Nachruf: Zum Tode von Norbert Thines

Herz und Seele von Kaiserslautern: Mach es gut, Norbert!

Herz und Seele von Kaiserslautern: Mach es gut, Norbert!


Norbert Thines ist gestorben. Diese Nachricht erschüttert heute weit über die Grenzen von Kaiserslautern hinaus. Denn er war mehr als ein Präsident. Er war der Inbegriff der FCK-Familie. Einfach ein ganz besonderer Mensch.

Ich sitze hier an meinem Schreibtisch und denke über diese Zeilen nach. Es ist 15:00 Uhr. In Kaiserslautern scheint die Zeit still zu stehen. Da beginnen die Glocken der Marienkirche zu läuten. Minutenlang. Ich muss schwer schlucken. Denn heute ist ein großes Stück von Kaiserslautern im Alter von 80 Jahren gestorben: Norbert Thines lebt nicht mehr. Ich erinnere mich daran, wie ich 2010 - der 1. FC Kaiserslautern war gerade wieder frisch in die Bundesliga aufgestiegen - freudetrunken in meinem FCK-Trikot den Lautrer Schillerplatz überquerte. Da kam mir ein älterer Herr entgegen, den ich von mir aus nie angesprochen hätte - meine Ehrfurcht wäre zu groß gewesen. Doch diese Scheu hätte man vor Norbert Thines nicht haben brauchen. Er war immer ein Teil der Familie von Kaiserslautern. "Immer schä die FCK-Fahne hochhalle, so geheert sich das." Es waren nur wenige Worte in meiner Erinnerung, doch sie sind geblieben. Und sie machen mich heute besonders glücklich und traurig zugleich.

"Dir ging es nie ums Geld": Gesicht, Herz und Seele des FCK

"Dir geht es nie ums Geld - nur um die Menschen ... und den geilsten Club der Welt." Diese Worte, die im Jahr 2013 Teil einer großen Choreographie der Westkurve zu Ehren von Norbert Thines waren, beschreiben den Menschen Thines bis ins Mark. Wir könnten an dieser Stelle zunächst die zahlreichen Erfolge des ehemaligen "Fußballfunktionärs" - wie man in der heutigen Fußballsprache sagt - aufzählen. Deutscher Meister 1991, DFB-Pokal-Sieger 1990 und 1996, legendäre Europapokal-Spiele auf dem Betzenberg. Doch das allein wird ihm nicht im Ansatz gerecht. Norbert Thines war viel mehr. Er war Gesicht, Herz und Seele des 1. FC Kaiserslautern - nein der ganzen Stadt, in der er 1940 geboren und von der er 2016 Ehrenbürger wurde.

Choreographie zu Ehren von Norbert Thines in der Westkurve (Dezember 2013)

Bescheidenheit, Nächstenliebe und ein ganz großes Herz für Kaiserslautern

Dabei war er bis zuletzt, ganz wie sein großes Vorbild Fritz Walter, die Bescheidenheit in Person. Ehrungen waren ihm stets unangenehm und so passte es zu Norbert Thines, als er zunächst das Bundesverdienstkreuz ausschlug, und auch den ihm verliehenen Ehrenring des FCK nur selten trug. Ruhm war Norbert nie wichtig. Für ihn stand der Mensch im Vordergrund. Unvergessen, wie der damalige Geschäftsführer die FCK-Familie 1978 in der Sommerpause zusammentrommelte, um das Stadion für die kommende Saison zu rüsten. Da wurden Gräben für die Trainerbänke ausgehoben, Wände gestrichen und gezogen und der Fußballrasen spielbereit gemacht. Und alle haben mitgemacht. "Die FCK-Familie hat zusammengestanden", erinnerte sich Thines später in einer SWR-Doku strahlend. Das war ihm immer wichtig. Denn er wusste, lange bevor es irgendwelche halbgaren PR-Slogans gab: In Kaiserslautern geht es nur gemeinsam! Und die Fans dankten es ihm. Nicht nur 1991, als sie, während der FCK in Köln zum dritten Mal Deutscher Meister wurde, sein Haus in Kaiserslautern in rot-weißer Farbe anstrichen.

Weiter über den FCK hinaus: Norbert war immer für andere da

Dabei war es für Thines, der immer mit stolz ein waschechter "Atscher" geblieben ist, immer selbstverständlich, vor allem den Schwachen der Gesellschaft zu helfen. Schon 1981 begann er mit Hilfskonvois nach Osteuropa, lange bevor es das Wort "Charity" überhaupt gab. 1991 spielte der FCK in der Champions-League-Qualifikation, eine Runde vor dem legendären Duell gegen den FC Barcelona, bei Etar Tarnovo in Bulgarien. Auch dorthin brachen Norbert und seine Lautrer Fans mit prallgefüllten Hilfsbussen auf - bis heute gibt es daher den "FCK-Fanclub Norbert Thines" in Tarnovo. Und auch in seiner Heimat war er unermüdlich aktiv. Ob bei der Gründung der “Initiative Leidenschaft" oder bei der Altenhilfe "alt-arm-allein", die er 2001 maßgeblich mitbegründete. Ihr stand er als Vorsitzender lange vor, seit 2018 war er Ehrenvorsitzender. Ebenso wie von seinem FCK - der bislang einzige Ehrenpräsident in der 121-jährigen Vereinsgeschichte.

Der FCK ohne Norbert? Eigentlich undenkbar ...

Dabei wurde er vom FCK nicht immer nur nett behandelt, 1996 nach dem ersten Bundesliga-Abstieg sogar regelrecht vom Hof gejagt. Doch Norbert Thines hat verziehen. Und er hätte wohl keinen sehnlicheren Wunsch, wenn der alte Geist der FCK-Familie wieder zum Leben erwachen, sein Verein wieder besseren Zeiten entgegensteuern würde. Denn wie sagte er einst: "Vum Verstand wäs ich, wie schwierisch es is. Aber ich wäs ah, was Pälzer, wenn se zusammenhalten, bewegen können, was vorher undenkbar war." Der FCK ohne Dich, Norbert? Das ist eigentlich undenkbar. Deshalb werden wir Dein Andenken immer erhalten. Ruhe in Frieden!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Hall of Fame | Norbert Thines: Die gute Seele des 1. FC Kaiserslautern (Der Betze brennt)
- BetzeGebabbel - Folge #11 - Sonderausgabe mit Norbert Thines (BetzeGebabbel)

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