Interview des Monats: FCK-Trainer Boris Schommers, Teil 2/2

"Wir haben die Qualität unseres Kaders erhöht"

"Wir haben die Qualität unseres Kaders erhöht"

Foto: Eibner-Pressefoto/Alexander Neis/Pool

Im Interview des Monats spricht Boris Schommers über seine ersten elf Monate beim 1. FC Kaiserslautern. Außerdem sagt er, was er in jedem Training von seiner Mannschaft erwartet, welche Systemumstellung er sich vorstellen könnte und warum ihn die Abwerbeversuche aus Heidenheim nicht nervös machen.

Der Betze brennt: Boris Schommers, nach der Ergebniskrise zu Jahresbeginn punktete der FCK in den sogenannten Geisterspielwochen wieder gut, war das drittstärkste Team im "Corona-Cup", wie Ihr Kollege Pavel Dotchev diesen Saisonabschnitt nannte. Andere Teams bekamen große Probleme in diesen fünf Englischen Wochen mit elf Spielen. Weshalb kam der FCK besser mit der Situation klar?

Boris Schommers (41): Als dieser Spielplan so beschlossen wurde, habe ich auch zuerst gedacht: Wie soll das funktionieren? So viele Englische Wochen hintereinander hat noch keine Drittliga-Mannschaft gespielt. Dass es dann so gut für uns lief, liegt zum einen daran, dass wir die Belastungssteuerung gut hinbekommen haben. Zum anderen hat die Mannschaft verstanden, was wir ihr auf den Weg gegeben hatten: Wir können das nicht mit zwölf, 13 oder 14 Spielern überstehen. Jetzt ist jeder wichtig und jetzt kommt für jeden eine Phase, in der er zu Einsätzen kommt. Aber jeder muss mitrudern, bis es soweit ist. Wie gut die Mannschaft das umgesetzt hat, hat man exemplarisch im letzten Saisonspiel gesehen, als alle längst am Limit waren. Wir waren gegen den kommenden Drittliga-Meister Bayern München II besser motiviert und haben verdient 1:0 gewonnen.

Der Betze brennt: Die Geisterspielwochen haben vor allem die Talente Anas Bakhat und Mohamed Morabet genutzt, um sich zu profilieren. Spieler, die den Ball auf engem Raum behaupten können, die aber auch gut gegen den Ball arbeiten und sich auf Pressing verstehen. Sind das typische Schommers-Spieler, die ohne Corona vielleicht nicht zu den Optionen geworden wären, die sie nun sind?

Schommers: So würde ich sie nicht nennen. Die beiden haben angenommen, was ich eben erklärt habe. Vor allem Anas Bakhat, der auch dann weiter Vollgas gab, wenn er zwischenzeitlich wieder zur U21 zurück musste. Aber ja, ohne Corona hätten die beiden vielleicht nicht so viele Einsätze bekommen. So hat auch das Negative am Ende etwas Positives.

"Beim Matchplan blicke ich auf den Gegner, nicht auf die Ränge"

Der Betze brennt: Ihr Ansatz, tief stehende Gegner zu bespielen, verfolgte in der 3. Liga zuletzt nur 1860 München so konsequent wie der FCK. Als es gegen das Team Ihres ehemaligen Nürnberger Chefs Michael Köllner ging, agierte Ihre Mannschaft so abwartend wie in keiner anderen Partie. In der anschließenden Pressekonferenz wurden sie gefragt, ob Sie auch vor Betze-Publikum so abwartend gespielt hätten, und Sie antworteten: "Ich mache meinen Matchplan nicht davon abhängig, ob Zuschauer im Stadion sind." Muss ein 1. FC Kaiserslautern auf dem Betzenberg nicht auch mal volles Risiko gehen, um ein Spiel zu gewinnen?

Schommers: Zunächst mal: Ich bin froh, wenn endlich wieder Leute ins Stadion kommen dürfen. Wir spielen nicht gern vor leeren Rängen. Aber wenn ich meinen Matchplan aufstelle, blicke ich auf den Gegner, nicht auf die Ränge. Gegen Sechzig wollten wir gar nicht so zurückhaltend spielen, und phasenweise haben wir das ja auch nicht. Aber wir müssen auch mal anerkennen, wenn ein Gegner wirklich stark ist. Die Sechziger waren reifer, spielerisch überlegen und standen mit einer guten Mischung aus Alt und Jung auf dem Platz. Unterm Strich war dies eines der wenigen Unentschieden der Saison, nach dem wir diejenigen waren, die Glück hatten. Es hätte nichts mit "Mut" zu tun gehabt, da mehr Risiko zu gehen.

Der Betze brennt: Welche Spiele aus der vergangenen Saison bleiben für Sie in besonderer Erinnerung?

Schommers: Als ich anfing, habe ich gesagt, ich will den Betze wieder zum Beben bringen. So richtig gebebt hat er bislang aber nur einmal, beim DFB-Pokal-Spiel gegen den 1. FC Nürnberg. Da war alles drin: Ein Elfmeter, der wiederholt werden musste, zwei verspielte Führungen, Lennart Grills Fehler, seine überragende Leistung in der Verlängerung, die Verletzung des Nürnberger Torwarts, nach der ein Feldspieler ins Tor musste, der Sieg im Elfmeterschießen... Dann bleibt natürlich mein erster Sieg mit dieser Mannschaft in Erinnerung, das 3:1 gegen Jena. Und die Fünf-Siege-Serie vor der Winterpause. Mir wird aber auch ein grottenschlechtes Spiel von uns in Erinnerung bleiben, das 2:3 gegen Würzburg. Danach saß ich mit meinem Co-Trainer Kevin McKenna zusammen. Uns war bewusst geworden, wie viel Arbeit wir hier noch haben würden.

Nürnberg-Spiel bleibt in Erinnerung, aber auch Würzburg

Der Betze brennt: Welcher Spieler in Ihrem Kader wird für Sie schlechter bewertet, als er es Ihrer Ansicht nach verdient hätte?

Schommers: Florian Pick (lacht).

Der Betze brennt: Das meinen Sie jetzt nicht ernst... Wir haben getippt, dass Sie beispielsweise Hendrick Zuck nennen.

Schommers: Jetzt, wo Sie ihn erwähnen: Ja, es wäre schön, wenn "Zucki" ein wenig realistischer bewertet würde. Er ist nach dem Trainerwechsel mit guten Leistungen zurückgekommen und war sehr effektiv, ein Paradebeispiel dafür, was geht, wenn die Chemie zwischen Spieler und Trainer stimmt. Wichtig ist, wie wir im Trainerteam die Spieler sehen. Denn wir spiegeln die Trainingsleistung, die Leistung auf dem Platz und die Leistung in der Kabine.

Sickinger: Sechser oder Verteidiger? "Da will ich mich nicht festlegen"

Der Betze brennt: Ist Carlo Sickinger in der kommenden Saison als Innenverteidiger oder als Sechser eingeplant?

Schommers: Da will ich mich nicht festlegen. Gerade seine Variabilität ist eine von Carlos Stärken. Er hat auf beiden Positionen gute Spieler gemacht und zählt zu den Nachwuchsleuten, die sich nun bereits eine gewisse Erfahrung angeeignet haben. Einer von den jungen Bäumen, die wir gepflanzt haben und regelmäßig gießen. Im Sommer haben wir uns nun weitere Bäume besorgt. Aber auch die müssen erst einmal eingepflanzt werden und anwachsen.

"In jedem Training reinhauen, diesen Konkurrenzkampf wollen wir"

Der Betze brennt: Einer dieser Bäume ist der Linksfuß Adam Hlousek. Wird es für den Rechtsfuß Philipp Hercher, der bislang die linke Seite beackerte, jetzt schwerer, seinen Platz in der Startelf zu behalten?

Schommers: Wird es für Kevin Kraus jetzt schwerer, weil wir Alex Winkler geholt haben? Oder für Kühlwetter, weil Huth zurückgekommen ist? Wir hatten die Möglichkeit, Spieler zu holen, die vom Profil her passen und die Qualität im Kader in der Breite erhöhen. Wenn ein Stürmer gesetzt ist, wird er im Spiel gegen den Ball nie so Gas geben, wie ich es mir vorstelle. Aber wenn er weiß, da sind noch drei im Kader, die ebenfalls für 14 Treffer in der Saison gut sind, wird er sich nicht nur in jedem Spiel, sondern auch in jedem Training reinhauen. Das ist der Konkurrenzkampf, den wir wollen. Außerdem wird es auch dieser Saison mindestens sechs Englische Wochen geben, da wird wieder irgendwann jeder gebraucht. Und vielleicht will ich in der Abwehr ja auch mal Dreierkette umstellen und brauche auf der Außenbahn einen anderen Spielertyp.

Der Betze brennt: Die Transferperiode endet erst am 05. Oktober, da kann sich auch nach dem Saisonstart personell noch viel tun. Wann würden Sie sich denn wünschen, dass Ihr Kader endgültig steht?

Schommers: Ganz klar, als Trainer willst du deine Mannschaft so früh wie möglich beisammen haben, weil das Ruhe reinbringt. Wir haben schon zum Trainingsstart vier wichtige Positionen abgearbeitet, ein Neuer kam noch in der ersten Woche, das ist schon viel wert. Aber den Kader frühzeitig komplett zu haben, das ist gerade in der 3. Liga schwer zu schaffen, denn das Transfergeschäft setzt sich nun einmal von oben nach unten in Bewegung. Vielleicht wird einem Spieler, den wir gerne hätten und der sich im Moment noch ziert, plötzlich doch noch ein Neuzugang vor die Nase gesetzt und der 1. FC Kaiserslautern wird für ihn wieder interessant.

Sorge vor späten Abgängen? "Wir haben für alles einen Plan B"

Der Betze brennt: Es könnte aber auch umgekehrt noch zu kurzfristigen Abgängen kommen. Wir erinnern uns noch daran, wie 2017, drei Wochen nach Saisonstart, Robin Koch noch verkauft wurde und der FCK dann abstieg. Und jetzt denken wir an Kühlwetter, Pick und das große Interesse aus Heidenheim...

Schommers: Glauben Sie mir: Soeren Oliver Voigt, Boris Notzon und ich sitzen nicht untätig im Regen von Lautern und warten, dass Heidenheim sein Angebot für Kühlwetter weiter erhöht. Wir haben für alles einen Plan B.

Der Betze brennt: Besten Dank für das Gespräch und viel Erfolg in der neuen Saison!

(Das Interview führten Thomas Hilmes und Eric Scherer.)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Teil 1 des Interviews: "Ich weiß, wo wir uns verbessern müssen" (Der Betze brennt)

Kommentare 60 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken