Taktik-Nachlese zum Spiel KFC-FCK

Die Taktikanalyse: Hurra, sie leben noch

Die Taktikanalyse: Hurra, sie leben noch

Foto: Imago Images

Zum Jahresabschluss gelingt dem 1. FC Kaiserslautern ein 2:0-Sieg beim KFC Uerdingen. Nein, die ersehnte "Wende zum Besseren" ist damit noch nicht geschafft. Das Erfolgs­erlebnis sollte jedoch ermöglichen, fällige Entscheidungen jetzt in der richtigen Reihen­folge zu treffen. DBB-Autor Eric analysiert die Lage zur Winterpause.

Wenn du denkst, es geht nicht mehr, muss einfach nur der KFC Uerdingen her. Auch im fünften Aufeinandertreffen in der 3. Liga hat der 1. FC Kaiserslautern den Klub aus Krefeld besiegt. Und nicht nur das: Einmal mehr hat der FCK gegen die Uerdinger seine bislang beste Saisonleistung gezeigt. Der dritte Sieg dieser Spielzeit war nicht nur früher unter Dach und Fach als die beiden bisherigen, erst in den Schlussminuten klargemachten Erfolge gegen Zwickau und Lübeck, er resultiert aus einer fast über die vollen 90 Minuten konzentrierten, überzeugenden Darbietung.

Und das, obwohl die Zeichen für Lautern diesmal schlechter standen als je zuvor. Der KFC hatte aus den letzten drei Spielen sieben Punkte geholt und kein Gegentor zugelassen, der FCK sich hingegen nur einen Zähler gesichert und sieben Buden kassiert. Und nun das. Andererseits: Typisch 3. Liga eigentlich.

Saibene dreht die Uhr zurück - und macht einen Schritt nach vorn

Irgendwie hat Trainer Jeff Saibene es geschafft, die jüngsten Auftritte seiner Jungs aus den Köpfen zu bekommen. Das gelang ihm, indem er in gewisser Weise die Uhr zurückdrehte, zu seinen Anfängen beim FCK zurückkehrte. Etwa zu einer Grundordnung, die so klar strukturiert das letzte Mal am 11. Spieltag, gegen den Halleschen FC, zu sehen war: einem 4-1-4-1. Gegen den Ball attackierten die beiden inneren Glieder der offensiven Viererkette die gegnerischen Innenverteidiger abwechselnd, das sah geordneter aus und brachte den Kontrahenten mehr in Verlegenheit, als die jüngst praktizierten Varianten mit zwei echten Stürmern in einem 4-4-2, oder einem Zehner, der bei gegnerischem Ballbesitz zur Sturmspitze aufrückte.

Und erstmals seit dem 10. Spieltag bildeten Kevin Kraus und Carlo Sickinger wieder das Innenverteidiger-Duo. Der Wiedereinbau von Kapitän Sickinger sollte wohl die Schnelligkeitsdefizite der hinteren Reihe minimieren. Das klappte in der ersten halben Stunde, in der der FCK trotz der zuletzt erlittenen Nackenschläge erstaunlich dominant auftrat, auch ganz gut.

Winkler wird eingewechselt - und wirkt wie ausgewechselt

Dann allerdings musste Sickinger verletzt vom Platz. Für ihn kam Alex Winkler in der Partie, der dessen FCK-Debüt nach langer Verletzungspause am Dienstag gegen 1860 München so gründlich missglückt. Doch siehe da: Der Eingewechselte präsentierte sich wie ausgewechselt, verschaffte sich schnell mit einigen beherzt gewonnenen Zweikämpfen Respekt und demonstrierte, dass einer wie er einfach nur Wettkampfpraxis braucht, um doch noch zu erhofften Verstärkung zu werden.

Ein weiteres stabilisierendes Element war Philipp Hercher, der erstmals seit dem 12. Spieltag als Rechtsverteidiger die Startelf zurückkehrte. Schon nach fünf Minuten bereitet er mit einer Flanke auf Marlon Ritter die erste Torchance der Lautrer vor. Nach 30 Minuten markiert er nach Ecke von Kenny Redondo und Kopfballverlängerung von Tim Rieder den Führungstreffer - der einmal mehr belegt, dass Hercher auch zu den besten Kopfballspielern des Teams gehört.

Nun brennt doch noch ein Kerzchen am sonst düsteren Weihnachtsbaum

Nur vier Minuten später fällt der zweiten Treffer. Linksflanke von Adam Hlousek aufs lange Eck, wo Daniel Hanslik flach und direkt in die Mitte gespielt und Marlon Ritter vollstreckt wird - eine Doublette des Tores, das der FCK gegen Magdeburg erzielte, da hatte Ritter abgelegt und Marvin Pourié vollstreckt. Ob das jetzt ein festes Muster draus wird? Auch in der zweiten Hälfte bewahrte Saibenes Elf Stabilität. Hendrick Zuck, Hanslik und Redondo hätten sogar auf 3:0 erhöhen können, so klar, dass Skeptiker schon wieder fürchten mussten, es käme doch noch die alte Binsenweisheit zum Tragen, dass es sich am Ende rächt, wenn solche Torchancen ausgelassen werden. Aber nichts dergleichen geschah. Lautern siegte am Ende verdient, wie auch die Timeline der "expected Goals" (xG) bestätigt.

xG-Plot KFC-FCK

Die Positions- und Passgrafik bildet die 4-1-4-1-Formation schön ab und zeigt eine beinahe gleichmäßige Ballverteilung mit einer leichten Rechtslastigkeit. Zuletzt bildete da eher die Seite von Hlousek und Redondo den Schwerpunkt. Ebenfalls erfreulich: Von allen Gliedern der offensiven Viererkette und den beiden Außenverteidigern zeigt ein Pfeil auf Pourié, der diesmal freilich mehr als Ballverarbeiter denn als Torjäger unterwegs war. Solange andere die Treffer markieren, ist das völlig okay.

Passmap FCK

Als Service für mitlesende Anhänger des Gegners hier die Positions- und Passgrafik des KFC:

Passmap KFC

Nach äußerst deprimierenden Wochen zuletzt haben die Roten Teufel ihren Fans nun also doch noch ein Kerzlein am ansonsten düsteren Weihnachtsbaum angesteckt. Höher sollten diese drei Punkte auch nicht bewertet werden.

Jetzt gilt es, erst einmal die Personalie Notzon zu klären

So ein Stimmungsaufheller ist aber auch nicht zu unterschätzen. Eine neuerliche Niederlage hätte vermutlich eine erneute Trainerdiskussion ausgelöst und Rufe nach dringend benötigten Ad hoc-Verstärkungen laut werden lassen. Beides macht derzeit aber auch kaum Sinn - jedenfalls solange nicht, bis die Personalie Boris Notzon geklärt ist.

Der Vertrag des Sportdirektors läuft im Sommer 2021 aus. Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt hob im DBB-Interview Anfang Dezember Notzons Fachkompetenz hervor und sagte, er wolle bezüglich der Vertragsgespräche noch etwas die Entwicklung der Mannschaft abwarten und dann rechtzeitig seine Schlüsse ziehen. Aus dem Beirat der FCK-KG ist seit dem ausdrücklicken Lob des mittlerweile zurückgetretenen Martin Wagner derzeit nichts öffentliches über Notzon zu vernehmen. Im Fan-Lager aber schlägt dem Sportchef mittlerweile eine Ablehnung entgegen, die die Verantwortlichen kaum noch ignorieren können. Wie immer sie damit umgehen wollen: Die Entscheidung darüber, wer als Sportdirektor und/oder gegebenenfalls als neuer Geschäftsführer Sport künftig für die weitere Personalplanung im sportlichen Bereich verantwortlich zeichnet, muss jetzt fallen. Bevor wieder über den Trainer oder neue Spieler geredet wird.

Schon jetzt zeichnet sich ab: Der nächste Transfersommer wird heiß

Denn die nächste Saison will mit Bedacht vorbereitet werden. Transfereinnahmen, die in den vergangenen Jahren Handlungsspielräume eröffneten, sind da nämlich kaum zu erwarten. Gereifte Talente, die sich einen gewissen Marktwert erspielt haben, hat der FCK diesmal nicht im Angebot. Mit Carlo Sickinger hat ein möglicher Kandidat seinen Vertrag noch nicht verlängert, so dass ein Abgang ohne Ablöse droht. Anas Bakhat oder Hikmet Ciftci, die sich gegebenenfalls hätten so entwickeln können, dass sie interessante Investitionen für zahlungskräftige Vereine hätten darstellen können, konnten in der Hinrunde - auch wegen Verletzungen - noch nicht durchstarten. Kurzfristig aufblitzende "Überflieger" aus U21 oder U19 wird es heuer ebenfalls nicht geben, denn deren Teams spielen wegen Corona zurzeit ja gar nicht.

Ohne Transfereinnahmen wiederum wird es schwer werden, die aktuellen Leihspieler Hlousek, Hanslik und Pourié abzulösen und weiterzuverpflichten. Da zeichnet sich also wieder ein größerer Kaderumbau ab, der sich von jetzt auf gleich gestalten lässt. Und wenn der viel strapazierte Begriff "Kontinuität" am Betzenberg tatsächlich irgendwann einmal Geltung haben soll, sollte ein gegebenenfalls neuer sportlich Verantwortlicher auch die Trainerfrage mitentscheiden. Das wäre in Jeff Saibenes Fall momentan durchaus möglich. Sein Vertrag wurde von Notzon und Voigt, wenn auch mit Option, nur bis Sommer 2021 datiert.

Uerdingen hat gezeigt: Aktuell ist kein Aktionismus angezeigt

Die aktuelle Mannschaft dagegen hat in Uerdingen zumindest gezeigt, dass sie stark genug ist, sich in absehbarer Zeit von den Abstiegsplätzen zu entfernen, ohne dass sofort neues und womöglich überteuertes Personal angekarrt wird - mit dem wiederentdeckten 4-1-4-1, das nun hoffentlich zur festen Grundordnung wird, dem wiedergekehrten, starken Hercher, einem stärker werdenden Winkler, einem Ritter, der endlich mal über 90 Minuten präsent war. Nicht, dass ein weiterer schnellerer Mann vorne nicht helfen könnte - dieses Manko aber könnte auch ein Marius Kleinsorge beheben, so er denn endlich in die Spur findet. Dass der FCK Hlousek und Hercher nur zwei Außenverteidiger im Kader hat, solange Dominik Schad ausfällt, ist da schon problematischer. Wichtiger ist jedoch, erst einmal die übergeordnete Frage zu entscheiden.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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