Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Energie Cottbus 2:2

Betze - mehr als nur Fußball!

Betze - mehr als nur Fußball!


Die Fans des 1. FC Kaiserslautern waren zufrieden nach dem 2:2 gegen Energie Cottbus. Zufriedener als nach dem 2:1-Sieg im vorherigen Heimspiel gegen Aue, trotz des Punktverlusts. Der Grund: Am Betze zählt mehr als nur das nackte Ergebnis.

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„Ich erwarte gute Stimmung, dass der Betze brennt und bebt. Und dass die Spieler mit Freude raus gehen, Gas geben und jeder das gibt, was er in sich hat“, hatte Interimstrainer Oliver Schäfer bei seiner ersten Pressekonferenz gesagt. OK, an die Zeiten seines großen Vorbilds Kalli Feldkamp reichte der Fußballabend gegen Cottbus noch nicht heran. Aber wenn man bedenkt, dass erst vor vier Tagen der Trainer gewechselt wurde und welche mentalen Kollateralschäden eine solche Veränderung mit sich bringt, dann hat Schäfer seine Vorgabe mehr als erfüllt.

Dabei wäre nach sieben Minuten schon fast alles vorbei gewesen. Sämtliche taktischen Vorgaben waren Makulatur, nachdem Florian Dick seinen Gegenspieler anrempelte und der Schiedsrichter auf Notbremse entschied - Rot, Elfmeter, 0:1 durch Ivica Banovic (8.). Der Kapitäns-Fluch beim FCK geht somit weiter, nach Albert Bunjaku (verletzt) und Mo Idrissou (gesperrt) fehlt nun auch Dick im nächsten Spiel. Doppelt Bitter: Das Foul fand knapp vor dem Strafraum statt, eigentlich hätte es also nur Freistoß geben dürfen. Karim Matmour rückte aus dem Mittelfeld auf Dicks Position hinten rechts zurück und der FCK hatte 80 Minuten in Unterzahl zu bestreiten. Und das mit einem Tor in Rückstand.

Aber die Mannschaft zeigte Charakter, passend zum Schlachtruf aus der Westkurve: „Lautrer geben niemals auf, sie kämpfen!“ Anstatt in sich zusammenzufallen, legte jeder noch eine Schippe drauf, so dass 15 Minuten nach dem Rückstand der Ausgleich durch Markus Karl bejubelt werden durfte (23.). Das Spiel war kampfbetont, es ging hoch und runter, Cottbus ohne seinen ebenfalls gesperrten Torjäger Boubacar Sanogo war ein ebenbürtiger Kontrahent gegen zehn rackernde Lautrer. Die Fans spürten, dass hier noch was geht und peitschten ihre Mannschaft nach vorne. Und selbst als Marco Stiepermann kurz vor dem Pausenpfiff die erneute Führung für die Gäste gelang (45.), gab niemand auf. Da geht noch was!

Seitenblick auf die Tribünen: Mit 25.460 Besuchern wurde der angepeilte Zuschauerschnitt erneut deutlich verpasst, das Fritz-Walter-Stadion mal wieder halb leer. In der Westkurve gab es ein paar Spruchbänder zum Trainerwechsel und eine kleinere Fahnen-Aktion der „Euphoric Crew“, während sich im Gästeblock rund 200 Cottbuser bemühten, aber mangels Masse kaum was ausrichten konnten. Mittendrin statt nur dabei war auch der gesperrte Idrissou, der das Spiel mit den FCK-Fans in Block 8.2 verfolgte - stilecht im T-Shirt mit dem Konterfei seines Seelenverwandten Mike Tyson.

Auch in die zweite Halbzeit starteten die Roten Teufel mit viel Elan und Willen. An diesen Eigenschaften merkte man am deutlichsten die Handschrift von Oliver Schäfer, der die alten FCK-Tugenden selbst vorlebte. In Trainingshose und Kapuzenjacke weckte er - auch nach dem Spiel im wieder eingeführten Mannschaftskreis - Erinnerungen an Marco Kurz. Und zwar nicht an den Abstiegstrainer, sondern an den Coach, mit dem der FCK seine beste Phase der letzten zehn Jahre durchlebte! Trotzdem war natürlich noch nicht alles Gold, was glänzt, beispielsweise der späte Zeitpunkt der Auswechslungen ist eher kritisch zu bewerten.

Die Belohnung für den eingebrachten Biss folgte nach knapp einer Stunde, als Simon Zoller auf Vorlage von Alexander Ring zum erneuten Ausgleich einschieben konnte (57.). Jetzt bebte der Betze! In den letzten 30 Minuten wurden die Spieler mit Trommeln und Gebrüll nach vorne getrieben, und sie ließen sich treiben. Zwar war Schäfer auch auf die Sicherung der Defensive bedacht, aber er wollte mehr. Das Betzefeeling wiederbeleben, den Funken zwischen Fans und Spielern zu einem Feuer entfachen, ein verloren geglaubtes Spiel noch gewinnen. Die Stimmung war prächtig und der Kampfgeist spürbar, es war ein komplett anderes Gefühl als in den Spielen der letzten Wochen und Monate. Aber es sollte nicht sein, letztendlich blieb es beim aufgrund der Cottbuser Gegenwehr auch leistungsgerechten Unentschieden. Trotzdem wurde die Mannschaft euphorisch verabschiedet und ließ sich von der Westkurve minutenlang feiern.

In diesem Moment war auch der Unterschied zur Zeit mit Franco Foda am deutlichsten zu spüren: Das Remis war nicht verwaltet, sondern der Sieg gesucht worden, das honorierten die Fans. Während der Heimsieg gegen Aue vor zwei Wochen nur verhaltene Reaktionen auslöste, wurde die Punkteteilung gegen Cottbus gefeiert. Weil die Fans ein gutes Spiel gesehen hatten und die Aktiven trotz aller Widrigkeiten unbedingt den Sieg wollten. Und dadurch auch die Atmosphäre angeheizt wurde, die wiederum selbst ihren gewissen Anteil am Seelenheil des FCK-Anhangs hat. Fußball am Betze ist eben viel mehr als nur ein „eins zu null“!

Seine persönliche Trainingseinheit kann sich Fitnessfreak Schäfer an einem Spieltag künftig sparen, so bewegt und leidenschaftlich verfolgte er die Partie in der Coaching Zone: Keine Minute ruhig, sichtbar „mitspielend“, ständig in Aktion. Und nah dran an den Spielern, die er bei Auswechslungen herzte, lautstark dirigierte und auch in kritischen Situationen nicht fallen ließ - als Beispiele seien hier Rotsünder Florian Dick, der glücklose Olivier Occean, mit dem Schäfer nach dem Abpfiff lange sprach, oder sogar die Ersatzspieler (Schäfer: „Auch sie haben ihren Anteil am Erfolg, weil sie den Stammspielern im Training Feuer machen“) genannt.

Für das anstehende Auswärtsspiel beim SV Sandhausen in elf Tagen deuten die Zeichen momentan auf eine weitere Chance für Oliver Schäfer als Cheftrainer hin. Stefan Kuntz als Entscheidungsträger in dieser Angelegenheit deutete an, dass Schäfer und sein „Co“ Roger Lutz tolle Arbeit geleistet hätten und wohl auch im Hardtwald auf der Bank sitzen werden. Aber auch über mögliche Alternativen wird nachgedacht. Bei den Spielern scheint Schäfer der Favorit zu sein und auch eine Umfrage auf „Der Betze brennt“ brachte eine ähnliche Tendenz: Von knapp 400 teilnehmenden Fans sprechen sich 51% für eine längerfristige Chance für Oliver Schäfer aus und nur 20% dagegen (29% unentschlossen).

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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