Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Borussia Dortmund 2:5

Die Sommer-Absch(l)uss-Fete

Die Sommer-Absch(l)uss-Fete


Es war das letzte Heimspiel der Saison. Und irgendwie wurde man dabei das Gefühl nicht los, als befände man sich auf einer Sommer-Abschluss-Party. Da waren die Jahrgangsbesten, die losgelöst vom Druck des Einsen-Schreiben-Müssens hemmungslos sich selbst feierten. Und auf der anderen Seiten standen die mit den schlechten Zeugnissen, die ein Jahr zum Vergessen erlebt hatten, aber beim Anblick von Hot Pants, Steaks und Bier die Sorgen Sorgen sein ließen. Zumindest vorerst.

So machten bei der Laola, die durch den proppevollen Betze schwappte, beide Seiten eifrig mit. Der FCK begann - beschwingt durch das nicht mehr für möglich gehaltene Erfolgserlebnis in Berlin - mit klugem und durchaus ansehnlichem Spiel. Der unter Trainer Balakow sichtlich aufblühende Fortounis zwang den Dortmunder Santana sogar zu einem Eigentor, einige Minuten zuvor hatten die FCK-Fans bereits bei Wooten den Torschrei auf den Lippen. Die rund 14.000 BVB-Anhänger antworteten trocken: „Wir ham die Schnauze voll“. Und beim 1:1 durch Barrios, das postwendend unter Mithilfe des Fehlerteufels Rodnei fiel, tönte es „Nie mehr zweite Liga“ aus der Ostkurve. Die Schwarz-Gelben standen vor gar nicht langer Zeit vor dem Nichts, jetzt können sie darüber lachen.

Während Jürgen Klopp nach dem Meisterrausch die Rotationsmaschine angeschmissen hatte und sogar dem Ersatztorwart eine Chance gab, vertraute Krassimir Balakow fast auf die gleiche siegreiche Elf, die in der Vorwoche auch rechnerisch abgestiegen war. Nur der Kapitän, Christian Tiffert, kehrte nach seiner Gelbsperre wieder in die erste Elf zurück. Dafür musste Kirch nach sehr gutem Spiel auf der Bank Platz nehmen. Als Barrios aus höchst abseitsverdächtiger Position das 2:1 markierte, war der Plan von Balakow allerdings wieder im Eimer. Der BVB kombinierte nun traumwandlerisch sicher und zeigte den 49.780 Zuschauern eindrucksvoll, warum man auch in diesem Jahr die Nummer Eins im Land ist. Der FCK wollte da natürlich kein Spielverderber sein und leistete in dieser Phase kaum körperlichen Widerstand, brachte dafür umso mehr Unkonzentriertheiten aufs Feld. Rückkehrer Mario Götze bedankte sich mit dem 3:1. War die Luft raus? Waren es die 30 Grad auf dem Spielfeld? Oder war es einfach nur so schlecht wie fast immer? Bei 17 Niederliegen in 32 Spielen sind das Fragen, die den FCK-Fan bei der Pausenwurst nicht mehr wirklich berührten.

Auch die ersten Aufreger nach der Pause passten ins Bild dieser Saison. De Wit macht das 2:3, aber bevor man den Satz „Hier geht noch was“ aussprechen kann, kriegt Sippel einen Sonnenstich und verdribbelt sich im eigenen Strafraum: Perisic auf Barrios - der Dreierpack ist voll. Und schließlich belohnte sich auch noch der fleißige Perisic selbst, nach Doppelpass mit Kagawa.

Desto mehr Drinks der BVB dem FCK einschenkte, und desto länger das Sommer-Absch(l)uss-Fest dauerte, desto deutlicher kämpften sich bei den in diesem Jahr Durchgefallenen wieder die aktuellen Ängste ins Bewusstsein. Bemerkbar machten sie sich in immer lauter anschwellenden Ehrmann-Rufen. Gerry Ehrmann, bei dem noch nicht sicher ist, ob er in der nächsten Saison noch zum Trainerteam gehört, winkte artig von der Bank zurück. „Marmor Stein und Eisen bricht…“ und ein hoch emotionales „You’ll never walk alone“ ließen dann doch noch so etwas wie Sentimentalität auf dem Berg aufkommen, der immer für seine großen Gefühle berüchtigt war.

„Ich hoffe, dass uns unsere Fans nicht so extrem dafür bestrafen, dass wir abgestiegen sind“, hatte Balakow vor dem Spiel gesagt. Man brauche bei aller verständlicher Enttäuschung für nächste Saison eine positive Stimmung, so der Coach, der mit sechs Niederlagen in sieben Spielen eindrucksvoll untermauert hat, dass er kein Retter ist. Die Westkurve verabschiedete das „Team“, das in dieser Saison nie eine Mannschaft war, mit Applaus. Doch in dem Beifall schwang freilich ein „Es ist (fast) geschafft“ und ein „Gottseidank müssen wir euch in dieser Zusammenstellung nicht mehr sehen“ mit - wie auch das Plakat „Euer Gesicht habt ihr schon längst verloren“ belegte. Völlig übertrieben war zumindest die von einigen überhitzten Fans geforderte Humba, auf die sich die Spieler zum Glück nicht einließen. Distanzlosen, ehrlichen Zuspruch erfuhr auch nach der 90 Minuten „der beste Mann“ Gerry Ehrmann, der sichtlich gerührt über die vielen Liebesbekundungen schien.

Um Aufbruchstimmung für die neue Saison zu erzeugen, müssen in den nächsten Wochen viele bohrenden Fragen beantwortet werden. Auf manche versucht der FCK mit „Stellungnahmen“ bereits jetzt zu reagieren. „Unhaltbaren Gerüchten“ und bösen „Behauptungen“ soll so die Grundlage entzogen werden - schon vor dem 9. Mai, wenn sich die Mitglieder laut zu Wort melden wollen. Stefan Kuntz wird dort ein zufriedenstellendes Zahlenwerk präsentieren, das auch die Lizenzgeber der DFL überzeugt hat. Er wird sagen, dass in weiser Voraussicht viele Verträge mit Abschlägen bis zu 40% für den Abstiegsfall geschlossen wurden und er wird die Mission Wiederaufstieg ausgeben. Doch mit den Zweifeln der Fans werden er und die Mitverantwortlichen bis August leben müssen. Diese werden in den ersten Wochen der neuen Saison kritisch überprüfen, ob Kuntz und Co. diesmal bei der Spielersuche nicht wieder komplett daneben gegriffen haben, und ob eine Mannschaft, die den Namen auch verdient, auf dem Platz steht.

Nach dem Spiel gegen Dortmund haben einige Fans im DBB-Forum beklagt, dass es auf dem Betze keinen „Hass“ auf den Gegner mehr geben würde. Alles würde - wie in Mainz - nur noch beklatscht. Allerdings braucht man, um dem Gegner alles Schlechte, vor allem eine Niederlage zu wünschen, ein eigenes Team, das man bedingungslos lieben und unterstützen kann.

Also, „ihr da oben“, gebt uns unseren Stolz zurück, und ihr könnt alles von uns haben!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

Weitere Links zum Thema:

- Fotos vom Spiel
- Das schreiben die Kollegen von schwatzgelb.de: Gästestehplatz, 5 Euro!

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