Neues vom Betzenberg

Kuntz: „Ich wäre fast geplatzt“

1991 brachte Stefan Kuntz als FCK-Kapitän seinem Idol Fritz Walter die Meisterschale. Doch in der Folge erlebte er den schleichenden Niedergang des Vereins. Wir sprachen mit ihm über Identitätsverlust, Abstiegsangst und bittere Tränen.

Herr Kuntz, machen Sie sich Sorgen um den FCK?

Wenn ich mir die Tabelle anschaue und in Betracht ziehe, dass der Verein in der Öffentlichkeit schon mal besser dastand – ja, auf jeden Fall.

Der Verein steht in der Zweiten Liga im Keller, bei einem Abstieg droht sogar der Lizenzentzug. Wie konnte es soweit kommen?

Ich glaube, dass im sportlichen Bereich des öfteren Fehlentscheidungen getroffen wurde. Vor allem wurde die Pole Position, die der Verein nach der Meisterschaft 1998 innehatte, leichtfertig verspielt.

Sie stammen aus der Region. Welche Bedeutung hat der FCK dort?

Er ist nach wie vor die Nummer eins und hat eine riesige Bedeutung für die Fans.

Es wird oft gesagt, mit dem Verein sterbe die ganze Region. Stimmt das?

Das ist natürlich überzogen, schließlich wird niemand buchstäblich sterben. Aber es ist so, dass der FCK für viele ein Lebensinhalt ist und diese Menschen ihre Identifikationsfläche verlieren würden.

Ist diese Bedeutung eine Last für die Spieler?

Nein. Sie ist ein Antrieb. Als Profi spielt man lieber für einen emotionalen Verein wie den FCK. Die Last macht gegenwärtig allein der Tabellenplatz aus. Man sollte darauf achten, dass Spieler auch damit umgehen können.

Welche Bedeutung hatte der FCK für Sie in der Kindheit und Jugend?

Der FCK war immer mein Verein! Meine Familie stammt schließlich aus Kaiserslautern. Dazu kann ich Ihnen eine Geschichte erzählen: Ich spielte bei Bayer Uerdingen und hatte großes Heimweh. Da riefen die Verantwortlichen des FCK an und machten mir ein Angebot. Ich glaube, ich hätte auch umsonst gespielt (lacht)! Ich hatte in der Folge meine größten Erfolge beim FCK – und ein unglaubliches Verhältnis zu den Fans.

Wie war Ihr erster Eindruck, als Sie 1989 als Profi zum FCK stießen?

Ich habe gedacht: »Endlich bin ich zu Hause!« Und gleich die erste Saison war extrem: Einerseits waren wir bis zum Schluss abstiegsgefährdet, andererseits haben den DFB-Pokal gewonnen. Das hat die Spieler untereinander zusammengeschweißt – und auch Mannschaft und Fans.

Sind solche Wechselbäder symptomatisch für diesen Verein?

Eines steht fest: Wir hätten in dieser Saison nicht gegen Abstieg spielen müssen. Dazu waren wir zu stark besetzt und zu sehr mit dem Herzen bei der Sache. Auf der Weihnachtsfeier 1989 haben wir mal durchgezählt: Wir waren elf Spieler aus der Region. Und gerade wir wollten nicht die Ersten sein, die mit dem FCK absteigen.

Eine Frage der Identifikation, die heute so nicht mehr gegeben ist.

Damals waren wir den Fans auch noch näher, sind privat zu Fanabenden gegangen. Außerdem haben wir allesamt in der Stadt gelebt. Schon deshalb kam es immer wieder zu Begegnungen, beim Einkaufen, im Kino, im Café. Das hat eine starke Bindung erzeugt, so dass wir, wenn wir aufgelaufen sind, immer wussten: Wir haben die Fans im Rücken.

Kaiserslautern ist eine kleine Stadt mit kaum 100.000 Einwohnern. Hat das von Ihnen beschriebene Familiengefühl den FCK seit 40 Jahren im Profi-Fußball gehalten?

Auf jeden Fall! Der Rückhalt ist etwas ganz Besonderes. Selbst jetzt, in schwierigen Zeiten, gibt es überhaupt keine Probleme mit den Fans.

Welche Rolle spielten in dieser Familie die vier Weltmeister, Horst Eckel, Werner Liebrich und die Walter-Brüder?

Wir haben immer die Verpflichtung gespürt, der großen Tradition der 1954er gerecht zu werden. Wir saßen mit vier Weltmeistern zusammen, und wenn die von früher erzählt haben, war das natürlich großartig und eine starke Motivation für uns.

(...)

Quelle und kompletter Text: 11 Freunde

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