Taktik-Nachlese zum Spiel Haching-FCK

Die Taktikanalyse: Hoffnung verzweifelt gesucht

Die Taktikanalyse: Hoffnung verzweifelt gesucht

Foto: Imago Images

Wieder bringt sich der 1. FC Kaiserslautern mit haarsträubenden Abwehrfehlern 0:2 in Rückstand, doch bei der SpVgg Unterhaching bleibt der späte Doppelschlag zum Ausgleich aus. Die FCK-Hintermannschaft ist wieder so verunsichert wie zu Beginn der Saison.

Was aus sportlicher Sicht zurzeit positiv beim FCK zu vermelden ist? Vielleicht, dass sich im Umfeld vergleichsweise wenig Kritik am Trainer aufstaut. Trotz anhaltend ausbleibender Erfolge wird Jeff Saibene in Gesprächen und Diskussionen mit viel Empathie begegnet, des öfteren ist gar zu lesen, dass er im Moment die "ärmste Sau" sei. Das ist ungewöhnlich für einen Anhang, dem doch immer wieder nachgesagt wird, seine "Erwartungshaltung" wäre überzogen...

Freilich: Ewig wird die Zurückhaltung gegenüber dem bereits zweiten FCK-Übungsleiter dieser Saison halten. Aber was soll der Trainer auch tun? Beziehungsweise: Was hat er bislang getan, was zu kritisieren wäre?

Saibenes Politik der kleinen Schritte fruchtete - bis zum Duisburg-Spiel

Im Grunde ist er nach dem ungeschriebenen Handbuch für Trainer vorgegangen, die eine nach einem Fehlstart verunsicherte Mannschaft übernehmen. Er hat erst einmal versucht, die Defensive zu stabilisieren. Hat seine von seinem Vorgänger eigentlich auf "Dominanz" ausgerichtete Elf tief stehen lassen, versucht, in der Hintermannschaft wenig zu wechseln, wobei ihm Verletzungen und der Kräfteverschleiß Englischer Wochen immer wieder einen Strich durch die Rechnung machten. Aus der gewonnenen Stabilität nach hinten sollte sich nach und nach die Selbstsicherheit entwickeln, die es für ein erfolgreiches Spiel nach vorne braucht...
Diese Politik der kleinen Schritte schlug sich zwar nicht unbedingt in Punkten nieder, doch von dem grandios verdusselten Auftritt in Meppen mal abgesehen, waren durchaus Fortschritte zu erkennen. Im Spiel gegen den Ball schien sich der FCK zu einer kompakten Einheit zu finden.

Einfach nur haarsträubend: Die vier jüngsten Gegentreffer

Doch die letzten beiden Partien brachten nun erneute, herbe Nackenschläge, die gerade vor den nun noch anstehenden Auftritten gegen 1860 München und den KFC Uerdingen nur schwer zu verdauen sind. Dabei hatte der Trainer noch nicht einmal den Fehler gemacht, den späten Doppelschlag, der gegen den MSV Duisburg gerade noch so einen Punkt rettete, allzu sehr zu feiern. Gegentreffer geschehen, aber die Art und Weise, wie die vier zustande kamen, die Lautern gegen den MSV und nun in Unterhaching kassierte, ist einfach nur haarsträubend.

Gegen Duisburg erst der schwere Ballverlust Hikmet Ciftcis in der letzten Reihe, anschießend ein katastrophaler Stellungsfehler beider Innenverteidiger, der es MSV-Stürmer Engin erlaubt, 15 Meter mittig vorm Tor stehend abzuziehen. In Haching steht nun beim ersten Treffer erneut ein gegnerischer Mittelstürmer lächerlich frei, und das zweite Tor fällt wieder einmal aus einer Standardsituation - gerade bei deren Abwehr hatte sich Saibene-Team zuletzt einigermaßen berappelt. Und nicht nur das: Der einlaufende Christoph Greger wuchtet den hohen Flugball nicht per Kopf ins Netz, sondern kann sich das Leder auch noch auf den Fuß fallen lassen, drei Meter vor der Torlinie. Unfassbar.

Die Verunsicherung ist wieder da - und war nie weg

Da Janik Bachmann, Kevin Kraus und Co. in der Vergangenheit durchaus gezeigt haben, dass sie den Ansprüchen der 3. Liga genügen, lässt sich ein solches Fehlverhalten eigentlich nur mit Verunsicherung erklären, sei sie nun nach wie vor vorhanden oder wieder zurück. Möglicherweise gab es unterm Strich in den nunmehr 13 Spielen unter Saibene doch zu wenig Siege, die den Kopf hätten ein wenig freier machen können.

Wie sich diese Verunsicherung vor den beiden Spielen zum Jahresausklang beheben lässt? Das ist die große Frage. Der Trainer hat nun abermals "Konsequenzen und Änderungen" angekündigt, aber welche Alternativen stehen ihm den zur Verfügung? Alex Winkler ist offiziell wieder fit, und tatsächlich muss über einen Wechsel in der Innenverteidigung nachgedacht werden, aber mitten in einer Englischen Woche einen bislang verletzten Neuzugang bringen, der in seinem Trikot noch kein Pflichtspiel bestritten hat?

Ein Spiel, das aufregend werden konnte - und es doch nicht wurde

Statt Fragen zu stellen, die wir selbst nicht beantworten können, gucken wir lieber nochmal aufs Spiel am Freitag, auch wenn es wehtut. Es begann ungewöhnlich. Lautern reagierte auf den Umstand, dass die Hachinger keine langen Abschläge mögen und sich am liebsten mit kurzen Pässen von hinten nach vorne spielen, mit dem forschesten Pressing, das Saibene bislang spielen ließ. Marvin Pourié, Hendrick Zuck, Kenny Redondo und Ciftci, der als Zehner aufgeboten ist und sich gegen den Ball den zweiten Stürmer in einem 4-4-2 gibt, attackieren schon im Angriffsdrittel. Und der gelernte Flügelstürmer Marius Kleinsorge ist abermals als Rechtsverteidiger aufgeboten. Der Trainer setzt also auf Offensive.

Rote Teufel, die frühe Ballgewinne suchen, und Hachinger, die nach Überwinden der ersten Pressinglinie gegen nicht gerade schnelle FCK-Verteidiger jede Menge Platz haben - das versprach Torchancen en masse, doch wie es im Fußball halt so ist: Das genaue Gegenteil trat ein. Die erste halbe Stunde passiert kaum was. Pourié wird schon nach acht Minuten von Zuck gut in Szene gesetzt, allerdings nicht nach einer frühen Balleroberung, sondern weil sich der FCK gut und schnell nach vorne kombinierte. Pourié findet jedoch weder eine gute Schussbahn noch den Passweg auf den frei mitgelaufenen Redondo.

Jeder hat eine starke Phase: Haching trifft, Lautern nicht

Wirklich erwähnenswert in der gesamten Partie sind dann auch nur zwei etwa zehnminütige Phasen. Hachings stärkste Minuten sind die vor der Halbzeit, nachdem sich die Elf daran erinnert hat, dass die rechte Seite doch eigentlich ihre stärkere ist, vor allem dank Präsidentensohn Markus Schwabl. Der leitet zwei Torchancen für Mittelstürmer Patrick Hasenhüttl ein. Kollege Moritz Heinrich verzockt nach Marseiler-Flanke von links eine Direktabnahme aussichtsreicher Position.

Halbzeit 2 beginnt dann mit dem bereits angesprochenen Hasenhüttl-Treffer. Schwabl serviert dem Stürmer, der im Lautrer Strafraum Single-Freuden genießt, eine maßgerechte Flanke und der bedankt sich. Nach einer runden Stunde folgt eine richtig starke Phase des FCK mit guten Einschussgelegenheiten für Pourié, Zuck und Kleinsorge. Und in Minute 87 scheitert der eingewechselte Huth dann mit einem Kopfball am stark reagierenden Haching-Keeper Nico Mantl. Ob dieser Treffer erneut einen Doppelschlag kurz vor Torschluss ermöglicht hätte? Immer klappt das eben auch nicht.

Drei "Hundertprozentige"? Nicht laut xG-Grafik

Der Trainer hatte in dieser starken Phase hinterher drei "Hundertprozentige" gesehen. Die gibt es freilich nicht, zumindest nicht in Sander Ijtsmas "expected Goals (xG)"-Betrachtungen. Allerdings wundert es auch uns, wie schlecht die Huth-Chance und Kleinsorges Einschussmöglichkeit aus halbrechter Position bewertet werden. Bei Zucks Schuss aus dem Rückraum standen noch einige Beine im Weg, die er hätte anschießen können, Pourié hatte Mantl quasi auf den Füßen stehen, nachdem er diesen geblockt hatte - das sah vielleicht gefährlicher aus, als es bei objektiver Berücksichtigung zahlreicher Vergleichsdaten war.

xG-Plot Haching-FCK

Dennoch: Ein "xG Total"-Ergebnis von 0,91 : 0.47 zugunsten Hachings, das zeigt, das über 90 Minuten doch eher wenig vor den Toren los war, sieht man von der starken Phase, die jedes Team hatte, mal ab.

An den Positions- und Passgrafiken beider Mannschaften ist interessant, dass sie gewisse Ähnlichkeiten aufweisen: Bei beiden war der Ball häufiger auf der linken Seite zu finden, auf der rechten Seite dagegen agierten beide mit einem offensiven Flügelmann, der gerne einrückte um seinem vorpreschenden Hintermann Platz zu schaffen. Schwabl nutzte diesen allerdings effektvoller als Kleinsorge.

Hier die Positions- und Passgrafik des FCK:

Passmap FCK

Und hier die der SpVgg Unterhaching:

Passmap Unterhaching

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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