Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-KFC

Die DBB-Analyse: FCK erst harsch, dann Hercher

Die DBB-Analyse: FCK erst harsch, dann Hercher

Foto: Neis / Eibner

In der ersten Hälfte stark, in der zweiten nur noch zweckmäßig - so darf Abstiegskampf auch mal sein. Nach dem 4:1 gegen den KFC Uerdingen lässt gar nicht mal das Tabellenbild, sondern der Auftritt des 1. FC Kaiserslautern aufatmen.

Dass es nach dem ernüchternden 0:3 bei 1860 München Änderungen in der Startelf der Lautrer geben würde, war klar. Dass es sich dabei nicht nur um absehbare Neuerungen handeln würde, darf bei einem Trainer wie Marco Antwerpen zumindest erwartet werden. Und in der Tat: Der Coach enttäuschte in dieser Beziehung auch diesmal nicht.

Avdo Spahic rückte wieder zwischen die Pfosten - das etwa war abzusehen. Nach Oberschenkelproblemen übernahm Daniel Hanslik wieder den zuletzt von Anas Bakhat ausgefüllten Part auf der linken Offensivposition in der 3-4-3-Grundformation - war ebenfalls zu erwarten. Der wiedergenesene Hendrick Zuck rückte für Adam Hlousek auf die linke Außenbahn - wissen wir schon länger, dass Antwerpen Zuck auf dieser Position klar bevorzugt. Anas Ouahim lief für Nicolas Sessa auf - das ließ schon eher aufhorchen, war aber auch keine wirkliche Überraschung.

Kraus als Mittelmann in der Dreierkette - aus Respekt vor Kiprit?

Für die sorgte ein Wechsel in der Abwehrreihe: Kevin Kraus kehrte ebenfalls in die Startelf zurück, aber nicht, wie von uns unlängst gemutmaßt, für den zuletzt fehlerbehafteten Tim Rieder, sondern für Marvin Senger. Restlos erstaunten aber die Umstellungen, die damit einhergingen: Kraus agierte als Mittelmann in der Dreierkette, Carlo Sickinger gab den linken Innenverteidiger, Rieder den rechten, Felix Götze spielte vom Start weg im Mittelfeld.

Nicht der spielerisch, sondern der körperlich stärkste Mann als zentraler Mann in der letzten Linie - welche Überlegung da dahintergesteckt haben mochte? Vielleicht der Respekt vor Muhammed Kiprit, dem Mittelstürmer des KFC? Der 21-Jährige war die mit Abstand stärkste Offensivkraft der Krefelder - und dürfte wohl deren begehrtester Mann auf dem Transfermarkt werden, wenn sie am Ende der Saison die Liga verlassen. Was an diesem Nachmittag sehr wahrscheinlich geworden ist.

Mehr Pech als Unvermögen: Der Gegentreffer nach sechs Minuten

Kraus sah dann erst einmal schlecht aus, als Uerdingen bereits nach sechs Minuten den Führungstreffer markierte. Erst wehrte er am Fünfmeterraum eine Flanke zu kurz und direkt vor die Füße Fridolin Wagners ab, dann lenkte er dessen Schuss auch noch an die Torlatte, von wo das Leder wohl schon hinter die Linie sprang und von Kiprit endgültig ins Tor gedrückt wurde. Das aber darf eher unter "Pech" als unter "Fehler" verbucht werden. Denn wichtig ist, was hinten rauskommt, wie ein dicker Bundeskanzler einmal sagte. Und das war ein überzeugendes 4:1 für Lautern. Also muss nicht jede Umstellung auf ihre Sinnhaftigkeit hinterfragt werden.

Mit Sickinger den spielerisch stärksten Abwehrmann links in die Dreierkette zu stellen, zahlte sich zumindest vor dem 3:1 aus. Da setzte der 23-Jährige von seiner Position aus zu einem diagonalen Lauf in den Zehnerraum an, passte auf Philipp Hercher, der wiederum Marvin Pourié seinen ersten Treffer aus dem Spiel heraus seit dem 3. April auflegte.

Der Tag des Philipp Hercher - und das fast immer mit Zimmer

Überhaupt Hercher: Es war sein Tag. Den Ausgleich zuvor hatte er selbst markiert. Als er, der rechte "Schienenspieler", plötzlich halblinks am Uerdinger Strafraum auftauchte und Hansliks kurzes Zuspiel annahm. Vorausgegangen war ein vorbildliches Gegenpressing Götzes, der einen von der KFC-Hintermannschaft abgefangenen langen Ball direkt zurückeroberte und auf Hanslik abspielte.

Was ebenfalls belegt, wie hellwach und druckvoll die Lautrer auf den frühen Gegentreffer reagierten. Zuvor hatte schon Pourié zwei Chancen verpasst, den Rückstand zu egalisieren. Dennoch dauerte es nur acht Minuten, bis dieser endgültig vergessen war.

Das Lautrer Führungstor bereitete Hercher im Zusammenspiel mit seinem längst liebgewonnenen Partner auf der rechten Seite vor: Jean Zimmer. Der steckte mustergültig durch, Hercher flankte diesmal flach in den Rückraum, von wo Götze dann sein erstes Tor im FCK-Dress erzielte und sich für seine seit Wochen starke Leistung entlohnte.

Hälfte zwei ereignisarm - bis auf Zucks 4:1

In der zweiten Hälfte demonstrierte der FCK, dass er mittlerweile nicht nur ansehnlich Fußball spielen, sondern auch mal rein zweckmäßig agieren kann. Die Elf ließ die Uerdinger konsequent das machen, was sie am wenigsten können: das Spiel nämlich. Lautern zog sich weit zurück, der KFC zeigte zeitweise gar nicht mal schlecht organisiertes Angriffspressing, brachte unmittelbar vor Gegners Tor aber gar nichts zustande.

Die Lautrer übten sich derweil im spielerischen Befreien aus den Drucksituationen, was aber nur im Ansatz gut aussah. Auch vor Uerdingens Tor geschah nicht mehr viel, es sei denn, das dynamische Duo Zimmer/Hercher leitete mal was in die Wege. Das mag nicht der Fußball sein, den man am "Betze" sehen will, im Abstiegskampf muss aber auch mal knallharter Pragmatismus angesagt sein.

Und ein Highlight gab’s ja doch noch zu sehen: Zucks 4:1, vor dem sich der linke Flügelmann selbst in die In den KFC-Strafraum wurstelte, dann Zimmer anspielte, der das Leder cool zurückgab und Zuck einschießen ließ.

Ende gut, alles gut? Die Schwäche bei hohen Bällen bleibt

Zuvor hatte Antwerpen ordentlich durchgewechselt, unter anderem Senger für Ouahim gebracht, um die Viererkette zu stärken, zu der er mittlerweile zurückgekehrt war. Da auch Pourié und Hanslik raus mussten und mit Elias Huth der letzte echte Stürmer im FCK-Team verletzt ausgefallen war, durfte sich in den Schlussminuten Kenny Redondo in der Spitze als eine Art Kreisläufer versuchen.

Unterm Strich ist es nicht das Tabellenbild, das aufatmen lässt, sondern die Art, wie diese Mannschaft sich präsentiert hat: geordnet, mental stabilisiert und doch spielfreudig. So kann auch in den verbleibenden beiden Partien noch gepunktet werden. Es ist - beinahe - geschafft.

Was bei aller Freude dennoch in Erinnerung bleiben sollte: Wie die Lautrer Defensive in Hälfte eins wirklich nach jedem Flugball der Krefelder, meist nach einer Ecke, ins Schwimmen kam - das war haarsträubend. Da muss was geschehen, wenn das Sommertransferfenster öffnet. Unbedingt.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2020/21: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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