Neues vom Betzenberg

"Hosenscheißer-Fußball": Auf dem Betze wird der Ton rauer


Wieder kein Sieg: Beim 1. FC Kaiserslautern ist die Stimmung nach dem 1:1 gegen den SV Wehen Wiesbaden zunehmend gereizt. Während sich Trainer Funkel vor seine Spieler stellt, kritisiert Sportchef Hengen Grundsätzliches.

Hengen: "Wir müssen uns so wehren, wie die Fans das tun"

"Das war zu wenig in der zweiten Hälfte. Das tut mir auch leid für die Zuschauer. Du musst den Funken überspringen lassen. Du kriegst die Zuschauer nur voll hinter dich, wenn du nach vorne spielst. Ohne Harakiri natürlich - aber das war heute Verwaltungsmodus. Und das funktioniert nicht", schimpfte Thomas Hengen nach der Partie. "Zum Glück hat Wiesbaden den einen oder anderen Konter schlecht gesetzt, sonst hätten wir wieder einen Knockout bekommen. Du musst auf das 2:0 spielen. Ob das funktioniert, ist die andere Sache, aber man muss doch die Leute aufwecken. Ich muss Standards, muss Ecken, muss Torschüsse haben. Das war in der zweiten Halbzeit ein Spiegel der Saison. Wir haben es in der ganzen Woche angesprochen: Mit Hosenscheißer-Fußball holst du keinen Punkt. Es geht darum, dass du das Gefühl bekommt, du kannst ein Tor schießen. Ich hatte in der zweiten Hälfte nicht das Gefühl, dass wir ein Tor machen."

Alleine der Umstand, dass der FCK-Geschäftsführer in den Katakomben des Fritz-Walter-Stadions ausführlich über die 90 Minuten sprach, verdeutlicht den Ernst der Lage für die Roten Teufel. Das enttäuschende Unentschieden im Kellerduell nach erneut verspielter Führung war das fünfte sieglose Spiel in Folge für die Lautrer, die bei nur noch vier ausstehenden Partien weiter auf einem direkten Abstiegsplatz feststecken. "Es geht um den Willen. Das ist heute enttäuschend, aber wir sind immer noch im Spiel. Im Moment müssen wir aber schauen, dass wir mit aller Macht den Relegationsplatz erreichen", so Hengen weiter, der von der Mannschaft verlangt, dass sie nicht aufhört, nach der Halbzeitpause Fußball zu spielen. Die krasse Statistik: In der Tabelle der ersten 45 Minuten stünde der FCK mit 53 Punkten auf Platz 3. Tatsächlich stehen nach 90 Minuten nun 30 Punkte und Platz 17.

"Der Sechser, darf sich nicht in die Viererkette zurückfallen lassen, denn dann ist jeder zweite Ball beim Gegner. Das hat auch mit Mut und Überzeugung zu tun. Wer Angst hat, der verliert. Wir müssen uns so wehren, wie die Fans das tun. Die haben heute ein Spalier gemacht bei der Busankunft, waren mit über 40.000 da. Wir haben jetzt nichts mehr zu verlieren, wir sind ja auf einem Abstiegsplatz. Die Basics haben den FCK immer ausgezeichnet, dass er beißt, dass er kämpft, dass er läuft, viel läuft. Wenn man den Extrameter für den Mitspieler geht, dann wird das hinten raus auch belohnt. Das Glück hast du nur, wenn du alles gibst. Wenn du nicht alles gibst, dann wird das nicht reichen. Die Luft wird immer dünner. Trotzdem haben wir noch eine Chance - und die gilt es auch zu packen."

Funkel: "Ich bin der Erste, der vorneweg geht"

Sehr deutlich in seinem Statement zum Spiel wurde auch Friedhelm Funkel, der statt der Mannschaft aber eher die rund um den Betzenberg immer größer werdende Abstiegsangst ins Visier nahm. Der Trainer versteht diese zwar durchaus, verweist aber zurecht auch auf die noch ausstehenden Spieltage: "Hier ist im Moment eine Weltuntergangsstimmung, wenn ich in die Gesichter der Leute schaue. Aber wir sind heute nicht abgestiegen. Wir haben einen Punkt geholt, das ist zu wenig, aber wir haben noch vier Spiele. Und ich bin der Erste, der vorneweg geht. Beim 1. FC Köln habe ich damals die gleiche Situation gehabt und auch wir werden in der Liga bleiben - ob über die Relegation oder direkt. Es ist alles noch möglich. Es wird jetzt hektisch werden, aber ich nehme meine Spieler schon etwas in Schutz. Die Spieler haben gewollt, auch wenn das bei dem ein oder anderen vielleicht nicht so zu erkennen war. Aber ich kenne meine Spieler und deshalb weiß ich das."

Zur Kritik an der ängstlichen Spielweise nach der Pause erklärte der FCK-Coach: "Es ist immer einfach zu fordern, bedingungslos nach vorne zu spielen. Die Mannschaft wollte das in etwa so umsetzen, wie wir das gegen Osnabrück gemacht haben. Wir wollten nicht ins offene Messer laufen und das Spiel noch verlieren wie beispielsweise gegen Karlsruhe. Wir haben kontrollierten Fußball gespielt und das hängt ja auch immer mit der Zusammenstellung der Mannschaft zusammen. Wir haben in der ersten Hälfte wesentlich aktiver gespielt als in den letzten Heimspielen. Ich habe diese Situationen schon das ein oder andere Mal erlebt. Wir werden es hinbekommen, auch wenn im Moment nur ich und die Mannschaft daran glauben. Aber wir glauben daran", so Mutmacher Funkel.

Ritter: "Ein Punkt ist zu wenig, aber besser als keiner"

Auch der heute anstelle des schwer verletzten Julian Niehues im defensiven Mittelfeld aufgebotene Marlon Ritter sprach das inzwischen schon alte Problem der Saison an, die Diskrepanz beider Halbzeiten: "Wir hatten in der zweiten Hälfte weniger den Ball als in der ersten, daher war es schwieriger, nach vorne etwas zu machen. Wir müssen trotzdem mutig spielen, jeder muss den Ball fordern. Dann macht man mal Fehler, aber man hat das Spiel trotzdem unter Kontrolle wie in der ersten Halbzeit. Ein Punkt ist für uns zu wenig, aber besser als keiner." Jan Elvedi schlug in die gleiche Kerbe: "In der ersten Halbzeit verschaffen wir uns eine gute Ausgangslage und machen uns in der zweiten Halbzeit wieder alles kaputt. Eine Erklärung hierfür ist schwierig. Wir holen keine zweiten Bälle, wir verteidigen 45 Minuten vor dem eigenen Strafraum. Da ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass mal einer reinfällt."

Beim Wehener Sonntagsschuss zum 1:1 war Julian Krahl chancenlos, der nach seiner Handverletzung ein gutes Comeback zeigte und mehrere gegnerische Chancen vereitelte. "Es ist das alte Lied. Wir spielen eine vernünftige erste Halbzeit und sind in der zweiten inaktiv. Wehen hatte mehr Chancen, war aggressiver und wir haben keine zweiten Bälle bekommen." Eine Patentlösung, wie dies zu verbessern wäre, hat auch Krahl nicht. "Wir müssen uns zusammensetzen und eine Lösung finden, warum wir in der zweiten Halbzeit nicht an die erste anknüpfen können. Wenn wir weiterspielen wie in der ersten Halbzeit, gewinnen wir das Spiel. Wenn wir am Wochenende immer nur 45 Minuten Fußball spielen, wird es schwer. Wir müssen 90 Minuten unser Spiel auf den Rasen bringen. Dann können wir dieses Jahr noch alles erreichen, was wir erreichen wollen."

» Zum Video: Pressekonferenz nach dem Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden

Quelle: Der Betze brennt

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