Taktik-Nachlese zum Spiel FCN-FCK

DBB-Analyse: Die Finessen eines Trainer-Oldies

DBB-Analyse: Die Finessen eines Trainer-Oldies


Zu seinem Trainerdebüt beim 1. FC Kaiserslautern wartet Friedhelm Funkel mit guten Ideen auf, doch auch unter ihm zeigt das Team in zwei Halbzeiten zwei verschiedene Gesichter. Ansätze zur Besserung sind immerhin erkennbar.

Seien wir ehrlich: Für einen eher objektiven Betrachter war's kein sehr unterhaltsames Spiel. Eine knappe Viertelstunde, in denen sich eine "Ballbesitzmannschaft" gegen ein "Konterteam" mühte, ohne dass für eine Seite Vorteile erkennbar wurden. 15 Minuten Unterbrechung wegen einer Protest-Aktion der Nürnberger Fans. Danach eine Phase, in denen die Gastgeber vollkommen von der Rolle waren, so dass einmal mehr gerätselt werden darf, ob es nun deren Versagen war oder die Ge- und Entschlossenheit des FCK, die ihn die Kontrolle übernehmen und den Führungstreffer erzielen ließ.

Nach der Pause eine Viertelstunde, in der der 1. FC Nürnberg aufrückte, ohne wirklich gefährlich zu werden. Bis "ein Tor aus dem Nichts" dennoch für Gleichstand sorgte. Und ein langweiliges Schlussdrittel, in dem die "Ballbesitzmannschaft" über weite Strecken dem "Konterteam" das Leder überließ. Und diesem auf diese Weise Gelegenheit gab zu zeigen, was es nicht kann.

Gott sei dank: Die Schlusspointe blieb dem FCK-Anhang erspart

Ums Haar hätte die Partie dem FCK-Anhang noch eine bittere Schlusspointe bereitgehalten. Ein gewisser Sebastian Andersson scheiterte in der 89. Minute mit einem Kopfball aus kurzer Distanz an Keeper Julian Krahl. Ausgerechnet ein Ex-Lautrer, der seit Januar beim "Glubb" darum ringt, einstige Mittelstürmer-Qualitäten zurückzuerlangen, bislang aber nur Fahrkarten schoss. Es wäre aus Sicht der Berufspessimisten sicher wieder mal "typisch FCK" gewesen, hätte ausgerechnet Andersson ihn als Verlierer nach Hause geschickt. Andererseits: Dass es so weit dann doch nicht kam, können Optimisten nun als Omen werten, dass sich das Matchglück in dieser Saison nun zugunsten des FCK wendet.

Doch welcher unserer Leser betrachtet die Roten Teufel schon "objektiv"? Außerdem gab's das Debüt einer Trainerlegende zu begutachten, und da kann es ja wohl kaum sein, dass es da nichts Neues zu sehen gab. Auch wenn das Endergebnis von 1:1 nicht elektrisiert - und dem FCK tabellarisch nicht viel weiterhilft. Wenigstens rangiert er dadurch nicht auf Abstiegsrang 17, sondern weiterhin auf dem Relegationsplatz.

Funkel, das Schlitzohr - auch mit 70 Jahren noch

Einige Neuerungen, für die Friedhelm Funkel verantwortlich zeichnete, haben ja bereits in unserer Zitate-Sammlung Erwähnung gefunden. Mit Jean Zimmer, Kenny Redondo und Kevin Kraus setzte der neue Coach wieder auf mehr Erfahrung in der Startelf. Und er formierte - nach diversen Äußerungen im Vorfeld wenig überraschend - hinten wieder eine Viererkette. Im Ganzen ergab sich auf dem Papier ein 4-2-3-1, mit Marlon Ritter auf der Zehn, Redondo und Richmond Tachie auf den Flügeln.

Was von vielen als eine Art "Rückkehr zur Einfachheit" interpretiert wurde. Und zum klassischem "Umschaltspiel" - tief stehen und dann schnell und vertikal nach vorne, so sollte der Lautrer Matchplan wohl aussehen. Taktische Finessen im Stil der neuen Zeit seien von einem Trainer-Oldie wie Funkel ja auch nicht zu erwarten, war selbst von professionellen Fußballbetrachtern zu hören.

Tatsächlich nicht? Da wollen wir doch mal genauer hinschauen. Schließlich galt Friedhelm Funkel, die Älteren werden sich erinnern, schon zu seinen aktiven Zeiten als Schlitzohr.

Welcome back, Redondo: Torvorbereiter und Puchacz-Supporter

Die Entscheidung für Redondo beispielsweise. Klar steht die erstmal für Routine. Damit einher kann - muss aber nicht - ein klügeres taktisches Verhalten gehen, als es gegebenenfalls bei jüngeren Alternativen wie Aaron Opoku, Chance Simakala oder Dickson Abiama zu erwarten gewesen wäre.

Was in Redondos Fall voll zutraf. Der 29-Jährige leitete in der starken Phase nicht nur die meisten FCK-Angriffe ein und bereitete mit einem überlegten Pass Tachies Führungstreffer vor. Er unterstützte vor allem auch seinen Hintermann Tymo Puchacz in der Defensivarbeit. Der gilt in dieser Disziplin bekanntlich als Risikofaktor. Mit Redondos Unterstützung aber fiel er diesmal kaum negativ auf. Obwohl gerade in der ersten Halbzeit mit dem "seitenverkehrt" aufgestellten Ex-Lautrer und Linksfuß Erik Wekesser einer der FCN-Aktivposten auf diesem Flügel spielte.

Ganz schön tricky: Die asymmetrischen Flügel

Durch Redondos defensive Orientierung ergab sich zudem eine interessante Asymmetrie im Flügelspiel. "Rechtsaußen" Tachie nämlich tat das exakte Gegenteil - und rückte permanent zu Ragnar Ache in die Spitze auf. Woraus nicht nur der Treffer zum 1:0 resultierte. Deutlich wird der unterschiedliche Auftritt der beiden Außen beim Vergleich dieser bei "Sofascore" entlehnten Heatmaps.

Hier die Heatmap Redondos:

Heatmap Kenny Redondo

Und hier die Heatmap Tachies:

Heatmap Richmond Tachie

Tachie blieb auch länger auf dem Platz als in den vergangenen Wochen. 84 Minuten. Wobei es zehn weniger schon hätten sein dürfen, denn in der Schlussphase wurde er doch sehr ungenau in seinen Aktionen.

Ache spielt durch, Klement darf mal wieder

Ache durfte sogar komplett durchspielen, zum ersten Mal seit dem 9. Spieltag. Was zeigt: Auch, was Prioritäten bei Auswechslungen angeht, scheint sich unter Funkel was zu ändern. Diesmal gab's keinen Dreifachwechsel wie zuletzt unter Dimitrios Grammozis. Den ersten Austausch nahm der neue Coach nach 65 Minuten vor.

Und am Ende durfte, für rund elf Minuten, sogar wieder einmal Philipp Klement ran. Der stand in den sechs Liga-Spielen unter Grammozis grade mal 20 Minuten auf dem Platz, zuletzt durfte er nichtmal mehr vollständig am Mannschaftstraining teilnehmen. Groß was reißen vermochte der Edeltechniker während seiner kurzen Einsatzzeit nicht mehr, doch wird es auf jeden Fall spannend zu sehen, wie Funkel mit dieser Personalie weiter verfährt. Abgeschrieben ist Klement auf jeden Fall nicht.

Sieh an, sieh an: Tomiak wieder auf der Sechs

Eine wichtige Änderung ging sogar ein wenig unter. Vermutlich, weil die Variante nicht so ganz neu war. Doch dass der neue Trainer sie wiederentdeckte, überraschte schon: Boris Tomiak tauchte wieder im defensiven Mittelfeld auf. Nach der Verpflichtung von Filip Kaloc und der Rückkehr Afeez Aremus schienen diese Zeiten eigentlich vorbei. Doch siehe da: Aremu stand nicht einmal Kader, und Kaloc musste sich seinen Arbeitsplatz mit Julian Niehues teilen. So dass Niehues, einer der wenigen, die in den vergangenen Wochen gute Kritiken erhalten hatten, erstmal auf die Bank musste.

Die Überlegung dahinter mag gewesen sein, dass Funkel mit Tomiak seine beste Defensivkraft gegen Nürnbergs torgefährlichsten Offensiven stellen wollte: Can Uzun ist bekanntlich Mittelfeldspieler. Die Rechnung ging insofern nicht so ganz auf, als dass es dann doch Uzun war, der den Ausgleich für den FCN erzielte. In der Tat stand Tomiak in dieser Szene zwei Meter zu weit weg von dem Toptalent. Der raffinierte Schlenzer, mit dem Uzun Krahl überwand, könnte dem Senior auf Lautrer Bank einen nostalgischen Flashback beschert haben: Exakt solche Schlitzohrigkeiten waren vor langer Zeit mal sein Markenzeichen.

Ansonsten aber zeigte Tomiak eine bockstarke Leistung auf der Sechs. Behielt nicht nur in nahezu allen Zweikämpfen die Oberhand, sondern erzeugte auch Passspiel-Werte, wie sie noch kein anderer zentraler Mittelfeldspieler seines Teams in dieser Saison erreichte. 95 Prozent Passquote insgesamt. Erfolgsquote bei Rück- und Seitwärtspässen sowie bei kurzen und mittellangen Pässen: 100 Prozent (!). Bei Pässen ins gegnerische Drittel: Ebenfalls noch starke 83 Prozent. Wir wissen natürlich nicht, auf welcher Position Funkel künftig mit Tomiak plant. Diese Zahlen aber sprechen auf jeden Fall dafür, ihn auch künftig auf dieser zu belassen.

Lautern stand tief? Stimmt doch gar nicht

Dass der FCK, wenn kein schnelles Umschaltspiel möglich war, den langen Ball auf Ache suchte - das war in der Tat abzusehen und wenig überraschend. Nicht so ganz stimmt freilich, dass er ausschließlich tief stand. Hier die Visualisierung der durchschnittlichen Aufstellungslinie über 90 Minuten.

Durchschnittliche Aufstellungslinien FCN-FCK

Auffallend die forsche Gangart in der Phase, in der auch das 1:0 fiel. Und über die volle Spielzeit gesehen, präsentierte sich der FCK nicht weniger risikofreudig als unter Grammozis, presste allerdings nur über kurze Zeiträume wirklich hoch und dementsprechend kraftraubend. Mit 121,3 Kilometern lag die Gesamtlaufleistung am Ende dennoch deutlich über dem, was noch zu Zeiten Dirk Schusters üblich war.

Augenscheinlich (noch) nichts geändert hat sich an den beiden unterschiedlichen Halbzeiten, die die Roten Teufel in dieser Saison regelmäßig zu spielen pflegen. Auch diesmal wurde wieder eine Pausenführung abgegeben, auch diesmal erreichte das Team in Hälfte zwei nicht mehr die Intensität der ersten. Mit ein wenig Wohlwollen lässt sich aber festhalten: Diesmal verlor der FCK die Kontrolle mit zunehmender Spieldauer nicht vollkommen, und unterm Strich ließ er so wenig Tor-Aktionen des Gegners zu wie wohl noch nie zuvor in dieser Saison.

Auch die xG-Timeline spricht klar zugunsten des FCK. Dass Funkel nach der Partie mit dem Remis zufrieden war, wirkt da sogar ein wenig tief gegriffen, kann aber auch als Ausdruck positiven Denkens interpretiert werden.

xG-Timeline FCN-FCK

Die Postions- und Passgrafik des FCK: Bestätigt abermals, wie hoch Tachie stand, aber auch, dass er gut mit Ritter und Ache im Spiel war. Aus dem zentralen Mittelfeld dürften es gerne ein paar Pässe mehr sein.

Passmap FCK

Die Passmap Nürnbergs: Ja, dass der FCN versucht, sehr passintensiv aufzutreten, ist hinreichend bekannt. Nur sieht das "in echt" längst nicht so gut aus, wie man es diesem Abbild zufolge vermuten könnte.

Passmap Nürnberg

Und zu guter letzt die Übersicht über die geführten Duelle. Hervorgehoben sei diesmal lediglich die gute Figur, die Tymo Puchacz abgibt. Vielleicht wird aus ihm ja doch nochmal ein Linksverteidiger, der sich auch defensiv keine Blöße gibt. Wenn er weiter von einem Redondo so gut unterstützt wird, stehen die Chancen sogar richtig gut.

Zweikampf-Duelle FCN-FCK

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2023/24: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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