Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - SC Verl 2:1

Ritter lässt den Betze beben

Ritter lässt den Betze beben


Der FCK tut sich gegen Verl zunächst überraschend schwer. Die richtigen Umstellungen und ein regelrechter Sturmlauf nach der Pause sorgen am Ende aber doch für den wich­tigen Erfolg - mit einem spektakulären Siegtreffer.

- Fotogalerie | 28. Spieltag: 1. FC Kaiserslautern - SC Verl

Sonne, blauer Himmel, acht Grad Celsius am letzten Februar-Wochenende und knapp 18.000 Fans auf ihrem Betze. Eigentlich beste Rahmenbedingungen für einen munteren Fußballnachmittag bei der Begegnung des 1. FC Kaiserslautern gegen den SC Verl. Bevor es aber sportlich werden kann im Fritz-Walter-Stadion, rückt zunächst die erschütternde Realität des Krieges in der Ukraine in den Mittelpunkt.

Gedenkminute für die Menschen in der Ukraine

Wie in allen anderen Stadien wird auch in Kaiserslautern aufgrund des russischen Angriffs auf den Nachbarstaat vor dem Anpfiff eine Gedenkminute abgehalten. “Unsere Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine”, sagt Stadionsprecher Horst Schömbs, ehe das Innehalten von Spielern und Zuschauern in einen kräftigen Applaus übergeht. Angesichts solcher Entwicklungen wird Fußball tatsächlich zur Nebensache - auch wenn das heutige Spiel für den FCK sportlich natürlich von enormer Bedeutung ist.

Gegen den Abstiegskandidaten aus Verl, der mit seinem neuen Trainer Michel Kniat auf den Betzenberg kommt, soll nach zuletzt zwei Unentschieden der Aufstiegsplatz mindestens verteidigt und am besten gefestigt werden. Für den gesperrten Boris Tomiak rückt erwartungsgemäß Alexander Winkler in die Innenverteidigung. Daneben starten jedoch weder Hikmet Ciftci noch René Klingenburg, die diese Position in den vergangenen Spielen ausgefüllt hatten, sondern zunächst Felix Götze, der nach seiner in Mannheim erlittenen Blessur am Sprunggelenk wieder einsatzbereit ist. Klingenburg platziert sich weiter vorne im Mittelfeld, Daniel Hanslik ersetzt den kurzfristig erkrankten Terrence Boyd.

Putaro schockt Lautern, Winklers Tor-Debüt bringt den FCK zurück

Nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Marco Fritz, mit dem der DFB zum zweiten Mal in Folge einen Bundesliga-erfahrenen Referee für ein FCK-Spiel ansetzt, agieren die Roten Teufel zunächst gewohnt dominant. Alleine Hendrick Zuck kommt in den ersten 20 Minuten zu drei guten Gelegenheiten, die größte davon nach acht Minuten nach schönem Doppelpass mit Mike Wunderlich. Sein Abschluss segelt über den Verler Kasten hinweg. Mitten in die Lautrer Angriffsbemühungen platzt nach einer knappen Viertelstunde dann aber der Schock des 0:1: Die Defensive hat Tom Baack nicht auf dem Schirm, der vor dem Strafraum zu viel Platz bekommt und auf der linken Seite Leandro Putaro sieht, der wiederum aus spitzem Winkel ins kurze Eck trifft und dabei sowohl Götze als auch Matheo Raab nicht ganz so gut aussehen lässt. Götze wird in der zweiten Halbzeit von der Abwehrkette ins Mittelfeld rücken, was viel besser funktioniert. In der ersten Halbzeit geht Antwerpens Überraschungs-Taktik aber nicht auf. Der FCK verliert nach dem Gegentreffer mehr und mehr den Faden, was auch den mehrfach hörbaren Unmutsbekundungen auf den erstmals seit November wieder etwas besser gefüllten Rängen zu entnehmen ist.

Ein Standard - mittlerweile wieder eine echte Waffe im FCK-Spiel - bringt die Teufel noch vor der Pause zurück in die Partie. Zuck findet mit einer Ecke den Kopf von Winkler, der endlich seinen ersten Treffer im Lautrer Dress bejubeln darf. Fast alle der offiziell 17.821 Zuschauer - darunter auch der Fernsehproduzent, Podcaster (“Baywatch Berlin”) und glühende FCK-Fan Thomas Schmitt - im unter 2G-Plus-Regeln für 20.000 Fans freigegebenen Fritz-Walter-Stadion sind wieder guter Dinge, dass es was werden kann mit dem vierten Heimsieg des Jahres. Neben der bis auf die obersten Blöcke fast vollbesetzten Westkurve ist auch die Südtribüne erstmals wieder besser gefüllt. Die rund 80 Anhänger aus Verl, die sich hinter einer amüsanten Zaunfahne mit der Aufschrift “Sextouristen” platziert haben, sind vom Ausgleich naturgemäß weniger begeistert.

Enormer Druck nach der Pause, Götze hat Führung auf dem Fuß

Nach der Pause bringt Antwerpen Hikmet Ciftci für Klingenburg, der dieses Mal nicht überzeugen kann, und zieht Götze weiter nach vorne ins Mittelfeld. Götze ist danach an nahezu jeder Offensivaktion beteiligt und hätte nach 56 Minuten eigentlich selbst die Führung erzielen müssen. Sein Abschluss, bei dem er sich die Ecke aussuchen kann, landet aber zentral bei Keeper Niclas Thiede. Kurz darauf muss Thiede erneut eingreifen und eine verunglückte Bogenlampe seines eigenen Abwehrspielers entschärfen. Schiedsrichter Fritz will dabei trotz lautstarker Proteste der Lautrer keinen beabsichtigten Rückpass erkennen - sehr fragwürdig.

Nach vorne getrieben von der Westkurve ist der Druck der Roten Teufel nun enorm. Es kommt zu Torchancen nahezu im Minutentakt. Nach 74 Minuten zappelt der Ball zwar im Netz, doch der mittlerweile eingewechselte Muhammed Kiprit steht dabei knapp im Abseits, sein Treffer zählt zurecht nicht. Der eigentlich als Pflichtsieg eingeplante Dreier gerät allmählich ernsthaft in Gefahr. Rund eine Viertelstunde vor dem Ende droht den Roten Teufeln der Verlust des zweiten Tabellenplatzes, weil Verfolger Braunschweig gerade das 2:0 in seinem Heimspiel gegen Duisburg erzielt hat.

Ritter unwiderstehlich, Lautern dreht das Spiel

Allerdings haben die Lautrer ja noch Marlon Ritter. Der fängt in der 77. Minute einen Ball am Mittelkreis ab, lässt die komplette Verler Hintermannschaft links liegen, dringt in den Strafraum ein und trifft zum erlösenden und frenetisch bejubelten 2:1. Der Marlon Ritter der vergangenen Saison hätte diesen Sprint so wahrscheinlich nicht durchgezogen, den Abschluss nicht so formvollendet zum Erfolg gebracht. Der Marlon Ritter dieser Saison ist aber in der Tat ein Unterschiedsspieler der 3. Liga.

Und eben der macht an diesem Tag den Unterschied zwischen einem ärgerlichen Remis, wie man sie in der Vergangenheit zuhauf eingefahren hätte, und einem am Ende hochverdienten 2:1-Heimsieg. Nach Abpfiff feiert die Westkurve noch lange sowohl auf als auch unter der Tribüne. Besonders putzig ist der kollektive Jubel von Mannschaft und Fans mit Kenny Redondos kleinem Sohn Prince Junior, der vor der Kurve den Ball ins Tor treten darf. Und man kann nur erahnen, wie groß die Party sein wird, sollte der Lauf der Roten Teufel auch in den kommenden Wochen anhalten. Der Sieg gegen Verl ist umso wichtiger, da die Konkurrenz an diesem Samstag ebenfalls dreifach punktet. So geht nun der FCK mit breiter Brust und weiterhin als Tabellen-2. ins Nachholspiel am Dienstag bei 1860 München.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | Ritter: "Wir sind auf Platz 2 und wollen dort bleiben" (Der Betze brennt)

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