Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - FC Augsburg 1:0

„Das 'Wunder in der Pfalz' ist wieder möglich“...

„Das 'Wunder in der Pfalz' ist wieder möglich“...


... so titelt die Augsburger Allgemeine am heutigen Samstag. Spiel eins nach Milan Sasic - nach den vielen Äußerungen in der letzten Woche war man gespannt auf den Auftritt der Teufel. Mal sehen, ob die jetzt Gas geben oder den Kopf hängen lassen. Die Spieler zeigten sich offiziell ja überrascht vom Trainerwechsel, und dass, nachdem gerade aus der Mannschaft die Beschwerden kamen, verwundert doch. Das Spiel begann etwa 10 Minuten später, weil viele Fans nach einem Unfall auf der Autobahn und Problemen auf der Bahnstrecke nach Kaiserslautern noch feststeckten.

Die Zuschauer kamen dennoch in gewohnter Zahl, diesmal 30.458. Vielleicht hätten es ein paar mehr sein können, vielleicht sind auch einige aus Verärgerung über Sasics Entlassung nicht gekommen. Eine Reisegruppe aus der „Puppenkiste“ mit etwa 150 Angehörigen hatte sich ebenfalls auf den Betze verirrt, fiel aber optisch nur durch zwei Schwenkfahnen auf und akustisch gleich Null. Für einen Traditionsverein, der gerade ein neues Stadion baut und mit Fremdgeldern in die erste Liga will ganz schön dürftig.

Und schon von Anfang an war klar, wer der Held des Tages sein würde: Milan Sasic. Besonders in der Westkurve mit Spruchbändern, Doppelhaltern oder Fahnen... sein Name und das Datum an das wir alle noch in hundert Jahren denken werden, der 18. Mai 2008. Gerade da wurde es bewusst, wie schmerzhaft diese Trennung - bei aller Nachhaltigkeit der Vorwürfe auch immer - eigentlich ist. Danke Milan, für alles ganz sicher nicht, aber für den 18. Mai, für deine Aktion gegen Hoffenheim, für dein Engagement, für deine Kauzigkeit, für deinen Dialekt, für deine Idee des „Double-Kick & Rush“, für die Erfindung der „flachen Vier“. Es war eine insgesamt gute Zeit mit dir! Und es mögen die guten Dinge in Erinnerung bleiben, schlechte hatten wir genug, um sie zu vergessen. Neben den Würdigungen für Sasic gab es auch eine kleine Choreographie: Der Fanclub „Boys Diabolo“ feierte mit Doppelhaltern und Spruchband sein fünfjähriges Bestehen in Block 8.2.

Die Roten Teufel also zum ersten mal unter Interimscoach Alois Schwartz, der gleich kräftig durch wirbelte. Tobias Sippel, Aimen Demai und Srdjan Lakic fehlten krankheitsbedingt, Florian Dick gelbgesperrt und Anel Dzaka saß auf der Bank, auf die auch Ouattara wieder musste. Nach der Leistung der beiden in Rostock die wohl richtige Konsequenz. So lief „der Betze“ auch mit neuer Taktik auf und die Zuschauer sahen zum ersten Mal Winter-Neuzugang Jiri Bilek in Aktion in einem Punktspiel. Der Tscheche verstärkte das defensive Mittelfeld und spielte hinter bzw. neben Kapitän Axel Bellinghausen, der von seinem „Langzeit-Bluterguss“ genesen war. Rechts und links flankierten diese „Doppelsechs“ Sidney Sam und Danny Fuchs, davor Erik Jendrisek und Josh Simpson. Hinten Martin Amedick und Dario Damjanovic zentral, Alexander Bugera und Fabian Müller außen. Keine „flache Vier“ rund um Dzaka und keine langen Bälle auf Lakic. Warum auch gegen einen Gegner, der im Niemandsland steht, und sein Spiel auffällig aufs Zentrum konzentriert. Da muss Druck über die Außen kommen und schnelles, flaches Spiel. Sam und Fuchs schoben sich weit vor und so hatte der FCK fast vier Stürmer, auch „Bellos“ Radius war so weit, dass er Dzakas Position mit ersetzte. Unglaublich, was dieser Bursche spielen kann, wenn man ihn einfach nur lässt. Das er den Verein verlässt ist nicht nur ein menschlicher Verlust.

Bilek hatte einen sehr guten Einstand, rein taktisch die bisher beste „Sechs“ dieser Saison. Im Gegensatz zu Demai, passsicherer und kopfballstark, dafür fehlt ihm noch ein wenig die Inspiration und die Bindung - verständlich. Nach Bellinghausens Abgang ist aber auch die Variante zusammen mit dem vorausdenkenden Demai eine erstligataugliche Version! Ebenso erstligatauglich an diesem Tag Bugera und Amedick, die beiden anderen hatten etwas Anpassungsschwierigkeiten, was sich aber zunehmend besserte, die letzten zehn Minuten mal ausgenommen. Der FCK versuchte zu spielen, seine Stürmer nicht rennen zu lassen, sondern einzusetzen, was ob der Sippenhaft im Mittelfeld nicht fortwährend gelang. Aber es gelang bereits in der sechsten Minute: Amedick quer auf Damjanovic, der trabt zwanzig Meter und setzt Sam, von außen hereinwetzend ein. Dieser quert mit Jendrisek und zieht zwei Gegenspieler auf sich, dringt in den Strafraum ein, die Flanke müsste kommen, doch er sieht das der Torwart viel zu weit draußen ist und lupft den Ball - so wie ich denke absichtlich - über drei Gegenspieler ins lange Eck. Traumhaft! 1:0 für den FCK, frenetischer Jubel am Betzenberg.

Was dann allerdings kam, war das, was man auch unter Sasic schon kannte. Nach einer Führung pomadiges Gekicke ohne Ambition nach vorne. Da auch Augsburg nicht wollte in der ersten Hälfte, kam es nur zu wenigen Torraumszenen. Die „Fugger“ waren so laufschwach, das selbst Spielmacher da Costa niemanden einsetzen konnte. Einzig „Zahnchirurg-Freund“ Thurk sorgte ab und zu für Aufregung, aber nicht sportlich, dazu war er einfach zu schlecht und völlig abgemeldet. Die meisten Pässe spielten beim FCA neben Beier die beiden Außenverteidiger. So kam Augsburg zu null Chancen in Durchgang eins. Der FCK hatte noch zwei halbe Chancen durch Simpson in der 15. und Jendrisek um die 40. Minute, beide aber ungefährlich.

Ohne Wechsel ging's weiter. Jetzt auf die Westkurve mit etwas mehr Power, man wollte das 2:0, den Sack zu machen. Bereits nach vier Minuten klatsche ein Freistoß des starken Bugera ans Aluminium. In der 56. Minute kratzte Augsburgs Müller einen super platzierten Amedick-Wuchtkopfball quasi von der Linie. Nur drei Minuten später scheitert Sam aus fünf Metern am Keeper. Besonders bemerkenswert noch ein Hackentrick nach tollem Solo von Bellinghausen, der Sam bediente, dieser verstolperte aber am Elfmeterpunkt.

Es hätte jetzt verdient 3:0 stehen können, aber wie so oft wurde der Sack eben nicht zugemacht. Das Tempo ließ nach, Interimstrainer Schwartz reagierte, brachte Hesse für Fuchs auf links. Dieser hatte kurz zuvor Gelb gesehen, just als der FCA seine erste Torchance im gesamten Spiel hatte. Die Verwirrung der Auswechslung nutzend kamen die Fugger zu zwei Einschusschancen innerhalb von 20 Sekunden, doch Hain scheiterte letztlich am gut postierten Robles - gutes Stellungsspiel, Luis! Das Simpson in Folge hätte Fuchs'˜ Position übernehmen müssen um Platz für Hesse zu machen, war das einzige, das taktisch gar nicht funktioniert hat. Josh blieb fast mittig und stand so Jendrisek in den Füßen, während Hesse sich mit Sam ins Gehege kam. Schlechter Tag für die Helden vom 18. Mai 2008, Josh, was?

Es folgte eine Endphase ohne Torraumszenen, bis zur Schlussphase. Lautern verwaltete, brachte Manuel Hornig für Damjanovic, auch der gelb-belastet. Dann ging Torschütze Sam und Alper Akcam von der zweiten Mannschaft kam. Jetzt ging der Schuss aber nach hinten los und Augsburg drückte auf den Ausgleich, kam in den letzten vier Minuten noch zu zwei guten Möglichkeiten, da schwammen Amedick und Co. gehörig! Einen Konter konnte Akcam nicht verwerten, er traf in guter halblinker Position den Ball schlicht nicht, sonst hätte es nicht mehr spannend sein müssen. Schade Alper, beim nächsten Mal! Aber auch der letzten Eckball von insgesamt nur sieben (vier für Lautern) brachte dem FCA nicht den Lohn des Mühens. Der unauffällige Schiri Metzen, bekannt geworden als „Eifel-Django mit den zwei gelben Karten“, pfiff ab und wurde aufgrund der kurzen Nachspielzeit noch von Augsburgs Spielern und Manager Rettig bedrängt.

Ein verdienter Arbeitssieg für den FCK - der hätte höher ausfallen können. Bilek erwies sich als taktische und spielerische Bereicherung, solange Bellinghausen noch da ist und den Dzaka-Part so gut spielt wird für die Nummer 10 zudem der Weg zurück ins Team ohne seinen Förderer sehr steinig. Sollte Demai gehalten werden können, eröffnen sich ganz neue Perspektiven im Mittelfeld. „Bellos“ Abgang jedoch wird noch schwer nachwirken, auch wenn das seine Kritiker immer noch nicht sehen wollen.

Hinten hängt alles von Amedicks Verbleib ab, er stellt und intoniert die Viererkette. Mit weit vorgezogenen Außen wie gestern ist einer wie er mit klarem Kopf unverzichtbar. Das kann weder Damjanovic, erst recht nicht Moussa Ouattara so spielen.

Bilek könnte sich also nur auszahlen, wenn neben ihm Ersatz für Bellinghausen gefunden wird und Amedick gehalten werden kann, so die Rechnung. Und das Dzaka diese Position spielen kann, bezweifle ich jetzt mal sporadisch. Aber wer weiß....

Ein eindrucksvoller Einstand für Schwartz und Co-Trainer Oliver Schäfer, da sie das Team völlig umkrempelten und ihm eine Taktikspritze verordnenden, die funktionierte, mit agilen Außen ist das „kurz und quer“ richtig ansehnlich. Dennoch sollte man auch das „lang und hoch“ nicht einmotten, erst recht nicht bei unseren Stürmern, die auf Bälle zu oft warten müssen. Simpson hing zum Beispiel 75 Minuten in der Luft. Wenn es den beiden Trainern oder dem neuen gelingt beide Varianten zu bieten, sind wir gar nicht schlecht aufgestellt, sowohl in Liga zwei, als auch in der Bell-Etage.

Ein großes Lob noch an die Ultras der „Frenetic Youth“, die dieses Mal fast komplett in ROT anwesend waren, so sieht der Betze aus! Und an die Stimmungsmacher, das neue Liedchen hat etwas persönliches, gewöhnungsbedüftig aber gut! Und zumindest nicht italienisch. Kritik daran, dass es die Fischbude nicht mehr gibt, wie soll ich da als abergläubischer Mensch meiner Tradition nacheifern? Hoffe, das ist kein erster Schritt zum Einheitsfraß, wie von vielen befürchtet. Erhaltet, das was den Betze ausmacht, auch neben dem Platz!

Am Dienstag am Tivoli entscheidet sich, ob der FCK noch sein Finale bekommt! So sieht es auch der Vorstandsvorsitzende, der nach dem Aachen-Kick sehen will „ob eine Hysterie ausbricht“. Ich glaub dran, und dann gehört ein großer Teil des Erfolgs auch einem Herrn Milan S. aus K.

„Das 'Wunder in der Pfalz' ist wieder möglich“. Greift zu, Teufel!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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