Neues vom Betzenberg

Gegner-Check: Club zwischen Anspruch und Umsetzung

Gegner-Check: Club zwischen Anspruch und Umsetzung


Zugegeben: Angesichts der eigenen Schwächen des 1. FC Kaiserslautern gegenwärtig wel­che beim kommenden Gegner suchen, kann als Augenwischerei angesehen werden. Wir schau­en dennoch auf den 1. FC Nürnberg - und stellen fest: Er wäre zu schlagen.

So lief's seit dem Hinspiel: Wir erinnern uns. Beim 3:1 im September brachte ein spektakulärer "Triple-Wumms" des FCK die Nürnberger früh ins Hintertreffen. Anschließend spielte das Team von Trainer Christian Fiel durchaus engagiert und gefällig auf, vermochte am Endresultat aber nicht mehr viel zu verbessern. Anfang Dezember stellte sich der FCN im DFB-Pokal-Achtelfinale ein weiteres Mal auf dem Betzenberg vor, stemmte sich gegen diese 0:2-Niederlage allerdings weit weniger leidenschaftlich. Dazwischen lag eine Hinrunde in der Liga, in der sich Siege und Niederlagen in schöner Regelmäßigkeit abwechselten, worauf diese mit einem 10. Platz abgeschlossen wurde - "jenseits von Gut und Böse", bietet der Phrasenkanon hier als Idealbeschreibung an. Große Unzufriedenheit soll am Valznerweiher in der Weihnachtszeit dennoch nicht geherrscht haben, anscheinend vertraut man weiter darauf, dass sich die Kärrnerarbeit von Coach Fiel, dessen fußballerische Ansprüche sich am "State of the Art" orientieren, in absehbarer Zeit mal in Ergebnissen niederschlägt. Nach den ersten vier Spieltagen diesen Jahres scheint das nächste Level aber noch nicht erreicht. Auf ein überzeugendes 3:0 zum Auftakt gegen Hansa Rostock folgten eine 0:3-Niederlage in Hannover sowie zwei Remis. Das erste davon zuhause gegen Tabellenschlusslicht Osnabrück, das zweite zuletzt bei Aufsteiger Wehen. Die Torschussbilanz dieser Partie - 17:7 zu Nürnberger Gunsten - deutet allerdings darauf hin, dass die "Glubberer" da durchaus mehr wollten und auch hätten bekommen können.

Das hat sich geändert: An der Spielanlage nicht viel, Christian Fiel versucht weiter, seiner jungen Mannschaft fußballerische Hochkultur zu vermitteln, sprich, ein dominantes, passspielbetontes Auftreten in einem sauber strukturierten 4-3-3. Bei der Umsetzung dieses Plans musste er im Lauf dieser Saison allerdings schon ein paar Mal personell umdenken. Mats Möller Daehli, der einstige Denker und Lenker im Mittelfeld, kam kaum noch zum Zug und ist in der Winterpause nach Norwegen zurückgekehrt. Der Japaner Daichi Hayashi hat sich als beweglicher Mittelstürmer ebenso wenig durchgesetzt wie Christoph Daferner als klassischer Sturmtank. Daferner ist mittlerweile nach Düsseldorf verliehen, Hayashi zurzeit verletzt. Im Sturmzentrum präsentiert sich seit der Winterpause ein alter Bekannter: der Schwede Sebastian Andersson, der in Deutschland einst beim 1. FC Kaiserslautern auf sich aufmerksam machte, anschließend für Union Berlin und den 1. FC Köln auflief, zuletzt aber vor allem aus Verletzungsgründen vereinslos war. Nun ist er wieder fit, getroffen hat er für den FCN jedoch noch nicht. Innenverteidiger Ahmet Gurleyen, der zur Abwehrsäule werden sollte, drückte zuletzt nur noch die Bank, sein potenzieller Nebenmann Jamie Lawrence verlor zunächst seinen Stammplatz und ist nunmehr langzeitverletzt. Das Abwehrzentrum besetzen nunmehr der Spanier Ivan Marquez und der Ex-Kölner Jannes Horn. Marquez fällt am Sonntag aber aus, nachdem er in Wiesbaden seine fünfte Gelbe Karte gesehen hat, für ihn dürfte Gurleyen mal wieder ein Chance erhalten. Lange ausgefallen war auch der Engländer Joseph Hungbo, in Wiesbaden feierte der Rechtsaußen nun ein einminütiges Kurz-Comeback. Keeper Christian Mathenia musste seine Stammplatz zu Jahresbeginn an Carl Klaus abtreten. Nachdem dieser in Wiesbaden patzte, wird zum Kaiserslautern-Spiel allerdings über eine Rückkehr des aufgrund seiner Mainz-Vergangenheit bei den FCK-Fans nicht gerade beliebten Mathenia spekuliert.

Gewinner und Verlierer: Wer der alle überstrahlende Gewinner dieses Teams ist, ist ja wohl längst kein Geheimnis mehr: Er heißt Can Uzun, ist nunmehr 18 Jahre alt und der begehrteste Kicker in Liga zwei. Dass der FCN am Saisonende eine zweistellige Millionen-Ablöse für den Mittelfeldspieler einstreichen wird, gilt längst als abgemacht. Aktuell habe Bundesligist Eintracht Frankfurt beim Wettbieten die Nase vorn, heißt es. In Wiesbaden fehlte er erkrankt, ebenso wie Linksaußen Kanji Okunuki. Beide sind aber schon vor einigen Tagen wieder ins Mannschaftstraining zurückgekehrt und scheinen am Sonntag wieder auflaufen zu können. Neben Uzun haben sich jedoch noch weitere Youngster des FCN gut entwickelt. Linksverteidiger Nathaniel Brown etwa hat sich Frankfurt ebenfalls schon gekrallt, seit Januar läuft das "Glubb"-Gewächs nur noch als Leihspieler für seinen Heimatverein auf. Die langjährige Stammkraft Tim Handwerker hat sich mittlerweile in die Niederlande verleihen lassen, Mittelfeldtalent Ali Loune nach Österreich, nachdem sich auf der Sechs Florian Flick festgespielt hat. Auch Routinier Johannes Geis hat nur noch einen Stammplatz auf der Bank. Dafür entwickelt sich mit Achter Jens Castrop ein weiterer Nachwuchsmann vielversprechend. Und, hört, hört: In Wiesbaden feierte zuletzt FCK-Eigengewächs Erik Wekesser seinen ersten Startelf-Einsatz seit über einem Jahr. Eine Kreuzbandverletzung hatte den nunmehr 26-Jährigen lange außer Gefecht gesetzt.

Zahlenspiele: Wir haben schon vorm Hinspiel drauf aufmerksam gemacht: Mit einer Passquote von 82,2 Prozent ist der FCN gerade mal Zehnter im Ligavergleich, das ist zwar ein besserer Wert als der, den der FCK aufweist (77,9 Prozent), aber für die fußballerischen Ansprüche, die Christian Fiel stellt, eigentlich zu wenig. Außerdem sind die Franken Zweitbester im Ranking der gewonnenen Zweikämpfe, aber da der Tabellenletzte Osnabrück in diesem Vergleich Erster ist, stellt sich die Frage, welche Aussagekraft dieses eigentlich hat. Interessanter ist da schon: Rechtsaußen Benjamin Goller zieht die meisten Sprints in der Zweiten Liga an. Angesichts der Probleme, die der FCK auf der linken Abwehrseite hat, hätte er da ein echtes Problem. Hätte - denn Goller wird am Sonntag erkrankt fehlen, für ihn könnte der junge Jannik Hofmann zum Einsatz kommen, der in Wiesbaden sein Zweitligadebüt gab. Und richtig Mut machen könnte: Nürnberg stellt das viertschwächste Heimteam der Liga. Die "Glubberer" haben drei Mal vor eigenem Publikum verloren, drei Mal nur Remis gespielt, und in zehn Heimpartien nur 15 Treffer erzielt. Und wenn Supertalent Uzun, der schon zehn Treffer erzielt hat, nicht mit von der Partie ist, haben sie eigentlich niemanden, der einigermaßen sicher weiß, wo das Tor steht. Zweitbester Scorer ist der Moselaner Lukas Schleimer mit drei erzielten Buden, der auch das einzige Nürnberger Tor dieser Saison erzielte, aber der zählt gar nicht mal unbedingt zur Startelf. Und mit bislang 39 Gegentreffern präsentiert sich die Abwehr des FCN alles andere als sattelfest. Allerdings ist die der Lautrer noch schlechter (43 Gegentore). Zudem haben die Gastgeber in dieser Saison schon vier Mal zu null gewonnen, der FCK noch nie.

Fazit: Ein Team, das an sich selbst hohe fußballerische Ansprüche stellt, diese aber längst so gut umsetzen kann, wie es gerne möchte - ein solcher Gegner wäre eigentlich ein gefundenes Fressen für einen FCK, wie er sich vor gar nicht allzu langer Zeit noch präsentierte. Die Heimschwäche der Gastgeber und ihre zahlreichen Ausfälle lassen sie erst recht verwundbar erscheinen. Zurzeit aber müssen die Roten Teufel erstmal ihre eigenen Nerven und Schwächen in den Griff kriegen, um aus den Schwächen anderer Kapital zu schlagen. "Die Viererkette ist eine ernsthafte Option", hat der neue Trainer Friedhelm Funkel bereits verlauten lassen, außerdem: "Klarheit und Einfachheit und der Mannschaft vier, fünf Grundlagen mit auf den Weg geben. Fußball ist keine Hexerei, da muss nicht immer nur die spielerische Lösung gesucht werden." Schön gesagt. Viererkette gegen einen Gegner, der in einem lupenreinen 4-3-3 auftritt, macht erst recht Sinn. Insbesondere auf die Besetzung des linken Verteidigerpostens darf man allerdings gespannt sein, Tymo Puchacz wäre in einer solchen Formation eher als offensiver Flügelspieler einzuplanen.

Quelle: Der Betze brennt

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