Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-HFC

Beflügelt zum Sieg - und ein Spiel zum Er-Götze-n

Beflügelt zum Sieg - und ein Spiel zum Er-Götze-n

Foto: Neis / Eibner

Zu zehnt doch noch gewonnen. Was dieses Erlebnis im Abstiegskampf an emotionaler Schubkraft bewirken könnte, lässt sich nicht hoch genug bewerten. Doch welche nüchtern-fußballerischen Erkenntnisse bietet das 3:1 des 1. FC Kaiserslautern über den Halleschen FC?

Zunächst mal: Der Start in dieses insgesamt zehn Endspiele umfassende Saisonfinale geriet zum Bekenntnis für ein wieder stärker ausgeprägtes Flügelspiel. Marco Antwerpen setzte auf ein 4-2-3-1 mit offensiven Außen, die situativ so weit nach vorne drängten, dass sie mit dem Mann im Zentrum einen fast schon klassischen Drei-Mann-Sturm bildeten. So hatte Antwerpen seine Mannschaft auch in seinen beiden ersten Spielen als FCK-Trainer angeordnet, beim 2:0-Sieg in Mannheim und dem anschließenden Remis 1:1 gegen Bayern München II, das ebenfalls gut und gerne drei Punkte hätte bringen können.

Dass der Coach von dieser Grundformation anschließend abrückte und ein 4-4-2 mit Raute bevorzugte, dürfte nicht zuletzt den Verletzungsproblemen Marius Kleinsorges geschuldet gewesen sein, der wegen Leistenproblemen nach wie vor fehlt. Denn schnelle, dribbelstarke Flügelspieler sind im FCK-Kader rar. Gegen Halle zog Antwerpen nun Kapitän Jean Zimmer auf die offensive rechte Position vor, Kenny Redondo übernahm den Part auf der linken Seite.

Zwei Pärchen verleihen Flügel - und rechts hilft Ouahim

Das sah über weite Strecken gut aus, in einer vom FCK bis zur 63. Minute ordentlich geführten Partie, in der die Elf endlich auch mal eine gute Balance zwischen langen Bällen und kurzem Passspiel fand. Es hätte längst 2:0 stehen müssen, ehe der Gegner zum Ausgleich kam - das freilich war diese Saison schon öfter zu beklagen.

Das Flügelpärchen Hendrick Zuck/Redondo passte zunächst präziser als das Duo gegenüber, Philipp Hercher/Zimmer. Besser wurde es, wenn sich Zehner Anas Ouahim mit auf die rechte Seite orientierte. Der Deutsch-Marokkaner bereitete von dort den Führungstreffer von Marvin Pourié vor, und kurz darauf kombinierte er sich mit Hercher und Zimmer stark in den gegnerischen Strafraum, verzog aber die geplante Flanke auf den langen Pfosten.

Redondo fehlt nun - Senger mit "durchwachsenem" Startelf-Debüt

Nach dem Platzverweis Redondos stellt sich nun allerdings die Frage, wer den linken Flügel im Nachholspiel gegen Zwickau am Mittwoch besetzen soll. Im Prinzip könnten es Ouahim, Marlon Ritter und der nunmehr wiedergenesene Nicolas Sessa, doch die orientieren sich eigentlich lieber zentraler. Ähnliches gilt für Simon Skarlatidis und Anil Gözütok, die gegen Halle schon auf der Bank saßen. Oder schlägt jetzt vielleicht die Stunde von Youngster Shawn Blum, den Antwerpen unlängst ausdrücklich lobte? Mit dem 18-Jährigen wäre auch einer der vier vorgeschriebenen U23-Kaderplätze besetzt, die dem Trainerteam in jüngster Zeit schon öfter Kopfzerbrechen bereiteten.

Diese Regelung hat auch Marvin Senger zuletzt wiederholt Nominierungen beschert, während Adam Hlousek oder Alex Winkler, ebenfalls Defensivspieler mit linkem Fuß, abwechselnd sogar auf der Tribüne Platz nehmen mussten. Senger durfte gegen Halle nun zum ersten Mal von Beginn an.

Ein Debüt, das, vorsichtig ausgedrückt, einiges an "Luft nach oben" bot. Der 21-Jährige war nicht immer souverän, leistete sich ein riskantes Handspiel, für das er Gelb sah, und bereitete mit einer ungewollten Kopfballverlängerung den Ausgleichstreffer des gerade eingewechselten Terrence Boyd vor.

Auch mal übers eigene Brüllaffen-Gehabe nachdenken

Zu Redondos Platzverweis: Was genau er zu Schiedsrichter Michael Bacher sagte, das diesen schließlich veranlasste, ihm die zweite Gelbe Karte zu zeigen, ist nicht bekannt. Wenn’s verbal arg unter der Gürtellinie war, war der Platzverweis natürlich berechtigt. Ansonsten wäre es in der Tat wünschenswert, wenn Schiedsrichter mehr Verständnis für die emotionale Anspannung aufbringen würde, die gerade in dieser Phase der Saison auf dem Platz herrscht - so, wie es auch Marco Antwerpen nach dem Spiel anmahnte.

Spieler und Trainer sollten sich aber auch langsam mal überlegen, ob das Brüllaffen-Gehabe mit den Geisterspielen wirklich immer notwendig oder sogar förderlich ist. Sicher, die fehlende Geräuschkulisse des Publikums ermöglicht es, quer über den ganzen Platz gehört zu werden, aber hilft es tatsächlich, 90 Minuten lang rumzuplärren? Die gesteigerte Kommunikation miteinander wurde zwar nach dem Spiel berechtigterweise gelobt, schließlich wurde die Mannschaft zuvor oft als zu still kritisiert, aber die perfekte Dosierung scheint noch nicht gefunden.

Rote Teufel in Unterzahl klug, aber auch energisch: Respekt!

Nach dem Platzverweis ersetzte Antwerpen Stürmer Pourié durch den laufstarken Elias Huth, Adam Hlousek kam für Ouahim und schob sich auf die linke Verteidigerposition, Zuck übernahm den Part vor ihm, so dass ein 4-4-1 entstand. Einleuchtende Änderungen angesichts der nun beginnenden halben Stunde in Unterzahl.

Auch taktisch verhielten sich die verbliebenen Zehn angemessen, was fraglos Respekt verdient angesichts der enormen Belastung, unter der sie stehen. Ein Unentschieden oder gar eine Niederlage zum Start in dieses Zehn-Runden-Finale hätte Mannschaft und Umfeld noch mehr gelähmt. Die Lautrer überließen den Hallensern nun das Mittelfeld, nutzten Umschaltmomente aber immer wieder vielversprechend. Huth hätte bereits nach 70 Minuten den FCK wieder in Führung schießen können, die Vorlage hierzu kam von Zimmer.

Der Führungstreffer: FCK-Ecken sind besser, als viele glauben

Elf Minuten später war es dann soweit: Zu Konzentration und Leidenschaft gesellte sich endlich mal Matchglück. Kein Konter, sondern ein zweiter Ball nach einem abgewehrten ruhenden Ball leitete die Führung ein. Kevin Kraus’ Kopfballtreffer war der fünfte Kontakt nach einer Ecke, die Jean Zimmer getreten hatte, und der löffelte anschließend auch die Flanke in den Strafraum zurück.

Ob das Tor in der Statistik als "Treffer nach Standardsituation" geführt wird, hängt übrigens davon ab, wie viele Ballkontakte zwischen Ecke und Tor die Analytiker gelten lassen, um eine solche Wertung vorzunehmen. Das kann sich von Datenanbieter zu Datenanbieter unterscheiden. Jedenfalls zeigt die Szene: Lautrer Ecken sind gar nicht so schlecht, wie so oft dargestellt werden.

Das 3:1: Ein Bilderbuchkonter - und Götze war der Beste

Treffer Nummer drei war dann ein Konter wie aus dem Bilderbuch: Der eingewechselte Marlon Ritter spielte Doppelpass mit Felix Götze, flankte flach von rechts, sauber und gut getimt, der mitgelaufene Philipp Hercher vollstreckte. Warum nur zeigt Ritter so etwas nicht öfter und beweist, dass er das draufhat? Bei sensibleren Naturellen mit FCK-Herz dürften spätestens in diesem Moment die Freudentränen geflossen sein, und es werden nicht wenige gewesen sein.

Zu Felix Götze: Was sich in seinen wenigen Einsatzminuten zuletzt in Magdeburg andeutete, hat sich in diesem Spiel bestätigt: Die Leihgabe aus Augsburg könnte ein Trumpf in diesem Abstiegsfinale werden, erst recht, nachdem nach Carlo Sickinger mit Hikmet Ciftci nun noch ein zweiter spielstarker Sechser dauerhaft verletzt ausfällt.

Der Bruder von Weltmeister Mario präsentiert sich physisch und technisch stark, agiert überlegt und mit gutem Auge. Lauterns Bester - und, abgesehen von der euphorisierenden Wirkung dieses Happy Ends nach 90 Minuten Drama: Der größte Mutmacher dieses Samstags.

Die xG-Grafiken zum Spiel haben uns über die Osterfeiertage leider noch nicht erreicht. Wir reichen diese so schnell wie möglich nach.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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