Interview mit Ex-FCK-Aufsichtsratsmitglied Jürgen Kind

"Ein Neuanfang beim FCK ist unausweichlich"

"Ein Neuanfang beim FCK ist unausweichlich"


Jürgen Kind - im DBB-Forum auch bekannt unter dem Pseudonym "Altmeister" - hat nach sieben Jahren seine Ämter im Aufsichtsrat und Beirat des 1. FC Kaiserslautern niedergelegt. Im Interview mit Der Betze brennt erklärt er die Hintergründe und nimmt dabei kein Blatt mehr vor den Mund.

Der Betze brennt: Jürgen, Du hast von 2012 bis 2019 im Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern gesessen und in dieser Zeit mit sehr, sehr vielen Funktionären zusammengearbeitet. Was waren die Beweggründe für Deine gestrige Entscheidung zum sofortigen Rücktritt?

Jürgen Kind (55): Eine Vertrauensbasis zu einer bestimmten Person innerhalb des Aufsichtsrats (gemeint ist der FCK-Beiratsvorsitzende Patrick Banf; Anm. d. Red.) gab es schon länger nicht mehr. Es hat ja auch etwas zu bedeuten, wenn insgesamt drei von vier Mitgliedern (gemeint sind Michael Littig, Paul Wüst und Jürgen Kind; Anm. d. Red.) eines hohen Vereinsgremiums dem Vorsitzenden eines solchen Gremiums binnen weniger Monate das Vertrauen entziehen. Ein für mich einmaliger Vorgang, geschehen zwischen September 2018 und Januar 2019. Danach gelang es nie wieder, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, zumal diese Person auch danach nicht unbedingt dadurch auffiel, transparenter zu arbeiten. Also war ein Grund meines Rücktritts das völlig zerrüttete Verhältnis zu Patrick Banf, das einfach nicht mehr zu kitten war.

Der Betze brennt: In Deiner Begründung am Sonntag hattest Du außerdem noch einen zweiten Grund angedeutet.

Kind: Der andere Grund war, dass man sich bei der Telefonkonferenz des Beirats weigerte, Martin Bader (Geschäftsführer Sport beim FCK; Anm. d. Red.) sofort freizustellen. Zum Zeitpunkt meines Rücktritts lag übrigens noch kein Beschluss vor, den Vertrag Baders über den 31. Dezember 2019 hinaus nicht mehr zu verlängern. Es hat halt leider mit Herrn Bader nicht funktioniert, da muss man die Konsequenzen ziehen. Warum mutet man Martin Bader zu, sich einem weiteren Spießrutenlaufen beim Spiel gegen Jena auszusetzen, wenn man mittel- und langfristig ohnehin nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten möchte? Die Reaktionen zahlreicher Fans im Stadion und darüber hinaus waren ja mehr als eindeutig.

"Patrick Banf ist und bleibt ein Märchenonkel"

Der Betze brennt: Wie ist diese ominöse Telefonkonferenz des FCK-Beirats am gestrigen Sonntag gelaufen? Hat daran wirklich Kapitalgeber Flavio Becca teilgenommen - und hat er wirklich bei den Entscheidungen über Martin Bader mitgeredet oder diese gar selbst getroffen? Wenn ja, welche Personen haben über Beccas Teilnahme entschieden?

Kind: Es ist gang und gäbe, zu Sitzungen oder Telefonkonferenzen Gäste einzuladen. Das ist also nicht das Problem. Wenn aber mehrere Gremiumsmitglieder eindringlich darauf drängen, dass der Beirat sich erst einmal für 30 Minuten unter sich berät und Flavio Becca sich erst anschließend einwählt, dieser Wunsch aber von einer Person ignoriert wird und Herr Becca doch von Anfang an mit dabei war, dann kann, glaube ich, jeder erkennen, wie toll die Zusammenarbeit in diesem Gremium ist. Eine endgültige Entscheidung in Sachen Martin Bader fiel anscheinend, als ich mich bereits aus der Telefonkonferenz verabschiedet hatte mit den Worten, dass ich nun über meinen Rücktritt nachdenken müsse. Der Rücktritt von Paul Wüst stand zu diesem Zeitpunkt auch schon im Raum.

Der Betze brennt: Banf behauptet in der offiziellen Pressemitteilung des Vereins, dass es "gar keinen Antrag auf sofortige Entlassung Baders" gegeben habe, er sei über Deine Begründung "überrascht". Was ist denn nun die Wahrheit?

Kind: An dieser Formulierung sieht man das eigentliche Problem beim FCK im Herbst 2019. Ich hatte Patrick Banf im Januar 2019 vor mehreren Zeugen erklärt, dass ich ihm kein Wort mehr glauben könne. Diese Fundamentalkritik führte aber nicht dazu, dass er sein Verhalten geändert hätte. An dieser aktuellen Formulierung erkennt man das nun sehr gut. Ich habe nachweislich unmittelbar nach dem Schlusspfiff am Samstag nach dem Sechzig-Spiel eine Telefonkonferenz für Sonntag einberufen und stellte dort in meinem Eingangs-Statement sofort klar, dass ich eine unmittelbare Freistellung von Bader für unerlässlich halte. Selbstverständlich war das die Forderung nach einer sofortigen Entlassung Baders. Das kann jeder, der an der Telefonkonferenz beteiligt war, bestätigen. An der dann später folgenden Pressemitteilung erkennt man dann vielleicht ganz gut, was ich meine. Patrick Banf ist und bleibt ein Märchenonkel.

"Jetzt war der Punkt erreicht, wo einfach Schluss war"

Der Betze brennt: In Deiner Rücktrittserklärung schreibst Du von weiteren Vorfällen in den vergangenen zwölf Monaten, die eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beiratsvorsitzenden Patrick Banf unmöglich machen. Welche Vorfälle waren das beispielsweise?

Kind: Es war insgesamt ein kompletter Vertrauensbruch von Seiten Patrick Banfs. Wenn man einem Menschen kein einziges Wort mehr glauben kann, kann von Zusammenarbeit ohnehin keine Rede mehr sein. Ein weiterer Streitpunkt waren seine permanenten Einmischungen ins operative Geschäft. Dies wurde oft bemängelt, führte aber zu keinen Konsequenzen. Paul Wüst und Michael Littig könnten hier sicherlich auch ihre Erfahrungen darlegen. Auch der Ehrenrat bestellte Patrick Banf wegen verschiedener Vorgänge mehrfach ein. Das Schlimmste für mich aber ist, dass er über keinerlei demokratisches Grundverständnis verfügt. Mehrheitsentscheidungen demokratisch gewählter Gremiumskollegen sind zu respektieren. Das ist doch völlig klar. Vielleicht erklärt ihm das bei Gelegenheit mal ein anderer, mir ist das nie gelungen. Man kann mir beim besten Willen nicht vorwerfen, dass ich es nicht immer und immer wieder versucht hätte, eine Verbesserung der Situation herbeizuführen, aber irgendwann ist halt der Punkt gekommen, an dem man Konsequenzen ziehen muss. Ich saß beim FCK in diesen sieben Jahren in verschiedenen Gremien und sitze über den Fußball-Bereich hinaus auch in anderen Gremien. Ich weiß also, was Gremienarbeit bedeutet. Aber so etwas wie in den vergangenen zwölf Monaten hatte ich noch niemals erlebt.

Der Betze brennt: In drei Wochen ist Mitgliederversammlung. Wäre es da nicht besser gewesen, die sowieso fällige Entscheidung zurück in die Hand der Mitglieder zu legen?

Kind: Ich hatte mehrfach aufgrund unhaltbarer Zustände in der Zusammenarbeit oder besser gesagt in der Nicht-Zusammenarbeit innerhalb des Aufsichtsrats/Beirats an Rücktritt gedacht. Jetzt war aber der Punkt erreicht, wo einfach Schluss war. Abgesehen davon wurde durch meinen Rücktritt eine Entwicklung eingeleitet, die die letzte Chance für unseren FCK sein könnte. Einen herzlichen Dank an Rainer Keßler und seine Gruppierung an dieser Stelle, die Verantwortung übernehmen möchten. Ein Neuanfang ist unausweichlich.

"Flavio Beccas Gesprächsangebot wurde nicht an uns weitergeleitet"

Der Betze brennt: Banf wird voraussichtlich in drei Wochen abgewählt, Bader geht spätestens im Dezember, vielleicht auch früher. War eine Weiterarbeit für diese paar Wochen nicht mehr möglich?

Kind: Das kann nur der Anfang sein. Weitere Personalien müssen folgen. Ein Neuanfang im Sinne der Zusammenführung der regelrecht verfeindeten Gruppen kann nur gelingen, wenn jetzt Klartext gesprochen wird, alle Fragen offen und ehrlich beantwortet werden und umfangreiche, personelle Konsequenzen folgen. Nach der Mitgliederversammlung muss dann alles dafür getan werden, um den Verein wieder zusammenzuführen. Und nein, leider ging es für mich nun nicht mehr weiter. Der Zeitpunkt des Rücktritts war unausweichlich.

Der Betze brennt: Warum hast Du diese Entscheidung jetzt getroffen und nicht zum Beispiel schon im Mai, als Michael Littig zurücktreten musste oder später, im Juli, als auch Du von Flavio Becca zum Rücktritt aufgefordert wurdest?

Kind: Zunächst mal möchte ich feststellen, dass Flavio Becca und ich überhaupt kein Problem miteinander haben. Er wurde schlicht und einfach falsch über mich unterrichtet. Er hatte bereits in den ersten Monaten des Jahres 2019 mehrere Einladungen an verschiedene Gremiumsmitglieder ausgesprochen, die aber weder an mich oder andere Kollegen weitergeleitet wurden. Da kann ich verstehen, dass er sich wundert, warum von uns keiner zu ihm kam? Dann im Juni, nach Erteilung der Lizenz, wurden offiziell Mitglieder aller FCK-Gremien zu ihm nach Luxemburg eingeladen, also auch ich. Ich konnte allerdings leider kurzfristig aufgrund eines Trauerfalls daran nicht teilnehmen. Ich bat also unsere Delegation, ihm mein Bedauern darüber auszusprechen, dass ich aus diesen persönlichen Gründen nicht kommen könne. Im Eifer des Gefechts hatte wohl niemand daran gedacht, ihm das auszurichten, worüber er sauer war, was ich auch verstehen kann. In der Zwischenzeit hatten wir aber viele gute Gespräche miteinander. Ich kann nicht mal ansatzweise erkennen, dass wir ein persönliches Problem miteinander hätten.

Abgesehen davon, dass mich grundsätzlich nicht interessiert, wer vielleicht wo meinen Rücktritt gefordert haben könnte, gab es in der Tat einige Situationen, in denen ich über Rücktritt nachgedacht hatte. Zum Beispiel, als Michael Littig zurücktreten musste, aber ich hatte mir eigentlich vorgenommen, bis Ende 2020 durchzuhalten, zumal ich ja auch erneut für drei Jahre gewählt war. Nun kam es anders.

"Ich bin froh, dass es mit dem Team Merk nun eine Alternative gibt"

Der Betze brennt: Hat Dein Rücktritt etwas mit der Ankündigung des Teams von Rainer Keßler, Dr. Markus Merk, Martin Wagner und Martin Weimer zu tun, die einen komplett neuen Aufsichtsrat aufstellen wollen, oder ist diese zeitliche Übereinstimmung Zufall?

Kind: Das ist tatsächlich Zufall. Natürlich hatte ich hinter den Kulissen mitbekommen, dass sich dort etwas tut. Aber ich hatte in den letzten Monaten keinerlei Kontakt zu Rainer Keßler oder Markus Merk. Ich wusste also nicht, dass man schon ein Team zusammen hat und sofort an die Öffentlichkeit gehen konnte. Ich bin sehr froh, dass es diese Alternative nun gibt.

Der Betze brennt: Welche Gedanken hast Du beim Rückblick auf Deine rund sieben Jahre als FCK-Funktionär?

Kind: Das waren und sind schwierige Zeiten. Leider hat der sportliche Bereich im Laufe der Jahre mit wechselnden Protagonisten immer weniger funktioniert. Ich halte es immer noch für fatal, dass im Juli 2017 nach dem Rückzug von Uwe Stöver verhindert wurde, dass Hans-Peter Briegel als Interims-Sportchef einspringt, der sich uns von selbst angeboten hatte. Hans-Peter wollte aufgrund seiner exzellenten Kontakte in der Fußball-Szene kurzfristig und noch vor Saisonbeginn 2017/18 insgesamt drei bis vier erfahrene Spieler für alle Reihen verpflichten, die dringend benötigt wurden. Aber einige glaubten halt, dass man es sich leisten könne, auf die Erfahrung einer solchen Ikone zu verzichten. Ohne eine adäquate Alternative zu haben. Das Ergebnis ist bekannt: Abstieg 2018. Der Versuch, diese erfahrenen Spieler dann im Januar 2018 doch noch zu verpflichten, war löblich, kam aber aufgrund der bereits fast aussichtslosen Situation leider zu spät. Selbstverständlich habe auch ich Fehler im Laufe der Jahre gemacht, das bleibt nicht aus bei der Vielzahl der zu treffenden Entscheidungen, ich kann aber immer noch morgens in den Spiegel schauen. Ich hoffe, dass jetzt endlich eine sportliche Trendwende eingeleitet werden kann und eine Vereinsführung installiert wird, mit der sich die Fans und Mitglieder wieder identifizieren können.

"Selbstverständlich komme ich trotzdem zur Mitgliederversammlung"

Der Betze brennt: Wirst Du trotzdem zur Mitgliederversammlung am 20. Oktober kommen und dort offene Fragen der Mitglieder beantworten? Und wie geht es nun für Dich persönlich in Sachen FCK weiter?

Kind: Selbstverständlich werde ich zur Mitgliederversammlung kommen. Wir haben beim FCK nicht mehr viele Chancen, das Blatt zu wenden. Jetzt gilt es. Abgesehen davon bin ich nicht weg vom Fenster. Ich bleibe nahe am FCK dran und wurde seit gestern bereits von mehreren FCK-Funktionären gefragt, ob ich mir nach einer Pause vielleicht die Arbeit in einem anderen Gremium vorstellen könne? Das hat mich sehr gefreut. Wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Erst einmal beobachte und begleite ich den FCK aber wieder als normaler Fan. Ich habe künftig wieder deutlich mehr Zeit, was mir auch mal wieder ganz gut tut. Zuletzt fraßen meine Ämter beim FCK so viel Zeit auf, dass ich sogar auf das eine oder andere FCK-Spiel verzichten musste. Ich werde mich also zu meinen Leuten in andere Stadionbereiche als zuletzt zurückziehen und ohne den Druck des Vereinsverantwortlichen mir die Spiele anschauen. Außerdem wollte ich immer schon mal mit Hans-Peter Briegel ein Spiel in Verona anschauen. Das wäre, glaube ich, eine tolle Sache.

Der Betze brennt: Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

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