Neues vom Betzenberg

"Des war mol widder nix!"

Ganz "Lautre" versank am 2. Mai 1998 in Glückseligkeit: Der 1. FC Kaiserslautern gewann die Deutsche Meisterschaft. Doch die Sensation trübte den Blick für die Realität. Die Geschichte des traditionsreichen Fußballvereins ist eine Tragödie. Torben Degen hat sie miterlebt.

Wolken über Kaiserslautern. Es nieselt. Die Stadt färbt sich grau in grau. Günter, der 76-Jährige Bretzelverkäufer, der mit seinem kleinen Stand an den Bushaltestellen gegenüber der altehrwürdigen Fruchthalle steht, winkt ab. "Hast du das gesehen gestern?", fragt er mich und winkt ab. Seine Hand wirkt mechanisch, wie ferngesteuert. Jeder seiner Sätze wird unterstützt durch ein automatisiertes Abwinken. "Vielleicht bringt jo de Toppi was!" Gemeint ist Klaus Toppmöller, Rekordtorschütze des 1. FC Kaiserslautern in der Bundesliga, der momentan als georgischer Nationaltrainer arbeitet und "seinem Betze" Hilfe angeboten hat. "Unentgeltlich", wie er in einem Interview betont hatte. Er soll wohl Aufsichtsratsmitglied werden.

"Jo, allein mir fehlt der Glaube", gebe ich kopfschüttelnd zurück und lenke das Gespräch auf den Heimsieg. "Natürlich habe ich das gestern gesehen", sage ich und meine den 2:0-Heimsieg über Erzgebirge Aue. (28.10.2007) "Des war mol widder nix!", nuschelt er mir in seinem unverkennbar westpfälzischen Dialekt zu, während seine linke Hand mein Wechselgeld in der abgewetzten Metallschatulle sucht und er gleichzeitig einem jüngeren Mann im Zweireiher eine Käsestange einpackt.

Der Mann bedankt sich und steuert direkt auf den Eingang der Fruchthalle zu. Jener Halle, in der damals, im Mai 1998 die offizielle Meisterfeier und damit die Krönung eines Malermeisters aus Essen namens Otto Rehhagel zelebriert wurden. Die Fruchthalle wurde vor einiger Zeit renoviert, aber der Glanz der vergangenen Tage bröckelt Jahr für Jahr. Günter schaut mich an, ich nicke nur. Worte sind manchmal einfach überflüssig.

(...)

Quelle und kompletter Text: Spiegel Online

Kommentare 10 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken