Interview des Monats: FCK-Rekordtorschütze Klaus Toppmöller, Teil 1/2

"Gegen Bayern wusste ich: Das muss mein Spiel sein!"

"Gegen Bayern wusste ich: Das muss mein Spiel sein!"

Foto: Imago Images

108 Tore in 204 Spielen: Niemand war für den 1. FC Kaiserslautern in der Bundesliga so erfolgreich wie Klaus Toppmöller. Ein paar Tage vor seinem 70. Geburtstag haben wir "Toppi" zuhause in Rivenich getroffen.

Der Betze brennt: Klaus Toppmöller, wir sitzen hier im Dorflokal Ihrer Eltern, das Sie später um eine Sportsbar erweiterten. Die Räumlichkeiten stehen nun seit einigen Jahren leer. Wird denn wenigstens zu Ihrem Siebzigsten hier wieder mal eine große Party steigen?

Klaus Toppmöller (69): Nein. Ich werde nicht feiern. Das habe ich früher oft und gerne gemacht. Aber jetzt will ich nicht mehr.

Der Betze brennt: Und wie oft, denken Sie, wird das Telefon am 12. August klingeln?

Toppmöller: Keine Ahnung. Denn zu 99,9 Prozent werde ich nicht einmal abheben. Weil ich in München bin, bei meinem Sohn Dino. Er bleibt auch bei den Bayern Co-Trainer von Julian Nagelsmann, ist jetzt von Leipzig nach München gezogen, hat mittlerweile ein tolles Haus gefunden. Die Kinder waren in der Zwischenzeit bei mir in Rivenich. Vielleicht schaue ich mir am 13. August das Bundesliga-Eröffnungsspiel zwischen Gladbach und Bayern an, je nach Zuschauer-Zulassung, und fahre anschließend weiter in die Schweiz, wo meine Tochter Nina jetzt lebt.

Der Betze brennt: Mit Ihrem Sohn Dino ist jetzt doch ein Toppmöller bei den Bayern gelandet. Papa Klaus hatte ja zu diesem Klub immer eine ganz besondere Beziehung.

Toppmöller: Oh ja. Ich bin in der Dorfkneipe meiner Eltern praktisch aufgewachsen und habe aus diesen Erfahrungen eine besondere Motivation gezogen. Auf die Spiele mit dem FCK gegen Bayern war ich immer schon das ganze Jahr fokussiert. Ich wusste: Das muss mein Spiel sein! Damals wurde ja noch nicht alles übertragen, samstags in der Sportschau, wenn wir gegen Borussia Mönchengladbach oder Werder Bremen gespielt haben, kam davon meistens nichts im Fernsehen. Aber gegen Bayern München, davon wurden immer Berichte ausgestrahlt. Und da wollte ich es nicht nur den Bayern, sondern auch meinen Leuten daheim zeigen. Jeder spricht noch heute über unser 7:4 von 1974, aber es gab ja noch viel mehr denkwürdige Partien. Ich war der erste Spieler, der im Münchner Olympiastadion in einem Spiel drei Tore gegen die Bayern erzielt hat. 1976 war das, wir haben 4:3 gewonnen, nachdem wir in der 54. Minute noch 1:3 zurückgelegen haben. Die Bayern wollten mich auch gerne verpflichten, der damalige Manager Robert Schwan war drei Mal bei mir zuhause in Rivenich.

"Die Bayern wollten mich als Spieler und später als Trainer verpflichten"

Der Betze brennt: Dann aber kam Ihr Autounfall dazwischen, der auch Ihre Karriere in der Nationalmannschaft ausgebremst hat, unmittelbar nach Ihrem Debüt und Torerfolg gegen Spanien 1976.

Toppmöller: Nein, der hatte nichts damit zu tun. Da muss es irgendeine Absprache zwischen Bayern-Präsident Wilhelm Neudecker und FCK-Präsident Willi Müller gegeben haben, dass die Vereine sich gegenseitig keine Spieler abwerben. Das musste noch aus der Zeit stammen, als Herward Koppenhöfer vom FCK zum FCB wechselte, 1969 war das. Da muss irgendwas schiefgelaufen sein, was genau, habe ich nie erfahren. Schade, sogar die Torjäger-Legende Gerd Müller hatte sich mich als ihren Nachfolger gewünscht.

Der Betze brennt: Tore haben Sie in Ihrer aktiven Karriere gegen den FC Bayern dann ja noch einige erzielt. Waren Sie später nicht auch einmal als Bayern-Trainer im Gespräch?

Toppmöller: Auch das. Ich war damals Anfang der 2000er noch Trainer in Leverkusen und sollte eigentlich meinen Vertrag verlängern. Ich weiß noch, wie ich bei 2002 bei der Trauerfeier für Fritz Walter in Kaiserslautern war und alle DFB-Größen um uns herum saßen. Plötzlich sagte Franz Beckenbauer zu mir: Unterschreib' nicht in Leverkusen, du kommst zu uns. Das hat jeder gehört. Geklappt hat es dann doch nicht. Anscheinend war Uli Hoeneß dagegen.

Der Betze brennt: Vielleicht war Hoeneß ja noch sauer wegen Ihres "Bye-bye Bayern"-Spruchs aus der Saison 1993/94 ...

Toppmöller: Ach, das war doch gar nicht so gemeint. Ich war damals Trainer von Eintracht Frankfurt, wir waren traumhaft in die Saison gestartet, hatten am 7. Spieltag Freiburg geschlagen, die Bayern zeitgleich in Bremen verloren, wir waren souveräner Tabellenführer. Ich hatte unter der Woche das Europapokal-Spiel der Bayern bei Norwich City gesehen, da klangen mir noch die "Bayern, Bayern"-Sprechchöre der Fans in den Ohren, und dann habe ich in der Pressekonferenz sowas gesagt wie "Hoffentlich singt jetzt keiner Bye-Bye Bayern". Die Medien haben das schrecklich aufgebauscht, als hätte ich die Bayern beleidigen wollen. Dabei war ich doch selber Bayern-Fan, vor allem, wenn sie international gespielt haben. Sie sind nun einmal die beste deutsche Mannschaft.

Der Betze brennt: Die Eintracht-Fans bekommen heute noch leuchtende Augen, wenn sie an diese Spielzeit denken. Es soll der geilste Fußball gewesen sein, der je in Frankfurt zu sehen war. Und doch nahm die Spielzeit kein gutes Ende, vor allem für Sie nicht.

Toppmöller: Ja, leider. Uli Stein im Tor, im Mittelfeld Leute wie Maurizio Gaudino, Uwe Bein und Jay-Jay Okacha, vorne Tony Yeboah, das war ein Traum. Und ich hatte sie alle gut im Griff, auch Yeboah, der ein genialer Torjäger war, aber nicht viel Ausdauer hatte. Beim Waldlauf im Training trabte der immer gerade so neben mir her. Und wenn ich ihn heißmachen wollte, sagte er: "Trainer, ich Samstag Tore." Damit hatte er ja auch meistens recht. Bis zum 9. Spieltag dieser Saison, da zog er sich in Dresden einen Kreuzbandriss zu. Von da an waren wir geschwächt, während die Bayern und andere Konkurrenten wie auch der FCK immer stärker wurden. Manager Bernd Hölzenbein holte dann zwar Radmilo Mihajlovic von Schalke, aber der konnte Yeboah nicht ersetzen. Am 30. Spieltag wurde ich entlassen, nach einer Niederlage gegen die Bayern. Und die Eintracht wurde am Ende Fünfter.

"Ich saß im Auto und habe geheult wie ein Schlosshund"

Der Betze brennt: Attraktiver Fußball war immer Ihr Markenzeichen als Trainer. Legendär wurde auch die Champions-League-Saison 2001/02, in der Sie mit Bayer Leverkusen erst im Finale gegen Real Madrid mit 1:2 unterlagen. One-Touch-Fußball, hohes Verteidigen, schnelles Umschalten, Angriffspressing - Ihr Spiel wies damals schon viele Elemente auf, die später von Trainern wie Ralf Rangnick, Pep Guardiola oder Jürgen Klopp weiter perfektioniert wurden.

Toppmöller: Ich verrate Ihnen was: Viererkette und Angriffspressing, das gab's bei mir schon in den 1990er Jahren, in meiner Zeit beim VfL Bochum zu sehen. Dafür musste ich mir aber erstmal die richtigen Spieler finden, manchmal gegen heftige Widerstände. Über Thomas Stickroth etwa hatte mein Vorgänger Rolf Schafstall gesagt, der wäre langsam, ich hab dann eine Tausend-Mark-Wette angeboten, dass er jedem im VfL-Kader davonrennt. Und recht behalten. Stickroth wurde einer der besten Spieler, die Bochum je hatte. Oder Thomas Reis, den holte ich von Frankfurt. Der war da aufs Abstellgleis geraten. Ich las in der Zeitung, dass Bernd Hölzenbein gesagt hatte, er wolle ausmisten. Da rief ich ihn an und sagte: "Bernd, ich hätt' gern was von deinem Mist, und du weißt ja, dass bei uns Mist nichts kostet." (lacht) Thomas Reis wurde anschließend ein wichtiges Glied unserer Viererkette, zusammen mit Spielern wie Tomasz Waldoch oder Torsten Kracht. In Deutschland spielte damals sonst kaum jemand mit einer Vierer-Abwehrkette.

Der Betze brennt: Thomas Reis ist jetzt selbst Trainer und mit dem VfL Bochum gerade wieder in die Bundesliga aufgestiegen. Gibt's da noch Kontakt?

Toppmöller: Ja, klar, die Bochumer laden mich immer mal ein. Die haben mich nicht vergessen, vor allem nicht die Europapokal-Spiele. Ich war der erste Trainer, der den VfL in einen europäischen Wettbewerb führte. Allein, wenn ich an die Begegnungen gegen Ajax Amsterdam 1997 denke. 2:0 haben wir in der Amsterdam-Arena geführt, ich schickte einen unserer Betreuer in die Kabine und sagte: "Hol den Fotoapparat und knips' das, sowas siehst du so schnell nicht wieder." Bis er zurück war, stand es schon 2:2 und am Ende haben wir noch 4:2 verloren. Auch im Rückspiel zuhause unterlagen wir 0:2, aber auch da hatten wir unsere Chancen. So etwas haben sie in Bochum seither nicht mehr erlebt, auch nicht unter Peter Neururer, der sich ja gerne feiern lässt.

Der Betze brennt: Wohl kaum ein anderes Kind der Bundesliga hat so viele Eklats, Skandale und Betrügereien hautnah miterlebt wie Sie ...

Toppmöller: Das können Sie laut sagen. Es begann schon in meiner aktiven Karriere. Ich war Spielführer des FCK, als im November 1977 das erste Spiel der Bundesliga-Geschichte wegen Zuschauer-Ausschreitungen abgebrochen wurde. Wir lagen gegen Fortuna Düsseldorf mit 0:1 hinten. Nach zwei Fouls eines Fortuna-Spielers kurz nacheinander kochte der Betzenberg über, forderte Rot, irgendeiner warf ein Fläschelchen aufs Feld, woraufhin Schiedsrichter Rudolf Frickel abpfiff, und die Partie wurde 2:0 für Düsseldorf gewertet. Lächerlich, wenn man bedenkt, was später noch so alles auf Fußballplätze flog - und nicht abgebrochen wurde. Wir haben die Szene später nachgestellt, alles mögliche analysiert und Einsprüche eingereicht, auch Fehler in der Bewertung des Schiedsrichters nachgewiesen. Aber da ließ sich nichts mehr machen.

Der Betze brennt: Den nächsten Skandal erlebten Sie dann auf Ihrer ersten Trainerstation, Anfang der 1990er Jahre in Aue ...

Toppmöller: Unser Spiel gegen den FSV Zwickau wurde später als "der größte Skandal der Fußball-Geschichte" bezeichnet. Wir führten 4:1, als Zwickauer Fans den Platz stürmten und auf den Schiri und meine Mannschaften mit Eisensteinen einprügelten und Backsteine nach uns warfen. Drei meiner Spieler lagen anschließend im Krankenhaus. Eigentlich hätte Zwickau dafür bestraft gehört. Es kam auch zu einer Gerichtsverhandlung in Berlin, da war ich als Zeuge geladen. Ich saß auf dem Flur und wartete, dass ich aufgerufen werde, da stiefelte ein FSV-Verantwortlicher an mir vorbei und ich hörte, wie er zu einem Bekannten sagte: "Mach dir keine Sorgen, ist alles schon entschieden, uns passiert nichts." Ich bin aufgesprungen, habe ihn an der Krawatte gepackt und angeschrien: "Was? Ich bin 650 Kilometer von Rivenich hierher gefahren, wegen einer Verhandlung, bei der schon vorher alles abgekaspert wurde?" Genau so war es, wie sich herausstellte. Als ich hinterher wieder im Auto saß und nachhause fuhr, habe ich erst einmal geheult wie ein Schlosshund. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

"Ich schrieb dem DFB einen Brief, der sich gewaschen hatte"

Der Betze brennt: Sie waren einer der ersten Trainer aus dem Westen, die nach der Wende in den Osten gingen. Wie hat sich das ergeben?

Toppmöller: Eigentlich war ich zum Skatspielen in den Osten gekommen. Vor allem die Sachsen behaupten ja von sich, die besten Skatspieler der Welt zu sein. Ich bin, wie gesagt, in einer Kneipe aufgewachsen, konnte schon mit neun Jahren Skat spielen, lernte, die Punkte des Gegners mitzuzählen, und wieviele Trümpfe gefallen sind. Mit 14 war ich es bereits leid, den Leuten aus meiner Umgebung ihr Geld abzunehmen. Da wollte ich mich mal mit den Besten messen. Irgendwann kam ich mit Funktionären von Wismut Aue ins Gespräch. Die suchten einen Trainer, und ich unterzeichnete einen Vertrag auf einem Bierdeckel, zunächst allerdings nur für drei Spiele. Die aber gewannen wir alle drei. Also machte ich weiter. Für 2.000 D-Mark brutto im Monat. Dafür bin ich zwei Mal in der Woche von Rivenich nach Aue gefahren.

Der Betze brennt: Und verpassten den Aufstieg in die eingleisige 2. Bundesliga nur denkbar knapp ...

Toppmöller: Am letzten Spieltag waren wir punktgleich mit Zwickau. Da gewannen die 9:0 gegen Kali Werra Tiefenort, hatten dadurch ein um ein Tor besseres Torverhältnis und stiegen auf. Neun zu Null! Auch das stank zum Himmel. Danach hatte Aue erstmal kein Geld mehr, um was auf die Beine zu stellen.

Der Betze brennt: Wie waren Sie denn so schnell zu einem Trainerschein gekommen?

Toppmöller: Den hatte ich schon länger, aber auch das war so eine Sache. Ich hatte mich Anfang der 1980er Jahre beim DFB für einen Lizenz-Lehrgang beworben - und wurde erstmal abgelehnt. Da schrieb ich den Herren einen Brief, der sich gewaschen hatte. Ich war ehemaliger A-Nationalspieler, hatte mir 1979 bei einem B-Länderspiel, für das ich nur zusagte, weil es auf dem Betzenberg stattfand und der DFB durch meine Mitwirkung ein paar Zuschauer ins Stadion locken wollte, das Knie endgültig kaputtgemacht. Durch diese Verletzung war mit nichtmal 30 Jahren meine Profikarriere quasi beendet. Und jetzt sollte ich noch nicht einmal zu einem Lehrgang zugelassen werden - andere, die noch nie gegen einen Ball getreten hatten, aber schon? Daraufhin ging's dann doch.

Der Betze brennt: In Bochum Mitte der 1990er Jahre erlebten Sie dann den ersten Dopingfall der Bundesliga-Geschichte mit ...

Toppmöller: Wir hatten in der Winterpause 1994/95 den früheren Bayern-Torschützenkönig Roland Wohlfarth vom AS St. Etienne verpflichtet. Im Januar führte der DFB Dopingtests ein. Wir bestritten ein Hallenturnier in Leipzig. Wer von den Spielern zur Dopingkontrolle musste, wurde ausgelost. Die Kontrolleure zogen die 6 aus dem Topf, doch der Spieler mit dieser Rückennummer war gerade nicht in der Kabine. Also drehten sie die 6 rum und riefen die 9 auf - das war Wohlfahrt. Zwei Wochen später erreichte uns die Nachricht, dass sein Befund positiv war und er zwei Monate gesperrt würde. Wie sich herausstellte, hatte er einen Appetitzügler eingenommen, weil er nach dem Weihnachtsurlaub ein paar Pfund zuviel auf den Rippen hatte - Recatol, den Namen werde ich nie vergessen.

"Hoyzer pfiff wirklich alles gegen uns, das war schon pervers"

Der Betze brennt: 1998 wurden sie dann im Fritz-Walter-Stadion Zeuge eines legendären Wechselfehlers, bei dem Sie ausnahmsweise mal nicht der Leidtragende waren. Sie gastierten mit dem VfL Bochum in Lautern ...

Toppmöller: Als sich Michael Schjönberg das Schienbein brach, wechselte Otto Rehhagel den Nigerianer Pascal Ojigwe ein. Damit hatte er vier Ausländer auf dem Feld, die nicht aus der EU stammten. Ich habe das gleich gesehen und schon zur Pause darauf hingewiesen, die FCK-Spieler hatten es natürlich auch mitbekommen. Das Spiel wurde für uns gewertet, wir hatten es aber nach 0:2 auch so noch mit 3:2 gewonnen. Ein paar Tage vorher gewannen wir übrigens auch schon auf dem Betzenberg, im DFB-Pokal, 5:4 nach Elfmeterschießen. In diesen Jahren verlor der FCK zuhause vielleicht einmal pro Saison. Jetzt hatte ich mit Bochum gleich zwei Mal hintereinander im Fritz-Walter-Stadion gewonnen.

Der Betze brennt: Und dann kam der wohl größte Skandal, Ihr DFB-Pokal-Spiel mit dem Hamburger SV gegen SC Paderborn 2004 ...

Toppmöller: Eine Wettmafia hatte Schiedsrichter Robert Hoyzer geschmiert, das Spiel zugunsten des Zweitligisten zu manipulieren. Einige Paderborner müssen aber Bescheid gewusst haben. Es kam mir schon von Anfang an merkwürdig vor. Ich wollte vor dem Spiel zwei Spieler von Paderborn begrüßen, die ich von früher kannte, aber die sind mir wort- und grußlos ausgewichen. Nach 20 Minuten wusste ich dann Bescheid: Hoyzer pfiff wirklich alles gegen uns, das war schon pervers. Ich hab mich beim Linienrichter beschwert, und selbst der sagte: "Ich gebe zu, das hätte ich anders gepfiffen." Hoyzer stellte unseren Stürmer Emile Mpenza vom Platz, weil er "Arschloch" zu ihm gesagt haben soll, dabei sprach Mpenza kein Wort Deutsch. Und kurz vor der Pause pfiff Hoyzer einen Elfmeter, bei dem man in der Fernsehaufzeichnung deutlich sieht, dass er die Pfeife schon in den Mund nahm, als der Paderborner Spieler noch auf den Beinen stand. In der Pause haben meine Spieler Stefan Beinlich und Sergej Barbarez gehört, wie Hoyzer in der Paderborner Kabine sagte: "Spielt einfach nur weiter, den Rest erledige ich" ... Wir verloren 2:4, und ich wurde in Hamburg entlassen.

Der Betze brennt: Damit war Ihre Trainerkarriere auf der großen Bühne beendet, mit 53 Jahren, einem Alter, wo die erfolgreichen Jahre vieler Trainer erst beginnen. 2006 wurden sie noch einmal Nationaltrainer in Georgien, aber da ließen sich kaum Lorbeeren ernten, die einen Coach für die großen Engagements wieder attraktiv machen. Hatten Sie wirklich keine besseren Angebote mehr? 2002 waren Sie noch "Trainer des Jahres" gewesen, der Ruhm musste doch noch nachhallen.

Toppmöller: Ich hatte schon noch Angebote, unter anderem aus Hoffenheim und Köln. Aber ich wollte nicht mehr, die Betrügereien und die ganzen Ungerechtigkeiten steckten zu tief in mir drin. Ich ging auch in TV-Sendungen, da habe ich mit meiner Meinung nie hinterm Berg gehalten, auch nicht über andere Schiedsrichter, die nach meiner Kenntnis Kontakte in gewisse Milieus hatten und mit merkwürdigen Entscheidungen aufgefallen waren. Der DFB hat mir dann gedroht, mich lebenslang zu sperren, wenn ich solche Äußerungen wiederhole. Ich hätte nach England gehen können, hatte einen unterschriftsreifen Vertrag mit dem FC Fulham vorliegen, mich dann aber doch nicht getraut. Ich hatte Angst, dass ich nicht gut genug Englisch spreche. Ich beherrsche zwar ordentliches Schulenglisch, aber ich dachte, das reicht nicht, um mich so mit Spielern zu unterhalten, wie es ich es gewohnt bin. Als ich später allerdings sah, wie Jürgen Klopp zu Beginn seiner Zeit in Liverpool Englisch sprach und wie er es heute tut, musste ich mir eingestehen: Du hättest ja auch noch dazulernen können, und das sogar recht schnell.

Der Betze brennt: In den Jahren, in denen Ihre Karriere viel zu früh ausklang, haben Computer und Elektronische Datenverarbeitung zunehmend auch im Fußball Einzug gehalten. Wären Sie damit denn klar gekommen?

Toppmöller: Ich weiß nicht, ob ich das noch hätte lernen wollen. So ein bisschen fing das mit Computern schon an, als ich noch Trainer in Leverkusen war, aber da hab ich das immer abgelehnt. Ich hab meine Spielanalysen und die Gegner-Vorbereitung noch mit VHS-Videos und Laserpointer gemacht, und ich hatte den Eindruck, dass die Spieler das immer gut aufgesogen haben. Ansonsten ist das Leben zu schön, um sich statt mit echten Menschen nur mit Daten auf dem Bildschirm auseinanderzusetzen. Heute habe ich ein Handy, das benutze ich zum Telefonieren, und mehr Kommunikationstechnik brauche ich nicht mehr mit meinen 70 Jahren.

"Fußball ist nach wie vor mein Ding"

Der Betze brennt: Wie haben Sie die Fußball-Europameisterschaft verfolgt?

Toppmöller: Ich hab alle Spiele gesehen, wirklich alle. Fußball ist nach wie vor mein Ding. Früher hab ich auch noch viel Leichtathletik geschaut, gerade war ja auch wieder Olympia, aber das hat ein wenig nachgelassen.

Der Betze brennt: Und welche Mannschaften haben Ihnen bei der EM am besten gefallen?

Toppmöller: Die, die auch ins Finale gekommen sind, England und Italien. Bei Belgien war mein Lieblingsspieler Kevin de Bruyne leider nicht so gut drauf. Aber mit welcher Begeisterung die Italiener unterwegs waren, hat man schon gesehen, wenn sie vor dem Spiel die Nationalhymne gesungen haben, das sprach Bände, auch im Vergleich zur deutschen Mannschaft. Da habe ich den Fernseher bei zuhause immer extra laut aufgedreht.

Im zweiten Teil unseres Interviews erzählt Klaus Toppmöller, wie viel ihm der 1. FC Kaiserslautern auch heute noch bedeutet, warum er nie Trainer am Betze wurde und was er in der laufenden Saison erwartet. Morgen Vormittag auf DBB!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas Hilmes, Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Teil 2 des Interviews: "Der FCK ist mein Verein, nach wie vor"

Kommentare 25 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken