Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-F95

Die DBB-Analyse: Die Monster sind müde

Die DBB-Analyse: Die Monster sind müde


Ein herbes 0:3 gegen Fortuna Düsseldorf beschließt für den 1. FC Kaiserslautern ein enttäuschendes finales Saisondrittel. In dem aber auch mehr Weiterentwicklung zu erkennen war, als die Ergebnisse es ausdrücken.

Vom Ergebnis her war's eine Klatsche ersten Ranges. 0:3 zum Saisonfinale, vor fast ausverkauftem Haus, bei herrlichstem Fußballwetter, vor einer Fankulisse, die sich nichts sehnlicher wünschte, als ihr Team nach einer insgesamt erfolgreichen Saison in bester Sommerlaune in die Pause zu verabschieden. Und dann das: die dritte Heimniederlage in Folge. Nur zwei Punkte in den letzten sechs Spielen. Im gesamten finalen Saisondrittel punktete keine Mannschaft der Zweiten Liga schlechter als der FCK.

Die Westkurve feierte den Klassenverbleib gemeinsam mit der Mannschaft am Ende dennoch ausgiebig und verdientermaßen. Schließlich war zu Saisonbeginn auch nichts anderes vorgegeben worden als diese "40 Punkte plus X", und die sind souverän erreicht worden. Wieviel Unmut sich im Rest des Umfelds aufgetan hat und wie sehr dieser nun auch in die nächsten Wochen hineinwabert, wird sich weisen. Denn eins ist klar: So erfreulich die ersten beiden Saisondrittel gelaufen sind - der letzte Eindruck wirkt nunmal nach.

Schuster Prophezeiung hat sich erfüllt - leider

Im Grunde genommen hatte es Dirk Schuster in unserem DBB-Interview in der Winterpause ja vorausgesagt. Da hat er ein halbes Dutzend erfolgreicher Partien der Hinrunde aufgezählt, die auch hätten anders laufen können, in denen aber das "Momentum" stets auf Seiten seiner Mannschaft gewesen wäre. Und hatte orakelt, dass sich dies in der Rückrunde ändern könne.

Und? Lag es in den vergangenen Wochen tatsächlich immer nur am "Momentum"? In einigen Spielen auf jeden Fall: Beim späten 1:2 gegen Arminia Bielefeld etwa, erzielt in einer Schlussphase, in der eigentlich der FCK am Drücker war. Oder beim 0:2 beim Karlsruher SC, in denen Roten Teufel klar überlegen waren und 70 Minuten lang ein richtig starkes Auswärtsspiel zeigten, ehe sich die Gastgeber mit einem Stottertor auf die Siegerstraße brachten.

0:1 und Platzverweis: Wieder entscheidet das Momentum

Auch an diesem Pfingstsonntag gegen Düsseldorf kam es zum Tragen. Als Jean Zimmer nach 25 Minuten vom Platz gestellt wurde. Wobei erst der VAR die Schiedsrichter-Entscheidung "Gelb" auf "Rot" stellte. Als weiteres Momentum ließe sich der Führungstreffer der Gäste anführen, der ihrer ersten gelungenen Tor-Aktion entsprang. Nach 17 Minuten, in denen Spielidee und Einstellung der Roten Teufel absolut gestimmt hatten.

Schuster hatte gegenüber der Partie in Karlsruhe zwar wieder auf ein 4-2-3-1 umgestellt, dennoch begannen die Pfälzer ähnlich engagiert und gut organisiert wie in der Vorwoche. Sie attackierten den Gegner früh, verzeichneten mehrfach Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte, zwei gute Abschlussversuche durch Kenny Redondo sowie drei Standards, die Philipp Klement allesamt gefährlich vors Tor brachte.

Die Ergebnisse allein sagen eben nicht alles

Das ist das eigentlich Tragische an der Ergebnisflaute in diesem letzten Saisondrittel: Sie lässt die Bemühungen der Mannschaft, "den nächsten Entwicklungsschritt im spielerischen Bereich zu machen", von dem der Trainer auch in der Pressekonferenz von diesem Spiel sprach, fruchtlos erscheinen. Dabei sahen die Versuche größtenteils besser aus, als die Resultate es ausdrückten: Beim 0:2 gegen Hansa Rostock etwa, als der tiefstehende Gegner über 90 Minuten durchaus mit den richtigen Mitteln bespielt wurde, dieser sich unmittelbar vorm Tor aber am Ende doch mit seiner körperlichen Robustheit zu behaupten wusste. Oder eben in Karlsruhe. Auch in Nürnberg und gegen Bielefeld vermochte Lautern über weite Strecken spielerisch zu dominieren. Allerdings erst nach Rückständen - und nach verschlafenen ersten Hälften.

Gegen Düsseldorf nun war nach Zimmers Platzverweis klar, dass es mit zehn Mann gegen elf nun nicht mehr darum konnte, mit feinem Passspiel die Partie zu kontrollieren und den Ausgleich zu erzwingen. Bis zur Pause fanden die Roten Teufel gar keine rechte Linie mehr.

Schade für Schad: Er hätte einen schöneren Abschied verdient

Schuster brachte mit Dominik Schad für Aaron Opoku einen rechten Verteidiger, um seine Vierkette zu komplettieren. Schade für Schad, der nach fünf Jahren den Verein verlassen wird. Ihm wäre ein erfreulicheres Abschiedsspiel zu wünschen gewesen.

In der zweiten Halbzeit versuchte der Trainer es dann in einem 4-3-2, wobei Redondo neben Terrence Boyd die zweite Spitze bildete. Und mit dem schnellen Umschaltspiel, mit dem das Team in der ersten Halbserie bis auf Tabellenplatz 4 stieg. Für die direkten Zuspiele in die Spitze sorgte Klement.

Das sah 20 Minuten lang recht gut aus: Toller Drehschuss von Boyd aus 16 Metern, starke Aktion von Erik Durm, als er halblinks in den Strafraum drang und an Fortuna-Keeper Florian Kastenmeier scheiterte. Dazu immer wieder Ecken von Klement: Eine hob Boyd nur knapp übers lange Eck. Wäre da das Momentum auf Seiten der Hausherren gewesen, wer weiß.

Nach dem 0:2 war die Partie gelaufen

Andererseits fuhren die Gäste auch in dieser Phase immer wieder Konter, die gut angelegt waren und verdeutlichten, dass die Fortunen spielerisch im oberen Drittel der Klasse einzuordnen ist. Und in denen sich andeutete, dass sie irgendwann ein zweites Mal zuschlagen würden, sollte dem FCK nicht bald der zweite Treffer gelingen. In der 76. Minute war es dann soweit. Torschütze war der künftige Bundesliga-Spieler Dawid Kownacki, der auch schon den ersten Treffer markiert hatte. Diesmal musste er lediglich eine flache Rechtsflanke seines Mitspielers Felix Klaus über die Linie drücken. Sein erster Treffer war eindrucksvoller: Da setzte er sich an der Strafraumgrenze gleich gegen drei Lautrer durch und jagte dann aus halbrechter Position den Ball an FCK-Schlussmann Andreas Luthe vorbei.

Danach war das Spiel gelaufen. Zumal sich schon in den Minuten vor dem 0:2 abgezeichnet hatte, dass die Kräfte der Schusterjungen nachließen. Die Mentalitätsmonster würden sich heute nicht mehr erheben. Sie waren müde. Das 0:3 durch den eingewechselten Daniel Ginczeck bestätigte diesen Eindruck nur noch. Es macht das nackte Ergebnis nicht nur deutlicher, sondern auch schmerzhafter.

Was außer dem Momentum sonst noch zählt

Natürlich war es in diesem letzten Saisondrittel nicht immer nur eine Frage des Momentums. Man muss auch sehen: Spieler wie Boris Tomiak und Julian Niehues bestritten ihre zweite Profi-Saison, da lassen Kraft und Konzentration nach hintenraus nach. Was zu Unaufmerksamkeiten führt, die eben auch ein solches Momentum zu Ungunsten des eigenen Teams heraufbeschwören können.

Andere Aufstiegshelden, die eine hervorragende Hinrunde spielten, fielen im finalen Saisondrittel entweder aus oder kamen nach mehreren kürzeren Ausfallzeiten nicht mehr aufs Niveau der ersten Halbserie: Kevin Kraus, Marlon Ritter, Kenny Redondo. Inwiefern Mike Wunderlich, der in der Winterpause den Verein verließ, der Mannschaft nicht nur als Fußballer, sondern auch als Persönlichkeit fehlte? Darüber ließe sich lediglich spekulieren.

Die Aufzählung zeigt aber auch: Womöglich standen für die genannten Spieler keine qualitativ gleichrangigen Nachrücker bereit. Jetzt heißt es für Sportchef Thomas Hengen, in der Sommerpause nachzujustieren. Das dürfte schwierig genug werden. Sich durch die trügerisch schwachen Ergebnisse des letzten Saisondrittels zu mehr personellen Wechseln verleiten zu lassen als unbedingt notwendig, könnte allerdings gefährlich werden - und zum Rückschritt führen. Da gilt, was auch auf dem Rasen gilt: die richtige Balance finden.

Nach "xGoals" war sogar ein Remis drin

Zu den Grafiken. Die xG-Timeline sieht die Teams beinahe gleichauf. Das ist in erster Linie der starken Anfangsphase der Roten Teufel geschuldet. Hilft zwar nichts, kann aber durchaus auch als Beleg angeführt werden, dass das Ergebnis allein nicht alles aussagt.

xG-Plot FCK-Düsseldorf

Die Positions- und Passgrafik. Dass Opoku in der Luft hängt, hat nichts zu sagen. Er musste ja schon nach 25 Minuten raus. Klement setzte Redondo durchaus ein paar Mal gut ein, nur kam der nicht mehr an den Ball - drum gibt's keine Linie zwischen den beiden. Ansonsten muss man sehen: Es war über 60 Minuten ein Spiel Zehn gegen Elf.

Passmap FCK

Zum Vergleich die Passmap der Gäste: Yes, die können Fußball spielen. Hätten wir aber auch ohne Grafik gewusst.

Passmap Düsseldorf

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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