Saisonrückblick 2022/23, Teil 2

Die Rückrunde: Wackeliger Ausklang einer starken Saison

Die Rückrunde: Wackeliger Ausklang einer starken Saison

Foto: Imago Images

Zu Beginn der Rückrunde träumte mancher Fan noch vom Durchmarsch in die Bundes­liga. Der 1. FC Kaiserslautern landete auf dem Boden der Realität und sorgte dennoch für manch unvergessliches Erlebnis.

Die Winterpause war lang. Unheimlich lang. Durch die unsägliche Winter-WM in Katar verabschiedeten sich die Roten Teufel bereits am 11. November 2022 in den Urlaub - erst am 28. Januar 2023 ging es mit dem Rückrundenauftakt in Hannover weiter. Dazwischen lag also ein Zeitraum, deutlich länger als eine gewöhnliche Sommervorbereitung. Viel Zeit zum Träumen, schließlich stand der FCK dank der drei Siege zum Schluss mit 29 Punkten auf Platz 4 der Tabelle. Und diese Träumereien wurden genährt, nachdem die Roten Teufel die ersten beiden Partien bei Hannover 96 (3:1) und gegen Holstein Kiel (2:1) gewannen.

Spiel gedreht: Jubel über den Auftaktsieg in Hannover

So bot sich vor der Auswärtspartie beim FC St. Pauli gar die Möglichkeit, mit einem weiteren Sieg den Aufstiegs-Relegationsplatz zu erklimmen. Doch FCK-Trainer Dirk Schuster warnte in diesen Tagen bereits: "Wir werden jetzt nicht mehr als Aufsteiger gesehen". Und sein Kapitän Jean Zimmer ergänzte: "Die Fans dürften träumen, aber ...". Ja, aber. Denn der FCK verlor sowohl auf St. Pauli, als auch im darauffolgenden Auswärtsspiel beim ambitionierten SC Paderborn mit 0:1. Manch einer wollte da schon eine Mini-Krise herbeireden, jedoch setzten beide Gegner sich später im oberen Tabellen-Drittel fest, St. Pauli gewann mit seinem neuen Trainer gar historische zehn Mal in Folge und griff noch einmal in den Aufstiegskampf ein. Kein Grund also in Panik zu Verfallen. In diesen Tagen rückte der Sport ohnehin einmal in den Hintergrund. In Paderborn stand eine ganze Auswärtskurve hinter Tyger Lobinger, der einen Tag zuvor seinen Vater Tim Lobinger verloren hatte.

Niederlagen gegen St. Pauli, Magdeburg und Darmstadt: Das zähe Ringen um die 40-Punkte-Marke

Dennoch war nicht zu leugnen, dass eine gewisse Leichtigkeit der Hinrunde verloren gegangen war. Der FCK wurde mittlerweile eben wirklich anders wahrgenommen. Im Heimspiel gegen die SpVgg Fürth gelang zwar wieder ein 3:1-Erfolg, im Auswärtsspiel beim 1. FC Magdeburg (0:2), zu Hause mit einem krankheitsbedingten Rumpfteam gegen den SV Sandhausen (2:2) und bei Darmstadt 98 (0:2) wollte allerdings kein Dreier gelingen.

Mit dem Aufstiegskampf hatten die Lautrer da längst abgeschlossen, allerdings wollte es in diesen Wochen auch nicht gelingen, die ominöse 40-Punkte-Marke, die Dirk Schuster anvisiert hatte, zu knacken und damit den Klassenerhalt als Aufsteiger gefühlt perfekt zu machen.

Heim-Highlights gegen Heidenheim und Hamburg - Auswärts ohne Fortune und Tore

Großes Spektakel beim Traditionstag gegen Hamburg

Bis zum 26. Spieltag. Da war der 1. FC Heidenheim zu Gast im Fritz-Walter-Stadion. Die Betzebuben lieferten der späteren Meisterelf von Frank Schmidt einen heißen Tanz, ließen gegen die Top-Offensive der Liga kaum Chancen zu - und lagen bis in die zweite Minute der Nachspielzeit dennoch mit 0:2 zurück. Dann verschoss Tim Kleindienst einen Elfmeter und der Wahnsinn nahm seinen Lauf. In der dritten Minute der Nachspielzeit schoss Nicolas de Préville, der französische Stürmer, der sich im Winter den Pfälzern angeschlossen hatte, den sehenswerten Anschlusstreffer. Und nochmal zwei Minuten später brachte Philipp Hercher den Betzenberg endgültig zum Explodieren. 2:2! Wie in besten Betze-Tagen. Die 40-Punkte-Marke war geknackt. Und das acht Spieltage vor Saisonende.

Doch auswärts wollte in diesen Tagen einfach nichts mehr gelingen. War man die komplette Hinrunde in der Fremde ohne Niederlage geblieben, folgte bei Eintracht Braunschweig die vierte Pleite in Folge - und das ohne eigenes Tor.

Doch zum Glück gab es noch Heimspiele wie das gegen den Hamburger SV. Das erste Duell beider Mannschaften seit 2012 wurde von der FCK-Fanszene kurzerhand zum Traditionstag ausgerufen. Ein besonderes Highlight: Vor dem Spiel zeigten die FCK-Fans eine Choreographie über die Westkurve und Südtribüne, mit der unter anderem der während der Corona-Pandemie verstorbenen Legenden Horst Eckel, Ronnie Hellström und Norbert Thines gedacht wurde. Auch sportlich wurde es legendär. Gegen den Aufstiegsfavoriten gewann der FCK am Ende durch Tore von Terrence Boyd und dem Ex-Hamburger Aaron Opoku mit 2:0.

Und nach einem tristen 0:0 bei Jahn Regensburg, wo zumindest die Niederlagenserie in der Fremde gestoppt wurde, und einer neuerlichen Heimniederlage gegen Hansa Rostock (0:1) folgte beim 1. FC Nürnberg das nächste Highlight: Mit 0:2 und 1:3 lagen die Roten Teufel zurück, doch durch Tore von Julian Niehues in der 88. und einem direkt verwandelten Freistoß von Philipp Klement in der fünften (!) Minute der Nachspielzeit erkämpfte sich der FCK wieder einmal nach einem Rückstand noch einen Punkt.

Sektorentrennung, Klement, Tiki-Taka: Am Ende ist die Luft raus

Doch nach diesem Spiel sollte sportlich endgültig die Luft etwas aus der eigentlich so herausragenden Saison sein. Erstmals seit über einem Jahr und erstmals in der Ära von Trainer Schuster dominierten etwas mehr die Themen neben dem Platz das Geschehen. Gegen Rostock wurde erstmals eine Sektorentrennung im Fritz-Walter-Stadion durchgeführt und die Fangemeinde diskutierte, warum der Nürnberg-Torschütze Klement, der im Sommer immerhin als "Boeing 747" angekündigt worden war, sechs Mal in Folge nicht in der Startelf stand. Zudem gab es Diskussionen bezüglich der Spielweise.

Super FCK: Passende Choreo zum Abschluss einer denkwürdigen Saison

In den Spielen gegen Rostock, Nürnberg und auch beim 1:2 gegen Bielefeld hatte der FCK mehr als zuvor die Spielkontrolle übernommen, ging aber größtenteils mit leeren Händen nach Hause. Im Derby beim Karlsruher SC galt das genauso. Im neuen Wildparkstadion zeigte sich fast der identische Spielverlauf wie im Hinspiel - nur diesmal andersherum. Der FCK dominierte die Partie, spielte zeitweise mit den Badenern Katz' und Maus, vergab aber eine Großchance nach der anderen und verlor das Spiel am Ende mit 0:2. Dadurch verloren die Betze-Buben erstmals seit acht Jahren wieder ein Derby, und der KSC zog sogar in der Tabelle vorbei, was sich auch am letzten Spieltag nicht mehr ändern sollte.

Gegen Fortuna Düsseldorf spielten die Roten Teufel nämlich fast 70 Minuten in Unterzahl und gingen mit 0:3 baden. Somit stand am Ende mit Platz 9 eine für einen Aufsteiger äußerst erfolgreiche Saison auf dem Blatt. Aber wegen vier Niederlagen aus den letzten fünf Saisonspielen, drei Heim-Pleiten in Folge und Platz 15 in der Rückrundentabelle ist die zwischenzeitliche Höllenstimmung vor der Sommerpause wieder auf Normaltemperatur abgekühlt. Die im Schnitt bei den Heimspielen über 40.000 (!) Zuschauer feierten ihre Mannschaft trotzdem und hoffen, auch im angeblich "schweren zweiten Jahr" eine teuflisch gute Saison zu erleben.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

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