei miteinander verknüpfte Diskussionen sind zurzeit die geplante Ausgliederung und der Einstieg von Investoren. Wie stehen Sie zu diesem Themenkomplex, was die Notwendigkeit, den Zeitplan und die konkrete Umsetzung angeht?

Kinscher: Der FCK und insbesondere der Vorstand haben aus meiner Sicht sehr viel Zeit und Arbeit in die Vorbereitung der Ausgliederung gesteckt. Es müssen daher schon gewichtige Gründe vorliegen, diesen Schritt nun nicht zu gehen. Allerdings darf man ihn auf keinen Fall überstürzen. Um das final zu beurteilen, muss ich mich aber zunächst in den Stand der Dinge, insbesondere den Stand des Investorenprozesses einarbeiten. Grundsätzlich gibt es viele Vereine in der Bundesliga, die ihre Profiabteilung ausgegliedert haben, ohne einen Investor aufzunehmen. Die Entscheidung über die Ausgliederung sollte daher jeder individuell treffen und auch unabhängig davon, ob der aktuelle Vorstand sein Schicksal damit verknüpft hat. Die Frage, ob man nach der Ausgliederung einen Investor aufnimmt, steht hingegen auf einem ganz anderen Stück Papier. Ob ein Investor in ein Unternehmen investiert, insbesondere in Unternehmen der Größenordnung des FCK, ist stark vom Management und deren unternehmerischen Konzept abhängig. Ich brauche das Gefühl, dass die handelnden Akteure ihr operatives Geschäft verstehen und den Businessplan gut umsetzen können. Die Schlüsselposition, die von Investoren besetzt wurde, war stets die Position des Sportvorstandes. Rasenballsport Leipzig hat beispielsweise Herrn Rangnick geholt, Herr Preetz war sehr entscheidend für den Einstieg von KKR bei Hertha BSC. Langfristiges konzeptionelles Arbeiten im NLZ gepaart mit exzellentem Scouting. Wer verkörpert das beim FCK und wie waren diese Leute in Investorengespräche mit eingebunden? Für was steht der FCK und was ist das Leitbild, was wir vermitteln wollen? Was sind die passenden Investoren und wie kann man eine Situation schaffen, in der beide Seiten, Investor und Verein, von einem Investment profitieren? Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, dem Verein einen klaren unternehmerischen Plan geben. Dann finden sich auch Investoren und Sponsoren. Dafür stehen wir von der "Zukunftsinitiative FCK", und jeder, der sich die handelnden Akteure und deren Vita anschaut, erkennt die hohe Umsetzungskompetenz. Jetzt, wo der Verein auf Tabellenplatz 18 angekommen ist, ist es einfach, die Fehler aufzuzeigen. Paul Wüst und ich haben schon vor 18 Monaten darauf hingewiesen, dass sich die Strategie ändern muss. Wir haben sogar gesagt wie.

Der Betze brennt: Der noch amtierende Aufsichtsrat versuchte im Kalenderjahr 2017 zwei Mal, einen Sportvorstand zu installieren, scheiterte jedoch mit beiden Anläufen. Wie stehen Sie zu dieser Frage: Braucht der FCK mehr Sportkompetenz - und zwar "ganz oben" im Vorstand?

Kinscher: Ja. Und dort gehört sie auch primär hin. Sportliche Kompetenz in den Aufsichtsrat zu bekommen wäre wünschenswert, sportliche Kompetenz im Aufsichtsrat zu installieren, ohne operativen Gegenpart im Vorstand, wäre allerdings ein Fehler. Soll der Aufsichtsrat dann dem Finanzvorstand sagen, welche Spieler zu kaufen sind? Vielleicht ist das auch der Grund, warum sich einige Akteure mit sportlichem Know-how nicht für den Aufsichtsrat beworben haben.

Der Betze brennt: In den letzten Jahren ist beim FCK auf allen Ebenen ein rückläufiger Zusammenhalt spürbar - obwohl genau das den Verein früher so stark gemacht hat. Was würden Sie als Aufsichtsratsmitglied tun, um das Wir-Gefühl und das Miteinander wieder zu stärken?

Kinscher: Zunächst geht es um Kommunikation. Ich muss meine Strategie kommunizieren, den Leuten verständlich machen, warum welche Entscheidungen wie getroffen werden. Genau das war einer der Punkte, warum ich begonnen habe, bei Der Betze brennt zu schreiben. Ich wollte den Fans und Mitgliedern auch komplizierte Zusammenhänge erklären. Denn wenn man etwas nicht erklärt, entstehen Gerüchte, Gerüchte wiederum sind der beste Nährboden für Neid und Missgunst. Vertrauen geht verloren. Es entsteht ein Umfeld wie aktuell beim FCK. Das merken natürlich auch Investoren und Sponsoren. Deshalb ist es essentiell, dem FCK wieder ein klares unternehmerisches und sportliches Konzept zu geben und dies allen Interessengruppen transparent und offen zu kommunizieren. Wir müssen "Nur zusammen" mit Leben füllen und alle Interessengruppen mit einbinden!

"Bodenständige, vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit"

Der Betze brennt: Wie sieht für Sie der perfekte Aufsichtsrat aus - sowohl was die Zusammensetzung der fünf Personen angeht als auch ihre Arbeitsweise in dem Gremium?

Kinscher: Der perfekte Aufsichtsrat sieht so aus, wie ihn die Mitglieder gewählt haben. Jeder, der eine Vereinsstruktur lebt, der muss diese Frage so beantworten. Die Mitglieder sollten darauf achten, dass die Aufsichtsräte die anstehenden Herausforderungen auch überblicken und den Vorstand ernsthaft kontrollieren und vor allem unterstützen können. Sie sollten schauen, ob die Personen neue Impulse geben können, sie sollten aber vor allem darauf achten, ob die Akteure unabhängig sind. Ich berate diverse Unternehmer, Vorstände und Aufsichtsräte seit Jahren. Das A und O ist die Frage der Unabhängigkeit. Ich persönlich hätte Probleme damit, wenn Mitglieder des Aufsichtsrates eigentlich für andere Personen agieren oder Partikularinteressen innerhalb des Vereins vertreten. Wenn Sie das tun, dann sollen sie das klar und deutlich artikulieren, damit jeder weiß wofür diese Personen stehen. Ich für meinen Teil habe mich im wesentlichen dazu entschieden, für die Wahl anzutreten, weil mich mehrere Mitglieder unabhängig voneinander gefragt haben, ob ich denn nicht antreten wolle, insbesondere auch die Mitglieder der "Zukunftsinitiative FCK". Zusammenfassend: Die Mitglieder haben eine enorme Verantwortung, denn es geht bei der kommenden Wahl nicht um mehr oder weniger als die Existenz des FCK.

Der Betze brennt: In der letzten Frage bitten wir Sie noch mal um eine prägnante Zusammenfassung: Warum sollten die FCK-Mitglieder Ihnen am 03. Dezember ihre Stimme geben?

Kinscher: Ich bin der Überzeugung, dass ich unserem FCK in der aktuellen Situation durch meinen persönlichen Erfahrungshintergrund weiterhelfen kann. Ich möchte mit bodenständiger, vertrauensvoller und konstruktiver Zusammenarbeit daran mitwirken, den FCK wieder auf nachhaltig gesunde Füße zu stellen. Ich glaube fest daran, dass dies mit dem richtigen unternehmerischen und finanzstrukturellen Ansatz möglich ist. Selbst wenn ich nicht in den Aufsichtsrat gewählt werde, werde ich dem Verein - gemeinsam mit der "Zukunftsinitiative FCK" - versuchen weiter zu helfen!

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Wahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Komplette Interviewserie: Die Kandidaten zur Aufsichtsratswahl am 03. Dezember 2017

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