Taktik-Nachlese zum Spiel FSV-FCK

Die Taktikanalyse: Wer gewinnt, hat recht

Die Taktikanalyse: Wer gewinnt, hat recht

Foto: Imago Images

Nicht unbedingt besser spielen, aber dennoch gewinnen - bei seinem 2:1-Sieg in Zwickau hat der 1. FC Kaiserslautern erstmals die allgemein gültige Erfolgsformel der Dritten Liga angewandt. Wenn ihm das noch ungefähr 21-mal gelingt, ist alles gut.

Siegtreffer, erst recht solche nach lange Durststrecken, werden oft romantisch verklärt. Doch wenn selbst Lauterns Coach Jeff Saibene, der allgemein eher trocken formuliert, hinterher davon spricht, man habe bei dieser Aktion endlich mal gut gemacht, was sein Team schon die ganze Zeit besser machen soll, lohnt es sich, sich die Szene vor Hendricks Zucks Abschluss in der 85. Minute noch mal in voller Länge zu rekapitulieren.

Sie beginnt mit einem Einwurf an der linken Außenlinie der Lautrer Hälfte. Anschließend läuft der Ball über sage und schreibe elf Stationen, ehe Zuck die Flanke von Kenny Redondo am langen Pfosten annimmt und humorlos unter die Torlatte nagelt. Bei der Passstafette ist sogar Torwart Avdo Spahic ins Passspiel miteinbezogen worden. Den Vertikalpass, der den Zwickauer Defensivverband entscheidend in Bewegung bringt, spielt Kevin Kraus von der rechten Innenverteidigerposition flach in die gegnerische Hälfte. Hikmet Ciftci kommt aus der Zehnerposition dem Ball entgegen, legt auf den eingewechselten Janik Bachmann ab. Der passt nach links zu Adam Hlousek, der schickt Redondo die Außenlinie hinunter.

Hat da jemand "Ballbesitzfußball" gesagt?

Wenn es also das war, was die Mannschaft seit Wochen schon besser machen sollte - Respekt. Eine Torvorbereitung über elf Stationen sieht man in der Dritten Liga eher selten - hat da jemand gerade "Ballbesitzfußball" gesagt? Das wär jetzt wohl ein etwas vorschnell.

Als Vertreter dieser Spielart ist Jeff Saibene bislang nicht bekannt, außerdem ist "Ballbesitzfußball" als allein selig machende Philosophie nicht einmal mehr bei Pep Guardiola angesagt. Je nach Situation ruhig mit Diagonalpässen aufbauen oder schnell und vertikal spielen - gute Mannschaften müssen beides beherrschen. In Zwickau zeigte Lautern ordentliche Ansätze in beiden Disziplinen, gestattete dem Gegner unterm Strich aber zu viele eigene Torgelegenheiten, um als souveräner Sieger gelten zu können.

Von wegen mutlos: Bachmanns Einwechslung war genau richtig

Janik Bachmann war übrigens erst vier Minuten zuvor für Marlon Ritter eingewechselt worden. Was sowohl beim "Magenta Sport"-Kommentator als auch in den FCK-Fanforen, die das Spiel begleiteten, einigen Missmut erregte. Tenor: Wer beim Spielstand von 1:1 einen defensiven Mittelfeldspieler für einen offensiven bringt, der kann ja wohl nicht gewinnen wollen - Schande über dich, Jeff Saibene. Wie so oft lohnt es sich, auch da mal schärfer drüber nachzudenken.

Die Lauterer Hintermannschaft schwamm auch in dieser Partie gewaltig bei hohen Flugbällen. In der 77. Minute erst hatte Mark Schikora nach einer Ecke von Leon Jensen den Ausgleich für Zwickau geköpft. Auch der zur Pause für den Ex-Lauterer Manfred Starke gekommene Felix Drinkuth setzte der FCK-Abwehr schwer zu, ebenso der nunmehr 37-jährige Ronny König. 1,90 Meter groß und 93 Kilo schwer ist er etwa baugleich mit Stefan Kutschke, der vor einigen Tagen auf dem Betzenberg mit einer Kopfballverlängerung das 1:1 für den FC Ingolstadt vorbereitete.

Da war die Einwechslung Bachmanns durchaus eine gute Idee. Zumal der 1,95 Meter-Höhe nicht nur defensiv als Kopfballspieler zu gebrauchen ist, wie er in dieser Saison bereits in Wiesbaden und gegen Mannheim unter Beweis gestellt hat.

Ciftci als Teilzeit-Zehner - warum nicht?

Außerdem änderte Saibene mit Bachmanns Einwechslung weder seine 4-2-3-1-Grundordnung noch zog er sein Team weiter zurück. Vielmehr rückte Ciftci nun auf Ritters Zehnerposition - eine Rolle, die er auch schon im Derby gegen Waldhof Mannheim schon mal während des Spiels übernommen hatte.

Angesichts des Siegtreffers, der kurz darauf fiel, lässt sich da nun also die ebenso alte wie eigentlich dämliche Fußballerweisheit zitieren: Wer gewinnt, hat recht. Auch wenn es am Ende nur Nuancen waren, die das Pendel zugunsten der Lautrer ausschlagen ließen. Für einige davon war Kenny Redondo zuständig, der seine bislang beste Leistung im FCK-Trikot zeigte: Er bereitete nicht nur den Siegtreffer vor, sondern holte auch den Elfmeter heraus, den Pourié zum 1:0 verwandelte.

Redondo schlug außerdem in der ersten Hälfte die präzise flache Flanke auf Daniel Hanslik, der dadurch plötzlich allein vor Zwickaus Keeper Brinkies auftauchen durfte, den Ball aber nicht im Tor unterbrachte. Die Kieler Leihgabe agiert weiterhin sehr unglücklich in ihrer Rolle aber rechter Flügelspieler im 4-2-3-1.

Pouriés starke Worte: Einer für die Kapitänsbinde?

Bemerkenswert der Satz, den Marvin Pourié in die "Magenta Sport"-Mikrofone diktierte: "Ich habe heute das erste Mal das Gefühl gehabt, dass wir als Mannschaft gemeinsam an einem Ziel gearbeitet haben." Ganz schön klare Ansage, und auch nicht die erste dieser Art, mit der Pourié in seiner kurzen Zeit beim FCK auffällt. Auch auf dem Platz tritt der Stürmer wie ein Leader auf, und die fehlen dem Team doch am meisten, wie der Trainer unlängst feststellte. Ob es eine Überlegung wert wäre, ihn zum Kapitän zu bestimmen? Wär insofern unüblich, als dass Pourié lediglich ein Leihspieler aus Karlsruhe ist.

Der Satz wirft natürlich auch die Frage auf, an was die Mannschaft in den acht Saisonspielen zuvor eigentlich gearbeitet hat… Ist aber eigentlich egal, die Ergebnisse von gestern lassen sich ohnehin nicht mehr rückgängig machen. Jetzt gemeinsam an weiteren Zielen zu arbeiten, um doch noch den Weg nach oben zu finden, wär auf jeden Fall noch nicht zu spät.

Noch ist es nicht zu spät für große Ziele

Und eigentlich wär’s auch an der Zeit. Saibenes Vorgänger Boris Schommers brauchte vor einem Jahr bekanntlich sechs Wochen, um eine erste Erfolgsserie zu starten. Saibene selbst wiederum hat in einem Interview zu seinen Bielefelder Zeiten mal erklärt, er kalkuliere mit ungefähr vier Wochen, die es brauche, bis seine Ideen vom Spiel auf dem Platz sichtbar würden. Auch das würde passen. Man darf also gespannt sein, wie es kommenden Samstag weitergeht, wenn der 1. FC Magdeburg auf dem Betzenberg gastiert.

XG-Grafiken vom Spiel gibt’s diesmal leider keine. Sander Ijtsmas Analysetools haben am Wochenende keine Spiele von Deutschlands Dritter Liga ausgespuckt. Die elektronischen Spielauswerter aus den Niederlanden sind doch nicht etwa zu anspruchsvoll geworden? Na, soo schlecht war die Partie in Zwickau nicht.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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