Interview des Monats: FCK-Trainer Sascha Hildmann, Teil 2/2

"Wir lieben alle den FCK und wollen Spiele gewinnen"

"Wir lieben alle den FCK und wollen Spiele gewinnen"


"Uffem Betze is' immer was los!" Im zweiten Teil unseres großen Exklusiv-Interviews spricht Cheftrainer Sascha Hildmann über den Schulterschluss zwischen Spielern und Fans sowie über die Philosophie-Unterschiede zwischen erster, zweiter und dritter Liga.

Der Betze brennt: Sascha Hildmann, die Beziehung zwischen der Mannschaft und den Fans wirkt in dieser Saison immer noch merkwürdig distanziert. Woran liegt das?

Sascha Hildmann (46): Man muss sehen, was die Fans im letzten Jahr alles haben mitmachen müssen, sie haben so viel Dreck gefressen. 2018 war durch den Abstieg das schlimmste Jahr der Vereinsgeschichte. Dann kam die Erwartungshaltung in der 3. Liga dazu, nach dem Motto: Jeder wird mit 5:0 aus dem Stadion geschossen. Das passierte aber nicht und schon war die nächste Enttäuschung da. Hinzu kommt, dass die Mannschaft quasi komplett neu zusammengestellt werden musste. Natürlich ist es dann schwierig, sich mit 20 neuen Gesichtern zu identifizieren.

Der Betze brennt: Gerade nach weniger guten Spielen wirkte es manchmal so, als sei die Mannschaft in Bezug auf die Fans verunsichert und wisse nicht so recht, wie sie sich verhalten soll. Der Gang in die Kurve erscheint oftmals recht zögerlich.

Hildmann: Ich habe mir als Spieler darüber keine Gedanken gemacht, sehe aber wie sehr das meine Mannschaft beschäftigt. Deshalb fand ich es nach dem Spiel in Lotte so klasse, als die Mannschaft fast geschlossen zu den Fans ging. Es war ein Miteinander, so wie wir uns das wünschen. Wir wollen doch alle das gleiche: Wir lieben den FCK und wollen Spiele gewinnen.

Auch mal "Buuuh, Kreisliga", aber dann gleich wieder "Ole, ole, FCK"

Der Betze brennt: Was braucht es also, um den Schulterschluss langfristig wiederherzustellen?

Hildmann: Die Tradition und Geschichte dieses Klubs ist einzigartig. Aber momentan braucht es etwas Fingerspitzengefühl, eine gewisse Sensibilität für die Mannschaft, die auf dem Platz steht. Die Mannschaft zeigt, dass sie willig ist. Und solche Mannschaften werden in Kaiserslautern immer unterstützt, das war noch nie anders. Wir müssen wieder Vertrauen zueinander aufbauen. Nach dem Abstieg und der schwachen Hinrunde war die Basis dafür weg. Aber in 2019 haben wir bisher alles dafür getan, um das Verhältnis wieder zu verbessern.
Ich kann die Fans auch sehr gut nachvollziehen. Ich schaue mir ab und zu Stimmungsvideos im Internet an. Etwa vom Spiel letzte Woche in Lotte, wo wir uns lange schwer getan haben, aber die Mannschaft gerannt ist und alles probiert hat. Da brüllt aus dem Block jemand "Buuuh, Kreisliga!" - da hat sie ja recht, das ist Emotion, aber eine Sekunde später geht es dann auch gleich weiter: "Ole, ole, FCK!" Das finde ich toll und habe auch viel zu oft selbst in dieser Kurve gestanden, um jemals etwas anderes zu behaupten. Wir dürfen uns kritisieren, auch mal enttäuscht sein, aber müssen unter'm Strich doch immer zusammenhalten!
Diese Emotionen spielen auch bei der Selbstwahrnehmung in der Region natürlich eine immense Rolle. Wir sehen uns auch selbst manchmal zu kritisch. Außerhalb von Kaiserslautern und der Pfalz werden wir ganz anders wahrgenommen. Da heißt es: "Der Betze, die junge Mannschaft, da geht was, das macht Spaß! Klasse, dass die diesen Mut haben in so einer Situation mit jungen eigenen Spielern etwas aufzubauen. Hoffentlich steigt dieser tolle Verein bald wieder auf." Ich wünsche mir, dass wir alle versuchen, den Verein auch etwas aus dieser Sichtweise zu betrachten.

Der Betze brennt: Die finanziell kritische Situation, die Unruhen rund um die Investorensuche sowie öffentliche ausgetragene Dispute des Aufsichtsrats: Alles unangenehme Nebenschauplätze. Wie geht die Mannschaft mit der Situation um?

Hildmann: Das kannst du nicht ganz von der Mannschaft fernhalten, das ist klar. Die wissen schon was da läuft. Als Profisportler hängt deine Existenz schließlich auch vom Verein ab. Wir vertrauen den handelnden Personen aber voll und ganz. Wenn wir mal ein schlechtes Spiel machen, hat das absolut nichts damit zu tun. Ich versuche es mit etwas Humor zu nehmen und denke dann an das alte FCK-Lied: "Uffem Betze is immer was los..." (singt und lacht) - so lässt sich damit etwas entspannter umgehen.

"Manchmal frage ich mich im Spiel: Warum haben wir das besprochen?"

Der Betze brennt: Sie haben bei Amtsantritt auf den bestehenden Trainerstab zurückgegriffen. Sind Sie mit dieser Konstellation zufrieden?

Hildmann: Ich habe zunächst die Aufgabenverteilung etwas umstrukturiert. Martin Raschick ist nicht mehr täglich auf dem Trainingsplatz dabei. Er kann sich stattdessen wieder mehr auf den Bereich des Scoutings und der Videoanalyse fokussieren. Meinen Co-Trainer Alexander Bugera habe ich vorher bereits flüchtig gekannt. Jetzt wo wir uns richtig kennengelernt haben, bin ich unheimlich froh, ihn dabeizuhaben. Er bringt ein enormes Fachwissen mit, macht sich enorm viele Gedanken, ist sachlich und wahnsinnig loyal. Ich stehe super gerne mit ihm auf dem Platz und wünsche mir, dass wir eine lange Zusammenarbeit haben. Wenn er zum Fußball-Lehrer-Lehrgang zugelassen wird (die Entscheidung darüber fällt im April; Anm. d. Red.), verändert sich die Situation zwar etwas. Auf jeden Fall soll er aber auch dann Teil meines Stabs bleiben. Da müssen wir jetzt aber die Zulassung abwarten.

Der Betze brennt: Zunächst müssen Sie die Mannschaft natürlich optimal auf das jeweilige Spiel vorbereiten. Aber ist es während der Partie überhaupt möglich, wirklichen Einfluss auf das Geschehen nehmen?

Hildmann: Ich schreie mir da oft die Seele aus dem Hals. Aber eigentlich kann ich da rufen, was ich möchte, da mich in einem lauten Stadion sowieso niemand versteht (lachte). Die Analyse und Besprechung vor dem Spiel und in der Halbzeitpause ist da deutlich wichtiger. Ich gebe in jedem Spiel Leitlinien vor. Wir schreiben das alles auf und gehen es detailliert durch.
Was davon dann manchmal auf dem Spielfeld umgesetzt wird ist ein anderes Thema. Da frage ich mich manchmal schon, warum haben wir das besprochen? Meine Vorgabe war es mit Sicherheit nicht, dass wir in Köln das Ergebnis verwalten oder gegen Braunschweig aufhören zu flanken. Aber so ist eben der Fußball. Ich kenne es aus meiner eigenen Zeit ja zu gut. Wie oft habe ich 1:0 geführt und danach das Offensivspiel quasi eingestellt, nichts mehr gemacht, nur noch zurückgezogen, obwohl der Trainer etwas ganz anderes gefordert hatte.

"Im Gegensatz zur Bundesliga ist in der 3. Liga ist die Defensive die Basis"

Der Betze brennt: Zum Schluss der Blick auf die kommende Saison. Der FCK ist quasi zum Aufsteigen verpflichtet. Doch ähnelt dieses Ziel in der extrem ausgeglichenen 3. Liga einer Lotterie. Wie ist es möglich, den Faktor Zufall soweit es geht zu minimieren?

Hildmann: Indem du dich auf deine Stärken berufst. Das ist bei uns die Defensive. Und das ist auch die Basis, auf der du in der 3. Liga Erfolg haben kannst. In der 1. Bundesliga kommt es extrem auf den Ertrag der Offensive an, in der 2. Bundesliga ist es hingegen ein Mix aus Abwehr und Angriff. Aber hier, in der 3. Liga, geht der Erfolg ausschließlich über eine stabile Defensive. So viele Teams der Liga ziehen bei einer Führung ein regelrechtes Abwehrbollwerk auf. Dann wird es dermaßen schwer, nach einem Rückstand nochmal wieder zu kommen. Auf diesem Fundament müssen wir jetzt aufbauen und zudem eine schlagkräftige Offensive zusammenstellen. Es geht um Zielstrebigkeit und Dynamik. Das ist oftmals leider nicht schön, was aber auch egal ist, weil es erfolgreich ist - und das zählt nun mal.

Der Betze brennt: Vielen Dank für das interessante Gespräch!

(Das Interview führten Moritz Kreilinger und Thomas Hilmes.)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Teil 1 des Interviews: "Emotional ist der FCK eine ganz andere Dimension"

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