Interview des Monats: FCK-Trainer Dimitrios Grammozis, Teil 2/2

"Ich will den maximalen Erfolg, in jedem Spiel"

"Ich will den maximalen Erfolg, in jedem Spiel"


Teil 2 unseres Interviews des Monats: Der neue FCK-Coach Dimitrios Grammozis erzählt, welche Trainer ihn wie geprägt haben und mit wem er heute noch gerne eine Kaffee trinkt. Und er gibt preis, was er anders machen will als sein Vorgänger.

"Wir wollen nicht mehr so reden, als ob der FC Barcelona kommen würde"

Der Betze brennt: Der 1. FC Kaiserslautern soll vor allem zuhause im Fritz-Walter-Stadion wieder dominanter auftreten, heißt es. An der Aufgabe hat sich auch ihr Vorgänger Dirk Schuster schon versucht. Dabei war zu erkennen: Wenn die Abwehrreihe höher steht, offenbaren sich bei einigen Spielern Schnelligkeitsdefizite, zudem leisten sich einige immer wieder Aussetzer, dazu gesellte sich Verletzungspech. Da stellt sich doch die Frage: Kann man denn mit dem aktuell zur Verfügung stehenden Personal überhaupt einen solchen Stilwechsel herbeiführen?

Grammozis: Natürlich muss ich mir erstmal ein noch detaillierteres Bild von der Mannschaft machen. Aber in der kurzen Zeit, in der ich da bin, habe ich schon einige Dinge gesehen, die mir gefallen. Allein, wenn man sieht, wie wir gegen Nürnberg unsere Tore herausgespielt haben. Das ist das, was ich sehen möchte: Mut, aber auch, dass die Spieler das Spiel genießen, ebenso wie die Zuschauer. Ich will wieder dahin kommen, was ich selbst als Spieler hier erlebt habe: Dass sich die Gegner in die Hosen machen, wenn sie hier auflaufen. Ob das Bayern war, ob das Schalke war, das war uns egal. Natürlich präsentieren wir den Gegner auch gegenüber unserer Mannschaft, wir wissen immer, mit wem wir es zu tun haben. Aber wir wollen den Gegner nicht so stark reden, als ob hier der FC Barcelona herkommen würde. Wir wollen mehr auf uns selbst schauen und unsere eigenen Stärken in den Vordergrund stellen. Dass wir nicht lange hinter dem Ball herlaufen, sondern wieder aktiver sind, den Ball so schnell wie möglich wieder haben wollen, wenn der Gegner ihn hat. Und ihn vom Tor weghalten. Gegen Hertha BSC musste Julian Krahl trotz Niederlage kaum einen Ball halten, das war doch schon mal nicht schlecht. Und was die langsamen Abwehrspieler angeht, muss ich widersprechen: Jan Elvedi und Almamy Touré kommen bei Sprints auf 35 km/h, das ist bestimmt nicht langsam. Außerdem ist es auch eine Frage des Timings, wie und wann ich mich bei einem langen Ball fallen lasse, wenn ich hoch stehe.

Der Betze brennt: Was bereits zu erkennen war: Unter Ihnen ist das FCK-Spiel laufintensiver geworden. Und Sie haben bereits bei Ihrer Vorstellung gesagt, dass Ihnen die Laufwerte des Teams nicht gefallen haben. Müssen sich die Jungs jetzt im Training auf intensive Laufeinheiten gefasst machen?

Grammozis: Natürlich. Ich habe meine Art, und wenn ich intensiver spielen will, muss ich auch intensiver trainieren, denn von allein kommt nichts. Die Jungs brauchen allerdings auch ein wenig Zeit, um das zu adaptieren. Deswegen ist es gut, dass wir nun die Wintervorbereitung haben. Fußball ist auch ein Lauf- und Kampfspiel, und das wird sich niemals ändern.

Der Betze brennt: Ihr Vorgänger sprach da von der Balance zwischen Defensive und Offensive, die verloren gegangen sei. Dafür symbolisch steht für uns Tymo Puchacz. Dessen Offensivaktionen beleben das FCK-Spiel fraglos, seine Defensivarbeit aber ließ oft zu wünschen übrig. In den ersten Spielen unter ihnen marschierte er nun nicht mehr ganz so viel nach vorne, bemühte sich dafür aber, nach hinten konzentrierter aufzutreten ...

Grammozis: Wir wollen versuchen, in allen Spielphasen unseren Mann zu stehen. Und wenn wir verteidigen, müssen alle verteidigen, da kann sich keiner rausnehmen. Das habe ich auch der Mannschaft schon gesagt: Defensiv gegen den Ball gibt es keine Kompromisse und auch keinen Spielraum, für keinen. Dann wird nach der Strategie gearbeitet, die wir vorgeben. In der Offensive mit dem Ball gibt es eine Grundstrategie, aber da brauchen wir auch die Individualität eines jeden Spielers. Ich muss einem Marlon Ritter nicht erklären, wen er in welcher Situation wie anzuspielen hat, denn das weiß der in diesem Moment besser als ich. Gerade Spieler wie er brauchen ihren Freiraum.

"Fußball ist auch ein Lauf- und Kampfspiel"

Der Betze brennt: Wie wird es mit Almamy Touré in der Rückrunde weitergehen? Werden Sie ihn zum Afrika-Cup abstellen müssen?

Grammozis: Ich glaube, die Nominierungsfrist ist bereits verstrichen. Davon abgesehen braucht er die Wintervorbereitung, um endlich wieder hundertprozentig fit zu werden.

(Anm. d. Red.: Nach Abschluss des Interviews wurde der vorläufige Afrika-Cup-Kader von Mali veröffentlicht, der aber noch von 53 auf maximal 27 Spieler reduziert werden muss: Almamy Touré ist im vorläufigen Aufgebot dabei)

Der Betze brennt: Es geisterte auch eine Meldung durch die Medien, dass Terrence Boyd über die Saison hinaus angeblich keinen neuen Vertrag mehr bekommt. Wissen Sie was davon oder können Sie es sogar bestätigen?

Grammozis: Wenn es so wäre, hätte ich dazu bestimmt schon ein Zeichen von Thomas Hengen und Enis Hajri bekommen. Oder auch von Terrence selbst.

Der Betze brennt: Dauerhaftes Diskussionsthema am Betze ist auch die Personalie Philipp Klement. Hat Dimitrios Grammozis Platz für einen solchen Spielertyp?

Grammozis: Er ist aufgrund seiner Erfahrung und seiner Qualität auf jeden Fall ein belebendes Element, das einem Spiel seinen Stempel aufdrücken kann. Wir müssen jetzt schauen, wie er in dieses Konstrukt hineinpasst, damit er das, was er kann, auch zeigen kann. Dafür haben wir nun die kommende Vorbereitung zur Verfügung. Da werden wir versuchen, jeden so zu positionieren, dass er seine Stärken ausspielen kann.

Der Betze brennt: Nach der Niederlagenserie der jüngsten Wochen wird im Umfeld viel schwarzgemalt. Andererseits: Einige Punkte hat der FCK ja schon gesammelt, stand nach neun Spieltagen sogar auf Platz 3, jetzt nach 17 Partien steht vorerst Rang 15 zu Buche. Wie nervös sind Sie denn angesichts der aktuellen Situation?

Grammozis: Ich bin nicht glücklich mit dem momentanen Tabellenstand. Aber ich bin keiner, der einfach nur vom Klassenverbleib ausgehen möchte. Ich will den maximalen Erfolg, in jedem Spiel. In der Rückrunde müssen wir uns steigern, ganz klar. Aber das geht nur Schritt für Schritt. Aber wir müssen alles raushauen, immer.

Der Betze brennt: Auf die Frage, was sich in der Winterpause personell tun soll, werden Sie heute wohl noch nicht konkret antworten. Aber gibt es schon ungefähre Überlegungen, wo was getan werden soll? Wir würden mal tippen: hinten links.

Grammozis: Ich denke, jeder Profiverein wird in der Winterpause den Markt studieren und sich überlegen, wo sich was für ihn auftut. Ins Detail gehen Thomas Hengen, Enis Hajri und ich da zunächst intern.

" Ich habe versucht, von jedem Trainer das Beste mitzunehmen"

Der Betze brennt: Schauen wir mal zurück. Sie haben als Spieler einige sehr interessante Trainertypen, die erfolgreich, charakterlich aber auch sehr unterschiedlich waren, Otto Rehhagel und Erik Gerets beispielsweise. Was haben Sie von wem mitgenommen, und von wem am meisten?

Grammozis: Ich war schon als Spieler jemand, der seinen Trainern nicht nur zugehört, sondern auch die Diskussion mit ihnen gesucht hat. Von daher konnte ich mir von allen ein gutes Bild machen. Otto Rehhagel war überragend im menschlichen Umgang mit seinen Spielern. Erik Gerets war ein Taktikfuchs, ein Arbeiter, er war der erste Trainer, mit dem ich Videoanalysen gemacht habe. Das funktionierte damals noch mit VHS-Kassetten, mit vor- und zurückspulen. Ich habe versucht, von jedem Trainer das Beste mitzunehmen. Von Otto Rehhagel das Menschliche, von Gerets das Penible. Mein erster Profi-Trainer, Uli Thomale in Uerdingen, der bereits in der DDR ein erfolgreicher Trainer war, war ein absoluter Ausbilder, der hat mich jeden Tag zu Trainingsbeginn erstmal in die Halle geschickt und gegen die Wand kicken lassen, 50 mal links, 50 mal rechts, dann Kopfbälle. In Hamburg hatte ich Frank Pagelsdorf als Trainer, ebenfalls ein sehr interessanter Typ.

Der Betze brennt: Es heißt, wer mal Spieler bei Otto Rehhagel war, der bleibt ein Leben lang sein Freund. Gilt das auch für Sie? Sie hatten ihn Kaiserslautern ja nur ein paar Monate als Trainer.

Grammozis: Wir sehen uns nicht regelmäßig, aber wir sind in Kontakt. Treffen uns gelegentlich mal auf einen Kaffee, und zum Geburtstag wird natürlich angerufen. Und es ist stets angenehm mit ihm, weil er so schön aus dem Leben erzählen kann und immer noch mit voller Leidenschaft bei der Sache ist. Ich glaube, der wäre auch mit seinen nun 85 Jahren noch ein guter Trainer.

Der Betze brennt: Sie waren von 2000 bis 2005 am Betze, in einer Zeit, in der der Niedergang des Vereins einsetzte. Es war auch die Zeit, in der der Spielerberater Roger Wittmann, der Schwager von Mario Basler, sehr viel Einfluss auf dem Betzenberg nehmen durfte. Andy Buck hat in seinem Buch "Turbo" darüber geschrieben. Es soll soweit gegangen sein, dass Teamchef Andreas Brehme nicht mehr aufstellen konnte, wen er wollte, weil er angewiesen war, Wittmann-Interessen zu verfolgen. Wie haben Sie das damals erlebt?

Grammozis: Ich muss zugeben: Ich war damals Anfang 20 und allein auf mich und meine Leistungen konzentriert. Ich habe solche Strömungen nicht wahrgenommen, aber auch nicht verfolgt. Wie Entscheidungen zwischen Trainer und Vereinsführung zustande gekommen sind, kann ich nicht sagen.

"Was immer wir tun: Es muss passen"

Der Betze brennt: Berater und die Einflüsse, die sie vor allem auf junge Spieler ausüben, stehen ja auch aktuell wieder im Fokus. Der FC St. Pauli etwa will Berater ganz aus seinem NLZ verbannen. Sie waren lange Jugendtrainer in Bochum. Wie sind Sie mit dem Thema umgegangen?

Grammozis: Grundsätzlich bin ich nicht dagegen, dass Spieler Berater haben, denn es gibt auch genügend gute. Schwarze Schafe gibt es aber ebenso. Und im Jugendbereich ist es wirklich extrem geworden, da geht es jetzt schon bei 12- und 13-Jährigen los. Manche gehen da wirklich sehr aggressiv und skrupellos zur Sache, wenn sie einen Spieler unbedingt wollen. In erster Linie müssen wir da an die Eltern appellieren. Unterstützt Eure Kinder, aber setzt sie nicht zu früh unter Druck, sondern lasst sie auch mal einfach nur Jugendliche sein. Das Gleiche gilt für die Vereine: Lasst den Jungs Freiräume. Klar, wenn man ein Talent an den Profibereich heranführen will, muss es ab der U17 intensiver werden. Davor aber sollte einfach nur der Spaß am Fußball im Vordergrund stehen.

Der Betze brennt: Apropos Freiräume. Sie haben gerade angefangen in Ihrem Job, jetzt aber steht direkt Weihnachten vor der Tür. Werden Sie da gleich wieder abschalten können?

Grammozis: Über die Weihnachtsfeiertage werde ich auf jeden Fall nur Familienvater sein. Aber die freien Tage davor und danach sind diesmal von Arbeit geprägt, ganz klar. Ich stehe im engen Austausch mit Thomas Hengen und Enis Hajri (Geschäftsführer und Kaderplaner des FCK; Anm. d. Red.). Und wir müssen überlegen, wo wir was tun können. Denn was immer wir tun: Es muss passen.

Der Betze brennt: Dann bleibt uns nur noch, Ihnen schonmal eine ruhige Feiertage mit Ihrer Familie zu wünschen. Und viel Erfolg in den Tagen davor und vor allem danach.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer, Thomas Hilmes

Weitere Links zum Thema:

- Teil 1 des Interviews: "Wir können nur als Team erfolgreich sein"

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