Zum 100. Geburtstag von Fritz Walter: Gerhard Ahrens (Teil 2/5)

"Der genialste Mensch, den ich je kennengelernt habe"

"Der genialste Mensch, den ich je kennengelernt habe"

Die FCK-Delegation mit Fritz Walter, Gerhard Ahrens und Bundestrainer Sepp Herberger im Jahr 1957 in New York; Foto: Archiv Gerhard Ahrens

FCK-Spieler aus vier Generationen erinnern sich an Fritz Walter: Gerhard Ahrens war vor 70 Jahren ein glühender Bewunderer des großen Fritz - und wurde kurz darauf sein Mitspieler beim 1. FC Kaiserslautern.

"Fritz Walter war der vielleicht genialste Mensch, den ich jemals kennenlernen durfte. Als ich 1953 zum FCK kam, da war er ja schon ein ganz Großer. Aber er hat dich das nie spüren lassen. Er hat dafür gesorgt, dass alle jungen Spieler beim FCK einen Mentor hatten, an den sie sich wenden konnten, er war immer für einen da. Als ich damals gegen meinen Willen vom FCK nach Saarbrücken verkauft wurde, haben Fritz und alle 54er Weltmeister ein Schreiben aufgesetzt und protestiert. Auf sie war einfach immer Verlass. Die ganze Familie Walter, auch seine Frau Italia, waren ganz wundervolle Menschen. Ich verbinde so viele einmalige Erinnerungen mit Fritz. Zum Beispiel unsere Reise in die USA 1957, die er aufgrund seiner großen Flugangst mit dem Schiff angetreten hatte. Diese Flugangst rührte übrigens daher, dass bei einem Landeanflug auf Südfrankreich viele Jahre zuvor, einmal die Flugzeug-Tür abgerissen wurde, und Fritz beinahe vom Sog herausgezogen wurde. Nur mühsam konnten ihn seine Kameraden an Bord halten.

In Amerika hatten wir eine unglaubliche Zeit zusammen. Mit dabei war auch der Weltmeistertrainer Sepp Herberger, den Fritz ja immer den "Chef" nannte. Als wir beispielsweise in Chicago ein Spiel absolviert haben, hat Herberger auf dem Platz auch noch eine Ansprache gehalten. Aber ganz egal, zu welchen Leuten wir kamen, welche Menschen wir getroffen haben, ob in New York, Boston oder sonst wo: Fritz stand immer Mittelpunkt. Er war einfach ein unglaublicher Mensch.

Eine andere schöne Erinnerung, die ich mit Fritz verbinde, ist als wir in Brüssel gegen die belgische Nationalmannschaft gespielt haben. Das Spiel fand spät abends unter Flutlicht statt, was uns damals noch nicht so geläufig war. Und da hat unser Trainer Richard Schneider unserm Torwart Willi Hölz mit Kohle schwarze Striche unter die Augen gemalt, dass er besser gegen das Flutlicht sehen kann. Das sah natürlich urkomisch aus. Und nach dem Spiel sagte Fritz zu Willi in der Kabine: "Du hättest besser Scheuklappen aufgesetzt, statt dir Striche unter die Augen gemalt." Das fand Willi aber überhaupt nicht witzig. Als wir dann aber mit dem Mannschaftsbus zurück ins Hotel gefahren sind, saß Fritz direkt vor mir und machte plötzlich eine Flasche Piccolo auf. Da kam Willi von hinten laut angelaufen und rief "Durst, Durst, Durst". Da mussten alle lachen und jeder Streit war vergessen. Es war einfach eine unheimliche Kameradschaft zur damaligen Zeit, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Wir haben so viel zusammen erlebt, diese Erinnerungen möchte ich nicht missen und werde ich niemals vergessen."

Gerhard Ahrens (Mitspieler Fritz Walters und Mitglied der legendären Walter-Elf 1954-1958, heute ehrenamtlicher Helfer im FCK-Museum)

Im nächsten Teil, heute um 14:30 Uhr auf Der Betze brennt: "Die Walz aus der Pfalz" Hans-Peter Briegel erinnert sich an Fritz Walter.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerhard Ahrens

Weitere Links zum Thema:

- Teil 1/5 | Zum 100. Geburtstag von Fritz Walter: Auf den Erfinder von Kaiserslautern!
- Teil 2/5 | Gerhard Ahrens: "Der genialste Mensch, den ich je kennengelernt habe"
- Teil 3/5 | Hans-Peter Briegel: "Es gab Fritz-Walter-Sekt bis zu seinem Tod"
- Teil 4/5 | Olaf Marschall: "Fritz Walter wollte nie der Star sein"
- Teil 5/5 | Dominique Heintz: "Eine große Ehre, die ich nie vergessen werde"

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