Taktik-Nachlese zum Spiel SCF-FCK

Die DBB-Analyse: Zwei Gesichter, keine Tore

Die DBB-Analyse: Zwei Gesichter, keine Tore

Foto: Imago Images

Der 1. FC Kaiserslautern hätte die Rekordkulisse an Auswärtsfahrern gerne mehr beschert als mit dem 0:0 beim SC Freiburg II. Leider verschenkte das Team die erste Hälfte. Dass es dann doch noch hätte klappen können, lag an zwei Wechseln zur Pause.

Es lässt sich nicht mehr länger leugnen: Sieht man mal von dem souveränen 3:0 gegen den Tabellenletzten Havelse vor Wochenfrist ab, präsentiert sich der FCK seit Wochen schon im Lauf eines Spiels stets als Team mit mindestens zwei Gesichtern. Insbesondere gegen Gegner, die sich auf schnelles, präzises Kombinationsspiel verstehen, ließen den Immer-noch-Tabellenzweiten über weite Strecken hinterm Ball herlaufen.

Dass auch die Zweite Mannschaft des SC Freiburg dazu in der Lage war, überrascht eigentlich nicht weiter. Eher schon, dass die Elf von Trainer Thomas Stamm wie aus einem Guss spielte, obwohl kurzfristig auch die Stammkräfte Vincent Vermeij und Yannick Engelhardt in die Erste Mannschaft hochgezogen worden waren. Talent Noah Weißhaupt drückt schon seit einigen Wochen die Bank bei Christian Streich. Und auf den linken Flügelmann Daniels Ontuzans verzichtete Stamm freiwillig, brachte dafür den Südkoreaner Ji-Han Lee, der erst seinen vierten Einsatz in dieser Saison absolvierte. Sich aber einfügte, als wäre er immer dabei. Erstaunlich, wie breit der Talente-Stall der Freiburger aufgestellt ist und wie gut er dennoch miteinander harmoniert.

Freilaufen, freilaufen, freilaufen: Die jungen Freiburger zeigen, wie's geht

Und was das Fußballspielen angeht, scheinen sie bei den ganz Großen abzuschauen. Wie sie sich auf kurzen, schnellen Wegen freilaufen und dem ballführenden Teamkollegen immer wieder Anspielstationen bieten - davon hätte die erfahrene Lautrer Mannschaft von der jüngsten der Liga in der ersten Hälfte noch was lernen können. Immer wieder landete der erste Freiburger Aufbaupass direkt im Mittelfeldzentrum, wo Patrick Kammerbauer und Julius Tauriainen ihn entweder auf die Flügel weiterleiteten oder im Zehnerraum selbst den Abschluss suchten.

Dass der 1,78 Meter große Mittelstürmer Lars Kehl und der 1,75 Meter große Tauriainen gegen die 1,90 Meter-Hünen in der FCK-Dreierkette zu Kopfballchancen kamen, passt da ins Bild: Zu diesen Gelegenheiten kamen sie nämlich nicht dank ungewöhnlicher Sprungkraft, sondern durch gedankenschnelles, quirliges Frei- und Einlaufen.

FCK in Hälfte eins: Zu viele große Abstände, zu viele schlechte Pässe

Und die Roten Teufel? Hatten dem 45 Minuten lang nicht viel entgegenzusetzen. Eine gute Gelegenheit, als Kenny Redondo sich einen Rückpass von Kenneth Schmidt erläuft und sich in Schussposition bringen kann, den Ball aber knapp am Tor vorbeischlenzt. Ist natürlich auch eine Möglichkeit, gegen solche talentierten Jungspunde zu spielen: Einfach mal abwarten, bis sie Fehler machen. Nach Aufstiegsaspirant sieht das allerdings nicht aus.

Abgesehen davon, dass es das Zentrum nicht dicht bekam, weil die vorderste und hinterste Reihe zu weit auseinander waren, fand das Mittelfeld-Trio Marlon Ritter, Felix Götze und Mike Wunderlich auch nicht zu seiner gewohnten Spielstärke. So viele vertikale Pässe, die in gegnerischen Beinen landen, waren von den Dreien schon lange nicht mehr zu sehen.

Zugute halten muss man den Männern in Rot in Hälfte eins lediglich den Eifer, mit dem sie nach Ballverlusten den Rückwärtsgang einlegten und ihre defensive Ordnung wiederherstellten. Von daher nämlich ist das 0:0 zur Pause eben auch nicht nur Dusel. Das Spiel mochte den Freiburgern gehört haben, der Strafraum des FCK aber blieb, von den beiden Kopfballgelegenheiten mal abgesehen, dennoch weitgehend geräumt.

Pause: Antwerpen hält keine Kabinenpredigt, sondern macht aufmerksam

In der Pause waren dann wieder mal Marco Antwerpens Fähigkeiten im In-Game-Coaching gefragt. Und tatsächlich: Er schaffte es auch diesmal, die Weichen neu zu stellen. Wobei er das Klischee von der "Kabinenpredigt" nicht gerne hört: "Laut wird es bei uns eigentlich nie, wir haben nur auf einige Dinge hingewiesen", formulierte er ins Mikro von "Magenta Sport". Ob man diese Darstellung glauben mag, bleibt jedem selbst überlassen.

Offenbar verstehen Antwerpens Jungs seine Töne jedenfalls, egal ob laut oder leise. Denn aufs Feld zurück kehrte ein FCK, der wie komplett ausgewechselt wirkte, obwohl er sich nur auf zwei Positionen verändert hatte. Antwerpen brachte Hikmet Ciftci und Daniel Hanslik für Götze und Redondo. Dass diese beiden in den kommenden Minuten auch die ersten Einschussmöglichkeiten für ihr Team verzeichneten, ist da eigentlich nur eine bezeichnende Fußnote.

Entscheidend war viel mehr, dass die Roten Teufel nun entschlossen und geschlossen aufrückten. In der vordersten Reihe, wie schon vor Wochenfrist gegen Havelse, attackierten nun drei Mann - Wunderlich positionierte sich auf einer Höhe mit Boyd und Hanslik.

Hälfte zwei: Feldüberlegen, aber auch nicht wirklich zwingend

Ciftcis Rückraumgeschoss in der 56. Minute war denn auch Resultat beherzten Angriffspressings. SCF-Keeper Noah Atubolu wurde quasi an der Torauslinie bedrängt, so dass ihm nur eine Befreiungsschlag über 20 Meter gelang, den sich Hercher schnappte und auf Ciftci auflegte, der aber verzog mit seinem starken linken Fuß nur knapp.

Wichtiger als Ciftcis Tor-Annäherungen - er zog nach einer Ecke später auch noch einen zu kurz abgewehrten Ball aus dem Rückraum ab, der aber abgeblockt wurde - waren fürs FCK-Spiel aber seine Kampfeinsätze im Mittelfeld, die die Dominanz der Freiburger Techniker in dieser Zone brachen.

Und Hansliks Torschuss aus halblinker Position zwei Minuten später erfolgte nach einem typischen Wunderlich-Moment, von denen es in Hälfte eins viel zu wenige - eigentlich gar keine - zu sehen gab. Er leitete einen Befreiungsschlag Alex Winklers aus der linken Verteidigerposition volley und weit in den Lauf Hansliks weiter, dessen Schuss Atubolu aber parierte.

Unterm Strich war der FCK dann in der zweiten Hälfte die deutlich feldüberlegenere Mannschaft. Wobei sich, wie in den ersten 45 Minuten mit Freiburger Dominanz, im gegnerischen Strafraum selbst nicht allzu viel abspielte.

Klingenburg kehrt zurück - und sorgt ums Haar für ein Mords-Hallo

Ein Mords-Hallo hätte es freilich gegeben, hätte René Klingenburg nach seiner Einwechslung in der 77. Minute für Wunderlich quasi mit seinem ersten Ballkontakt getroffen. Zuck spielte ihn sechs Meter vor Tor an, er traf den Ball auch, aber ein Abwehrbein leider ebenso. Das wäre ein Comeback nach Maß gewesen: Vor zwei Wochen, beim 1:0-Auswärtssieg gegen Osnabrück, war Klingenburg mit einer übel aussehenden Kopfverletzung vom Platz getragen worden.

Überhaupt die Auswechslungen: Antwerpen schöpfte auch diesmal wieder sein komplettes Kontingent aus. Für Hercher kam Dominik Schad, für Boyd Muhammad Kiprit. Das zeigte erneut, wie breit der Kader zum nun anstehenden Liga-Schlussspurt aufgestellt ist. Das Freiburg-Spiel zeigte aber auch, wie sehr dieser breite Kader benötigt wird. Die Wende zum Besseren kam diesmal mit den Wechseln in der Halbzeit. Ciftci und Hanslik haben sich mit ihrer Leistung sicher auch als auch Startelfkandidaten für die nächste Partie aufgedrängt. Wenn der Kampf um die Plätze nun auch dafür sorgen könnte, wenn in den nächsten Spielen bereits von der ersten Minuten mit voller Konzentration zu Werke gegangen wird - das wäre schön.

Die xG-Plots: Wunderlich und Zuck nicht unter den besten Passgebern

Die xG-Timeline bestätigt es noch einmal. Ein Endergebnis von 0.67 : 0.86 bedeutet: Es mag ja ein munteres Spiel gewesen sein, aber in den Strafräumen geschah nicht so viel Erregendes. Nach "expected Goals" liegt der FCK sogar leicht vorne.

xG-Plot Freiburg-FCK

Die Positions- und Passgrafik: Hier bräuchte es diesmal wohl eine für die erste und eine für die zweite Halbzeit. Da Sander Ijtsma immer nur die ersten 70 Minuten eines Spiels visualisiert, gibt diese vorwiegend die erste Hälfte wieder. Und sieht aus FCK-Sicht entsprechend trostlos auf. Nur die rechte Seite erscheint mal wieder aktiv. Zuck und Wunderlich befinden sich beide nicht unter den besten Passspielern - das ist selten. Gegen Duisburg muss Zuck übrigens wegen seiner Fünften Gelben Karten aussetzen. Vielleicht kommt die Pause ja mal ganz gelegen.

Passmap FCK

Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Freiburger: Man muss es neidlos anerkennen, dieses 3-4-3 sieht einfach viel besser aus. Doch auch hier gilt: Das Schaubild zeichnet überwiegend die gelungene erste Hälfte des SCF nach.

Passmap SCF

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2021/22: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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