Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-FCB2

DBB-Analyse: Wieder nur Remis - aber anders als zuvor

DBB-Analyse: Wieder nur Remis - aber anders als zuvor

Foto: Neis/Eibner

Wieder kein Sieg, der 1. FC Kaiserslautern steht auch nach dem 1:1 gegen den FC Bayern II auf Tabellenrang 15. Dass das 13. Remis der Saison bessere Fußball-Unterhaltung bot als die meisten Punkteteilungen zuvor, tröstet da kaum.

Im zwischenmenschlichen Bereich scheint bei Spielern und Betreuern beider Mannschaften einiges im Argen zu liegen. Was da an Nickligkeiten auf dem Platz zu sehen und an verbalen Attacken von den Bänken glücklicherweise nur andeutungsweise zu hören war, lässt kaum auf den Beginn wunderbarer Freundschaften hoffen. Rein fußballerisch betrachtet boten die Teams jedoch gemeinsam ordentliches Entertainment. Wobei wie zu jedem Heimspiel des FCK in diesen Wochen, aber auch insgesamt auf den Plätzen der 3. Liga ergänzt werden muss: Als "Rasensport" lassen sich die Darbietungen auf den vom Winter geplagten Fußballfeldern gegenwärtig kaum noch bezeichnen.

Denn das muss man dem Nachwuchshort der Münchner einfach lassen: Er ist talentiert, geht unbekümmert zur Sache und verfolgt eben nicht den Matchplan diverser anderer Drittligisten, erst mal hinten abzusichern und auf Fehler des Gegners zu warten. Die kleinen Bayern wollen spielen - und leisten sich dabei auch die obligatorischen Fehler der Jugend.

Etwa, was die Absicherung nach hinten angeht, wenn sie aufrücken. Das schafft dem Gegner Räume, die er mit langen Bällen in die Spitze nutzt. Das ist besonders dann von Vorteil, wenn die Platzverhältnisse kaum Kurzpassspiel erlauben. Und vorne Spieler lauern, die flink genug sind, sich hohe Zuspiele zu erlaufen.

Weite Bälle auf Kleinsorge machen den kleinen Bayern Probleme

So wird es zumindest 51 Minuten lang ein Spiel, das auch aus Lautrer Sicht Spaß macht. Die schnellen Außen Marius Kleinsorge und Kenny Redondo orientieren sich weit nach vorne, sodass die eigentliche 4-2-3-1-Grundordnung eher zu einem 4-2-1-3 mutiert. Da die Bayern hinten mit einer Dreierkette agieren, geht's Mann gegen Mann, wenn der lange Ball in den Rücken der Abwehr gesegelt kommt. Das kommt insbesondere Kleinsorge zupass. Eine Einschussposition ersprintet er sich nach einem langen Ball Alex Winklers, den dieser vom eigenen Sechzehner schlägt. Eine andere nach einem weiten Zuspiels Hendrick Zucks, der aus bedrängter Position fast von der Grundlinie passt, und Marvin Pourié den Ball gut weiterleitet.

Jean Zimmer zeigt kurz vor der Pause, dass sich lange vertikale Bälle auch flach spielen lassen. Er setzt den auf die rechte Seite rochierten Kleinsorge in Szene, der Pourié bedient. Der bringt sich eindrucksvoll in Schussposition, haut das Leder dann aber weit übers Tor.

Mit dem Platzverweis endet das Spiel in die weiten Räume

Kurz nach der Pause glänzt Hikmet Ciftci als Absender eines langen, diesmal diagonalen Balls. Er setzt Redondo auf der rechten Seite ein. Der will das Leder mit der Brust am heranrauschenden Bright Akwo Arrey-Mbi vorbei legen, was ihm den freien Weg zum Tor eröffnen würde. Der bereits gelb vorbelastete 17-Jährige bringt ihn jedoch zu Fall.

Man ahnt es bereits: Das waren jetzt eigentlich schon wieder zu viele gute Szenen, die keinen Torerfolg brachten. Das wird nicht ewig so weitergehen. In der Tat: Arrey-Mbi wird nach seinem erneuten Foulspiel vom Platz gestellt - womit für Lautern auch das Spiel in die weiten Räume endet.

Elf gegen Zehn: Das ist kein Vorteil, sondern eher wie Zähneziehen

Ein Platzverweis fürs Gästeteam: Zu Zeiten, in denen Fans im Stadion waren, wurde ein solcher manchmal wie ein Tor bejubelt. Und das im Grunde völlig zu Unrecht. Tatsächlich nämlich gestalten sich Spiele Elf gegen Zehn oft wie Zähneziehen, erst recht in den unteren Profiligen, erst recht bei schlechten Platzverhältnissen.

So auch diesmal. Die bislang so unbekümmert aufrückenden und schlecht absichernden Bayern positionieren sich nun tief, wogegen den Roten Teufeln zunächst mal gar nichts einfällt. Trainer Marco Antwerpen setzt von der Bank aus jedoch sofort Impulse, die sich erst nach einer Weile auswirken. Sofort nach dem Platzverweis bringt er Marlon Ritter für Anas Ouahim, später Daniel Hanslik für Kleinsorge.

Gegentreffer trotz Überzahl: Wer ist schuld?

Dazwischen muss ein Nackenschlag verkraftet werden. Dimitri Oberlin schießt die Bayern trotz Unterzahl in Front. Und wie? Antwerpen gibt sich direkt nach dem Spiel überfragt, als er ohne vorherige Video-Ansicht das Zustandekommen des Treffers analysieren soll. Ist auch nicht so einfach. Oberlin darf den Ball in halbrechter Position am Sechzehner vollkommen frei annehmen, das deutet zunächst mal auf Winkler als Schuldigen hin.

Allerdings: Vorlagengeber Christopher Gavin Scott wird im Zehnerraum mit einem vertikalen Pass durchs Zentrum von der Mittellinie aus angespielt. Der Ball findet seinen Weg durch gefühlt die halbe Lautrer Mannschaft hindurch. Ein einziger Fuß, im rechten Moment ausgestreckt, hätte genügt, die Bahn zu brechen und den Treffer zu verhindern.

Direkt nach dem Ausgleich die Führung? Schiri sagt nein

Doch der FCK reagiert, kommt nun mit dem Überzahlspiel besser klar, und die beiden Eingewechselten besorgen den Ausgleich: Ritter flankt von rechts, Hanslik nimmt den abgefälschten Ball direkt.

Kurz darauf kommt es zum Ärgernis des Spiels. Ritter flankt erneut, Redondo drischt die Kopfballauflage von Pourié in die Maschen. Assistent Roman Potemkin hebt nach langem Überlegen die Fahne, Schiedsrichter Nicolas Winter hat keine eigene Meinung dazu, der Treffer wird wegen Abseits nicht anerkannt. Viel zu analysieren gibt es da nicht: Klare Fehlentscheidung, Antwerpen hat dazu nach dem Spiel das Passende gesagt.

Die DFB-Gesandten hatten kein Einsehen - der Fußballgott auch nicht

Bleiben wir beim Spiel: Natürlich vermag dieser FCK in der Schlussviertelstunde kein Powerplay aufzuziehen, wie es vor langer, langer Zeit mal typisch für "de Betze" war. Er stellt sich gegen einen tiefstehenden Gegner aber um einiges besser an als zuletzt in den Spielen unter Jeff Saibene. Antwerpen bringt Simon Skarlatidis für Jean Zimmer und Marvin Senger für Zuck. Hanslik und Pourié bilden jetzt eine Doppelspitze, im Zehnerraum halten Skarlatidis, Ritter und Redondo die Bayern-Hintermannschaft in Bewegung.

Pourié hat nach einem starken Vertikalpass von Ciftci kurz vor dem Ende noch eine gute Einschussgelegenheit aus halblinker Position, Skarlatidis jagt eine Direktabnahme aus dem Rückraum knapp am Tor vorbei - das Happy End ist greifbar, doch nach den DFB-Gesandten hat auch der Fußballgott kein Einsehen mit dem FCK.

Das belegt auch der Zeitstrahl der "expected Goals". Lautern hat im Grunde über das gesamte Spiel hinweg Torchancen erarbeitet, der Sieg wäre verdient gewesen. Unentschieden mit solchen xG-Ergebnissen hat die Mannschaft auch unter Saibene einige produziert. Wir bleiben dabei: Bis zum Saisonende werden sich solche Auftritte auch in Toren und Punkten niederschlagen.

xG-Plot FCK-FCB2

Interessant auch die Besetzung der Außenverteidiger-Positionen in den Schlussminuten. Carlo Sickinger, eigentlich Sechser oder Innenverteidiger, gibt den rechten Verteidiger, der 1,93 Meter große Senger, eigentlich gelernter Innenverteidiger, den linken. Beides keine Typen, die auf der Außenbahn bis zur Grundlinie gehen - wobei Senger mit einer Wühlaktion im Strafraum kurz vor Schluss dem gegnerischen Tor bedrohlich nahe kommt.

Allerdings: Auch Zimmer und Zuck geben zuvor keine marschierenden Außenverteidiger, obwohl sie dazu besser geeignet wären. Dies scheint, neben den "seitenverkehrt" agierenden offensiven Flügelspielern, ein Stilmittel zu sein, für das Antwerpen sich aktuell entschieden hat und das am Betzenberg so in den vergangenen Jahren nicht zu sehen war: Die Außenverteidiger setzen sich nach vorne in erster Linie als Passgeber in Szene und sind ansonsten für Konterabsicherung zuständig.

Das bestätigt auch die Positions- und Passgrafik. Zimmer und Zuck sind als Passspieler ebenso aktiv wie die zentralen Mittelfeldspieler Ciftci und Sickinger.

Passmap FCK

Und wie schon beim Antwerpen-Debüt in Mannheim ist zu sehen: Linksfuß Redondo ist auf seiner neuen, rechten Position noch nicht so ins Spiel einbezogen wie sein Gegenüber Kleinsorge.

Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der kleinen Bayern: Ganz schön breit. Präsent vor allem der erst 19-jährige Angelo Stiller.

Passmap FCB2

Auch wenn das Ergebnis frustriert und auf den ersten Blick die endlose Remis-Serie von Jeff Saibene fortzusetzen scheint - es war das nunmehr 13. Unentschieden dieser Saison - darf festgestellt werden: Spielidee und Einstellung der Mannschaft entwickeln sich positiv. Und nach den Niederlagen von Lübeck und Unterhaching hat dieser eine Punkt immerhin auch einen Zähler mehr Distanz auf die Abstiegsränge beschert.

Mit dem Tabellenzweiten Ingolstadt hat der FCK auf dem Papier nun zwar einen schweren Gegner vor der Brust. Der aber könnte auch genau der richtige zu diesem Zeitpunkt sein. Denn der Aufstiegsaspirant wird sich gegen den Tabellen-15. kaum hinten reinstellen - und dem Antwerpen-Team gegebenenfalls die weiten Räume nach vorne bieten, in denen sich Kleinsorge und Co. in der ersten Hälfte dieses Spiels so stark in Szene setzten.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2020/21: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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