Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - FC Augsburg 1:1

Die Radkapp' ist unser!

Die Radkapp' ist unser!


Erik Jendrisek heißt der letzte Torschütze des 1. FC Kaiserslautern in der zweiten Liga. Der erste nach dem Abstieg vor vier Jahren hieß ...? Wer weiß es noch? Damals, am 11. August 2006, begann eine Zeit, wie sie dramatischer kaum hätte verlaufen können. Eine Achterbahn der Gefühle, die erst nach langen vier Jahren ihr Ende findet. Sie begann gegen Rot-Weiß Essen und endete am 9. Mai 2010 gegen den FC Augsburg.

50.300 Zuschauer waren live im Fritz-Walter-Stadion dabei - etwa 1.000 davon absolvierten vor Spielbeginn einen Bannermarsch für den Erhalt des Stadionnamens - als der FCK die Schmach einer ganzen Region endgültig beendete. Die rund 1.500 mitgereisten Augsburger hatten einige bezahlte Tickets zu Hause gelassen, stand doch schließlich fest, dass ihr FCA in die „Verlängerung“ namens Relegation muss. Aufgrund dieser Tatsache wurden einige Stammspieler geschont, unter anderem der vom Lautrer Anhang innig verschmähte Michael Thurk. Dafür durfte der ehemalige FCK-Kapitän Axel Bellinghausen von Beginn an auflaufen.

Die rappelvolle Westkurve zollte ihren Helden nochmals mit einer überdimensionalen Choreographie Respekt: „Aufstieg“, brannte es in den Augen der restlichen Besucher und der Spieler, die aus dem Kabinen kamen, und der größte Betzi-Teufel der FCK-Geschichte erhob sich unter dem Dach der mächtigen Fantribüne. Bereits gegen Rot-Weiß Essen war das Motto „Aufstieg“ ausgerufen, gegen den FC Augsburg wurde es endlich Wirklichkeit. Die Roten Teufel sind wieder da!

Vor dem Spiel wurden die scheidenden Erik Jendrisek und Moussa Ouattara verabschiedet. Viel Glück auf Eurem weiteren Weg und Danke für alles! Außerdem wurde Martin Amedick zum Spieler der Saison gekürt, eine wahrhaft würdige Wahl. Kein anderer FCK-Spieler bestach so konstant mit herausragender Leistung, Führungsstärke und Fairness. Chapeau, Martin!

Jetzt fehlte zum Abschluss nur noch ein Sieg, damit man auch das Symbol bekommt, das eben nur für die beste aller Mannschaften da ist: Die im vergangenen Jahr eingeführte Meisterschale der zweiten Liga, im Fan-Jargon nur „die Rakpapp'“ genannt. Nach über 20 Spieltagen an der Tabellenspitze hatte es sich der FCK verdient, mit schwachen Leistungen zum Saisonende hin aber auch gleichzeitig noch mal für Spannung in der Frage der Zweitligameisterschaft gesorgt.

Und so lief auch das Spiel gegen die Fuggerstädter dann ab. Der FCK kontrollierte die Partie zwar, versuchte nach vorne zu kommen, die Außen einzusetzen und schnell zu spielen. Jedoch fehlte jedem Einzelnen oftmals die notwendige Konzentration, um einen „sauberen“ Ball zu spielen. Die Bewegungsfreudigkeit in der Spitze war ebenfalls deutlich eingeschränkt. Es entwickelte sich ein von wenigen Höhepunkten unterbrochener Kick, bei dem die beiden auffälligsten Spieler jeweils ganz hinten zu finden waren. Amedick beim FCK und Bellinghausen beim FCA. Er machte ein starkes Spiel und versaute so einige Male gute Situationen für die Roten Teufel. Amedick hingegen glänzte fast schon als Spielmacher vor der Abwehr!

So kam es natürlich auch zu wenigen Chancen. Jiri Bilek und Florian Dick hatten die einzigen erwähnenswerten Gelegenheiten, bis Mitte der ersten Halbzeit die Führung des FC St. Pauli gegen den SC Paderborn eingeblendet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der FCK auf Platz 2 zurückgefallen. Erst danach wachte die Lautrer Offensive etwas auf und es kam noch zu einigen gefährlichen Situationen. Doch Keeper Kruse entschärfte die Bälle von Bugera und Jendrisek. Der FCA hingegen spielte auf Sparflamme und kam bis zur Halbzeit nur zu zwei Möglichkeiten. Das 0:0 war bis dahin schmeichelhaft für die Gäste, dennoch fehlte beim FCK die Durchschlagskraft. Auf St. Pauli stand es mittlerweile 1:1, Lautern also ohne eigenes Zutun wieder auf dem Platz an der Sonne.

Erst Srdjan Lakic machte den Zuschauern nach über einer Stunde bewusst, dass noch gespielt wurde, doch verpasste er die Führung aus spitzem Winkel. Den Nachschuss vergab Markus Steinhöfer, im Gegenzug aber scheiterte Imre Szabics an FCK-Keeper Tobias Sippel. Dann knallte Marcel Ndjeng den Ball aus gut 22 Metern an die Latte. Jetzt war plötzlich Pfeffer drin! Der FCK schien nun überrascht davon, dass Augsburg auf einmal mitspielen wollte und ließ dem eingewechselten Stephan Hain Raum für ein tolles Solo über 60 Meter, das dieser zum sehenswerten, aber leider überflüssigen 0:1 verwertete (73.). Zum Haare raufen! Erst vor 50.000 Zuschauern gegen Rostock nicht den Sack zu gemacht, dann vor 7.000 Auswärtsfahrern in Koblenz ebenfalls nicht, und jetzt schon wieder verlieren! Das konnte und durfte nicht sein!

Der FCK gab nun Gas, die Jungs wollten nicht verlieren, dennoch gab es nicht mehr viele Strafraumszenen. Als kurz vor Spielende dann die Führung für Paderborn in Hamburg eingeblendet wurde, brachen im Fritz-Walter-Stadion nochmals alle Dämme. Die Mannschaft, unermüdlich nach vorne getrieben von Trainer Marco Kurz, realisierte die bevorstehende Zweitligameisterschaft und bündelte noch ein letztes Mal alle Kräfte. In der Nachspielzeit brachte Sidney Sam den Ball nach innen, zu Jendrisek, der nicht lange fackelte und das Leder zum überfälligen Ausgleich einnetzte (90.+1). Obwohl es eigentlich ein relativ unwichtiges Tor war, fegte ein ohrenbetäubender Jubel über den Betzenberg: „Nie meeeeehr zweite Liga, nie mehr, nie mehr!!!“

Der FCK ist Meister der zweiten Liga! Eine tolle Saison nimmt ihr gerechtes Ende. Weltmeister Horst Eckel überreichte seinen Roten Teufeln und den Spielführern Amedick und Lakic die Meisterschale, im frenetischen Freudengesang aller vier Tribünen. Im Stadion wurde noch bis lange nach Spielende ausgiebig gefeiert, Ehrenrunde um Ehrenrunde gedreht und viel Bier vergossen. Die Mannschaft musste zahlreiche Fotowünsche erfüllen, Kapitän Amedick jubelte zunächst über Megaphonanlage und dann per Stadionlautsprecher noch ausgiebig mit den Fans in der Westkurve und von allen Beteiligten fiel schlichtweg der Druck von vier Jahren zweite Liga ab. Später ging es dann noch in die Innenstadt, wo nach einem Buskorso und dem Eintrag ins Goldene Buch eine weitere Feier mit zehntausenden Fans auf dem Rathausplatz folgte.

Wir habens geschafft! Und zwar absolut souverän. Da sollten auch die durchwachsenen Auftritte zum Saisonende, als der Aufstieg schon mehr oder weniger feststand, nicht überbewertet werden. Der FCK hat 67 Punkte, einer weniger als 1997 beim letzten Aufstieg. Wir haben 34 verrückte, wahnsinnige Spiele gesehen. Die jüngste Mannschaft der Liga hat uns alle auf eine harte Probe gestellt und doch nie wirklich enttäuscht! Der mit Skepsis empfangene Trainer Kurz wurde zum Sinnbild dafür, was man mit Leidenschaft und Disziplin erreichen kann und wie man dabei trotzdem „ein Kerl“ bleibt.

Wir waren himmelhochjauchzend in Aachen und zu Tode betrübt in Oberhausen, wir haben gezweifelt in Fürth und gejubelt in München, wir haben gezittert in Augsburg und gebebt in Berlin. Wir haben geflucht in Duisburg und haben alles riskiert, auf Rot gesetzt und gewonnen in Bielefeld. Und wir haben St. Pauli zwei Mal geschlagen! Und deshalb ist der FCK verdient Deutscher Zweitligameister!

Mit dem Tor von Erik Jendrisek endet eine Odyssee in ein Nirwana, dass man keinem Fan einer anderen Mannschaft wünschen sollte. Es war tatsächlich die Hölle. Mit dem Tor von Jendrisek wird ein Buch zugeschlagen dessen erstes Kapitel gegen Rot-Weiß Essen begann und das am 18. Mai 2008 gegen den 1. FC Köln beinahe den Tod des Vereins erlebt hätte. Doch so kam es nicht, und jetzt ist er wieder da, der FCK! Zuhause! Dehäm!

Das erste Tor, gegen RWE, damals, vor vier langen Jahren, schoss übrigens ein gewisser Tamas Hajnal. Mit dem Halbzeitpfiff! Es war der Siegtreffer. Die Überschrift auf „Der Betze brennt“ lautete: „Rot-Weiß Essen - f*cken und vergessen!“

So soll es sein! Lasst uns diese Liga vergessen! Es warten große Abenteuer, der FCK spielt endlich wieder im Konzert der Großen mit. Zwar als Underdog, aber genau das war auch früher schon die große Stärke dieses Vereins. Wir werden um's drinbleiben kämpfen und wir werden bestehen. Wir wollen diesen Titel, Meister der zweiten Liga, wenn möglich nie wieder gewinnen, nie wieder darum mitspielen. Wir sind zuhause!

- Fanfotos vom Spiel
- Weitere Fotos vom 9. Mai 2010

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

Kommentare 188 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken