Interview mit FCK-Sportdirektor Boris Notzon

"Wir suchen gestandene Spieler, die sofort weiterhelfen"

"Wir suchen gestandene Spieler, die sofort weiterhelfen"


Trotz Corona-Pause und Planinsolvenz kann der 1. FC Kaiserslautern schon einige Transfer-Abschlüsse vorweisen. Im DBB-Interview gibt Sportdirektor Notzon einen Blick in sein aktuelles Tagesgeschäft und auf den Transfermarkt im Allgemeinen.

"Natürlich kommen auch Fragen zum Thema Insolvenz"

Der Betze brennt: Boris Notzon, wenn man den Zwischenstand des FCK beim Thema Neuzugänge betrachtet, hat man nicht den Eindruck, dass sich die Branche und insbesondere die Beraterszene noch Sorgen macht wegen der Planinsolvenz beim FCK. Oder täuscht dieser Eindruck?

Boris Notzon (40): Natürlich kommen Fragen in dieser Richtung, und natürlich führt nicht jede Verhandlung, die wir führen, zu einem erfolgreichen Abschluss - aber das ist in jedem Transferfenster so. Mit den meisten Spielern, die wir bislang verpflichtet haben, stehen wir aber schon lange in Kontakt. Den Transfer von Alex Winkler etwa haben wir schon vor Corona und Insolvenzantrag finalisiert. Mit Marius Kleinsorge sprechen wir ebenfalls schon sehr lange, da ist, denke ich, einfach auch Vertrauen in die handelnden Personen entstanden. Bei den Transfers von Nicolas Sessa und Adam Hlousek ist es ebenfalls gut für uns gelaufen. Und dass Elias Huth zurückkommt, worüber wir uns sehr freuen, war ja vertraglich so vorgesehen.

"Auf dem Transfermarkt war dieses Jahr im Juni gefühlt noch April"

Der Betze brennt: Man hat auch nicht den Eindruck, dass Corona den Transfermarkt insgesamt irgendwie ausgebremst hat, obwohl viele es so erwartet hatten. Oder wie erleben Sie die Wechsel-Aktivitäten derzeit?

Notzon: Dadurch, dass die Saison erst nach dem 30. Juni endete, herrschte bei vielen Vereinen erst im Juli Klarheit, wie es in der Zukunft weitergeht. Speziell der Markt der interessanten Spieler, die ablösefrei sind, war und ist gegenwärtig hart umkämpft. Im Juni dagegen war dieses Jahr gefühlt noch April. Jetzt starten wir praktisch von einer Saison ansatzlos in die nächste, und da muss nicht nur bei der Kaderplanung direkt Vollgas gegeben werden. Wir müssen eine Saison vorbereiten, in der es wieder sieben Englische Wochen geben wird. Und keine richtige Winterpause.

"Ziel: Eine entwicklungsfähige, deutschsprachige Mannschaft aufbauen"

Der Betze brennt: Im Frühsommer hatten einige Insider vorhergesagt, dass in diesem Sommer verstärkt Spieler aus besonders Corona-geschädigten Ländern wie Italien und Spanien auf dem deutschen Markt angeboten würden, weil diese und ihre Berater überzeugt wären, dass die Deutschen die Situation am besten wieder in den Griff kriegen. Wie haben Sie das wahrgenommen?

Notzon: Das kann ich für uns nicht bestätigen. Es werden nicht mehr und nicht weniger Spieler aus dem Ausland angeboten als sonst. Man muss ja auch sehen: In diesem Frühjahr konnte im Ausland ja auch gar nicht gescoutet werden. Für uns wie für die meisten anderen Drittligisten hat ohnehin der deutsche Markt Priorität. Wir wollen eine entwicklungsfähige, deutschsprachige Mannschaft aufbauen. Aktuell suchen wir gestandene Spieler, die uns sofort weiterhelfen und Verantwortung tragen. Transfers aus dem Ausland machen insgesamt in der 3. Liga nur einen kleinen Prozentsatz aus. Für einige Zweitligisten mag beispielsweise der ein oder andere U21-Nationalspieler aus Skandinavien derzeit interessant sein, aber dort gibt es andere finanzielle Möglichkeiten.

Angebote anderer Vereine? "Wir sind da total entspannt"

Der Betze brennt: Es heißt auch, die wirklich großen Summen auf dem Transfermarkt werden erst fließen, wenn an der europäischen Klub-Spitze alle Entscheidungen gefallen sind, und anschließend wird sich das Geld kaskadenartig von oben nach unten bewegen. Das könnte bedeuten, unterklassigen Vereinen wie dem FCK flattern womöglich erst gegen Ende der Transferperiode Ablöseangebote an oder über der berühmten Schmerzgrenze auf den Tisch. Muss der FCK späte Abgänge seiner attraktiven jungen Spieler fürchten?

Notzon: Gute Frage. Diese Geldkaskade wird es möglicherweise geben, aber ob und wie diese in der 3. Liga ankommt, kann ich nicht bewerten. Der Markt regelt den Preis, das ist nun einmal so. Man muss aber auch die Relationen sehen. Die meisten Erstligisten müssen nicht erst einen 25-Millionen-Transfer abwickeln, damit sie einem Drittligisten für einen Spieler, den sie wirklich wollen, ein Angebot unterbreiten. Wir sind da total entspannt und schauen nur auf unsere Planungen.

"Es gibt in punkto Neuzugänge keine Zahl"

Der Betze brennt: Sie haben bereits vier externe Neuzugänge präsentiert, dazu Elias Huth zurückgeholt. Wer noch kommt, werden Sie an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Aber können Sie sagen, wie viele Neuzugänge noch kommen?

Notzon: Da gibt es keine Zahl. Wir gehen da pragmatisch vor. Wenn sich etwas ergibt, was aus unserer Sicht interessant und umsetzbar ist, machen wir das. Es muss aber ein Profi mit einer hohen Wertigkeit sein, der uns sofort weiterhilft. Junge, entwicklungsfähige Spieler haben wir dank unseres gut funktionierenden Nachwuchsleistungszentrums und den Transfers junger Spieler in der Vergangenheit.

"So weit entfernt von der Kaderstärke '22 plus' sind wir nicht"

Der Betze brennt: Sie werden aber sicher noch Spieler abgegeben müssen, da Sie ja, wie der Trainer sagt, einen Kader von "22 plus" anstreben.

Notzon: Bis jetzt verzeichnen wir immer noch mehr Abgänge als Zugänge. Christoph Hemlein, Gino Fechner, Theo Bergmann, Andri Rúnar Bjarnason, Alex Nandzik, Jan Ole Sievers und Lennart Grill haben den Verein verlassen, André Hainault wechselt in die Zweite Mannschaft. Jo Matuwila und Antonio Jonjic sind sicher noch Themen, der eine oder andere vielleicht ebenfalls noch. Zudem haben wir mit Lukas Spalvis weiterhin einen Langzeitverletzten im Kader, dazu Simon Skarlatidis, der erst jetzt langsam zurückkommt. Zudem haben wir einige Jungprofis, die über unsere Verzahnung mit der U21 aufgebaut werden. So weit entfernt von "22 plus" sind wir nicht.

"Über juristische Kniffe mache ich mir keine Gedanken"

Der Betze brennt: Wie verhält sich das mit dem Sonderkündigungsrecht, das im Falle einer Planinsolvenz zur Anwendung kommen könnte? Wird der FCK es nutzen, um Spieler abzugeben, auf die er nicht mehr baut? Oder muss er umgekehrt fürchten, dass wechselwillige Spieler davon Gebrauch machen?

Notzon: Wenn wir einen Spieler, der noch Vertrag hat, abgeben möchten, setzen wir uns mit ihm zusammen und besprechen eine gemeinsame Lösung, wie es sich gehört. Über juristische Kniffe mache ich mir keine Gedanken, da ich überzeugt bin, dass das Sonderkündigungsrecht für keine Seite einen wirklichen Mehrwert bietet und es auch verschiedene Rechtspositionen zu dem Thema gibt.

Immer mal wieder in Kontakt mit Kuka und Kadlec

Der Betze brennt: In der Pressemitteilung zum Wechsel von Adam Hlousek bedanken Sie sich ausdrücklich bei der Berateragentur, in der der ehemalige Lautrer Pavel Kuka arbeitet. Ein solcher Verweis ist in derartigen Meldungen selten. Was genau hat Pavel Kuka denn getan, um sich die lobende Erwähnung zu verdienen?

Notzon: Pavel arbeitet jetzt für eine große Berateragentur in Tschechien. Wir haben schon seit längerer Zeit immer wieder mal zu tschechischen Spielern Kontakt, ebenso wie mit unserem ehemaligen Spieler Miroslav Kadlec. Pavel hat uns schon öfter sehr frühzeitig Infos über Spieler zukommen lassen, und wir spüren dabei die emotionale Bindung, die er nach wie vor zu unserem Verein hat. Auch er macht sich Gedanken über die Zukunft des FCK und möchte mit seinem Netzwerk helfen. Bei der Personalie Adam Hlousek hat er sich sehr gut eingebracht. Ich wollte es daher einfach mal zum Ausdruck bringen.

Der Betze brennt: Besten Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den weiteren Transferplanungen!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Übersicht: Alle FCK-Transfers zur Saison 2020/21
- Transfer-Ticker: Alle Neuigkeiten von der Wechselbörse

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