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Gegner-Check Magdeburg: Ein Kontrahent auf Augenhöhe

Gegner-Check Magdeburg: Ein Kontrahent auf Augenhöhe


Nach der jüngsten Pleiteserie blickt der 1. FC Kaiserslautern erst mal nach unten. Mit dem 1. FC Magdeburg trifft er nun auf ein Team, das als nächstes an ihm vorbeiziehen könnte. Oder andersrum ausgedrückt: Einen Gegner auf Augenhöhe.

Anspruch und Wirklichkeit: Vor rund anderthalb Jahren stieg Magdeburg gemeinsam mit dem FCK in die 2. Bundesliga auf. Die anschließende Spielzeit der Mitteldeutschen verlief konträr zu der der Pfälzer: Der FCM startete schwach und fand erst in der Rückrunde zu dem forschen Angriffsspiel zurück, das ihn in der 3. Liga ausgezeichnet hatte - und ihn rettete. Am Ende schaffte das Team von Trainer Christian Titz den Klassenverbleib souverän, schloss auf Rang 11 ab. Trotz eher bescheidenen Möglichkeiten, sich dafür ein angemessenes Personal zusammenkaufen zu können, wollen die Magdeburger auch in dieser Saison den Titz'schen Idealen von einem dominanten, anspruchsvollen Offensivspiel treu bleiben, und das sah zu Beginn richtig gut aus. Drei Siege und zwei Remis nach fünf Spieltagen, als Höhepunkt ein 6:4 gegen Hertha BSC. Dann die Ernüchterung: Acht Partien ohne Sieg, zuletzt vier Niederlagen in einer Serie, die erst am vergangenen Wochenende mit einem 2:0 beim Tabellenletzten Osnabrück gestoppt werden konnte. Zwischenzeitlich hatte Sport-Geschäftsführer Otmar Schork sogar schon eine der branchenüblichen "Der Trainer steht nicht zur Disposition"-Reden zu halten, die in Magdeburg ernster genommen werden dürfen als bei anderen Vereinen. An Titz’ Stuhl wird sobald nicht gesägt, zu überragend ist seine Bilanz, seit der gebürtige Mannheimer den FCM im Februar 2021 auf Rang 18 der 3. Liga übernahm. Die Gründe, die für den Einbruch angegeben werden, hat man auch anderswo schon gehört: Zu viele Abwehrfehler, zu schlechte Verwertung eigener Chancen, fehlendes Spielglück und zweifelhafte Schiedsrichter-Entscheidungen.

Die Neuen: Für den zu Erstligist Bochum abwandernden Moritz-Broni Kwarteng, den Shootingstar der vergangene Runde, floss über eine Million Euro in die Kassen, so dass der Verein im Sommer mal in Ablösen investieren durfte: In Ahmet Arslan, im vergangenen Jahr Torschützenkönig bei Drittligist Dresden, und Innenverteidiger Andi Hoti, der aus Freiburg kam, einen Teil seiner Junioren-Jahre aber bei Inter Mailand verbrachte. Bislang aber kommen diese vermeintlichen Königstransfers meist nur von der Bank, ebenso wie der ablösefrei aus Bayreuth geholte Alexander Nollenberger. Gut eingeschlagen hatte dagegen der Franzose Jean Hugonet, der aus Lustenau kam, ab dem 7. Spieltag aber mit einer Adduktorenverletzung ausfiel und erst vor kurzem wieder das Training aufgenommen hat. Der Ex-HSV’ler Xavier Amaechi durfte zuletzt in Osnabrück zum ersten Mal von Beginn an ran. Fast nur noch eingewechselt wird auch Tatsuya Ito, der im Sommer fest verpflichtet wurde. Vergangene Saison hatte der Flügel-Floh noch als Leihgabe dem FCK das Leben schwer gemacht. Nichts mit einem Stammplatz als Nummer 1 wurde es für den Ex-Lautrer Julian Pollersbeck, der aus Lyon nach Magdeburg kam. Er sollte sich mit Stammkeeper Dominik Reimann einen Zweikampf um den Posten im Kasten liefern, hatte diesen aber zunächst verloren. Mittlerweile fällt er wegen Rückenproblemen aus.

Die Formation: Christian Titz lässt zwischen einem 3-4-3 und einem 4-3-3 hin und her switchen. Für die Formationswechsel sorgt der Sechser, der sich immer wieder zwischen die Innenverteidiger fallen lässt. Zuletzt übernahm Silas Gnaka diese Rolle, gegen Lautern aber ist Daniel Elfadli nach einer Rot-Sperre wieder einsatzbereit - und der gilt als Magdeburgs nächster Shootingstar, der HSV soll bereits dran sein. In der Innenverteidigung vor Keeper Reimann haben sich Daniel Heber und Cristiano Piccini festgespielt, die Außenverteidiger-Positionen besetzen in der Regel Herbert Bockhorn und Leon Bell Bell, der einst in Kaiserslautern sämtliche Junioren-Teams durchlief. Im zentralen Mittelfeld erwarten die Gäste mit Kapitän Amara Condé und Connor Krempicki alte Bekannte. Auf den Flügeln plagen den FCM Verletzungssorgen, seit sich nach Mohammed El Hankouri auch Jason Ceka verletzte, der ebenfalls schon so manchem Roten Teufel Alpträume bescherte. In Osnabrück kam Amaechi über rechts, während links Baris Atik zauberte. Im Sturmzentrum hat der einstige Lautrer NLZ-Spieler Luca Schuler weiterhin die Nase vor dem Niederländer Luc Castaignos. Torgefährlich sind beide. Schuler hat schon fünf Mal, Castaignos drei Mal getroffen.

Zahlenspiele: Das Torverhältnis der Magdeburger präsentiert sich nach 14 Spieltagen ausgeglichen. 23 erzielte Treffer sind ein eher guter Wert - der FCK hat zwei mehr auf dem Konto. 23 kassierte Buden sind ein eher mäßiger Wert, allerdings immer noch fünf weniger, als Lautern bislang gefangen hat. Dirk Schusters Team ist gut beraten, mit dem Kopf sein Glück zu versuchen. Die Pfälzer sind immer noch die Mannschaft, die die meisten Kopfballduelle gewinnt, und das, obwohl Spezialist Ragnar Ache seit dem 10. Spieltag ausfällt. Sie haben auch schon sieben Treffer per Kopf erzielt, Magdeburg dagegen erst zwei, aber schon fünf gefangen. Einsame Spitze sind die Titz-Fußballer nach wie vor am Boden. Mit 60 Prozent Ballbesitz im Schnitt hängen sie sogar die beiden Top-Teams aus Hamburg ab. Dabei hat Innenverteidiger Heber sich ligaweit als bester Passspieler aus der letzten Linie profiliert. Und gerade aufgrund seiner Lautrer Vergangenheit müssen wir noch einen herausheben, der noch nie in einer "Kicker"-Rangliste auftauchte, in einem Punkt aber absolute Spitze ist: Leon Bell Bell zieht die meisten Sprints in der Zweiten Liga an. 424 hat "Bundesliga.de" bereits gezählt, fast 100 mehr als bei Lauterns fleißigstem Sprinter Tobias Raschl.

Fazit: Vierer- oder Dreier-/Fünferkette? Das Thema ist eigentlich ausgelutscht, ohnehin fehlt es dem FCK-Team, wie das 0:3 gegen Kiel gerade zeigte, in erster Linie an Spirit, um wieder in die Spur zu finden. Da sind Formationsfragen zweitrangig. Gegen Magdeburg hat die Kettendiskussion allerdings eine gewisse Tradition. In der vergangenen Runde sorgte Trainer Dirk Schuster im Hinspiel nach einem 1:3-Rückstand mit der Umstellung von Vierer- auf Dreier-/Fünferkette für einen Umschwung, der zu einem zwischenzeitlichen 4:3 und schließlich zu einem 4:4 führte. Im Rückspiel probierte er es gleich mit Dreierkette, allerdings ohne positiven Effekt, der FCK verlor sang- und klanglos mit 0:2. Und diesmal? Klassischerweise wird gegen einen Drei-Mann-Sturm mit echten Flügelstürmern die Viererkette empfohlen. Mit der hat Schuster es auch jüngst gegen Kiel mal wieder eine Halbzeit lang versucht. Hendrick Zuck machte da als Linksverteidiger nach langer Pause allerdings nicht den besten Eindruck. Wenn Viererkette, wäre vielleicht Erik Durm eine Überlegung wert. Der ist vor einer gefühlten Ewigkeit, eigentlich in einem anderen Leben, als Linksverteidiger mal Nationalspieler geworden. Als Dreierkette wäre die Besetzung denkbar, die auch in der zweiten Hälfte gegen Kiel auf Platz stand:. Von rechts nach links Touré - Kraus - Elvedi. Und in diesen trüben Zeiten, in denen sich der Blick wieder nach unten richten muss, wäre vielleicht eine Rückkehr zum "Schusterball" der vergangenen Runde angezeigt. Tief, kompakt und konzentriert stehen, so konnte man "Ballbesitzmannschaften" wie den HSV zur Verzweiflung treiben. Gegen die Magdeburger allerdings sieht die Bilanz eher traurig aus: Der letzte und einzige Sieg im Wettbewerbsfußball glückte dem FCK im Mai 2020. Da verzeichnete Magdeburg 65 Prozent Ballbesitz, das entscheidende Tor aber schoss der Lautrer André Hainault nach Vorarbeit von Florian Pick - ausgerechnet zwei ehemalige Magdeburger.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Samstag, 20:30 Uhr: Nächste Chance in Magdeburg (Der Betze brennt)

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