Spielbericht: Hamburger SV - 1. FC Kaiserslautern 1:1

Es war mal wieder mehr drin

Es war mal wieder mehr drin


Nach dem Schlusspfiff überwog bei Mannschaft und Fans doch mehr die Enttäuschung über den verpassten Sieg. Spielte der 1. FC Kaiserslautern doch eine Stunde in Überzahl gegen einen guten Hamburger SV. Marco Kurz sieht die Mannschaft auf dem richtigen Weg und ein Punkt in Hamburg ist im Endeffekt ein gutes Ergebnis. Daher sollten wir uns nicht zu lange grämen.

Schöne Fan-Aktionen gab es vor dem Anpfiff zu bestaunen. Im nicht ganz ausverkauften Volksparkstadion mit knapp 3.000 Schlachtenbummlern in Rot und Weiß zeigten die Hamburger Anhänger eine klasse Zettelchoreo mit Fankurven-Silhouette im Oberrang. Und auch der Gästeblock glänzte, wie so oft in Hamburg, mit einer kleinen Choreo in Form einer Blockfahne des FCK-Logos und rot-weißen Fähnchen. Spruchband: 1. FC Kaiserslautern e.V., organisiert von „Perspektive FCK“ und „Pfalz Inferno“. Während des Spiels gab es ein Solidaritäts-Spruchband zum Thema Polizeigewalt gegen Freiburg und Hannover (letzterem schlossen sich auch die HSV-Fans an) sowie kurz nach der Halbzeit eine gemeinsame Aktion von Kaiserslautern Anhänger und Hamburger Fans zu der Problematik der Spielansetzungen: „Für fangerechte Anstoßzeiten“. Jede Fanszene in Deutschland kennt das Problem: Sonntagabends 600 Kilometer zum Auswärtsspiel. Nicht einfach mal so zu stemmen. Der öffentliche Aufschrei bleibt hier bislang leider aus.

Marco Kurz überraschte die Gästeanhänger mit einer neuen taktischen Ausrichtung. Christian Tiffert rückte auf die Zehn und Kostas Fourtunis durfte im Mittelfeld ran. Itay Shechter musste auf die Bank und auch in der Innenverteidigung gab es eine neue Bewährungschance für Mathias Abel - Rodnei blieb draußen.

Die Ausrichtung funktionierte in der ersten Halbzeit auch sehr gut. Kaiserslautern kontrollierte über weite Strecken Ball und Gegner und hatte erste gute Torchancen von Pierre de Wit und Dorge Kouemaha. Plötzlich im Fanblock erste Sprechchöre: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ Was war los? Waren da noch einige im Frankfurt-Rausch? Nein, Kaiserslautern wurde von Nadine Angerer bei Hertha BSC ins Olympiastadion gezogen, zur dritten Runde im DFB-Pokal. Die meisten griffen sich an den Kopf. Eine kleine Betze-Gruppe aus Berlin lag sich in den Armen und tanzte.

Nach 22 Minuten gab es ein neues Fußballspiel. Nachdem Slobodan Rajkovic im Laufduell Tiffert mit dem Ellenbogen niederstreckte, gab der nicht immer souverän leitende Schiedsrichter Markus Schmidt zurecht Rot - in Gesichtshöhe hat der Ellbogen nichts zu suchen, egal ob vorsätzlich oder nicht. Der FCK jetzt ordentlich am Drücker und ein tolles Tor von de Wit brachte die verdiente Führung: Klasse, wie Olcay Sahan Nationalspieler Dennis Aogo an der Außenlinie austanzt, Flankenwechsel auf Fortounis, der überlegt auf „Piero“ ablegt und dieser den Ball in den rechten Torwinkel ballert. Kurz danach Glück: Marcell Jansen feuerte an die Unterkante der Latte, der Ball aber klar vor der Torlinie. Der FCK weiter spielbestimmend und der HSV durfte sich bei Keeper Jaroslav Drobny bedanken, dass es zur Pause nicht schon 0:2 stand. Wieder zog Fortounis ab, leicht abgefälscht lenkte der Hamburger Torhüter den Ball über die Latte. Halbzeit, es sah echt gut aus für unsere Mannen. Verdiente Führung im Volkspark.

In der zweiten Halbzeit passierte zehn Minuten eigentlich gar nichts. Und das war der Fehler der Betze-Buben. Hamburg witterte nun noch einmal seine Chance. Viel zu passiv und ohne Zug zum Tor wollte man den HSV „verwalten“. Erst noch Glück gehabt bei angeblichem Handspiel von Guerrero in der 58. Minute, jubelte das Volksparkstadion dann in der 64. Minute. Der in der zweiten Halbzeit klasse aufspielende Gökhan Töre umkurvte Alexander Bugera und seine Maßflanke köpfte der Peruaner wuchtig in die Maschen. In beiden Situationen wurde im Mittelfeld nicht mit allerletzter Leidenschaft den Zweikampf gesucht und so die Abwehr in Bredouille gebracht. Der FCK war wieder gefordert, denn mit der Leistung der vorigen Minuten wäre eine Niederlage herausgesprungen. Trainer Kurz brachte daraufhin Shechter und Derbyheld Richard Sukuta-Pasu. Beide kamen aber nicht mehr wirklich zu guten Aktionen. Einzig Shechter hätte mit ein bisschen mehr Fortune den Siegtreffer erzielen können. Sein gute Chance klärte Drobny mit dem Fuß. Zehn Minuten vor Schluss dann doch noch fast der Siegtreffer: Abel köpfte eine Ecke auf die Latte... Das war's. Insgesamt ein gerechtes Remis.

Schade. Wieder einmal mehr als eine Halbzeit mit elf gegen zehn gespielt. Was in Wolfsburg gar nicht klappte, wurde heute zumindest mit einem Punkt belohnt worden. Eine spielerisch gute FCK-Mannschaft, die sich mit mehr Konsequenz und Mut gerne drei Punkte hätte verdienen können. Aber zu passiv war ihr Spiel nach der Halbzeit, hier lag wohl der Knackpunkt der Partie. Trotzdem, es werden Chancen herausgespielt, Marco Kurz kann verschiedene taktische Ausrichtungen spielen lassen und die Jungs halten zusammen. Es macht Spaß, die Mannschaft zu supporten und ein toller Monat Oktober mit vier ungeschlagenen Spielen geht zu Ende. Es war mehr drin, sicher. Seien wir aber nicht zu kritisch und sammeln die Kräfte für Hopps Trötentruppe. Dort kann der FCK auch gewinnen. Oh, wie wär das schön...

Quelle: Der Betze brennt | Autor: connavar

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