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Wunderlich:

Wunderlich: "War von mir selbst unfassbar enttäuscht"

Foto: Daniel Krämer

Uff e Wort: Mike Wunderlich hätte beim 1:1 des FCK gegen Zwickau zum "Man of the Match" werden können. Doch sein verschossener Elfmeter kurz vor Schluss bewirkt genau das Gegenteil. Wie sehr das an ihm nagt, verrät er im DBB-Kurzinterview.

Es läuft die 88. Minute, der 1. FC Kaiserslautern steuert auf ein 1:1 gegen den FSV Zwickau zu. Zu wenig für ein Heimspiel. Da foult Can Coskun Kenny Redondo im Strafraum, es gibt Elfmeter. Eine Situation wie gemalt für den Routinier Mike Wunderlich. Doch sein strammer Schuss landet nicht zum 2:1-Siegtreffer im Tor, sondern an der Latte. Es bleibt beim Remis, Wunderlich verschwindet völlig frustriert in der Kabine, geht nicht mehr mit seinen Mitspielern vor die Westkurve. "Mir tut das im Nachgang natürlich leid, man muss sich den Fans stellen, wie ich und wir es auch nach dem 0:4 in Berlin gemacht haben. Es war einfach eine emotionale Situation für mich in dem Moment, wo man im Bruchteil von Sekunden nicht immer die richtige Entscheidung trifft", entschuldigt sich Wunderlich einen Tag später. Man merkt dem 35-jährigen Führungsspieler an, wie sehr der verschossene Elfmeter und der misslungene Saisonstart noch an ihm nagen.

Drei Fragen und drei Antworten mit Mike Wunderlich:

Der Betze brennt: Mike Wunderlich, Ihr habt heute Vormittag zweieinhalb Stunden lang das Spiel gegen Zwickau nachbereitet. Wie lief die Besprechung ab, wer führt bei so einer Analyse das Wort und wie ist Dein Fazit mit einem Tag Abstand?

Mike Wunderlich (35): Wir haben uns die gestrige Partie nochmal komplett angeschaut, immer wieder bestimmt Szenen angehalten und analysiert, weswegen die Nachbearbeitung heute auch etwas länger gedauert hat. Das Trainerteam hat immer wieder Situationen angesprochen, die ganze Mannschaft wurde dabei einbezogen. Wir haben jetzt im sechsten Spiel das dritte oder vierte Mal die Situation, wo wir hier sitzen und überlegen, woran es liegt, dass wir so aufgetreten sind. Es war fatal, dass uns das Führungstor gestern wieder kein Selbstvertrauen gegeben hat. Das stimmt natürlich nachdenklich. Dass wir uns so hinten reindrängen lassen und förmlich um den Ausgleich betteln, das darf uns nicht passieren. Man merkt, dass bei jedem Einzelnen selbst nach der Führung eine gewisse Verunsicherung spürbar ist.Trotzdem gewinnst du das Spiel am Ende fast doch noch, wenn ich den Elfmeter verwandele. Es tut extrem weh, so ein Spiel nicht nach Hause zu fahren. Wir müssen jetzt alles versuchen, um schnellstmöglich wieder in die Spur zu kommen.

Der Betze brennt: Du sprichst den Elfmeter an, sicher die Szene des Spiels. Es sollte der umjubelte Siegtreffer werden, aber Dein Schuss knallte an die Latte - aus, vorbei. Nach dem Schlusspfiff bist Du dann nicht mit Deinen Mannschaftskollegen vor die Westkurve gegangen, sondern direkt in der Kabine verschwunden. Was ging Dir nach dem Spiel durch den Kopf?

Wunderlich: Der verschossene Elfmeter nagt immer noch an mir. Das wird auch noch ein paar Tage dauern. Man fragt sich natürlich, was man hätte anders machen können. Ich wollte den Ball nicht flach hineinschieben, ich wollte ihn einfach wie schon so oft mit Überzeugung hoch mit dem Spann verwandeln. Ein paar Zentimeter tiefer ist es wahrscheinlich der perfekte Elfmeter. Ich habe solche Situationen in meiner Karriere schon oft erlebt, auch in den letzten Minuten, daher habe ich mir vor dem Elfmeter keine negativen Gedanken gemacht. Jeder, der mich kennt, weiß, wie selbstkritisch und ehrgeizig ich bin. Das war mir in meiner Karriere auch schon oft im Weg, nie selbstzufrieden zu sein. Gerade wenn du als neuer Spieler in unserer Situation der Mannschaft helfen willst, tut so ein Elfmeter doppelt weh. Damit umzugehen fällt schwer, denn es tut mir vor allem leid für den Verein und die Fans. Auch mit 35 Jahren hast du schlaflose Nächte, wenn du in der letzten Minute einen Elfmeter verschießt. Diese Szene ist gefühlt 300-mal heute Nacht vor meinem Auge nochmal abgelaufen. Ich war nach dem Schlusspfiff so niedergeschlagen und mit mir selbst beschäftigt, dass ich direkt in die Kabine gegangen bin. Ich war von mir selbst unfassbar enttäuscht, da war das Spiel nach Abpfiff für mich einfach gelaufen, und ich bin auch nicht mehr mit vor die Westkurve. Mir tut das im Nachgang natürlich leid, man muss sich den Fans stellen, wie ich und wir es auch nach dem 0:4 in Berlin gemacht haben. Das war keine böse Absicht oder hatte irgendwelche besonderen Gründe, es war einfach eine emotionale Situation für mich in dem Moment, wo man im Bruchteil von Sekunden nicht immer die richtige Entscheidung trifft.

Der Betze brennt: Nach dem verpatzten Saisonstart hört man im stets heißblütigen Umfeld des FCK auch schon wieder Gerüchte, es gäbe angeblich Spannungen zwischen dem Trainer und der Mannschaft. Du wirst uns keine Interna verraten, aber wir fragen trotzdem mal ganz direkt: Stimmt das? Wie ist aktuell die Stimmung in der Kabine?

Wunderlich: Dass es nach so einem Saisonstart auch mal interne Reibungspunkte gibt, das ist völlig normal und gehört im Fußball dazu. Das ist aber nicht der Rede wert, weil es keine Differenzen untereinander gibt. Natürlich ist die Stimmung in so einer Situation auch mal gereizt und kritisch. Wir haben nach sechs Spielen fünf Punkte, das haben wir uns alle anders vorgestellt. Es ist aber nicht so, dass Teile der Mannschaft sich absondern und wir nicht zusammenhalten würden. Im Gegenteil. Der Trainer nimmt uns mit ins Boot. Hart und ehrlich, aber genau das brauchst du auch, sonst kommst du nicht weiter und kannst dich nicht verbessern. Wir belügen uns nicht selbst.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Spielbericht FCK-FSV 1:1 | Ratlos in den Tabellenkeller (Der Betze brennt)
- Vierter externer Neuzugang: Das ist Mike Wunderlich (Der Betze brennt, 22.06.2021)

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