Spielbericht: SV Meppen - 1. FC Kaiserslautern 3:2

Aufwachen!

Aufwachen!

Jubel bei Meppen, Frust beim FCK nach dem entscheidenden Treffer für den SVM; Foto: Imago Images

Alles sollte besser werden. Doch bei der 2:3-Niederlage des 1. FC Kaiserslautern gegen den SV Meppen verteilten die Roten Teufel wieder reihenweise Geschenke. Da nützt auch eine neu entdeckte Stärke nichts.

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Vor Anpfiff der Partie setzen die Kicker des FCK ein starkes Zeichen. Während sie sich aufwärmen, tragen sie alle miteinander das Trikot mit der Nummer 20. Es ist die Trikotnummer von Dominik Schad, der sich im beim 1:1-Unentschieden im Heimspiel gegen Ingolstadt am Mittwoch schwer verletzte, sich einen Wadenbeinbruch zuzog. Heute sollte endlich der erste Saisonsieg folgen - auch für Schad, der seinen Kollegen natürlich die Daumen drückte und via Instagram an sie appellierte: "Holt die 3 Punkte!"

Jeff Saibene lässt seine Mannschaft im zuletzt bewährten 4-1-4-1-System auflaufen, insbesondere gegen den FCI am vergangenen Mittwoch hatte sich dieses System bewährt. Allerdings wechselt der FCK-Trainer heute durchaus überraschend auf vier Positionen, bringt neben Philipp Hercher auch Janik Bachmann, Simon Skarlatidis und Hendrick Zuck in die Partie. Insbesondere letzterer - bei FCK-Fans immer wieder umstritten - sollte diese Aufstellung seinem Trainer heute mit einer starken Leistung danken. Daniel Hanslik, Kenny Prince Redondo und Mohamed Morabet nehmen dagegen zunächst nur auf der Bank Platz.

Meppen weckt alte Traumata - Ruck-Zuck-Antwort von Lautern

Doch der Beginn der Partie wirkt - ganz anders als noch im Heimspiel gegen Ingolstadt - seltsam verhalten und ideenlos. In der 22. Minute ruft Saibene Simon Skarlatidis vor coronabedingt nur 500 Zuschauern laut hörbar zu: "Skarla, anspielbar sein!" Nur wenige Sekunden später hat der Deutsch-Grieche die bis dahin größte Gelegenheit zur Führung: Der Meppener Jeron Al-Hazaimeh buxiert einen Ball nur unzureichend aus der Gefahrenzone, Skarlatidis verzieht aber knapp. Der Gastgeber versucht sich auch immer mal wieder sachte in Offensivaktionen, insbesondere der Rechtsverteidiger Yannick Osee - gebürtig übrigens aus Kaiserslautern - wagt ab und zu mal einen Vorstoß, gefährlich ist aber auch das nicht.

Aber irgendwie wirkt Meppen giftiger, kompakter und etwas wacher, was auch Jeff Saibene später besonders negativ auffällt. "Aggressivität und Leidenschaft waren ein großes Thema. So kann man kein Spiel gewinnen", erklärt der Luxemburger nach der Partie an den TV-Mikrofonen. Er sollte recht behalten.

In der 25. Spielminute ist es ausgerechnet ein Freistoß des im Unfrieden gegangenen Ex-Lautrers Christoph Hemlein, der die Führung für die Hausherren einläutet. Der Ball Hemleins landet bei Meppens Innenverteidiger Lars Bünning, der unbedrängt zu seinem Kollegen Steffen Puttkammer köpfen kann. Das lässt der sich nicht zweimal sagen und trifft zum 1:0. Zweikampfverhalten, Zuordnung, Fehlanzeige beim FCK. Altbekannte Muster brechen wieder auf.

Doch nur zwei Minuten später folgt der Auftritt von Hendrick Zuck. Ein Eckball von Marlon Ritter - unter Saibene zeigen sich die Roten Teufel hierbei deutlich verbessert - wird zuerst von der Meppener Hintermannschaft noch geklärt, doch aus rund 20 Metern fasst sich Zuck im Nachschuss ein Herz, zieht einfach mal ab und drischt den Ball unten rechts zum postwendenden Ausgleich in die Maschen. Ein Tor, das in diesem Moment nicht nur dem FCK, sondern auch dem sonst viel gescholtenen Zuck gut tut.

FCK träumt sich in die zweite Hälfte - Neue Ecken-Stärke bleibt wertlos

Der Ausgleich beflügelt die Roten Teufeln sichtbar, auch wenn sie kurz vor der Pause ein echtes Eckball-Festival der Meppener überstehen müssen. Trotzdem geht es am Ende mit Rückenwind in die Kabine.

Doch der soll nicht lange anhalten. Verschliefen die Betzebuben in der Vergangenheit allzu oft die erste Hälfte, so tun sie es heute in Durchgang zwei. Fast schon träumerisch schaut die FCK-Hintermannschaft in der 47. Minute dem Ex-Lautrer Marcus Piossek und Luka Tankulic zu, wie sie im Strafraum Doppelpass miteinander spielen, der Ball landet ungehindert bei René Guder, der überraschend einfach zur 2:1-Führung schlenzen darf.

In der Folge gewinnen die Hausherren an Oberwasser, die pfälzische Defensive verliert zu viele Zweikämpfe. Vor allem die Innenverteidigung um Carlo Sickinger und Kevin Kraus schenkt Bälle zu leichtfertig her, letzterer köpft ein ums andere mal den Ball in die Mitte statt nach außen, was Meppen Chancen eröffnet. Mehr und mehr zeichnet sich hier ein Schwachpunkt der Roten Teufel heraus, der dringend angegangen werden muss.

In der 61. Minute kommen dann Daniel Hanslik und der Ex-Meppener Marius Kleinsorge in die Partie, was dem Spiel der Lautrer sichtbar gut tut. Der heute von Beginn an spielende Simon Skarlatidis enttäuscht dagegen. Bislang konnte der 29-Jährige noch nicht im Ansatz sein Potential abrufen! Doch auch so kommt der FCK wieder ins Spiel: In der 66. Minute ist es abermals ein Eckball, diesmal von Zuck getreten, der seinen Weg zu Stürmer Marvin Pourié findet. Dieser köpft das Leder an die Unterkante der Latte, 2:2! Schön auch: Pourié reckt beim Torjubel das Trikot von Dominik Schad in die Höhe, widmet es ihm.

In diesen Minuten hat man das Gefühl, es könnte was werden mit dem ersten FCK-Sieg in der Drittliga-Saison 2020/21. Die Roten Teufel agieren jetzt mit mehr Selbstvertrauen, haben in der 83. Minute sogar die Riesenchance auf das dritte Tor nach einer Ecke, doch der Ball des mittlerweile ebenfalls eingewechselten Redondo streicht um Zentimeter am Meppener Pfosten vorbei.

Umso unerklärlicher ist es, dass der FCK vier Minuten vor dem Ende beschließt, den ersten Saisonsieg an den SV Meppen abzutreten. Der eingewechselte Lukas Krüger spielt mit der FCK-Defensive Slalom, spielt einen simplen Doppelpass mit Nicolas Andermatt und zieht - während sich Carlo Sickinger und Kevin Kraus in Zurückhaltung üben - unbedrängt zum 3:2-Siegtreffer ab. Sieben, acht FCK-Spieler sind in der Nähe des Gegners, aber keiner kann entscheidend eingreifen.

"So gewinnt man kein Spiel": Der FCK ist im Abstiegskampf angekommen

Und so verlieren die Roten Teufel am Ende eine Partie, die sie nicht hätten verlieren müssen - ja nicht hätten verlieren dürfen. Trotzdem ist die erste Niederlage unter Jeff Saibene keine unglückliche, sie ist selbstverschuldet. Und so waren die Protagonisten nach der Partie auch reichlich bedient. Saibene selbst prognostiziert wie bereits erwähnt, dass seine Mannschaft mit einem solchen Zweikampfverhalten "kein Spiel" gewinne. Und in der Tat: Passt der 1. FC Kaiserslautern nicht auf, so muss er sich noch wesentlich länger als nur in den ersten Saisonwochen auf knallharten Abstiegs- statt Aufstiegskampf einrichten Und dann stünden nach der Insolvenz, die nächsten Donnerstag hoffentlich mit einer erfolgreichen Gläubiger-Abstimmung abgeschlossen wird, die nächsten Problemberge an Deutschlands höchstem Fußballberg an.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit1993

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