Interview mit Buchautor Christoph Ruf

"Die DFL-Spitze führt ein doppeltes Spiel"

"Die DFL-Spitze führt ein doppeltes Spiel"

Christoph Ruf; Foto: imago/Zink

Christoph Ruf zeigt in seinem aktuellen Buch die Gefahren einer weiteren Kommerzialisierung des Profifußballs auf. Im DBB-Interview spricht der Autor und Journalist über die 50+1-Regel, die in Kaiserslautern diskutierte Ausgliederung und den neuen FCK-Sportvorstand Martin Bader.

Ruf war am Samstag anlässlich einer Lesung aus seinem neuen Buch "Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verkauft" im Fanprojekt Kaiserslautern zu Gast. Am Rande dieser Veranstaltung stand der 46-jährige uns zu einigen aktuellen Themen Rede und Antwort.

Der Betze brennt: Christoph Ruf, die Initiative "50+1 bleibt" haben bisher fast 3.000 Fanclubs, Fangruppierungen und Fanverbände aus ganz Deutschland unterzeichnet. Findest Du, dass die 50+1-Regel aktuell so gefährdet ist wie noch nie?

Christoph Ruf (46): Ja, das würde ich schon sagen. Auf der einen Seite sagt die DFL, sie sei für 50+1. Auf der anderen Seite eröffnet sie eine Diskussion, die es so eigentlich gar nicht geben würde, weil vor zwei Jahren beschlossen wurde, dass 50+1 gilt. Das ist ein doppeltes Spiel der DFL-Spitze. Es gibt immer mehr Vereine, die zwar für 50+1 sind, aber dann trotzdem mit den Argumenten "Ausgliederung" und "Investoren" um die Ecke kommen. Ich habe mich vor einiger Zeit mit Andreas Rettig (früher Geschäftsführer der DFL, heute beim FC St. Pauli, Anm. d. Red.) unterhalten. Der sagt, es gebe noch eine Mehrheit für 50+1. Vereine wie der FC St. Pauli, der SC Freiburg oder Borussia Mönchengladbach sind für die Erhaltung von 50+1. Auf der anderen Seite stehen aber Vereine wie zum Beispiel Hannover 96 in Person von Martin Kind, die die Regel kippen wollen. Da finde ich es natürlich super, dass sich so viele Fans klar positionieren.

"Ich finde es super, dass sich so viele Fans klar positionieren"

Der Betze brennt: Viele Vereine haben bereits in Kapitalgesellschaften ausgegliedert. Auch beim 1. FC Kaiserslautern steht Anfang Juni eine außerordentliche Mitgliederversammlung an, wo über eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung abgestimmt wird. Wie stehst Du denn generell zum Thema Ausgliederung?

Ruf: Grundsätzlich ist mir der klassische e.V. am liebsten. Ich kann damit leben, wenn man ausgliedert, es aber nicht nur die eine Person gibt, die die Geschicke bestimmen kann. Ich kann bei der sportlichen und finanziellen Lage in Kaiserslautern jeden verstehen, der eine Ausgliederung beim FCK als letzten Ausweg sieht. Bisher ist es eigentlich bei jedem Verein so gelaufen, dass die Ausgliederung mit großer Mehrheit durchging.

Der Betze brennt: In Kaiserslautern sind kontroverse Diskussionen über das Für und Wider einer Ausgliederung bisher eher ausgeblieben. Die meisten Fans scheinen sich damit schon abgefunden zu haben, einzelne Stimmen sagen aber auch noch, dass es auch als e.V. wieder aufwärts gehen kann. Was meinst Du dazu?

Ruf: Ich weiß nicht, warum der FCK ein Beispiel gegen den e.V. sein sollte. Was dem Verein das Genick gebrochen hat, ist die WM 2006, der damit verbundene Stadionausbau und das jahrelange Missmanagement. Das hat mit der Rechtsform erst einmal nichts zu tun. Natürlich kann ein e.V. überleben, beispielsweise durch Einbindung der Fans, die dann auch mitbestimmen können. Der FC St. Pauli hat das vorbildlich gemacht. Die eigenen Leute einzubinden, das kann manchmal auch eine Waffe sein.

"Wenn jemand investiert, dann will er auch mitbestimmen"

Der Betze brennt: Beim FCK fällt im Zusammenhang mit einer Ausgliederung auch immer mal wieder das Wort Bundesliga. Ist ein Aufstieg und eine anschließende Etablierung in der Bundesliga nur durch neues Kapital nach einer Ausgliederung überhaupt möglich?

Ruf: Das kommt auf den Kapitalgeber an. Beim FCK habe ich noch nicht herausgefunden, wer das sein soll. Es kann gut sein, dass es den bisher nicht gibt und man hofft, dass er nach einer Ausgliederung kommt, weil er dann bessere Möglichkeiten hat. Dann kann es sein, dass erstmal mehr Geld reinkommt. Nur: Wenn jemand investiert, dann will er natürlich auch mitbestimmen. Da muss man dann den Leuten die Wahrheit sagen und den Zielkonflikt klar benennen: Der FCK will wieder sportlichen Erfolg und dafür braucht der Verein Fremdkapital.

"Martin Bader kann den FCK stabilisieren, aber ich habe auch Zweifel"

Der Betze brennt: Der neue FCK-Sportvorstand Martin Bader kommt in Deinem aktuellen Buch nicht unbedingt gut weg. Was sind denn Deine Kritikpunkte an ihm und denkst Du, er kann den FCK trotzdem wieder in sicheres Fahrwasser führen?

Ruf: Martin Bader hat in Nürnberg in seinen Anfangsjahren sehr gute Arbeit geleistet. Er hat dort Ruhe reingebracht und den Verein finanziell konsolidiert. Allerdings wird seine sportliche Kompetenz in Nürnberg stark bestritten. Wie danach in Hannover waren seine letzten Transfers dort eine ziemliche Katastrophe. Wenn Bader in Kaiserslautern jemanden mit sportlicher Kompetenz an der Seite hat, dann traue ich ihm zu, den FCK zu stabilisieren. Wenn er alleine entscheiden muss, habe ich große Zweifel.

Der Betze brennt: Vielen Dank für das Gespräch.

Christoph Rufs aktuelles Buch "Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verkauft" ist für 14,90 Euro unter anderem bei Amazon sowie im Buchhandel erhältlich.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Flo

Weitere Links zum Thema:

- Bundesweite Fan-Kampagne: 50+1 bleibt! (Der Betze brennt)

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