Taktik-Nachlese zu FCK-FSV

Die DBB-Analyse: Emotion allein genügt nicht

Die DBB-Analyse: Emotion allein genügt nicht

Foto: Eibner/Neis

FCK-Fan zu sein, ist nichts für Weicheier. Der 2:2 gegen Zwickau inklusive erneutem Last-Minute-Gegentreffer resultiert aber nicht nur aus sagenhaftem Pech und himmelschreiender Ungerechtigkeit, wie unsere Analyse zeigt.

Bei aller Begeisterung für diesen leidenschaftlichen Auftritt, bei allem Verständnis für die Verbitterung, die das Gegentor in der Schlusssekunde auslöste, bei aller Diskussionswürdigkeit der Roten Karte für Anil Gözütok: Ein paar Punkte bleiben, die es ganz nüchtern zu betrachten gilt, um zu erklären, weswegen es am Ende doch wieder nur zwei Punkte weniger wurden, als der 1. FC Kaiserslautern bis zur 95. Minute im Sack zu haben glaubte.

So gab beispielsweise die Innenverteidigung während des gesamten Spiels gegen den FSV Zwickau kein gutes Bild ab. Sie war mit Alex Winkler und Marvin Senger neu formiert worden, zum gefühlt fünfzehnten Mal in dieser Saison, diesmal allerdings notgedrungen - Kevin Kraus fehlte gelbgesperrt. Das Duo zeigte sich bei scharfen Flanken immer wieder anfällig, und gestattete den Zwickauern Manfred Starke und Ronny König schon nach wenigen Minuten erste Kopfballgelegenheiten.

Offener Schlagabtausch in Hälfte eins - Dann war Zwickau am Drücker

Überhaupt verzeichneten die Gäste die qualitativ höherwertigen Chancen, auch wenn der FCK den technisch feineren Fußball bot und es vor allem in den ersten 45 Minuten eine klasse Drittliga-Partie von beiden Seiten war. Fürs verbleibende Abstiegsfinale jedoch muss Trainer Marco Antwerpen tunlichst eine feste Abwehrformation finden.

Zu denken geben muss die erste Viertelstunde nach der Pause, in der Lautern gar kein Bein mehr auf die Erde bekam. Die Zwickauer setzten sich nun in der Hälfte der Gastgeber fest, attackierten früh und fingen die unbeholfenen Befreiungsschläge der Roten Teufel dank guter Positionierung locker ab. Da zeigte sich, dass die Schwäne, die zum Jahreswechsel selbst noch in der Abstiegsregion herumflatterten, mittlerweile zu einer mannschaftlichen Geschlossenheit gefunden haben, die den Lautrern bei aller Leidenschaft nach wie vor abgeht.

Langer Ball, zweiter Ball: Lautern kann es einfach nicht

Dann natürlich der erste Gegentreffer. So einfach wieder mal: Langer Ball auf einen "Wandspieler" - hier: Ronny König - Ablage auf einen Nebenmann - hier: Manfred Starke - Schuss, drin. Solche Treffer haben den FCK in dieser Saison schon einige Punkte gekostet, selbst erzielen kann er auf diese Weise jedoch keine. Weil er eben keinen solchen "Wandspieler" hat.

Unter diesem Gesichtspunkt ist das Statement interessant, das Marco Antwerpen nach der Partie bei "Magenta Sport" abgab: "Das, was Zwickau anbietet, ist wahrscheinlich in England sehr beliebt, immer sehr lang ... Gut, ist erfolgreich, und was erfolgreich ist, ist bekanntlich auch gut."

Dazu ließe sich ergänzen: Das gilt nicht nur für England, sondern gerade auch im Abstiegskampf der 3. Liga. Am Ende darauf hinweisen zu können, dass man "fußballerisch sowieso" besser gewesen sei, hilft jetzt nichts mehr. Punkte müssen her. Wenn der einfachere Weg der erfolgversprechendere ist, muss der gesucht werden. Zu hohe Ansprüche sind da nur noch kontraproduktiv.

Antwerpens Emotionen: Gefährlich, aber gut

Wobei dem Trainer zugute halten werden muss: Hut ab, wie er die Mannschaft emotional packt. Auch wenn es manchen nicht gefällt, insbesondere den Schiedsrichtern nicht. Antwerpen scheint die Ansprache gefunden haben, die die Mannschaft gerade jetzt braucht und die seinem fachlich ebenfalls hochversierten Vor-Vorgänger Boris Schommers am Ende seiner Amtszeit womöglich verloren gegangen war. Und er hat mehr Ideen als sein unmittelbarer Vorgänger Jeff Saibene, sowohl, was die Startformationen angeht als auch im Coaching während des Spiels.

Angemerkt werden muss aber ebenfalls: Auch die beiden FCK-Treffer resultierten letzten Endes nicht aus fußballerischen Glanzstücken, sondern wurden beide Male "über Bande" erzielt. Philipp Hercher schoss aus eigentlich zu spitzem Winkel den ansonsten starken Keeper Johannes Brinkies an, Hendrick Zucks Flanke wurde von Zwickaus Innenverteidiger Steffen Nkansah ins eigene Netz abgefälscht. Da war, bei allem Engagement und Willen, den die Lautrer an den Tag legten, Glück im Spiel. Zumindest was den Abschluss angeht, denn die Entstehung war in beiden Fällen gut.

Gözütoks Platzverweis: Beim Ausgleich spielte er keine Rolle

Über den Platzverweis des ebenfalls eingewechselten Anil Gözütok sollen sich die kundigen und die selbsternannten Regel-Interpreten weiter die Köpfe heiß reden. Für Philipp Hercher und Marco Antwerpen war es ein zu hoher Fuß, der allenfalls mit Gelb hätte geahndet werden dürfen, einige Kommentatoren schienen eher auf versuchten Totschlag plädieren zu wollen. Irgendwas dazwischen wird es wohl gewesen sein.

Nicht vergessen werden darf aber: Beim Gegentreffer in der Schlusssekunde spielte die Unterzahl keine Rolle. Das war ein Flugball nach einer Standardsituation, der, wie schon beim Last Minute-Gegentor in Rostock vor einigen Wochen, schlecht verteidigt wurde.

Das ist besonders ärgerlich - und tragisch - weil Lautern zuvor eine Viertelstunde lang sein Spiel Zehn gegen Elf ausgesprochen gekonnt gestaltet hatte. Dank eines erneut starken Felix Götze, eines Marvin Pourié und eines Sessa, die trotz Unterzahl immer wieder für längere Ballbesitzphasen sorgten. Eigentlich hatte sich der eine Mann weniger kaum ausgewirkt. Der Gegentreffer fiel dennoch.

Die Hoffnung lebt: Wird Sessa der nächste "Unterschiedsspieler"?

Überhaupt Sessa: In der 55. Minute für Anas Ouahim gekommen, überzeugte er dank starker mit gutem Durchsetzungsvermögen auf engem Raum, leitete mit einem 16-Meter-Schuss Herchers Ausgleichstor ein und war auch an der sehenswerten Entstehung des 2:1-Führungstreffers beteiligt. Er könnte nach Götze der zweite "Unterschiedsspieler" des FCK in diesem Abstiegsfinale werden, den bislang keiner auf der Rechnung hatte. Hoffentlich ist der 25-Jährige bald soweit, über 90 Minuten gehen zu können.

Davon abgesehen, stimmte auch in diesem Spiel die Einstellung, und das sollte Mut machen. Noch sind es acht Spiele, in denen fünf Siege anvisiert werden müssen. Das wird schwer, aber es ist nicht unmöglich.

xG-Grafiken gibt’s leider auch zu diesem Spiel wegen technischer Probleme noch nicht wieder. Wir hoffen, die drei Spiele dieser Englischen Woche in der nächsten Woche in einer Gesamtbetrachtung darstellen zu können.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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- Grafiken sagen nicht alles, aber viel: Die Taktikanalysen von den FCK-Spielen

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