Spielbericht: 1. FC Nürnberg - 1. FC Kaiserslautern 3:0

Betze-Express bleibt im Schnee stecken

Betze-Express bleibt im Schnee stecken


Am 19. Spieltag ins Frankenstadion zu fahren, ist bei Gott kein schlechtes Unternehmen. Da kommen viele gute Erinnerungen auf, sowohl an die Tradition beider Vereine, als auch an die Erfolge die der 1. FC Kaiserslautern beim „Club“ bereits gefeiert hat - Nürnberg ist mit bisher acht Auswärtssiegen eigentlich ein gutes Pflaster für die Roten Teufel.

Die Vorfreude vermiesen konnte daher nur ... die DFL! Das die sich inzwischen scheckig lacht über die massiven Proteste der unentwegten Stadiongänger und Allesfahrer, weil durch Eventbesucher die Stadien ja gerade am frühen Freitag und am Montagabend voller sind als am Sonntag, kann bei Schneegestöber auf dem stundenlangen Heimweg auch nicht erheitern. Die Ultragruppierungen aus Kaiserslautern und Nürnberg sind führend in bundesweiten Protestbewegung gegen die fanfeindlichen Anstoßzeiten. So wurde durchaus ein nicht geringer Protest erwartet. Jedoch beschränkten sich die Nürnberger, unterstützt von Freunden der Ultras Rapid, zunächst auf eine Mini-Choreo zum Thema ihres Heimblocks (Block 8 - Unsere Heimat!), in dem die Stadt als Eigner des Stadions die ersten vier Reihen gesperrt hatte - die Ultras hatten sich beim Lokalderby gegen Fürth angeblich nicht benommen. Zudem präsentierten sie ein Transparent mit der Aufschrift „Destroy Modern Football“. Ob das einer versteht, der vorm DSF hockt? Egal, wurde natürlich sowieso nicht eingeblendet.

Die gut 1.500 Lautringer im durchschnittlich gefüllten Achteck wussten sängerisch zu gefallen, was die insgesamt 27.147 Besucher allerdings kaum wahrgenommen haben dürften, wie auch umgekehrt, einfach zu weit weg. Nur im Nachbarblock der Teufelsanbeter machten ein paar „gaaaaanz groooooße Hooligans“, also die, die nur laut sind wenn Zäune dazwischen sind, auf sich aufmerksam, wurden aber umgehend von Sicherheitskräften und unter dem höhnischen Gesang der Lautrer mit „Lutscher, Lutscher“ aus der Südkurve komplimentiert.

Zu diesem Zeitpunkt stand es freilich schon 2:0 und das Spiel war entschieden. Warum? Der FCK trat völlig verändert an, vor allem hinten durchgewirbelt. Ouattaras Erkrankung sollte Hornig kompensieren, Kotysch vertrat den im Mainz-Spiel schwachen Demai, Neuzugang Fabian Müller sollte zusätzlich vor Bugera aufpassen, dafür blieb Sam draußen, auch Husejinovic nahm erst mal auf der Bank Platz, für ihn kam der gesetzte Jendrisek zurück. Kapitän Bellinghausen blieb zudem mit der Begründung „Trainingsrückstand“ außen vor.

Sasic setze auf kontrollierte Defensive, was gründlich schief ging. Der FCK setzte zwar Initiativ-Zeichen, erhielt bereits nach zweieinhalb Minuten den ersten Eckball. Der gut geschossen auf Amedick, doch Schäfer parierte den gefährlichen Kopfstoß. Nürnberg konterte schnell, Kotysch schlug den Ball zentral nicht weg, Pinola bediente Frantz, den Ex-Saarbrücker, Müller war überhaupt nicht da wo er sein sollte, Frantz flankte auf Eigler, der Bugera einfach übersprang, Robles chancenlos - 1:0 für den Club (4.).

Das war nur der Anfang von defensiven Unpässlichkeiten, wie man sie zuletzt beim 0:5 in „Walterpeter-Twer-Stadt“ sah. Vorne der FCK dennoch auch weiterhin noch bemüht, Lakic spielte gewohnt aggressiv, Jendrisek lief viel. Dzaka wusste in den folgenden zwanzig Minuten als Ballverteiler zu gefallen, nahm seine Nebenleute mit, sah gut aus. Paljic setze sich schön über außen durch, nur auf rechts passierte gaaaaar nix. Müller war überall, nur nicht auf seiner Position, hatte aber auch keine Sonderfunktion. Dick stand viel zu weit hinten, war praktisch aus dem Spiel.

Es war offensichtlich, dass der Betze hier verwundbar sein würde, auch wenn Dzaka die Lücke manchmal beherzt schließen konnte. Vor allem nach Standards konnten die in Schwarz-Weiß gekleideten Teufel für Gefahr im Nürnberger Strafraum sorgen. Lakic per Kopf (10.), Paljic mit einem „Schüsschen“ aus 17 Metern (12.) scheiterten nach Ecken am guten Schäfer und Hornig zielte in der deutlich zu hoch (17.). Eben dieser Hornig zeigte auch als einziger die Laufbereitschaft, die man von einem Verteidiger erwarten muss, im Rückwärtsgang, stand als einziger bei seinem Mann, während Bugera und Müller irgendwo rumliefen und Amedick verzweifelt Moussa suchte oder Demai, aber nur den überforderten Kotysch fand, der die Anspiele meist „verpasste“.

Defensiv ist ja nicht verkehrt, lieber Milan, aber warum dann nicht die Doppelsechs mit Demai und Kotysch? Dann spielt man halt in der ersten Hälfte nur mit einer Spitze und Dzaka hintendran. Es kam was kommen musste, über eben jene verwaiste Seite trug der FCN drei schnelle Angriffe vor, beim dritten Mal rappelte es. Dick zu langsam, Boakye tanzte Amedick aus, verlor aber dabei den Ball vom Fuß, der Abroller rollte an den Fünfer, da stand kein Bugera, kein Dick, kein Kotysch, nur Mike Frantz allein vor Luis Robles, und netzte trocken mit der Pieke zum 2:0 ein. (23.) Der Club wusste mit den Stellungsfehlern im Pfälzer Hühnerhaufen umzugehen.

Nur fünf Minuten später entschied der Club die Partie. Der FCK inzwischen auch zentral nicht mehr auf der Höhe, quer statt längs hieß die Devise, Lakic und Jendrisek bekamen keine Bälle mehr, unkontrolliertes Gebolze, wie man es bei Rückständen schon oft gesehen hat, wenn die Ideen ausgehen. Paljic seit dem Tor unmotiviert, Lakic nur am schimpfen, Dzaka suchte verzweifelt einen Heuhaufen, hinter dem er sich verstecken konnte, wie immer, wenn es nicht läuft. Mintal verwertete einen Ballverlust von Dzaka, der mal wieder quer lief wie ein Running-Back beim Football, und schickte Eigler auf die Reise Richtung 3:0. Doch ausgerechnet Hornig war dessen Verfolger, der einzige hinten, der überhaupt in der Lage war, ihn einzuholen. Tat er auch, klar vor der Linie, spielte auch klar den Ball, doch traf mit dem Standbein, oder besser „Flugbein“ leicht die Wade des Nürbergers. Spontan auch für Ex-Schiri Rossobianco ein klares Foul und klar Rot, aber kein Elfmeter.

Nach der Fernsehanalyse kann man geteilter Meinung sein, ob es Foul war, und damit auch, ob es Rot war, denn das ist unzertrennlich verbunden. Elfmeter war es definitiv nicht! Pinola scheiterte mit einem schwachen Schuss an Lauterns Keeper, für einen kurzen Moment, dachte man, eine Art „Jetzt-erst-recht“-Mentalität könnte sich breit machen. Doch Sasic verschob Müller nun vollends nach rechts in die Kette, statt auf Dreier umzustellen, und Müller direkt neben Kotysch zu bringen. Gegen Franken in der Überzahl, stand der FCK weiter hinten drin, hatte keinen Anspielpartner nach vorne mehr. Nürnberg hatte nun Chance um Chance, hätte bis zur Halbzeit locker leicht 5:0 führen können, ja müssen. Milan Sasic sagte nach dem Spiel: „Nach rote Karte war Spiel vorbei“. Mit dieser Taktik und dieser Aufstellung schon, Milan! Sorry.

Sasic reagierte und brachte Danny Fuchs für den nun lustlosen Paljic, er sollte Dzaka unterstützen, und Sam für den zu defensiven Dick, doch die Clubberer spielten ohne große Anstrengung ihre Überzahl gekonnt aus und spielten fortan mit Perchtold quasi als Libero zentral das Lautrer Mittelfeld einfach mit schnellen Pässen aus. Der FCK brauchte etwa 15 Minuten, um sich neu zu sortieren, stand dann recht sicher hinten drin und hatte so etwas wie eine kleine Hochphase zwischen der 62. und 75. Minute.

Auch begünstigt dadurch, dass Robles in der 50. Minute den agilen Frantz, der nach seinem Tor noch mit provozierender Geste vorm Lautrer Block aufmarschiert war, unsanft bremste und dieser sich wohl das Bein brach....just in dem Moment als die Ultras ihre beliebten „Scheiß DFL“-Rufe anstimmen wollten, was die Nürnberger nunmehr weniger interessierte. Die ausgerollten Transparente unterstützten indes die Abneigung gegen Montagsspiele. „Wir müssen damit leben“ - „Wir bleiben dagegen“, so stand es in beiden Kurven in gemeinsamer Absprache. Am Ball bleiben - Jungs! Nicht aufgeben!

Der eingewechselte Judt verstärkte nun noch die zweite Reihe und meldete auch Fuchs komplett ab. Von Jendrisek war nichts mehr zu sehen, Sasic tauschte gegen Husejinovic, zwecklos, wie soll der noch nicht integrierte Neuling die Kohlen aus dem Feuer holen? Warum, wie schon gegen Mainz, nicht den Aktiv-Motor Simpson für ein letztes Aufbäumen? Und auch Dzaka ließ mehr und mehr die Flitten hängen. Lakic monierte nur noch und spielte bei jedem Zweikampf Foul. Bugera war indes total neben der Spur, kein Ball zum Mann, kein Stellungsspiel, kein gewonnener Zweikampf, Zweitliga-untauglich selbst auf diesem Niveau. So ließ er seinen Mann, Mintal, wiederholt alleine auf halbrechts lustwandeln, dieser vollstreckte aus spitzem Winkel unhaltbar zum 3:0 (77.) nach schönem Querpass von Kluge, bei dem auch Kotysch erneut nur hinterher gucken konnte.

Der bemühte Amedick konnte einem leid tun. Er allein vermochte aus der Deckung heraus präzise Anspiele zu tätigen, über die gesamte Spielzeit fielen offensiv ansonsten nur noch Dzaka und Lakic leicht positiv auf. 170 Abspielen aller Teufel in der Club-Hälfte hielt Nürnberg allein mit Kluge, Perchtold und Mintal fast 180 entgegen, wovon über 130 ihr Ziel fanden, eine Quote von fast 80%! Der FCN hatte fast 70% Ballbesitz und gewann 57% Zweikämpfe am Ball, trug 78% seiner Angriffe über die schwach besetzten Lautrer Außen vor, die Pfälzer versuchten es dagegen fast nur durch die Mitte - unproduktiv.

„Die erste Hälfte war mit Sicherheit unsere stärkste Halbzeit der Saison. Das waren heute Big Points. Ärgerlich war, dass wir nicht schon in der ersten Halbzeit den Sack zugemacht haben, aber die ganze Mannschaft hat ein engagiertes Spiel gezeigt.“, sagte Torschütze Eigler. Nur im ersten Satz kann ich ihm nicht ganz zustimmen, denn es war die schlechteste Halbzeit des FCK in dieser Saison, eine Stärke des FCN lässt sich daraus nicht zwingend ableiten.

„Nach dem Platzverweis war es fast nicht möglich, mehr zu machen.“, war Milan Sasics Credo, nur teilweise zutreffend, wenn er nicht aufhört seinen „Angsthasen-Fußball“ gegen den der ersten sieben bis acht Spieltage und des Freiburg-Spiels einzutauschen, rückt der erträumte Spitzenplatz so bald in weite Ferne. Wir können es - aber so wird das nix. Man kann nur hoffen, dass die große Anzahl an neuen Spielern auf eigentlich gut besetzten Positionen, nicht zu Demotivation der bisher eingesetzten führt, denn die Stärke des FCK war in der Hinrunde der oft beschworene Teamgeist. Wenn Unzufriedenheit einkehrt, fährt der Betze-Express auch ohne Schneegestöber schnell rückwärts.

Also,.... Zusammenreißen ist angesagt!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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