Interview mit Aufsichtsratskandidat Jürgen Kind

"Ich bin da, wenn es drauf ankommt"

"Ich bin da, wenn es drauf ankommt"


Jürgen Kind stellt sich als einziges Mitglied des amtierenden Aufsichtsrates zur Wiederwahl. Der 53-jährige Kaufmann - bei Der Betze brennt auch als "Altmeister" bekannt - möchte seine Erfahrungen und Kontakte weiter einbringen sowie bereits begonnene Lösungsansätze intensivieren.

Der Betze brennt: Jürgen Kind, im Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern wird bald frischer Wind einziehen. Sie treten als einziges amtierendes Mitglied zur Wiederwahl an. Warum halten Sie es für wichtig, dass der Aufsichtsrat nicht komplett runderneuert wird?

Jürgen Kind (53): Es wird einen umfangreichen Umbruch in diesem Gremium geben. Ich habe in mehr als vier Jahren im Aufsichtsrat alle Vorgänge und alle relevanten Personen kennengelernt. Es gibt eine Vielzahl an Vorgängen, in die ein Aufsichtsrat involviert ist. Ich kenne alle Verträge, Protokolle, entsprechenden Schriftverkehr und bin in sämtlichen anderen Themenbereichen drin, von der die Öffentlichkeit wenig mitbekommt, die aber dennoch vom Aufsichtsrat behandelt werden müssen. Und es wird vieles geben, womit man sich sehr zügig wird beschäftigen müssen in unserer Situation. Ich kenne die finanzielle Situation des FCK und die aktuellen wie die längerfristigen Budgetplanungen sehr genau.

Der Betze brennt: Sie sitzen mit kurzer Unterbrechung seit 2012 im Aufsichtsrat und haben in dieser Zeit viel erlebt. Warum konnte der Abwärtstrend in dieser Zeit, zu der die Amtszeiten der Vorstände Kuntz/Grünewalt sowie Gries/Klatt gehören, bisher nicht gestoppt werden?

Kind: In erster Linie, weil der sportliche Bereich nicht so funktioniert hat, wie man es sich erhofft hatte. Trotz ordentlicher Spieleretats, die jeweils unter teils enormen Anstrengungen zur Verfügung gestellt wurden. Außerdem nahm die Identifikation mit dem Verein immer mehr ab. Ich habe seit 40 Jahren eine Dauerkarte auf dem Betze. Inzwischen sitzen aber in meiner Reihe auf der Südtribüne nur noch zwei Leute, die ich schon länger kenne. Früher kannte man dort rundherum jeden. Die anderen sind einfach weg. Man muss die Leute dringend bei der Stange halten oder zurückgewinnen. Als Fußballverein zählen nun mal Ergebnisse, es müssen dringend wieder sportliche Erfolge her. Aber da sind wir beim Thema Sportvorstand, das später hier noch zur Sprache kommen wird.

"Ein Aufsichtsrat muss konsequent kontrollieren"

Der Betze brennt: In Ihrer ersten Amtszeit wurde dem Aufsichtsrat oft "Abnickerei" vorgehalten, nun lautet der gängige Vorwurf "zu viel Einmischung". Aus diesen Erfahrungen heraus: Wie sieht für sie der perfekte Aufsichtsrat aus - sowohl was die Arbeitsweise des Gremiums als auch die Zusammensetzung der fünf Personen angeht?

Kind: Grundsätzlich sind zu enge Freundschaften zwischen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern kritisch zu sehen. Denn das schafft Abhängigkeiten, die einen unter Umständen hier und dort nicht mehr objektiv urteilen lassen. Ich persönlich habe auch immer darauf geachtet, mich nicht ins operative Geschäft des Vorstands einzumischen. Fordern muss man den Vorstand aber natürlich trotzdem. Also: Ein Aufsichtsrat muss konsequent kontrollieren, muss dabei auch mal bereit sein, mit dem Vorstand sachbezogen in den Clinch zu gehen, kann gerne mit dem Vorstand auch mal ein Bierchen trinken, sollte aber nicht zu eng befreundet sein. Aktives Einmischen ins Tagesgeschäft von Aufsichtsräten sollte nicht vorkommen, ein Aufsichtsrat darf aber durchaus themenbezogen auch einmal dem Vorstand aktive Hilfe anbieten. Ob der Vorstand das Angebot dann annimmt, bleibt diesem überlassen. Genau so bin ich auch in meiner bisherigen Amtszeit verfahren.

Der Betze brennt: Sie gelten im Aufsichtsrat als Vertreter und auch als Ansprechpartner der Fans, sind auf der Internetseite des FCK auch offiziell als Verantwortlicher für diesen Bereich gekennzeichnet. Was könnten Sie im Dialog mit den Fans in den letzten Jahren bewegen?

Kind: Es gibt leider einige Probleme und Ungereimtheiten im Verhältnis des Vereins mit seinen Anhängern. Ich versuche zu vermitteln, wo es nur geht. Leider sind wir momentan an einem kritischen Punkt, wir müssen alles dafür tun, die Fans nicht komplett zu verlieren. Dazu gehört größtmögliche Transparenz von Seiten des Vereins, Dinge verständlich zu kommunizieren. Es finden zahlreiche Treffen statt zwischen Vereinsführung und Fanvertretern, ob es nun die Fanbeiräte sind, die alle unsere Fanclubs vertreten, bis hin zu den Ultras. Ich spreche auch laufend mit sehr vielen unserer Fans, um die Sichtweise des Vereins zu erläutern, aber auch um zu verstehen, welche Probleme unsere Fans haben. Vor den Heimspielen bin ich grundsätzlich hinter der Westkurve anzutreffen, bin auch weiterhin auf fast allen Auswärtsspielen vor Ort und dort auch vor oder im Gästeblock ansprechbar.

Der Betze brennt: Der noch amtierende Aufsichtsrat versuchte im Kalenderjahr 2017 zwei Mal, einen Sportvorstand zu installieren, scheiterte jedoch mit beiden Anläufen. Was ist da schiefgelaufen und wie stehen Sie heute zu der Frage: Braucht der FCK mehr Sportkompetenz - und zwar "ganz oben" im Vorstand?

Kind: Die aktuelle sportliche Situation zeigt, wie dringend wir einen Sportvorstand bräuchten. Wir haben in den letzten 18 Monaten intensiv den Markt sondiert, haben zahllose Gespräche mit Dutzenden von Kandidaten geführt, die fast jedem Fußballfan ein Begriff sind, und haben eine Absage nach der anderen einstecken müssen. Da merkt man, dass der FCK nicht mehr das ist, was er mal war. Anfang Juni 2017 telefonierte ich deshalb mit Hans-Peter Briegel und war erfreut zu hören, dass er sich vorstellen konnte, für eine Übergangszeit als Sportchef zur Verfügung zu stehen. Womit wir dann gleich in einem Abwasch das Thema "FCK-Gesicht" geklärt gehabt hätten. Briegel wollte für ein bis maximal zwei Jahre als Sportvorstand für den FCK zu durchaus günstigen Konditionen agieren, währenddessen der Aufsichtsrat ganz in Ruhe im Hintergrund an einer langfristigen Lösung hätte basteln können. Leider kam diese Verpflichtung am Ende auch nicht zustande, weil Briegel nicht den Eindruck hatte, dass alle Verantwortungsträger ihn unterstützen würden. Das Thema Sportvorstand muss nun so oder so zeitnah geklärt werden, vielleicht auch mit einem erneuten Anruf bei Briegel. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte der FCK schon längst einen starken Sportvorstand bekommen.

"Ich setze mich schon seit langem für einen Sportvorstand ein"

Der Betze brennt: Welche weiteren Ideen möchten Sie mit dann neuen Kollegen im Aufsichtsrat erneut aufgreifen, die Sie persönlich in den letzten Jahren vielleicht nicht durchsetzen konnten?

Kind: Der Nachwuchs-Bereich beim FCK muss stabilisiert werden, hier müssen neue Konzepte umgesetzt werden. Denn manche Jahrgänge versprechen derzeit zu wenige, künftige Profis. Dass ein Teil der Ablösesumme von Robin Koch für den Ausbau des NLZ zurückgelegt wurde, wofür unter anderem ich mich eingesetzt habe habe, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dann brauchen wir eine bessere Kommunikation und Außendarstellung des Vereins. Außerdem - ebenfalls sehr wichtig - muss es eine Initiative der Vereinsführung geben, den gespaltenen Verein und die gespaltene Anhängerschaft zusammenzuführen. Das ist dann auch nicht bloß ein Marketingspruch: Zurück in die Spur kommen wir nur gemeinsam.

Der Betze brennt: Zwei miteinander verknüpfte Diskussionen sind zurzeit die geplante Ausgliederung und der Einstieg von Investoren. Wie stehen Sie zu diesem Themenkomplex, was die Notwendigkeit, den Zeitplan und die konkrete Umsetzung angeht?

Kind: Seit einiger Zeit wird endlich beim FCK gespart, wodurch das strukturelle Defizit des Vereins reduziert werden konnte, aber weiterhin mehrere Millionen Euro pro Saison beträgt. Auch weitere, zwingend erforderliche Einsparungen werden aber keine schwarze Null bringen. Also müssen wir zwangsläufig die Einnahmeseite betrachten. Selbst ein Zuschauerschnitt von 30.000 würde aber unser Budget momentan nicht ausgleichen. In der kommenden Saison werden uns auch bei Klassenerhalt weitere Gelder wegbrechen, zum Beispiel durch zurückgehende TV-Gelder. Die bittere Wahrheit ist, dass der Verein im Profibereich ohne zusätzliche Gelder einen dauerhaften Existenzkampf führen wird. Insofern müssen alle Konzepte auf den Tisch, um die Einnahme-Situation zu verbessern, inklusive einer Diskussion über die Ausgliederung. Dass der Einfluss des Vereins auf die dann ausgegliederte Gesellschaft gewahrt bleiben muss, versteht sich von selbst. Bis dahin müssen aber noch einige Fragen geklärt werden, die Vereinsmitglieder immer wieder stellen: Wo ist der Ankerinvestor? Ist der Zeitpunkt der Ausgliederung jetzt tatsächlich der Richtige, auch aufgrund des nicht vorhandenen sportlichen Erfolgs? Schafft man es tatsächlich, den Großteil der FCK-Fans mit ins Boot zu nehmen? Denn Ausgliederung bedeutet nicht automatisch, dass anschließend Investoren Schlange stehen und es zügig wieder Richtung Bundesliga geht. Sie kann aber eine Chance sein.

"Wer sagt es wurden keine Fehler gemacht, hätte nicht alle Tassen im Schrank"

Der Betze brennt: In den letzten Jahren ist beim FCK auf allen Ebenen ein rückläufiger Zusammenhalt spürbar - obwohl genau das den Verein früher so stark gemacht hat. Was haben Sie schon in die Wege geleitet würden Sie als zukünftiges Aufsichtsratsmitglied tun, um das Wir-Gefühl und das Miteinander wieder zu stärken?

Kind: Uns hilft hier nur noch eines: Nämlich wieder näher an die Fans und Vereinsmitglieder zu rücken, und zwar mit schonungsloser Offenheit und Ehrlichkeit. Ich habe versucht, ein FCK-Gesicht zu installieren, das weitere Ex-FCK'ler mit in den Verein zurückgebracht hätte, um die Identifikation des Vereins mit den Leuten wieder zu stärken. Nur so geht es. Leute, die den FCK verkörpern, wieder zum Verein zu bringen. Die den Fans wieder Hoffnung geben. Um damit den Schulterschluss mit dem Anhang zu schaffen, der noch nie so nötig war wie heute. Abgesehen davon, dass man auch auf dem Spielfeld spüren muss, dass jeder um die Zukunft des FCK kämpft.

Der Betze brennt: In der letzten Frage bitten wir Sie noch mal um eine prägnante Zusammenfassung: Warum sollten die FCK-Mitglieder Ihnen am 03. Dezember ihre Stimme geben?

Kind: Ich kenne alle Abläufe und Personen und bringe die Erfahrung aus mehr als vier Jahren als Aufsichtsratsmitglied beim FCK sowie verschiedener Beirats-Tätigkeiten in anderen Bereichen und mehr als 20 Jahren selbständiger, beruflicher Tätigkeit mit. Inklusive eines gesunden, kaufmännischen Menschenverstandes. Wer behaupten würde, dass in den letzten Jahren beim FCK keine Fehler gemacht worden wären, hätte nicht alle Tassen im Schrank. Trotzdem muss es weitergehen. Insofern schaut genau hin, wem Ihr zutraut, den FCK in extrem schwierigen Zeiten zu vertreten. Ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann, habe noch nie Eigeninteressen verfolgt, für mich stand und steht immer nur das Wohl des FCK im Mittelpunkt. Ich habe in der Saison 2016/17 an allen zehn Aufsichtsratssitzungen teilgenommen, habe 30 FCK-Spiele live im Stadion gesehen und war noch auf vier Fanregionssitzungen. Ich bin also da, wenn es drauf ankommt. Und bleibe auch an Bord, falls es schiefgehen sollte. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich das Mandat erhielte und weitermachen dürfte.

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Wahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Komplette Interviewserie: Die Kandidaten zur Aufsichtsratswahl am 03. Dezember 2017

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