Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Erzgebirge Aue 3:0

Rein in den Betzember!

Rein in den Betzember!


In den letzten Jahren verspielte der FCK vor dem Weihnachtsfest regelmäßig eine gute Ausgangsposition in der Tabelle. Doch der 3:0-Heimerfolg gegen Aue zeigt: es könnte dieses Jahr endlich mal andersrum laufen.

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Wenn es kalt und nass wird, der Himmel grau verhangen ist, die Dämmerung schon am Nachmittag einsetzt und es in den Innenstädten nach Glühwein und gebrannten Mandeln riecht, dann war das zuletzt die Zeit, in der der 1. FC Kaiserslautern plötzlich in eine Krise schlitterte und in der Tabelle Konkurrenten den Vortritt lassen musste.

Wer mit diesem Wissen am Samstag wenige Minuten nach Abpfiff der Partie gegen den FC Erzgebirge Aue das Fritz-Walter-Stadion betreten und das Ergebnis nicht gekannt hätte, der würde wohl kaum seinen Augen getraut haben. Da feierte die Westkurve ihre Mannschaft! Und das nicht „einfach so“! Während die beiden Torschützen Willi Orban und Jean Zimmer den Takt vorgaben, blieb die restliche Mannschaft nicht wie sonst auf dem Rasen stehen. Durch laute „Alle auf den Zaun“-Rufe motiviert, kletterte das Team zu den Fans auf die Tribüne, um gemeinsam – Arm in Arm – den Heimsieg gegen Aue zu feiern.

Verdient hatte es sich das vor allem aufgrund einer überragenden ersten Halbzeit, in der die Roten Teufel schon früh auf die Siegerstraße einbogen. Sieben Minuten waren gespielt, als Willi Orban aus zentraler Position einen Eckball von Kerem Demirbay über die Linie zum 1:0 drückte. Beflügelt durch die Führung drehte der FCK richtig auf, kam zu weiteren Chancen und hätte schon nach 20 Minuten mit zwei oder drei Toren führen können. Dazu trug auch ein extrem schwaches Team aus Aue bei, das bis auf einen Kopfball von Patrick Schönfeld in der 17. Minute nicht eine richtige Chance hatte, in 90 Minuten sogar keinen Schuss auf das Lautrer Tor bekam. Begleitet von lautem Jubel im recht dünn besetzten Fritz-Walter-Stadion war es also zwangsläufig der FCK, der in der 27. Minute nachlegte. Eine Flanke von Ruben Jenssen verwertete Jean Zimmer zu seinem zweiten Saisontor. Ausgerechnet Zimmer an seinem 21. Geburtstag, der sich nach dem Spiel sichtlich über das Ständchen aus der Westkurve freute. Neuer Vertrag, zurück in der Startelf, Geburtstag, ein Tor – es läuft wieder beim Lautrer Eigengewächs, und das ganze Stadion freute sich mit ihm.

Als kurz vor der Halbzeit der bemitleidenswerte FCA-Keeper Martin Männel einen Freistoß von Srdjan Lakic nur an die Latte lenken konnte, von wo der Ball zum Mann des Tages Willi Orban sprang, war das Spiel endgültig entschieden. Denn Orban köpfte, Seit an Seit mit Dominique Heintz, den Ball in das leere Tor. 3:0!

Entsprechend laut donnerte dem Team von Kosta Runjaic zur Halbzeit der Applaus entgegen. In der zweiten Hälfte ergaben sich weitere gute Chancen um das Ergebnis nach oben zu schrauben, doch der FCK hatte nun deutlich zwei, drei Gänge rausgenommen. So mussten sich die rund 23.418 Zuschauer in den zweiten 45 Minuten abwechselnd mit Hüpfeinlagen und Glühwein warmhalten, wobei übrigens von einer Kombination aus beidem aus Rücksicht auf die umstehenden Nachbarn (und die eigenen Hände) abzuraten ist.

Eher frostig war dagegen die Stimmung im mit knapp 500 Fans gefüllten Gästeblock. Nach der aus Schachter-Sicht katastrophalen ersten Hälfte räumte man zwar dem eigenen Team noch eine Gnadenfrist ein, doch angesichts der drückenden Lautrer Überlegenheit und der Harmlosigkeit des eigenen Teams wurden nach knapp einer Stunde fast alle Zaunfahnen und Banner eingepackt. Einzelne Gruppen verließen sogar bis zum Schlusspfiff den Gästeblock, um sich das Elend nicht weiter anschauen zu müssen. Später gab es am Zaun noch eine emotionale Diskussion mit den Spielern.

Gegensätzlicher hätte die Stimmung also nicht sein können, als Schiedsrichter Norbert Grudzinski nach 90 Minuten abpfiff. Ein solider Sieg der Lautrer, spielerisch und kämpferisch überzeugend, dazu drei Tore von Spielerm aus dem eigenen Nachwuchs. Es tut sich was auf dem Platz! Und jetzt? Trotz aller Freude über den zweiten Sieg in Folge verabschiedete die Westkurve das Team nach der gemeinsamen Feier mit genau der richtigen Aufforderung: „Auswärtssieg – Auswärtssieg!“ schallte es angesichts der nächsten Partie beim Tabellenführer Ingolstadt durch das Stadion. Mit etwas Glück in den anderen Partien könnte der FCK durch einen weiteren Sieg schon am nächsten Sonntag Tabellenführer (und damit Herbstmeister) sein. Danach warten mit 1860 München und dem SV Sandhausen weitere lösbare Aufgaben bis Weihnachten. Es könnte in diesem Jahr also tatsächlich mal ganz anders als zuletzt laufen: Der FCK kämpft sich im Dezember von unten nach oben und vergoldet sich damit die Vor-Weihnachtszeit. Aus Dezember könnte Betzember werden. Und wer weiß – wenn sich Mannschaft, Trainer und Fans jetzt nicht ausruhen, sondern munter und konzentriert bis zur Winterpause weiterarbeiten, vielleicht denken wir dann nächstes Jahr, wenn es kalt und nass wird, wenn die Straßen nach Glühwein und gebrannten Mandeln riechen und sich die Dämmerung am Nachmittag breit macht: „Es ist Winter, es ist Betzember. Hoffentlich machen wir es wie letztes Jahr!“

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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