Historie: Die Relegation zwischen 3. Liga und 2. Bundesliga

Nervenkitzel und Emotionen garantiert

Nervenkitzel und Emotionen garantiert

Foto: Imago Images

Fans und Spieler des 1. FC Kaiserslautern werden in den Relegations­spielen gegen Dynamo Dresden gute Nerven brauchen. Wir erinnern uns an die packendsten Duelle zwischen Zweit- und Drittligisten - mit Dirk Schuster als einem der Hauptdarsteller.

Als die Roten Teufel am Mittwoch ihren neuen Trainer vorstellten, dürfte manch einer sich an ein Fußball-Wunder erinnert haben, welches im Jahr 2014 für Schlagzeilen sorgte. Dirk Schuster, damals Coach bei Drittligist Darmstadt 98, schaffte in den Relegationsspielen gegen Zweitligist Arminia Bielefeld ein famoses Comeback. 3:1 gewann die Arminia das Hinspiel am Böllenfalltor und hatte den Klassenerhalt gefühlt schon sicher. Das Rückspiel auf der Alm sollte für die Elf des späteren FCK-Trainers Norbert Meier nur noch Formsache sein - doch es wurde zur emotionalen Achterbahnfahrt. Nach 90 Minuten führten die Lilien völlig überraschend mit 3:1, das Spiel ging in die Verlängerung. Dann gab der spätere Lautrer Kacper Przybylko den Darmstädtern den nächsten gefühlten Knock-out und verkürzte für den Zweitligisten im heimischen Stadion auf 2:3. Aber letzten Endes war es dann Darmstadts Elton da Costa, der in der zweiten Minute der Nachspielzeit der Verlängerung zum 4:2 traf und die Südhessen in die 2. Bundesliga schoss.

» Zum Video: Die letzten Minuten des Darmstädter Aufstiegskrimis 2014

Schuster sprach über diese Spiele kürzlich ausführlich in einem Interview mit der "Rheinpfalz": "Das Hinspiel ist, auf gut Deutsch gesagt, beschissen gelaufen. 1:3 verloren, gegen einen Zweitligisten, jeder hatte uns abgeschrieben. Aber wir haben gesagt: Man sollte uns erst abschreiben, wenn der Schiedsrichter abpfeift und wir unter der Dusche stehen. Davor werden wir alles versuchen. Für Bielefeld ging es gefühlt nur noch darum: Wann geht die Mallorca-Reise los, wann ist die Vertragsverlängerung von Norbert Meier, wie feiert man am besten? Das wissen die Spieler untereinander. Das schmückt man vielleicht noch ein bisschen aus, sagt, dass im VIP-Bereich der Kaviar schon bereitsteht, solche Sachen versucht man zu nutzen. Wir haben uns akribisch vorbereitet und gesagt: Wir müssen sie zum Nachdenken bringen."

2015 erlebten die Zuschauer dann den nächsten Nervenkitzel. Das Hinspiel zwischen Holstein Kiel und 1860 München endete mit 0:0, aber im Rückspiel sahen die 57.000 Besucher in der Münchner Arena einen wahren Thriller. Mit dem 1:1-Unentschieden wären die Löwen abgestiegen gewesen, doch Kai Bülow hatte etwas dagegen und traf in der Nachspielzeit zum 2:1.

» Zum Video: Kai Bülow erzielt den Siegtreffer in der Relegation 2015

2017 erwischte es die Sechzger dann aber doch. Nach einem 1:1 auswärts und 0:2 zuhause gegen Jahn Regensburg ging es sportlich in die 3. Liga. Weil Investor Hasan Ismaik aber finanziell nicht mitmachte, mussten die Löwen später gar in der Regionalliga einen Neuanfang wagen. In den Schlussminuten des Rückspiels lagen die Nerven bei den Löwen-Fans derart blank, dass das Spiel sogar unterbrochen werden musste, weil die Anhänger die Bayern-Arena auseinander nahmen und Sitzschalen auf das Spielfeld warfen. Es war das letzte Spiel der Löwen in diesem Stadion, danach ging es zurück in die Heimat an der Grünwalder Straße. Ähnliche Vorkommnisse erlebte 2012 auch der Karlsruher SC bei seinem Abstieg in der Relegation gegen Regensburg (1:1, 2:2), als die eigenen Anhänger nach dem Abpfiff den Platz stürmten und es am Wildparkstadion heftige Randale gab.

» Zum Video: Ausschreitungen beim Relegationsspiel von 1860 München 2017

2020 waren die Rahmenbedingungen in Gänze andere, die Spiele zwischen dem FC Ingolstadt und dem 1. FC Nürnberg aber nochmals spannender als alles Dagewesene zuvor. Aufgrund der Corona-Pandemie fanden beide Partien ohne Zuschauer statt und das Heimrecht war in umgekehrter Reihenfolge. Das Hinspiel im Frankenstadion gewann der favorisierte Club locker mit 2:0, doch im Rückspiel führte der Ingolstadt bis in die sechste Minute der Nachspielzeit mit 3:0, als der letzte lange Ball in den Strafraum der Oberbayern segelte und Nürnbergs Fabian Schleusener zum 1:3 traf. Grenzenloser Jubel bei den Franken, tiefe Enttäuschung bei den Autostädtern.

» Zum Video: Fabian Schleusener hält Nürnberg mit einem Last-Minute-Treffer in der 2. Bundesliga

In der bislang letzten Relegation im Jahr 2021 konnten sich die Ingolstädter nach dem Duell mit dem VfL Osnabrück dann doch noch Aufsteiger nennen. Zuhause hatte der FCI mit 3:0 gewonnen, doch die Spannung war nach 20 Minuten des Rückspiels zurück - der VfL führte mit 2:0 und schien das nächste Relegations-Wunder anzubahnen. Doch zehn Minuten später erstickte FCI-Akteur Filip Bilbija alle Osnabrücker Hoffnungen im Keim. Das Tor zum 3:1 rund zehn Minuten vor dem Ende half den Niedersachsen nicht mehr weiter, der Drittligist aus Ingolstadt hatte sich gegen den Zweitligist aus Osnabrück durchgesetzt.
Seit Einführung der Zweitliga-Relegation zur Saison 2008/09 sind der FC Ingolstadt und der VfL Osnabrück im Übrigen auch Rekordteilnehmer dieses Wettbewerbs. Viermal mussten beide Klubs in die Entscheidungsspiele.

Während der FCK erst einmal die Erfahrungen der Relegation machte, 2013 ging es gegen die TSG Hoffenheim (1:3, 1:2) um den Bundesliga-Aufstieg, spielte der kommende Gegner Dynamo Dresden bereits zwei Mal um Alles oder Nichts:

2011 stiegen die Sachsen nach einem 4:2 (1:1, 3:1 n.V.) gegen Osnabrück in die 2. Bundesliga auf, 2013 schaffte man durch ein 2:1 (0:1, 2:0), wieder gegen Osnabrück, den Klassenerhalt.

Die Gesamtbilanz dieser alles entscheidenden Spiele spricht - im Gegensatz zur Bundesliga-Relegation - bislang relativ deutlich für die Drittligisten. In bislang 13 Duellen konnte neun Mal der unterklassige Verein den Aufstieg feiern, vier Mal hielt der Zweitligist die Klasse. Vier Mal entschied die Auswärtstorregel die Spiele. In der Begegnung zwischen den Roten Teufeln und Dresden gilt diese allerdings nicht mehr. Bei Torgleichheit nach Hin- und Rückspiel würde es in die Verlängerung und dann gegebenenfalls ins Elfmeterschießen gehen.

Alle bisherigen Relegationsspiele zwischen 2. Bundesliga und 3. Liga im Überblick, erstgenannt jeweils der Drittligist, fett markiert der Gewinner:

2009: SC Paderborn - VfL Osnabrück 2:0 (1:0, 1:0)
2010: FC Ingolstadt - Hansa Rostock 3:0 (1:0, 2:0)
2011: Dynamo Dresden - VfL Osnabrück 4:2 (1:1, 3:1 n.V.)
2012: Jahn Regensburg - Karlsruher SC 3:3 (1:1, 2:2)
2013: VfL Osnabrück - Dynamo Dresden 1:2 (1:0, 0:2)
2014: Darmstadt 98 - Arminia Bielefeld 5:5 (1:3, 4:2 n.V.)
2015: Holstein Kiel - 1860 München 1:2 (0:0, 1:2)
2016: Würzburger Kickers - MSV Duisburg 4:1 (2:0, 2:1)
2017: Jahn Regensburg - 1860 München 3:1 (1:1, 2:0)
2018: Karlsruher SC - Erzgebirge Aue 1:3 (0:0, 1:3)
2019: SV Wehen Wiesbaden - FC Ingolstadt 4:4 (1:2, 3:2)
2020: FC Ingolstadt - 1. FC Nürnberg 3:3 (0:2, 3:1)
2021: FC Ingolstadt - VfL Osnabrück 4:3 (3:0, 1:3)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Florian Reis

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