Spielbericht: Greuther Fürth - 1. FC Kaiserslautern 0:1

„Keiner wird es wagen, uuuunsern FCK zu schlagen!“

„Keiner wird es wagen, uuuunsern FCK zu schlagen!“


Ein alter Lautrer Gassenhauer tönte noch Minuten nach dem Abpfiff durch das Fürther Patchworkstadion - der mit über 1.000 Fans gefüllte rot-weiße Gästeblock feierte die Mannschaft, den Trainer und nicht zuletzt sich selbst. Mit gutem Grund: Der Sieg war hochverdient, der Protest gegen die geplanten Anstoßzeiten konnte sich auch mehr als sehen lassen, ebenso die vielen rot-weißen Fahnen. Aber der Reihe nach.

„Ohne Urlaub wär´n wir heut nicht hier“

Deutschlands Fankurven machen mobil gegen die weiterhin geplanten, unmöglichen neuen und aktuellen Anstoßzeiten. Mit einigen Spruchbändern - besagtes Urlaubs-Transparent, "Für fangerechte Anstoßzeiten - stoppt den TV Irrsinn!!!", "We don´t like Mondays" -, klaren Ansagen im Support („Danke für die Anstoßzeit“), dazu einige FCK-Schlachtenbummler in Arbeitskleidung zeigte der Gästeblock, was er von Montagsspielen, Sonntagsspielen um 12:30 Uhr und Wochentagsspielen um 17:30 Uhr hält. Sah klasse aus, doch auch der Protest auf der Fürther Seite konnte sich sehen lassen: Ein kompletter Block auf der Heimtribüne war bis auf ein paar Spruchbänder ("Sonntag 12:30 ohne uns - stoppt das TV Diktat!") beim Anpfiff komplett verwaist, dann stürmten die Fürther ihren Block und legten ein paar Minuten lang einen richtig guten und lauten Support hin. Auch während dem weiteren Verlauf des Spiels kam es mehrfach zu Aktionen und Gesängen bei beiden Fangruppen, oftmals war der Adressat das übertragende DSF mit dem Höhepunkt nach dem Spiel, als der Lautrer-Fürther Wechselgesang „Scheiß DSF“ durch das ansonsten lautlose Stadion hallte. Ein großes Kompliment für die Protestaktionen beider Fanlager!

„KAAAAAAAISERSLAUTERN!“

Fußball wurde in Fürth natürlich auch gespielt. Und da stellte sich die Frage, wie der Ausfall von Anel Dzaka kompensiert werden sollte. Mit einer Doppelsechs reagierteTrainer Milan Sasic auf den Ausfall des Lautrer Taktgebers, auch sonst trat der FCK wie erwartet auf. Gegen die offensivstarken Fürther sollte ein kompaktes Mittelfeld die Gefahr schon frühzeitig bannen und die schnellen Außen Sidney Sam und Dragan Paljic mit Flankenläufen die Stürmer Kai Hesse und Erik Jendrisek in Position bringen. Das Abfangen der Fürther Angriffsbemühungen klappte auch bombig, die hochgelobten Takyi und Allagui konnten sich nur ganz selten in Szene setzen und angefeuert von einem teilweise gut aufgelegten Lautrer Auswärtsmob versuchte vor allem Sam durch seine bärenstarke Technik die Angriffe zu gestalten. Doch so gut es aussah, am Strafraum war meistens Schluss mit der Herrlichkeit, große Gefahr kam auch bei FCK-Angriffen selten auf.

Unentschieden zur Pause auf dem Rasen, gefühlter Sieg auf den Rängen: ein tolles Bild gaben die vielen rot-weißen Fahnen ab, die beim Einlaufen der Mannschaften und auch im Verlaufe des Spiels mehrfach eingesetzt wurden, ebenso das Transparent „Volles Rohr für den FCK“ (in Anlehnung an die „Werner“-Filme, deren Hauptdarsteller auch auf dem Urlaubs-Transparent zu sehen waren), auch akustisch kam nach der "Blocksturmeuphorie" der Heimfans mehr von den Fans der Roten Teufel als vom Anhang der Fürther.

„Eieieiei FC Kaiserslautern, wir singen und tanzen auf jedem Fußballplatz! Ein Schuss! Ein Tor! Die Lautrer!“

Die Geschichte der zweiten Hälfte ist schnell erzählt - eine aggressiv draufgehende FCK Mannschaft, die teilweise richtig starkes Pressing zelebrierte und die Fürther Hintermannschaft so zu Fehlern zwang, machte den eigenen Strafraum weiterhin dicht und kam vorne langsam in Fahrt. Bezeichnend für die derzeitige Lage: die Vorarbeit zu Kai Hesses Riesenchance in der 54. Minute kam durch einen klasse Angriff über links zustande, wo Axel Bellinghausen, der das Spielfeld wieder vorbildlich umpflügte, mit der Hacke auf Paljic spielte, nach dessen Flanke die Chance entstand - leider drüber. Doch es zeigte sich: hier geht was, ein Punkt ist zu wenig gegen diese Fürther! Und nur acht Minuten später, nachdem auf der rechten Seite durch das bärenstarke Draufgehen der Offensiven auf den ballführenden Spieler ein Eckball heraussprang, war es soweit: „Bello“ führte aus - und Amedick netzte mustergültig mit dem Kopf ein! 1:0, ein Härtetest für die Stahlrohrtribüne! Ab jetzt war Party angesagt!

„Hier regiert nur einer! Lautern uns sonst keiner!“

Was auf den Rängen galt - der Fürther Anhang war kaum einmal mehr zu vernehmen - war nun auch auf dem Spielfeld deutlich geworden: Der FCK ist auf dem Weg, eine gute Rolle in der Liga zu spielen. Zwei unfassbar kopfball- und zweikampfstarke Innenverteidiger, die alles wegräumten was auch nur in Richtung Strafraum flog, eine bis zur letzten Minute beißende Mannschaft, der kein Weg zu weit scheint, dazu ein Trainer mit Mut: Nein, kein Stürmer wird einem Mittelfeldspieler geopfert, auch bei einer knappen Führung. Im Gegenteil, mit Srdjan Lakic kam in der 70. Minute für Paljic gar ein weiterer etatmäßiger Stürmer auf den Platz! Ergebnis halten geht oft in die Hose und wieso etwas ändern, was bislang gut klappte? Und gleichzeitig kam mit Manuel Hornig ein Spieler der "Zwoten" für Moussa Ouattara, der sich leider am Knie verletzte, und ersetzte ihn blendend. Keine guten Zeiten für Fabian Schönheim, dessen Zug scheint erstmal abgefahren, denn bald kommt Matthias Abel zurück - der es bei dieser Abwehr auch nicht einfach haben wird.

Zurück zum Spiel, der FCK ließ außer einem Fernschuss, der allerdings sehr gefährlich war, nichts mehr zu und verpasste es durch Eigensinn in der Offensive und einer starken Parade von Sascha Kirschstein, der einen Schuss des emsigen und laufstarken Erik Jendrisek entschärfte, den Sack zuzumachen. Ein 2:0 wäre verdient gewesen, aber auch so stand der zweite Auswärtssieg der Saison fest, als der gute Schiedsrichter Schmidt nach 92 Minuten abpfiff.

„Auswärtssieg! Auswärtssieg!“

Zur Zeit ist es einfach ein geiles Gefühl, FCK-Fan zu sein. Nach Jahren des Leidens steht endlich wieder eine Mannschaft auf dem Platz, die nicht nur sportlich, sondern augenscheinlich auch menschlich fantastisch harmoniert. Und das Band zwischen Mannschaft und Fans scheint auch immer dicker zu werden, "Moussa Moussa"-Rufe bei der Siegesfeier und ein trotz dick eingepacktem Knie ausgelassen jubelnder Ouattara, der von seinen Mitspielern quasi an den Block geführt wurde - ein tolles Bild, sinnbildlich für das neue Lautrer "Wir-Gefühl".

Genießen wir es. Es war nicht immer so.

„Auswärtsfahr´n, Auswärtsfahr´n, Auswärtsfahr´n macht Spaß! Kohle zahlen, Scheiße seh´n, Auswärtsfahr´n macht Spaß!“

Kennt das überhaupt noch jemand???

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Sebastian

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