Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-SCV

DBB-Analyse: Kellerkinder sollten zaubern, nicht zaudern

DBB-Analyse: Kellerkinder sollten zaubern, nicht zaudern

Foto: Eibner/Neis

Ein Unentschieden zum Saisonabschluss, was auch sonst. Der 1. FC Kaiserslautern bestätigt mit dem 1:1 gegen den SC Verl die gute Heimbilanz seines Trainers. Und noch einige Zahlen mehr, die für Marco Antwerpen sprechen.

Zum Saisonfinale das 19. Unentschieden. Und ausnahmsweise mal eines, über das FCK-Fans sich kaum ärgern müssen. Zum einen natürlich, weil der Klassenverbleib bereits eingetütet war und auch mit einem Sieg nichts mehr nach oben gegangen wäre. Zum anderen aber auch, weil dieses 1:1 insgesamt leistungsrecht ist, das Spiel nett anzuschauen war und der Treffer für den Gegner, wie zuvor viel zu oft, nicht in der Schlussminute fiel. Es war vielmehr der FCK, der einen Rückstand aufholte, das ist immer besser fürs Gemüt.

Und: Das Remis rettet Marco Antwerpens Heimbilanz. In insgesamt sieben Partien nahm er im Fritz-Walter-Stadion nun auf der Bank der Gastgebers Platz. Keine davon hat er verloren, dafür fünf gewonnen. Bis der Mythos der "Festung Betzenberg" wieder hergestellt ist, wird es wohl noch ein paar Siege brauchen, doch ein Anfang ist immerhin gemacht.

Zimmer gibt den Zidane: Knapp vorbei ist auch daneben

Das Spiel selbst kann wegen seines Freundschaftsspielcharakters diesmal ein bisschen schneller durchgehechelt werden. Beim FCK kristallisierte sich recht schnell eine 4-3-3-Formation heraus, bei der in der Spitze viel rotiert wurde. Marlon Ritter, für den wegen "nicht sportlicher Gründe" kurzfristig aus dem Kader verbannten Marvin Pourié in die Startelf gerückt, orientierte sich häufiger auf die rechte Seite, die bekanntlich mit Jean Zimmer und Philipp Hercher bereits gut besetzt ist. Kein Wunder daher, dass die Roten Teufel in der ersten Hälfte nahezu alle Angriffe über diese Seite vortrugen.

Einige davon sahen auch richtig gut aus, allerdings missglückte permanent das letzte Zuspiel in die Mitte. Zimmer war sogar einmal ganz nahe an einem Traumtor dran, als er sich á la Zinedine Zidane in Gegners Strafraum freikreiselte, den Abschluss aber nicht ganz so weltklasse hinbekam.

FCK über rechts, SC über links: Auf der Südtribüne müsste man sitzen

Und da auch die spielstarken Verler ihre Offensivaktionen am liebsten über links vortrugen, wärs schön gewesen, bei diesem Spiel auf der Südtribüne sitzen zu dürfen, doch das verhindert Corona nach wie vor. FCK-Torhüter Matheo Raab durfte sich in seinem zweiten Saisoneinsatz gleich zwei Mal auszeichnen, wobei er sich vor der zweiten Aktion mit einem haarsträubenden Fehlpass selbst in die Bredouille gebracht hatte.

Felix Götzes verletzungsbedingtes Ausscheiden nach 42 Minuten war einerseits schade, andererseits korrigierte sie die Unwucht im Lautrer Spiel. Denn für Götze kam Elias Huth, der fortan Mittelstürmer spielte, Daniel Hanslik übernahm wieder seinen bewährten Part als einpendelnder Linksaußen, Ritter wich zunächst auf die Götze-Position ins Mittelfeld zurück und wurde in der Pause gegen Tim Rieder ausgetauscht. Damit war der Rechtsdrall beseitigt, dem FCK-Spiel aber auch einiges an Inspiration genommen.

Sessa fliegt - und Lautern reagiert erstmal ganz cool

Nach 59 Minuten gab's dann doch mal Grund, sich zu ärgern. Nicolas Sessa sah nach einem Allerweltsfoul die zweite Gelbe Karte. Die erste hatte er kassiert, als er die Gäste am schnellen Ausführen eines Freistoßes hinderte - es hat schon zwingendere Platzverweise gegeben. Der hier ist vor allem deshalb ärgerlich, weil nun zum Start der kommenden Saison am 23. Juli gleich einer der Spieler gesperrt ist, auf die man sich am meisten freut.

Für den FCK wars der achte Platzverweis in dieser Runde. Wie cool die Mannschaft das Spiel in Unterzahl mittlerweile annimmt, zeigte sich direkt danach. Sessa war kaum geflogen, da arbeiteten sich seine Mitspieler ihre bis dato beste Torchancen heraus. Die erste legte Hendrick Zuck Huth auf, die zweite drosch der Linksverteidiger dann selbst aufs Tor. Was ebenfalls zeigt: Auch Lauterns linke Seite war nun gut im Spiel.

Treffer und Ausgleich kurz hintereinander - und das war’s

Den ersten Treffer durfte dann aber doch der SC Verl schießen. Wobei der Aufsteiger zeigte, wie gut er sich durch die berüchtigte "Zone 14" zu kombinieren versteht, den Zehnerraum vor der Abwehr, aus dem im Fußball die meisten Treffer eingeleitet werden. Kasim Rabihic vollstreckte, nachdem Mael Corboz wunderschön freigespielt worden war und Raab nur zu Mitte abwehren konnte.

Den Ausgleich besorgten kurz darauf zwei eingewechselte Spieler. Anas Bakhat bereitete mit einem energischem Lauf in die Spitze vor, der erblondete Kenny Redondo vollstreckte. Somit hat sich Bakhat diese Saison, die für das Talent insgesamt unbefriedigend verlief, wenigstens noch mit einem Assist versüßt. Die nächste Spielzeit kann nur besser werden, aber für wen in diesem Team gilt das nicht?

Saibene und Antwerpen im Vergleich: Der Zauderer und der Zauberer

Mit diesem Spiel steht Marco Antwerpens Bilanz nach 16 Spielen als FCK-Trainer nun bei 22 Punkten und 27:24 Toren. Das sind 1,37 Zähler im Schnitt, und im Mittel 1,69:1,5 Tore. Zum Vergleich: Vorgänger Jeff Saibene holte in 20 Partien 21 Punkte mit 20:24 Treffern - ein Punkteschnitt von 1,05 bei 1:1,2 Treffern. In einer "Antwerpen-Tabelle", die nur die Spieltage mit diesem Coach berücksichtigt, schließt Lautern auf Rang 9 ab, in einer "Saibene-Tabelle" auf Abstiegsrang 17.

Das Zahlenspiel bestätigt Antwerpen nicht nur als Retter vor dem Sturz in die Regionalliga, es widerlegt auch die Auffassung, dass verunsicherte Mannschaften, die im Tabellenkeller stehen, aus zurückgezogener Position agieren sollten, um Fehler zu minimieren - so, wie Saibene es anordnete. Zwar kassierte der FCK mit seiner verhaltenen Spielweise in der Tat weniger Gegentreffer, doch die Zahl der Torerfolge, die sich unter Antwerpen deutlich erhöhten, wiegen diese mehr als auf. Höher stehen und mit zumindest phasenweise mutigem Angriffspressing Ballgewinne erzwingen - so geht Fußball heute, auch im Tabellenkeller. Zumal der Antwerpen-FCK das Gros seiner Gegentreffer auch nicht nach Ballverlusten weit vorne kassierte. Man denke nur an die Last-Minute-Gegentore nach ruhenden Bällen wie gegen Rostock, Duisburg oder Zwickau.

Antwerpens Saisonabschluss ist ähnlich gut wie der von Schommers

Betrachtet man nur die Bilanz im großen Zehn-Spiele-Finale nach der jüngsten Länderspielpause, in der FCK noch mit sieben Punkten Rückstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz vor sich hin verzweifelte, sieht Antwerpens Bilanz noch stolzer aus: Vier Siege, fünf Remis, nur eine Niederlage.

Das liest sich ähnlich vielversprechend wie der Saisonabschluss vor einem Jahr, als Boris Schommers in den elf Spielen nach der Corona-Pause 17 Punkte holte und die Lautrer zur viertbesten Mannschaft dieses Abschnitts machte. Wie schnell sich jedoch die Hoffnungen, die damit geweckt waren, wieder zerstört hatten, ist hinreichend bekannt.

Und macht vorsichtig, was Prognosen für die weitere Zukunft angeht. Auf jeden Fall hätte Antwerpen mit seiner Art, Fußball zu denken, besser als Schommers-Nachfolger gepasst als Jeff Saibene. Was freilich nur eine hypothetische Überlegung sein kann, denn faktisch wäre seine Verpflichtung zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen: Antwerpen unterschrieb just an dem Tag, an dem Schommers entlassen wurde, in Würzburg.

Antwerpens erste Transferideen haben Maßstäbe gesetzt

Die Frage ist nun: Erreicht Antwerpen mit seiner emotionalen Art, mit der er bisweilen auch mal übers Ziel hinausschießt, die Mannschaft über einen längeren Zeitraum, als Schommers dies gelungen ist? Das lässt sich kaum vorhersagen.

Konkret festhalten lässt sich dagegen: Mit den ersten beiden Transfers, die zweifelsfrei auf ihn zurückzugehen, traf Antwerpen bereits zwei Mal voll ins Schwarze. Marvin Senger erwies sich als gute, Felix Götze als mega-gute Verstärkung. Das berechtigt durchaus zu Hoffnungen. Es braucht jetzt aber auch gute Transferideen angesichts der vielen offenen Fragen, die sich im Kader nun stellen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2020/21: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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